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G-A.n.^'fe . |
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3ettfärift
be£
Urning fit Cüberkffdjc lef^ü
unb
prtrotaÄ.
©attb 10 #eft 1.
Bern ®ßfamfnßtBm b*r bßuffdjfcn (öfcfdjidjte- unb
JftlferfumBtJBrBinß ju feiner BßrbJHagung im ;§epfembtr 1908
ju Eübcrft gßnribmrf.
3tll)aU: Einleitung in bie tübijdje ©efdjidjte. Seil I. 9kme, Sage
unb SHter üon SUttübecf unb fiübeef. S3on SEBil^elm Ofynef orge.
üRit Erläuterungen $ur geotogijdjen Sorte üon Slltlübecf üon $aul
griebridj unb einem Seridjt über bie Ausgrabungen auf ber Stätte
üon »tttübeef, »uguft 6id Dftober 1906, üon Karl greunb.
: i :
Sübcfe & ttö^ring.
1908.
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~iU>o 3 1, 1
Hamid College Library
AUG 12 1912
Hoheozollern Collection
Gift of A- C Coolidge
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I.
I. 3nt)att3üerjeid>ma. Selte
IL SBilljelm Dtyneforge: Einleitung in bic lübifdje ©efdjidjte.
Xcil I. Sßame, Sage unb 2Uter üon SUttübecf unb Öübecf . . . 1—254
93orbemerfung 3 — 5
2lbf$nitt I: 2)ie SHamen üon »tttübeef unb Sübecf 5—69
Kapitel 1, SuliuS 5—12
2, Succotoecj 12—20
3, 55ie@(aubtt)ürbigfeitu.bie93eiie^ungcn$dmoIb§juSBagricn 21 — 43
a. SBann lebte £etmotb? 21—25
b. 2)aS ©eburtSlanb #etmotb3 25—28
c. $ie Sdjicffate £etmotbS 29—38
d. 3)ie 3uüer(äffigfeit £etmolbS 38—40
e. $>ie über #etmotb Ijerrfdjenbe 2lnfidjt 40 — 43
4, 83ucu . . 44—57
a. $etmo(b3 9todjrid)ten über 83ucu 44
b. 2)ie Sugefjörigfeit 33ucu3 $um Sßotabentanbe . . 44 — 45
c. $)ie ©ren$e attrifdjen Sßotaben unb SReregern . . 45 — 47
d. 5>te ©renje jttHfdjen Sßotaben unb SBagriem . . 47 — 48
e. Xer Umfang SBagrienä 48 — 50
f. Sie 9iamen3änberung öueuä 50 — 51
g. Serfud), bie Slngaben ^etmolbä u. {RobeS auszugleiten 52 — 53
h. SiboS angaben über 83ucu 53 — 55
i. 3lbam£ S3e$eidjnung für Slltlübecf 55 — 57
5, 83utf)e, »utribueu* unb Saccena 58—62
6, Colonia magna, ©rofcen Sollen, grau SeneriS SBerg,
Sron be3 Üeutfdjen 9ieid>e3 . . 62—65
7, fiirimirte, 2reüa, Stoartoum 65 — 68
grgebniS 69
Slbfd&nitt 11: Sie Sage üon «Itlübecf 70—168
Kapitel 1, Sie geograpljifd&e Sage SUttübecfä 70—72
2, Sie »nftc^ten über bie Sage «IttübecfS 72—80
a. Sie Sdjriftentiteratur 72 — 75
b. Sie Äartenliteratur 75—79
c. SBedjfet ber Slnfdjauungen feit ber richtigen SrfenntniS 79 — 80
3, Sie üier an ber Sraüe für SHtlübecf in 2lufprudj ge-
nommenen ©teilen 81 — 90
A. SUttübecf am 2Reere geregen 81—82
B. Sltfübecf an ber Statte fiübecfS 82—89
C. SUttübecf fübtid) üon ber SremS gelegen .... 89—90
4, Sie fünf an ber Sdjtoartau für SUtlübecf in Slnfprudj
genommenen Stellen 90 — 166
A. «Mübecf an ber Stätte üon fattenfjof .... 90—129
a. Sage unb fiiteratur 90 — 92
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Seite
b. Sie Sdjicffale 2lltlübecf3 nadj her 3^törung üon
1138 bis 1225 92—95
c. Sie älteftc lübifdje Urfunbe 95—97
d. Ser Sönigtitel £einridj3 unb Stnutä .... 97—100
e. Ser Übergang Sllttübecf^ üom 33i£tum an bic
Stabt ßübeef 101—103
f. Ser Umfang be3 urfprünglidjen Slltlübecfer 93c*
ftfeeö beS Sübecfer ViStumS 104—110
g. Sie nova curia ober Saltenljof 110 — 115
h. Slltlübecf nad) ber (Erbauung ber nova curia: ein
SluSblicf in bic SluSgrabungSergebniffe .... 115 — 121
i. Sie 9iamen SReuenljof unb faltenljof .... 122 — 124
k. SieSren^treitigfeitenjnjifc^en^ItlübecfunbSalten^of 124—129
B. Altlübecf an ber Stätte be§ älteren Sdjtoartau . 129—137
C. Slltlübecf an ber Stätte be$ jüngeren Sdjtoartau . 137 — 142
D. Slltlübecf im fRifcbufc^ 142—148
E. Slltlübecf an ber ©djtoartaumünbung 148—166
ergebne 1 60— 168
Slbfdjnitt III: Sa« Sllter üon Slltlübecf 168—244
Sapitet 1, Sie 9iad)rid)ten über eine ©rünbung Slltlübecfö bor 1043 168 — 178
2, Sie Sretoölferfdjladjt auf ber §lt)rffog$l)eibe . . . 178—208
A. Sie ©röfee be3 ©laüenl)eere$ 178—181
B. Surft SRatibor unb bie Slnfüljrer beS SBenbenfjeereS 181—185
C. Sie DrtSbeftimmung ber Sdjladjt 185—201
D. Sie SeüMtimimma fottrie bie politifdje Sage bor
unb nad) ber ©c^Iac^t 201—205
E. Sie ©rünbe be3 SBenbenfriegeS 205—208
3, Sie ©rünbung öon Slltlübecf 209—225
4, Sie Verteilung ber toenbifcfjen unb ber alten germanifdjen
©ieblungen in ber Umgegenb Slltlübetfä 226 — 241
A. Sie Vefdjränfung toenbifdjer gunbe auf Slltlübecf
bjtt). bie Sraöenieberung 226 — 228
B. 3eit. unb DrtSbeftimmung ber Slltlübecfer Sunbe 228—236
C. Sie Verteilung ber altgermanifdjen Sieblungen um Slltlübecf 237 — 241
ergefmiS 241—244
Slbfänitt IV: Sa« Sitter öon 8ucu 244—254
Sapitel 1, Sie ©rünbung VucuS burd) Gruto 244—246
2, Anberaumung ber Slegierung^eit ßrutoS .... 246—254
A. Sie Vertreibung SigribS unb bie grmorbung VutueS 246 — 249
B. Ser Regierungsantritt ErutoS 250—251
C. Sie 9lücffet)r ^einridjS in feine toenbifdje ipeimat 251 — 254
D. Sie Slbenbfdjladjt in campo Zmilowe .... 254
III. Sßaul griebric^: (Erläuterungen $ur geologifdjen Starte üon Slltlübecf.
IV. Sari greunb: Verität über bie Ausgrabungen auf ber Stätte üon Slltlübecf,
Sluguft bi* Dftober 1906.
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(Einleitung
in toe liilriftyt dkfdjidjtt
©eil I.
Warnt, fuge nnb älter mm ältlnbedt unb fübedL
»Ott
ttliltjclm (Dljncforge.
<2 *>£gX5£*5 £)
TOit einer fjifiorifdM>I)t)fitatifd)en Sonbfarte ber Umgebung oon Atttüberf unb Säbecf,
einem Sageptatt ber Ausgrabungen oon 1882 unb 1906, einem ©runbrifj beä 9Hng-
wolle«, ben Profiten ber AuSgrabungfdjnitte oon 1906, fotoie 2l'2i4itbrucftafrin
ber Ausgrabungen oon 1906.
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Wie Stätte t>on Altlübecf fomie bie Ausgrabungen, bie gu Altlübecf wieberljolt
vorgenommen morben finb, ljaben für bte AltertumSforfdjung befonberen SBert,
»eil eS fid) l)ier um eine ber nidfjt häufigen ©teilen fymbelt, an benen Ijiftorifdje
föadjridjten unb ard>äologifd>e fjunbe fid) berartig ergangen unb fiebern f önnen,
bafe bie gewonnenen ßrgebniffe nidjt nur eine JBafiS für unfere Kenntnis altflat>ifc^er
9urg*, $afen« unb ©tabtanlagen geben, fonbern aud) für bie fidjere Datierung
unb ^Beurteilung ä^nlic^er SBefeftigungS* unb OrtSanlagen, bielleidjt aud) ä^nlic^er
©tnjelobjeftc, wie ftc gu Altlübecf gefunben finb, eine erwünfdjte ©runblage ermög-
lichen. @el)t man bei ben Ausgrabungen mit ber richtigen SRetljobif unb bei ben
tyftorifdjen gfeftlegungen mit ber nötigen ©ewiffenljaftigfeit bor, fo mürben bie
ältlübetfer gunbergebnifje in ber altflaüifdjen Archäologie eine äljnlidje SBebeutung
geroinnen fönnen, mie etma Seitfoffilien in ber Paläontologie.
Allein id) bin mir feineSwegS unflar barüber, bafe meber bie folgenben ^ifto-
rijdjen UnteTf Übungen nod) bie Ausgrabungen felbft foldj ^o^em SRafcftabe gu
genügen vermögen, ©outen ber SBeadjtung nic^t unwerte ßrgebniffe gemonnen
werben, fo mar bie erfte SBorauSfefcung für foldje 2Rög(id)feit, baj$ Ort unb 3 e i*
ber ard)äologifd) unterfud)ten ©iebelung auf fixerer Ijiftorifdjer ©runblage nad)-
geroiefen mürben. SBitl man ben SWadjweiS, bafj an ber Statte ber Ausgrabungen
nrirtlid) Altlübecf gelegen fyat, einwanbfrei liefern, fo mufe nidjt nur bie gange
lebhaft umftrittene 3frage nad) ber Sage üon Altlübecf einmal erfdjöpfenb beljanbelt,
Jonbern gleidjgeitig bie oft unb faft immer öerfdjieben beantwortete Qfrage au f*
gerollt werben, ob bie Sage beS heutigen Sübecf ntrf>t bielleid>t bod) ibentifd) mit
ber Don Altlübecf ift, bgm. ob baS heutige fiübeef älter, gleichzeitig ober jünger
als Altlübecf ift. ©oll aber biefer StadjmeiS in übergeugenber SBeife geführt
werben, fo ift eS nötig, einmal gu unterfudjen, wieüiel 5Hrd>en gu Altlübecf fid)
befunben unb mo biefe $irdjen gelegen fyaben, eine ^rage, bie man bisher nur
ju ftreifen gewagt, beren ^Beantwortung man für unmöglich erflärt Ijat.
l*
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infolge ber fester überwältigenb reiben Siteratur an Guellen unb S)ar-
fteflungen über 2Utlübed unb bie Anfänge SübedS, üon ber bisher immer nur bie
eine Cuette ober S)arfteflung, bjw. eine toerljälintemäßig nur Heine ®ruj>pe toon
Autoren, aber nod) niemals ba8 gefamte bortiegenbe SKateriol jur Prüfung gelangt
ift, unb infolge ber Sßiberfprüdje, Äreujungen unb ber SBerfdfjiebenljeit ber Stad}*
rieten unb Anfidjten muß biefe Unterfucfjung and) auf bie Sebeutung ber üueHen,
namentlid) |jelmotb§ unb auf bie tarnen für Sübed ausgebest werben, benn
baburd), ba§ in ben Quellen balb berfetbe, balb ein anberer SWame für Stltlübed
unb ba3 heutige Sübed angemenbet wirb, ift bie SBerwirrung fo fcf)limm geworben,
wie fie uns in nidfjt wenigen älteren unb neueren 3)arfteHungen entgegentritt.
9iod) in ben legten fedjjig 3af)ren finb teils neue Behauptungen, teils neue
Slnjweiffungen öeröffentlidjt worben, bie bisher ignoriert ober ate irrig IjingefteHt,
meiftenS fd)led)tl)in mieberljolt, aber nod) itidfjt geprüft, gefdfjweige benn wiberlegt
worben finb. — 3)ie meiften bisherigen Unterfud>ungen fjaben ben SRangel, baß
iljnen bie ©djwierigfeiten ganj ober teilweife »erborgen geblieben finb, weit fie
immer nur einen Seil beS gangen ©toffeS, ber aufgeworfenen fragen gefannt Ijaben.
Anbere wieberum Ijaben bie ©djmierigteiten überfdjäfct unb als unlösbar I)ingefteflt,
weil audfj iljnen nur ein Seil beS ©toffeS, in biefem fjatle ber OueHen, jugangltc^
ober befannt mar.
©o wirb fid) in biefem ftaUt ber l)iftorifd)e Seil ber Unterfudljung ntdjt
nur ungleid) fcerwidelter unb fdjwieriger, fonbem aud) umfangreicher als ber
ardjäologifdje Abfd)nitt geftalten, ber aber audfj mand) Ijarte 9iuß ju fnaden auf»
gibt. — 3)ie immer weiter ffitjrenben ©tubien, ju benen eine in ber angebeuteten
Art aufgefaßte Einleitung oerleiten mußte, Ijaben aber ben (S&arafter ber Arbeit
im Sauf üon brei Saljren berartig öerfdjoben, baß id) iljr fdjließlicfyeS Ergebnis
ate eine Art Einleitung in bie lübifdje ©efdfjid>te bejeidjnen möchte, eine Arbeit,
beren hiermit öeröffentlidjter erfter Seil Jlarne, Sage unb Alter öon Sit* unb
9ieulübed fomie bie Sfirdjenfrage be^anbelt, foweit fie bie brei älteften Sübeder
Äirdjen betrifft, wäljrenb ein gweiter Seil, ber oor jwei Sauren in Angriff
genommen unb juerft öoüenbet worben mar, nunmehr aber einer Umarbeitung
bebarf, fidfj auf bie Ausgrabungen unb bie Äirdfjenfrage bejüglid) AltlübedS
erftreden fotl.
3)ie öorliegenbe Slrbcit enthält mandjeS, mag für bie ©efd)idfjte AltlübedS,
mag üollenbS für eine Darlegung ber Ausgrabungen ntdjt in 33etrad)t ju fommen
fc^cint. Snfolge beS auf ben erften JBlid unentwirrbar erfcfceinenben S>urdj«
einanberS, baS burdj 3)etmar unb Äorner bis auf $aupt, 3aftrow, SBegener unb
burd) bie 1907 bon Äieffelbadfj wieberljolten 33erwedfjfelungen angerichtet worben
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ijt, fteHte e$ fidj beim Qfortfdjreiten bcr Arbeit als unabroeiSbar heraus, bie (£nt-
jteljung oon Ältlübed unb mm fifibed getrennt ju beljanbeln unb ben SRadjroeiS
ju führen, bafe beibe ^ßlä^e feineSroegS in roedjfelfeitigen SBejieljungen jueinanber
geftanben Ijaben. Sei folc^ felbftänbiger SBefymbtung ber Gntftc^ungSgefd^irfjtc
ÄltlübedS unb ßübetfö mtrb fid) ©elegenljeit bieten, audj ju ben aufgeworfenen
Streitfragen Stellung ju nehmen. Um aber ben Umfang ber Arbeit nid)t aügu-
ftar! anfdjroeHen ju tafjen, roerbe id) nur auf fotcftc ^Behauptungen eingeben, bie
in ber ©efdjidjtSliteratur aufnähme gefunben fyaben ober beren ^Berechtigung einer
SRadjprüfung bisher nod) nidjt unterjogen roorben ift. SttnbererfeitS fyabe id) bei
ber Durcharbeitung ber Ouetlen manche Stbfdjrift unterlaffen, bie id) genommen
^aben mürbe, märe itfj mir fcon bomfjerein barüber Mar gemefen, bafc bie Slrbeit
ben ffl^arafter einer Einleitung in bie lübifdje ®efdiid)te annehmen mürbe. Des-
halb Ijabe idj im SKai unb 3funi bie Oueflen einer jmeiten 2)urd)fid)t in teilmeife
anberen Aufgaben unterjogen, um bie fid) für ba$ heutige üübetf IjerauSftellenben
Süden ju ergänjen, fo ba& id) hoffen barf, bie Duellen nidjt nur für SHtlübed,
l'onbem and) für ben Anfang SübedS üolljä^tig benufct ju fjaben.
3lbfd)nitt I.
Pie ^tarnen von jlttfuBecft unb £nbe&.
Kapitel 1.
Suliuö.
£er um bie l)iftori}d)e ©eograptjie be3 Mittelalters üerbiente ©djlüter 1 ) fprid)t
öon ber „unfritifdjen (£f)rfurd)t ber mittelalterlichen ©djriftftetter bor ben iljnen fo
unenblid) überlegenen antuen Tutoren", ©r meift barauf fyn, bafe bie mittel-
elterlichen Sdjriftftefler ba, mo ifyre auf eigener ©rfafjrung unb befjerem SBifjeu
beru^enben Äenntniffe mit bem eifernen SBeftanbe ber flafftfdjen 2Bifjenfd)aft in
ffiiberfprud) gerieten, entroeber unvereinbare ©egenfäfce unausgeglichen nebenein-
anber befteljen lie&en ober burd) naiüe Übertragung flafftfdjer 9kmen auf „neue
©egenben" ben 3Biberfprud)äu löfen fuditen. 3)iefe üon Schlüter betonte Vorliebe
be$ 2Rittelalter3 nimmt im 3*italter beS |mmani3inu3 nodi ju, nur ba$ an Stelle
') 3)ie Dftfee unb bie Oftfeelänber in ber $amburgifdjen £trd)engefdjtd)te
be^ Sbam öon SBremen. SifcungSberidjte ber gelehrten eftnifdjen ©efeUfdjaft 1902;
3urjeto 1903, ©. 12.
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ber mittelalterlichen Kaibität mäljrenb bcr Kenaiffance unb bcr ifjr fotgenben 3"*
eine förmliche ©ucf)t nad) ^bentifijierung bamaliger geograpljifdier Objefte mit
Kamen Ijertoortritt, bie mir bei ben ©djriftfteflern be8 StttertumS finben, fomie
nadj 83ejief)ungen ju ben berühmten Sßerföntidjfeiten ber Äntife, eine ©udjt, bie
ju gelehrt Hingenben Spielereien namentlidfj etymologifdjer Strt geführt Ijat.
©in braftifdjeS Seifaiet in biefer 93ejief)ung, ba$ fo teidjt nidjt überboten
merben bürfte, bilben bie für Sübetf bom 15. big tief in3 19. ^a^unbert tut'
gemonbten Kamen unb SJejeidjnungen, oon benen idj nid)t weniger als 16 gefunben
fyibe: SutiuS, S3ucgljenifce, 93ucu, SJutlje, SButribucuS, Eolonia Sucaniorum, Eolonia
magna, ®ro&en Soßen, grau SSeneriS 93erg, Sobef, SlngeluS laubig Eron be3
£eutfd)en Keitf)3, SirimijiS, Jreba, ©martoum, Subefe. Slnfdjeinenb finb fjier
Kamen unb bereu ©eutungen nebeneinanber aufgeführt; mer aber bie betreffenben
Stutoren getefen Ijat, mirb fid) Ijaben überjeugen muffen, bafe bie un3 nur als
irrtümliche Deutungen erfcfjeinenben 93ejeirf)nungen bon iljnen teilmeife afe mirftidje
Kamen gebraust unb angefeljen mürben. $atfäcf)lidj finb bei biefer 3ufammen-.
ftellung alle bie 93ejeicf)nungen Sübedfö unermäljnt geblieben, bie niemals als Kamen
gebraucht morben finb, fo bie Detmarfdje Kamenäbeutung „93roube beler lube".*)
58eacf)ten3roerter als bieg $)urcf)einanber bon roirflidjen Kamen unb Sßfjantafte-
bejeidjnungen ift eine jmeite in biefen 16 Benennungen bemerfbare 93ermirrrung:
neben folgen 93ejeid)nungen, bie infolge ber SBorliebe für Sbentifijierung mit
antifen Kamen angemanbt merben, finben fiel) teils fingierte, teite folefte Kamen,
bie tatfädjlid), aber nur oorüberge^enb, für Sübecf gebraust morben finb. Eine
Unterfudjung biefer Kamen mufe einer Unterfudjung über bie Sage SübecfS boran-
geljen, ba beibe Unterredungen einanber teitmeife bebingen.
3u ber munberticfjften öeljauptung Ijat bie Keigung be3 Mittelalter^, $>erbor«
ragenbeS auf ba3 flaffifcfje Altertum äurüdjufü^ren, bei bem älteften nationalen
Efyroniften geführt, ben Sßolen aufjumeifen bermag, naef) ®allu3 ober 9Kartinu§
bem älteften ©efd)id)t3fd)reiber ber Sßolen überhaupt: bei bem unter bem Kamen
Stablubel belannten XBincenty, ber bon 1160—1223 lebte unb 1206—1218
93ifdjof bon Ärafau mar. 3 ) Äablubet ftellt in feiner historia polonica einen König
Seftfo III. aU ben ©rünber ber ©röfce <ßotenä t)in. tiefer Seftfo fötägt Erafju*
unb 3u(iu3 Eäfar, heiratet Safari ©cfjmefter Sulia, bie it>m als SWitgift Sägern
*) ®ie Etjronifen ber beutfdjen Stäbte, 93anb 19 = Sübecf, 93. I; ®. 124,
34—1884; beägl., 93anb 26 = Sübecf. 93. II —1899, herausgegeben bon Starl
foppmann, im folgenben gittert als ffoppmann, 93. I ober IL
") gafob Earo, ©efdjidjte SßolenS, 93b. II, 1863, ©. 564 u. 566—573;
ferner «ßott^aft, 2. Stuft., 93b. II, 1896, @. 1096.
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mitbringt, bie er aber foäter üerftöfct, nadfjbem fie iljm einen <5of)n geboren, melier
auf GafarS SBunfdj ben Kamen SßomptliuS 4 ) erhält. 9iod} unter fieftfoS ^Regierung
wirb ®f)riftu$ geboren, Seftfo felbft ftirbt aber erft ju ben &e\ttn SReroS. Auf
ben SBunfdj fieftfoS fyat feine ®emal)lin geminas fundavit urbes, beren erfte
nad> Ujrem ©ruber SuliuS Eäfar — SuliuS genannt toirb: baS ift nadj Äabfubef ber
ältefie SRame für ßübeef «quae nunc Labusz.» $)ie sroeite biefer ©täbte ift
Julin, quae nunc Lublin nuneupatur.
©ei ber ^ufammenfteflung üon SabuSj mit Subfin wirb man ütelleidjt
geneigt fein, an irgenbein anbereS SabuSj, ober, roie Äablubef an einer jtoeiten
©teile fagt, ßubuSj, aber nidjt an unfer Subefe ju benten, etroa an baS branben-
burgiföe SebuS, baS unter bem Kanten fiubuS üortommt, 6 ) ober an baS fdjlefifdje fieubuS,
ba$ in ben polnifdjen Sfonaten als Luhes, urbs Lubicensis unb Lubucensis
erfd^eint. 6 ) Allein eine ©ehe fpäter 7 ) bringt Äabfubet eine jmeite, jeben Stoeifel
auSfcfyliefcenbe Srtlarung: «quae nunc Lubusz in Saxonia». SBer bie polnifd)e
(£l)roniftif fennt, foroeit fie fid) mit SBagrien unb fiübetf befcfyäftigt, roirb fid> über
bie ©rünbung fiübecfS unter einem Seftfo III. nidjt munbern, benn bie ältefte
j>otnifd)e ßljroniftif rechnet gang SBagrien, ju bem fie §olftein unb baS gürftentum
SBremen, ja baS tinfSefbifcfye Sanb bis tief hinein nadj SBeftfalen jäljlt, unter Seftfo
ju $olen unb berichtet, in bzn §auptjügen übereinftimmenb, etroa folgenbeS:
Seftfo Ijabe aufeer feinem el)elid}en ©oljne SßompiliuS 20 uneljelicf)e ©ö^ne
gehabt, unter bie er fein SReid) geteilt Ijabe, aber fo, bajs ber legitime ©ofyn eine
4 ) S)tefer Sßame, ben man toeber in irgenbeine 93e$iefjung $u Säfar nodj
3U ben $olen $u bringen geneigt ift, ift eine SRemtniSäena an ben potnifdjen gürften
Sßopel, üon bem fotuo^I in ber unechten polnifdjen ©efdjidjtSfage, als audj in ber
älteften polntfdjen ©efdjidjte üiel bie SRebe ift, j. 93. gleidj im erften Kapitel beS
erften Sucres ber Chronicae et gesta Ducum sive prineipum Polonorum, heraus-
gegeben üon ©jtadjtotoSfi unb Köpfe, $>annoüer 1851, in 83b. IX ber Scriptores
ber Monumenta Germaniae historica, zitiert als MG.
5 ) 3)ie Umwohner üon SebuS toerben bei 3lbam üon ^Bremen, lib. II,
Äapitel 18 als £eubu$ji, Seubuji ober Siubu^i angeführt, ügl. Scriptores Rerum
Gennanicarum in usum scholarum ex monumentis Germaniae historicis recusi
(im folgenben als Schulausgabe ber MG. gittert) Adamus, editio altera, $>an«
noüer 1876, fjerauSg. üon ©eorg SBaife, ©. 54.
•) MG. 83b. IX, #annoüer 1851.
7 ) $erauSg. im 2. JBanbe einer fpäteren polnifdjen Sljromf, in Joannis
Dhigossi seu Longini historia Polonica, 83b. II; Setygig 1712, ©. 623 unb 624.
3n ben MG. 83b. XXIX, @. 471—500, $at Sßerlbadj 1892 einen Seil \)on
ÄablubefS Efjronif als magietri Vincentii Chronica Polonorum üeröffentlidjt, ber
aber Ijier md)t in 93etrad)t tommt.
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9trt Dberljerrfdjaft ausgeübt Ijabe. ®ie 9iamen bicjer 20 ©öljne roerben in ben
fcerfdjiebenen Gfyronifen teils übereinftimmenb, teils abmeidjenb angeführt: aber
immer erfcfyeint berjenige, ber SBagrien beftfct, ba3 übrigens unter biefem ÜRameit
nie genannt mirb, als ber, beffen midjtigfte ©tabt entmeber ober beffen ^au^t«
grünbung bie ©tabt SBuccomecj ift. SlHerbingS erfdjeint biefer jroeite 9lame für
Sübecf nodj nidjt bei Äabtubef, rooljl aber bei feinem Jüngeren ^eitgenoffen unb
SanbSmann, bem 30 Saljre narf) it)m öerftorbenen 93ogucf)mal, ber einem ber
bebeutenbften ©efcf)lecf)ter SßolenS angehört, bem $>aufe Sßoraj, au$ meinem ber
SJijefönig Qatöifya öon Äurojmefi tjeröorging. grüner £t)orf)err in Sßofen, bann
3)omf)err üon Ärafau, mürbe SBogudjroal 1242 jum SBifdjof öon Sßofen ermaßt.
Sr fdjrieb ein big 1253 reidjenbeS Chrouicon Polonie, baS fein ÜRadjfotger
©fobSfaro SBacjfo überarbeitet unb fortgefefet t)at, 8 ) baS aber in feiner je&igen
gaffung nod) fpäter entftanben fein mufc unb nad) SBarmSfi 9 ) einer Äompilation
beS 14. SaljrljunbertS angehört, meldte in it)rem bisher für gleichzeitig gehaltenen
Jeile auf ben grofepolnifdjen Slnnalen beruht.
3n biefer potnifrfjen S^ronif fdjreibt SBogudjmal jroar Äablubef ab, roieber-
Ijolt audj beffen Angabe, bafe „ßubuS" urfprüngtid) 3toliuS gereiften Ijabe, aber
mäljrenb ÄabtubefS historia meljr als ein ben polnifdjen Patriotismus unb etl)ifd)e
Jenbenjen erroetfenbeS UnterljattungSbud), benn als ein gefd)id)tlidjeS Queflentoert
roirft, ftnben fid) bei S9ogud)roal fdjon in bem Anfang beS SBerfeS beadjtenSroerte
eingaben, namentlid) geograpljifdjer SRatur, bie auf eine jum Seil überrafdjenb
gute Orientierung über ben norbmeftfidjen Seil beS SBenbenlanbeS fdjliefeen laffen
unb einige fonft nirgenbS erhaltene ÜRitteilungen enthalten, meiere jroeifelloS ber
SBa^eit entft>red)en,fo bafe alle bie, meiere fid) mit ber mittetalter liefen ®eograj>t)ieüKorb-
beutfdjlanbS bef Saftigen, SBogudjroal meljr beachten füllten, als eS bisher 10 ) gefd)eljen ift.
®) Dttofar 2oren$, DeutfdjlanbS ®efdjid)tSquetten im ÜRittelalter, 3. «ufL, 93b. II,
©. 243, 1887; femer Earo, a. o., ©. 573—574; unb $ottf)aft, a. o v 99b. I, ©. 136.
•) $ie gro&polntfc^e Et)ronif, ©öttinger 3naug..S)iff., trafau 1879.
10 ) ©oroett id) fetje, Ijaben ton benen, bie fid) mit ber ©laüengefdjidjte SRorb-
beutfdfjlanbs befdjäftigt fjaben, in ben lefcten fünf 3Merteljat)rt)unberten nur jn>ei
©elefjrte, Seopolb ö. fiebebur unb griebridj SBigger, SogndjtoalS chronicon felbft
eingefet)en. 3"näd)ft lenfte 1843 ü. fiebebur burdj feinen öerbienftüoflen Sluffafc:
„Über beö 93ifd)of Sogup^al II. d. $ofen Senntnifj ber norbmeftlic^en ©lamenlänber" in
ben märfifdjen gorf jungen II, ©. 120 — 130 bie Mufmerffamfeit ber norbmeftbeutfdjen
©efc^ic^tgfd^reiber nac^ me^r als fünfzigjähriger SSergeffen^eit mieber auf Sogudjtoal;
ein 3a^r fpäter 2tf^, ber aüerbingS 93oguc^mal felbft ntc^t gelefen tjat, fonbern nur
ö. Sebebur gittert, aber fein 3^tat mit bem 2lu3fj>rudj fc^liefet: r/ S)ad Skrljältnte ber
Sage ber Crtfc^aften t)at feit i^rer ©rünbung niemanb fo richtig unb fc^arf auf»
gefaxt afö S3ogu^al". („3«r »autunbe", Satjrbüdjer b. ». f. mecflenb. ©efdjidjte
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9
SßcTbing« bringt frfjon Äablubef, roaS bisher unbeachtet geblieben ju fein
fc^etnt, eine SReilje folget auffaflenben, fonft nirgenbs erhaltenen SRitteilungen aus ber
Ijiftortfdjen ®eogra|>I)ie. ©o pnben fid) bie Don Sifd) unb SBigger fo lebhaft unb
anerfennenb Ijerdorgeljobenen 3Kitteifungen über bie äRecflenburg: btö castrum
quoddam in palude circa villam Lubow prope Wisimariam, quod ca9trum
Slavi olim Lübeck, nomine villae, theutonice vero ab ipso Miclone Mickel-
bürg nominabant (©. 625) juerft niefet bei Sogucfyroal, mie bie beiben l)od)-
öerbienten SRecflenburger ^orfc^er behaupten, fonbern fdjon Dörfer bei Sfablubef.
gür £otftein, «Olsacia», bringt Sabtubef einen meine« SBiffenS fonft nirgenbS
erhaltenen angeblich älteren Kamen 3)itmonia (3)it^marfrf)en?); für SBiSmar einen
angeblich älteren Kamen SSafe: «Visimirus castrum Valen dictum in ripa
maris septentrionalis, ubi nunc civitas nomine suo Wissimiria sita est,
fundavit» (©. 624); für ©tfyleSroig, roaS befonber3 bemerfenSroert erfdjeint, ba
e§ trofc aßen 3Biberfprud)3 in t)oljem ©rabe roat)rfd)einfid) ift, bafc ba« baltifdje
SBenbenreidj eine S^tlang tatfädjlid) aud) ©d)le$roig umfa&t §at, afe alte flaüiföe
Sejeirfjnung ben Kamen $alec: «Sic et Szleguik a Sledz, qui in Slavonico
halec dicitur» (©. 625). Äablubef fennt aurf) bie civitas maxima 93arbon?if
unter bem Kamen 93aroif ober SBaruif: «Fuit etiam ibi civitas maxima, quae
Baraik vocatur . Nunc aliquando dieunt, transeamus ad civitatem,
sed Vandalus (ber SBenbe) ad Wick: et sie Bawik a fluvio, qui ibi fluit,
a vico, sie et Szleguik» ufm. mie oben! — ©o faßt ein nidjt geringer £eil be3
unb SltertumSfunbe, 3g. 9, ©djtoerin 1844, ©. 407.) 3n bemfelben 3at)re gittert
©djafarif Sogudjmal, ofjne fein chronicon felbft gelefen ju f)aben, ba iljm bie
ttridjtige ©teile über bie £)retonane, auf bie er in feiner geograpfytfdjen Überfielt ba3
größte ®ettridjt tjätte legen muffen, entgangen ift, tote aud) anbere für @d)afartF
befonberS bebeutungSdotle ÜRitteilungen. ©djafarif tjat fein 3itat toaljrfdjeinltdj bem
öon iljm dielbenufcten ®ebl)arbi entnommen, ßubetoig Mlbredjt ©eb^arbi ift ber
lefcte ältere ©djriftfteHer, ber öor ben legten fünf 93ierteljaf)rf)unberten — öon SBigger
unb o. Sebebur abgefeljen — 93ogudjtoal benufct Ijat: man ügl. feine „allg. SBelt-
gefdjid)te\ 2eil 51, $alle 1789, ©. 346, 2lnm. (Sgl. aud) $aut 3of. ©djafarif:
„©lanrifdje Altertümer". $eutfd) öon SRofig don Sletjrenfetb, tjg. üon #etnrid)
SButtte, 93b. II, ©. 587, Seidig 1844.) Mad) ®ebfjarbi fd)eint außer ö. Sebebur
nur nod) SBigger 93ogudjtoal3 ©fjronif gelefen ju tjaben, ber ju bem ©rgebniS fommt,
SBogudjtoal ober fein ®etoät)r3mann berichteten am perföntid)er Slnfäauung über
SHetflenburg: „3)e$ 99ifdjof3 Sogupljal üon ^Jofen SKadjridjten über 9Ketftenburg",
i. b. Saljrbüdjern b. 83. f. mecfl. ®. u. 9tltertum$f., 3g 27, ©. 124—130; ©djtoerin
1862. SBigger toirb bann ttrieber benufct unb gittert öon Start ff oppmann, ber aber
©ogudjtoat felbft ebenfotoenig eingefe^en f)at toie Stfd), ©(^afarif unb ©rnft S)eecfe
(®efd^ic^te ber ©tabt Sübecf, I, ©. 6, fiübeef 1844).
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10
SJerbienfteS, ba8 u. Sebebur imb SBigger Sogudjroal um bie I}tftorifd)e ©eograpljie
jumeffen, bereite bem öon SBogucfyroal benufcten Sablubef ju.
SBogucfyroal erroeitert bic intereffanten 9Kitteitungen ÄabtubefS burd) meitere
unb jroar fjäuftg^uuerläffigere 3)aten bcr mittetalterlid)en fjiftorifdKn ©eograpfyie.
3n bejug auf bic geograpljifdie Äunbe über bic ©labenjeit beä fianbeS jmifdjen
©bcT, (Slbe unb Ober oerbienen feine Angaben minbeftenS biefelbe 93ead)tung mie
bic beS ©eograpljuS 93aüaru3, bcr arabifdien unb angelfäd)fifd)en geograpljifdjen
Quellen, 8lbam3 unb $efmotb3, nur bafe fidj bei ifjm neben überrafdjenb jutreffenben
Stodjridjten bie feltfamften SSerroedjfelungen finben.
@teid> im Slnfang feiner Sljronif, in bem er eine Slrt geograpl)ifd)e Überfielt
gibt, ermähnt 93ogud)tt>al SBagrien unter ber 93ejeirf)nung: fianb ber 3)renmane,
an anberer ©teile als bie 2)roroina ober 2)reroina. 9tad) SBogudjmal beljerrfdjen
*>on ben 20 unehelichen Söhnen ßeftfoS SßrjibiSlauS unb Obo bie $)roroina, eine
^ßroüinj, öon ber einem britten 33aftarb, bem SjeffimiruS, ber an ©dileSroig
grenjenbe Seil jufäHt: «partem Drewina, quod nunc Olsacia dicitur versus
Slesnik». 11 ) SBicfytiger ift für Süberf bie erfte Stelle.
SBogudjmal berietet, bie Seroofjner SBagrienS, bie 2)reionane, mürben aud)
Sramnani genannt a quodam fluvio, qui Trawna dicitur. Sntercffiert fd)on
bie alte fladifd)e gorm Jrarona, bic fonft nid)t dorfommt, fo ift bic SBejeidjnung
Sramnani ober Sremnane für bic SBagrier in Ijofjem ©rabe beadjtenSroert, aber
bcr bisherigen Ijiftorifdj-geograpfyifdjen gorfdjung entgangen: fclbft bie grunblegcnben
Sirbetten öon SaSpar 3 CU &/ 12 ) S^afarif unb aud) bie neuefte Ijiftorifdje ©eograpfyie,
bic üon Snüll, nriffen nidjts don biefen 3lngabcn SBogudjmalä. Unb bod) finb fie
in Ijofjem ©rabe roaljrfdjeinlid), benn gcrabc bie norbmeftlidjen Stadcnftämme liebten
e$ befonberS, ftd) nad) ben anliegenbcn ©eroäffern ju nennen, fo bie
^Sommern nad) bem 9Jieere, morje = po morje, am SJieere.
^ßotaben 18 ) öon bcr Slbc, i?abe = an ber (Slbe SBotynenbe, Sßolabane (nadj
©c^afarif II, ©. 503).
1 1 ) SSgl. griebrid) SBiltjelm d. SommerSberg, Silesiacarum rerum Scriptores,
tomus II, Seipaig 1730, ©. 23, @. 24, ®. 19. SBigger gibt bic brei tjier zitierten
Sogud)tt>alftelIen @. 120 u. 127 nädj bcr £önig3berger $anbfd)rift mieber nad)
Kollationen be3 ^ßridatgeleljrten SflooSbadj in 93re3lau 3n biefen Varianten ift
nid)t üon einer 3)ronnna, fonbern nur don einer 3)retoina bie SRcbc; ^tatt ©le3nif
finben fid) bie formen ©leSjutjf, ©le^u^, ©le^jm^f, ©lehmig unb ©leSuif.
ir ) 2)ie $eutfd)en unb bic 9Zad)barftämme. Stfündjen 1837, ©. 599—601.
1S ) Slnbcre 3ufammenfe&ungen ber baftifdjen ©laden mit bcr Sßräpofition po
finb 5ßoruJfi für ba« 9Sol! bei ben Stuffcn, 5ßolc«je u. a. m.
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©ircipaner öon ber Sßeene, bei Slbam $ani$ (II, 18), Sßeante (II, 19), ober
5ßeni^ (II, 14 u. 15). ©djafarif (©. 578) nennt fie SEfdjrerienjaner
nad> ber Sßjena.
SBarnabi öon ber SBarnoro : nad) ©djafarif (©. 592/593) SBraner.
23)olofante3 öon ber loHenfe, nad) ©djafarif (©. 581) $>olenjer.
Ufraner öon ber Ucfer, nad) ©djafarif (©. 504 u. 581) SBfraner.
^aöeßaner öon ber $aöel, nad) ©djafarif (©. 504 u. 672) $arootaner,
norf) bem Slngelfadjfen Otfjer: Jlefelban 4 . 14 )
©preroaner norf) ber ©pree, ögf. ©djafarif ©. 504 u. 584.
SBarum follten fid) bie toenbifdjen Stämme nidjt ebenfogut nad) ber Jranma
rote nad) bem 3Rorje, ber ßabe, ber ^ßeene, ber SBarnoro, ber loflenfe, Uder, $aöel
unb ©pree genannt Ijaben? Beroeift bod) Bogudjroal, ber fofc^ed behauptet,
in bejug auf bie norbtoeftfidjen ©eroäffer, rote and) fd»on Äablubef, eine gerabeju
überrafdienbe ©injelfenntnte! Slber and) für üübetf felbft bringt biefe trofc
t>. fiebebur unb SBigger immer nod) nid)t öerroertete Queue eine etljnograpljifd)
intereffante Slngabe, au« ber fjeröorgeljt, bafe, entgegen ber fjertömmlidjeu 3J£einung, 16 )
SBenben in Süberf geroofynt Ijaben muffen, roie ba8 ja an unb für fidj natürlich ift
unb burdjauS roaf)rfd)ein(irf) erfd)eint, bie nod) immer an bem edjten, attflaöifdjen
Sflamen be3 OrteS Buccoroecj feft^teften unb fid) nirijt baju öerftanben, ben ber
©teile öon 2lbolf IL aufoftrot)ierten Kamen Subefe ifjrerfeitS angurocnben. $)ie
(Stelle lautet nad) ber ÄönigSberger £anbfd)rift: «Sunt et alii Slavi i(bi)dem,
qui Drewnanye vocantur; hos Theutunici Halczste 16 ) appellant. Horum castra
capitalia fuerunt Buccowecz, quod nunc Lubicz dicitur, Harn, quod et
Hamb(o)rg, 17 ) ac Breme, quod caput et sedes 18 ) fuit eoruudein. Ibidem
1A ) $at)lmann, gorfdjungen auf bem ©ebiete ber ©efd)td)te, Bb. I r S. 419, 1822.
lb ) Sgl. 3. B. „Sopograpljifdje unb ett)mologifd)e Sbeen, 2überf8 Sorbett be»
treffenb", in ben „bleuen Sübecfer Blättern" 3g. 9, ©. 168, ö. 24. 3Kai 1843: „2Bäre ber
@runb unb Boben, roorauf ßübecf ftefjt jemals öon SBenben betoofjnt geroefen,
fo würben, fid) einige roenbtfdje Saute, wenn aud? meljr ober weniger germanifiert,
wenigftenS in ben erften fttiten erhalten Ijaben. 3)aüon finbet fid) aber feine ©pur."
l6 ) 3)iefe intereffante, attflaüifdje gorm für |>otfteiner erinnert an ben öon
Äabfubef mitgeteilten flaöifdjen 9iamen für Schleswig : £>alec. Bogudjwal ibentifijiert
Ijier irrtümlich bie SBagrier unb bie $olfteiner.
,7 ) ©o wenig wie ffablubef Buccoweq, fonbern nur SabuSj ober SubuSj
fennt, fo wenig fennt er Hamburg. ®te britte ber brei $auptftäbte SBagrienS (!)
ober $olftein3, Bremen, fennt er bagegen unb 5 war in ber gorm SJrjemia.
18 ) 3)afc Bremen alä ber 3^tratpunft Jpolfteinö ober 2Sagrien3 Ijingeftellt
wirb, ift rooljl bie golge einer Bermedjfelung ber politifdjcn mit bcr firdjtidjen Einteilung,
wie fie bem ^ofener Bifdjof natje liegen mochte.
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12
est etiam Slesuik (in cmberen $anbf Stiften: Slesink, Slesvik, Blesink), castrum
ducale, et civitas Cz&znyna. Haec autem gens a densitate siluarum
seu lignorum noraen accepit, nara Drewnanye a lignis nuncupantur. 19 )
Nomiuantur etiam a quodam fluvio, qui Trawua dicitur, unde Trawnanye
(= Sßagrier?) sunt appellati.» 20 )
9iodj eine britte ©tefle aus SogudjroalS ßljronifon ift l)ier anjufüljren, bic
nad) ber ÄönigSberger $anbfd)rift tautet: «Sic et Sleszuik ab sledz (in anberen
£anbfd)rif ten : ledz, szlesz, szlecz), qui slawonice allec dicitur. Item ca9trum
Buccowecz (bei ü. ©ommerSberg: Buccoweg), ubi nunc monasterium fratrura
predicatorum iu Lubek construetum cernitur; Slaui vero inibi morani
traheDtes Lubieczensem ciuitatem non Lubek, sed Buccowecz appellant.
Item Rathibor (Rachibor) castrum.» 21 ) @o mirb bie Don Sabtubef unb
SBogudjroal ermähnte ©tabtgrünbung ber ©emapn SeftfoS III, bie nadj ©äfar
benannte ©tabt SuliuS, mit unferm Sübecf ibentiftjiert, meldjeS Sablubef Sabu3j
ober SubuSj, 93ogutf)tt>al ßubkj ober Subef unb Succomecj ober Succoroeg nennt.
2)aS Snterefjante bei biejen 9?atf)rid)ten ift baS SJorfjanbenfein einer alten
polnifdjen Überlieferung, nad) melier ber ganje einft flaüifrfje Seit SftorbbeutfdjfanbS
big nadj ©djleSnrig ju ^ßolen gehört ijat, foroie ber Umftanb, bafe als eine ber
poütifdjen Äutturleiftungen bie ©rünbung SübetfS fyngefteßt nrirb.
Äapitet 2.
ähtecotoeej.
SBogudjroal erflärt Sübecf für bie beutfdje, SBuccomecj für bie alte, flamfdje
SBejeicfynung. Severe pnbet fid) aufeer bei bem 1253 öerftorbenen 93ogud)toal bei
bem 1480 üerftorbenen Srafauer 3)otn^errn 2)tugofd) ober SonginuS, ber SeSjto III.
in3 9. Safyrfjunbert fefct unb 1031 als baS 3?aljr anführt in bem bie provinciae
,9 ) 2ludj fjier toerben bie äBagrier, bie ©retonange ober Xrahmantye, offenbar
mit ben #alcafte, ben $olfteinem öertoedjfelt. %m übrigen $eigt fid) f)ier bie genaue
Kenntnis SogudjtualS hrieberum gerabeju überrafdjenb. SRidjtiger als bie falfdje,
leiber jur #errfdjaft gelangte ©djut» unb 33olfSett>mologte (fcolfteitier) beutet er bie
^alcjfte, bie #oltjaten als bie, tuefdje im ©ol^e fifcen. S)iefe ber SBaljrfyeit ent»
fpredjenbe Deutung mirb ^toar nidjt in biefer gorm, aber un^meibeuttg in biefem
©inne ausgebrochen.
2Ü ) Sei d. ©ommerSberg II, S. 19; bei SBigger ©. 126.
21 ) 93ei ü. SommerSberg II, ©. 24; bei SBigger ©. 128.
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13
septentrionales üon Sßolen abfallen. SBieberfjoIt beftätigt ©lugofd) bie SDiitteitung
SogudjroalS, bafy bie SBenben immer norf) an bem alten 9iamen SBuforoiec für
Säbecf fcft^altcn, nur bafe er nidjt, roie $Bogucf)mat, öon ben in fiübeif felbft
ipoljnenben ©lauen fpridjt, fonbern bon ben flabifdjen SBemoIjnern ber Umgebung
fiübedte. 3)ie Raffungen be3 9iamen8 lauten an ben irier ©teilen, an benen
3)fugofdj öon SBuforoiec tyridbt: Sufobbiec, SBufow^ecj, SBufomiec; Cübecf erfdjeint
als fiubeg unb fiubef. SrmäfynenSroert ift aud) ber Umftanb, bafe fid) bei $)lugofd)
aufcer bem $raöe»2übecf nod> eine ©tabt SBufobiecj in terra Osswiacziineuse 28 )
unb ba$ in SRecflenburg gelegene Söufom ftnbet.* 8 ) SGBic Äablube! unb Sogucfyroal
erjagt aud) $)lugofd) bie @ejd)id)te toon ben jmanjig unehelichen Söhnen SeSjfoS,
btc «plures urbes, eastra, munieipia atque castella inter flumina Albim et
Halebam grünben: — iteni castrum et civitatem Bukowiec, quam Almani
Lubek appellant, licet per Slavos in cireuitu comraemorantes prisco
intituletur vocabulo. Item Ratibor item castrum Swerin» ufm. 3)ie jmeite
©teile lautet: «Bukowiec, quae nunc Lubek»; bie britte: «famosa illa et
insignis civitas Bukowiec, quae in teutonico Lubek appellatur»; bie feierte:
«civitati maritimae Lubeg, quae in Polonico Bukovvyecz (sortis emin
aliquando Poloniealis erat) appellatur».* 4 )
2113 öierte polnifdje Quelle fommt ber über de vetustatibus Polonorum
in S3etrad)t, ben ein 3)eutfdjer 1521 erf djeinen liefe, 3obocu8 fiuboö. £)eciu3,
ber roäfyrenb ber Ijörf)ften Äulturbtüte SßolenS, unter bem proteftantenfreunblirfjen
©igiämunb (1506—1548) ©efyeimer ©efretär be3 SfönigS mar. 3)eciu3 gebenft
ÜübecfS als ber (Btabt SBuccoöetium. 3n bem liber de Sigismundi Regis
temporibus fdjreibt 3)eciu3: «Hoc (seil. Lubecum) a Polonorum quondam
majoribus conditum Buccovecium fuit appellatum».* 5 )
211$ lefcte polnifdje Quelle für 93ucoöecia ift bie Sßolonia be3 am 23. 3J?ärg
1589 öerftorbenen (Srmelänber 33ifd)of3 SRartinuS £romeru3 anjufüljren, bie
ßromer 1548 bem ebengenannten ©igiSmunb mibmete. Sromer, ber S)lugofrf)
**) Joannis Dlugossi seu Longini historiae Polonicae libri XII, heraus-
gegeben oon Henrico Lib. Bar. ab Huyssen, Seipjig 1711 unb 1712, 2 öönbe.
8b. H, @. 296 D.
**) 8. o., 93b. I, ©. 65—67.
M ) «. o. 1/6. 67 A. unb ©. 45; II, ©. 185 unb 326, Über 13, jum
3a^re 1463.
* ß ) 2)a mir 2)eciu3 nid&t jugängtidj mar, mufj idj midj auf bie Qxtatt bei
3renicu8: «Germaniae exegeseos volumina duodeeim» in ber 8lu£gabe don 1728,
©. 85 2fam. 3 unb in 99angert3 #eImoIbau3gabe öon 1659, ©. 140 befdjränfen.
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benufct, erjäljlt, 2e$cu$ III. fjabe ben Ungarn unb ©laben in Sßannouien (!) im
Äriege gegen Äarl ben ©ro&en beigeftanben, ben Popielus ex legitiina uxore
Ijinterlaffen, 20 ©öfyne e coneubinis. 2)iefe Ratten arces et oppida inter
Habelam et Albim erbaut, barunter Bucovecca, quae a Germanis Lubeca
vocatur, tametei Lubecae quoque Domen Slavicam etymologiam redolet* 6 )
®o ift ©romer ber erfte ber angeführten fünf potnifcfyen Sljroniften, ber roeife, ba§
ber ÜRame Subeca ebenfogut flabifd) ift wie ber 9tome SBucoöecia, meld) lefcteret
tooljl ein bem ©eutfdjen entnommenes Sefynroort begegnet.
®in fedjfter potntfrfjer (S&ronift, ber 1614 im älter öon 76 3al)ren ju
Ärafau öerftorbene Älejanber ©uagnino, ber, ju Verona geboren, in polnifdje
3)ienfte trat, 27 ) gibt Sübecf in feinen res Polonicae* 8 ) gleichfalls für eine
polniföe ©rünbung aus, unb jroar be3 SßolenfönigS SSifimir, ber nadj beT Söefiegung
be$ 3)änentönig3 ©ibarb ßübeef, SBiSmar unb 2)anjig gegrünbet tyabe,* 9 ) bod)
ftnbct fid) fyter ftatt be$ SftamenS 93uccomecj nur ber ÜRame Subeca.
®ie 3)arfteHungen altlübifdjer ©efd)id)te fyaben big in bie SRitte be3
19. SaWunbertg 80 ) bereinjelt biefe polntfdjen Duellen benufct, feit ®ebl>arbi,
1789, allerbingS nur nad) ben alten Qitattn, fjauptfädjlid) bei SBangert, unb jroar
nod) am fyäufigften 5)eciu8 unb 2)lugofd), feiten Sromer, nur ganj bereinjelt
,6 ) Martini Cromeri Varmiensis episcopi Polonia, Coloniae Agrippinae 1589,
Sib. n, ©. 23.
I7 ) Sgl- 3o^. #einr. 3ebler8 „®rofce3 Uniberfal*ße£ifon", £alle unb ßetyjig,
©b II, ©. 1169, 1735.
* 8 ) Herum Polonicarum tomi tres, granffurt 1584. S)a mir ©uagnino
ebenfotuenig jugänglidj mar mie $eciu3, fd^reibe idj ba$ folgenbe 3üat au§ ben
Snmerfungen ab, bie Sangert 1659 feiner |>elmotbau3gabe tytnaufügt, ju lib. I,
cap. 57, ©. 140. Seiber laffen und bie Monumenta Germaniae historica fyier im
©ttdj: bie au$ ben polnifc^en Efyronifen gegebenen $(u$jüge finb unjureidjenb, ebenfo
ttrie bie au3 Saxo Gramm aticus unb ben ialänbifdjen Duellen. SSenn aud) SDeciuS,
Eromer unb ßtoagnino alä ©djriftftetler be3 16. gatjrbunbertä für bie Monumenta
nidjt in 93etradjt fommen, fo Rotten bod) Sfugofd), Jfablubef unb namentlich ber
für bie ®efd)tdjte 9Recflenburg$, $otftein$, SauenburgS, £>annoüer$ unb ber $anfe»
ftäbte mistige $8ogud)roal beffer berücffidjtigt merben follen. leite finb biefe Duellen
gar uidjt beamtet morben, teil« finb bie gegebenen 2lu3jüge mangelhaft, meil biet
ju fur$, fo bei fitablubef, Saxo Grammaticus unb ben islänbifdjen Duellen, fo baß
man fid) auf bie oft nur fdjroer erreichbaren Originalausgaben angemiefen fietjt
**) « Visinriruin, Poloniae Regem, superato Sivardo, Danorum Rege, in
haec loca progressum Lubecam, Wismariam et Dantiscum condidisse.»
80 ) 35te le&tc 3)arftellung, meiere bie polnifdjen Slngaben menigftend ermähnt,
fie aber nur gan$ oberflächlich nac^ ben 3itaten 99angertd unb anberer fennt, ift
bie 1844 gefdjriebene ©efc^id^te ber ©tobt Sübecf öon ©ruft S)eede.
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©ogudjroal, unb überhaupt ntc^t Äablubef. 3n biefen fünf potnifdjen Quellen
foroie bei iljren foäieren JBenufeern ftnben fid) füt ben Tanten SBuccoroecj folgenbe
20 ^formen: Buccena, Buccovecium, Buccovetium, Buccowecz, Buccoweg,
Bucghenitze, Bucghevitze, Buconecia, Bucovecca, Bucovecia, Bucovic,
Bucovium, Bugevytze, Buggevitze, Bugheiiitz, Bukovies, Bukovviec,
Bukovvyecz, Bukowec, Bukowiec. ^ebenfalls lä&t ba$ einftimmige Zeugnis & cr
genannten polnifäen Quellen, fiüberf tyabe früher Succomecj gereiften, bjm. bie
toenbifdjen Semo^ner tyiefeen bie ©tobt nodj jur Qtit ber Hbfaffung Jener Quellen
fo, einen Zweifel an j> cr ^iftorifc^en Stidjtigfeit biejer bemerfenSroerten 9lad)ricf)t
um fo weniger ju, als burd) biefelbe eine grofee Ängaljt meljr ober roeniger be-
ftimmter beutfdjer Quellenangaben erft in ba$ richtige fiidjt gefefct mirb unb fid>
nunmehr polnifc^e unb beutfdje Quellen aufs befte ergangen unb beftätigen.
SBereitS etwa 90 Sa^re nad) SogudjtoatS lobe ftofcen mir auf bie polnifdje
33ejeid)nung 33uggeöifce in bem Don StyneSberdj unb ©cfyene «coronica vau
Lubeke» genannten 81 ) 3)enfmal amtlicher tübifdjer @efd)idjt3fd)reibung, ba$
Soppmann nad) feinem ©eftänbniS 8 *) „irrig" unter ber Söejeidjnung „I. 2)ctmar-
Cljronif öon 1105 — 1276" herausgegeben tyat, in bem uns aber aller 3Bat)rfcf)ein«
lidjfeit nad) SluSjüge aus bem (SrftlingSroerfe beS (übifrfjen SfatSnotarS Soljann
Stöbe ober 9tuffu3 erhalten finb. Sud) in SRobeS ^auptwerf, ber 1347 getriebenen,
leiber verlorenen ©tabeSdjronif, 88 ) bie auSjugStoeife in ber fogenannten SRufuS-
dljrontf erhalten ift, pnbet fid) ber 9iame in ber gorm: SBugeötyfce. 5)ie einzige
öon allen Quellen, ber 9tobe3 ©tabeSdjronit nad)toei£lidj vorgelegen I)at, 84 ) bie
1386 getriebene Efjronif beS öon 1368—1380 afö SefemeifterS nadjmeiSbaren
granjiStanerS S)etmar ju ©t. Äatljarinen in fiüberf, l>at in i^ren brei SRebaftionen,
beren ©ntfteljung Äoppmann mit einbringenbem ©djarffinn bargelegt Ijat, 9tobe£
angäbe übernommen: in ber befannteften unb legten JRebaftion, ber öon 1395,
in ber gorm „93ucgl)eöit}e". 9lber SRobe roenbet bie polnifd)e SBejeidjmmg nid)t
für fiüberf an, Jonbern für Slttüberf, unb ebenfo ber ifjn benufcenbe unb fort*
fefcenbe ®etmar.
2)urd) SRobe, 3)etmar unb iljre fpäteren Senufcer ift jomit eine SBermirrung
in bie lübifdje |)iftoriogra^ie gebrungen, bie nidjt wenigen ©efdjidjtSjdjreibern
8I ) Soppmann, a. o, I, ©. 6.
88 ) ffoppmann, a. o, II, ©. X.
8S ) Stahmann, a. o, II, ©. 99 unb X— XIII fotoie ©anb I, ©. XI— XIII
unb ©. 6.
84 ) ftoppmann, a. o., II, ©. XI.
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unentwirrbar 85 ) bünfte, inbcm au3 bcm Umftanbe, ba$ nunmehr biefelbe flaöifdje
93ejeidjnung balb für Sübed, balb für Slltlübed, balb für bcibc Orte angewanbt
wirb, bic fettfamfteu ©d)lüffe unb 93ebauptungen gejogen werben, eine Äonfufton,
bie bis auf ben heutigen lag anhält unb baju geführt fjat, bafc audj fonftigc,
für fiübed gebrauste Sejeidjnungen, wie Colonia magna, Colonia Lucaniorum,
Butha, Bucue unb namentlich Bucu auf Slltlübed angewanbt worben finb. 9lod)
1907 gebraust Slrnolb Äieffelbad) in faft naiöer SBeife bie 33ejeid)nung Sucu für
Slltfübed in einer Slrt, bafy ber unbewanberte Sefer nidjt baran jweifeln fann,
Slftlübed fei ju alten 3^iten unb üon aßen Slutoren 33ucu genannt worben, ein
anberer 9iame lomme für Slltlübed überhaupt nidjt in Setrarfit. 36 ) &ieffetbad)3
SBorgeljen djarafterifiert fid) als um fo oberflächlicher, als er fid) in einer Slnmer-
lung jur SBefräftigung feiner falfrfjen Angabe auf $elmofb begießt, obwohl ^elmolb
gerabe ba$ ©egenteil fagt.
Soppmann fud)t in einer Slnmerfung bie Mitteilung 9tobe3, Slltlübed Ijabe
im SBenbifdjen Suggeöifce geljei&en, burd) bie Setyauptung ju erflären: „2>ie
Meinung ift: 9teutübed3 urfprüngfidjer Sftame fjabe Suggeroife gelautet, Ältlübed
aber fei nad) einem SBenben fiubemar benannt gewefen." 37 ) ©ine feltfante
SBenbung: „bie Meinung ift"! SFoppmann enthält fid) jeher Slnbeutung, wer biefe
Meinung öertritt, wie er fid) f eiber $u biefer angeblichen Meinung ftellt, 38 ) bringt
bagegen ba3 Märzen Don Subemar! Mit anberen SSorten: auä) Soppmann weife
fid) biefer Verwirrung gegenüber nid)t ju Reifen. — Sljnfid) wie Äoppmann fdjeint
e3 9tobe felbft ju geljen: er ftufct, fü^rt bie if)m munberlid) erfdjeinenbe 93ejeidjnung
beunod) gewiffenfjaft an, enthält, ftc£> aber eines eigenen Urteils. ©ieljt man aber
35 ) ©o fdjreiben ffirdjring unb Mütter 1677: „SBann aber am attererften
unb öon welkem OrtI) bie ©tabt Süberf eigentlich erbauet, ba3 ift ungewiß unb finb
bie fjteröon fcfjreibenben 8lutoreS unter fi<$ nidjt einig" (Compendium historiae
Lubecensis ©. 2) unb Laspeyres weicht nod) 1864, nad)bem bie fiirdfje in Sit-
lübed bloßgelegt worben unb bie fdjönen ©olbfunbe ber erften Ausgrabungen längft
gemacht worben waren, jeber eigenen ©tettungnatjme über Sllttüberf au$, obwofjl er
ben Ort unter bem ©tadenfönig Jpeinrid) mit SRedjt aU „2lu3gang3punft unb
$auptftation be3 Dlbenburger 93tStum3" cfjarafterifiert. S)ie SBorte: „wo immer
eS gelegen war" fennjeid)nen genügenb feine £ilfloftgfeit (Sgl. „Die 93efetjrung
5Korbatbingien3", ©. 133—134.)
36 ) S)ie wirtfdjaf tlidjen ©runblagen ber beutfdjen £anfe unb bie $anbel$*
ftellung Hamburgs, Berlin 1907, ©. 20.
37 ) 91. o., 93b. I, ©. 8, 8lnm. 9.
88 ) 3m Segifter (93b. II, ©. 484) wirb StobeS unb ®etmar$ 93e$eid)nung
93ucgt)eötfce bem Seyte entfpred^enb auf Sttlübetf belogen, alfo nid)t, wie ftoppmann
will, auf Sübed.
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fdjärfer ju, fo geroinnt e$ bcn SJnfdjein, ate ob SRobe — bcr nad) SoppmannS mafc-
gebenbem Urteil 89 ) „eine auf gorfdjung berut)enbe, planma&ige unb jietbetou&te
®efd)td)t$fd>reibung gefdjaffen" t)at; ber nad) Äoppmann i>on einem ©tanbpunfte
au3 förieb, melier iljm „ben weiten ©efidjtSfreiS barbot, ber ber Sßolitif berer
eignete, bie an ber ©pifce be3 lübifdjen ®emeinroefen§ unb bamit and) be$ tyanfifdjen
©täbtebunbeS ftanben" — als ob SRobe biefe SRitteilung, auf bie er in nidjt nur
einer Queße geftofeen fein mufe — Stlife Ijebben befcreöen — jurücftoeift,
inbem er ber iljm unbegreiflichen SRadjricfyt fofort fein Sefremben mit einem fdjarf
roiberfpretfjenben Slber tynjufügt: „aöer bar Dan fcriöet mefter $efmolt nidjt in
fyner crontjefen, be l)ie gaff beme capittele to Subefe". S)en gleiten ©inroanb
fügt SRobe feiner entfprecfyenben SRitteilung in ber ©tabeSdjronif Jjinju, ebenfo
$>etmar in allen brei SRebaftionen, ja bie Qfajfung 35etmar3 erfdjeint in beffen
lefctem SBerfe faft noef) ettoaä abroeifenber, inbem SJctmar in biefem 3 u f a fe c & cn
SJamen SBucgfyeöifce ignoriert unb nur auf bie SBeljauptung eingebt, SUttübetf fyabe
{einen SWamen üon Sübbemar ermatten: „Oöer bar Dan Ijeft mefter |jelmolbu3 in
finer coronüen nicf)t befcreüen, rou er be name morbe Subefe".
(Sin SSierf acf)e3 ift bei ber ©inroenbung 9tobe§ beachtenswert:
1 bog roiberfpred)enbe §lüer;
2. ber Umftanb, bafe 9tobe bie OueHen, in benen er auf bie iljn befrembenbe
Mitteilung ftöfct, nidjt für mistig genug fyäft, um fie mit ÜJtamen ju nennen ;
3. ber 9iacf)bru{f, mit bem ben ungenannten Oueflen um fo refpeftbofler „mefter"
|>elmolt gegenübergefteflt wirb, offenbar als bie roertüoflere Ouelle, als
unanfechtbare Autorität;
4. ber feineSroegS unroef entließe «Sufafc: „be l)ie gaff beme capittele to Subefe,
bo bie boom bar erft begrepen foart",
eine Semerfung, welche ba$ ©cf)tt)ergettHdjt ber $efmolbfct)en Angaben toofyf nod}
öerftärfen foll, etwa in folgenbem ©inner „3d) gefye auf biefe öernmnberlicfyen
Behauptungen, bie icf) afe geroiffenljafter, amtlicher $iftoriograpl) immerhin Der*
jeidjnen mufjte, ba id) fie in mehreren Duetten gefunben fjabe, gar nicfyt erft ein.
3)enn fie fteljen in unoereinbarem SBiberfprudje ju ben angaben $>elmolb3, meiere
für bie lübifdic ®efd)idjte bie befte unb majsgebenbe Queue bilben; $etmolb$, ber
fein 2Bert bem Sübecfer 3)omfapitet genribmet Ijat, unb jtoar jur Qcxt feiner
©rünbung, als feit ber .ßerftörung SlltlübedS faum ein 9Kenfd)enalter vergangen
fear, fo ba& baS 2)omfapitel iljn fofort Ijätte toiberlegen fönnen, falls er über ben
Flamen SlltlfibetfS etmaS Unrichtigem auSgefagt fyättc."
89 ) St o., IL, ©. X unb IX.
8tH*r. b. S. f. S. 0. X 1.
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3)ie betreffenbe ©teile lautet in bcn beiben Arbeiten SRobeS unb in ben brei
arbeiten 3)etmar3, i>on benen un$ bie groeite SRobearbeit unb bie erfte 2>etmararbeit
nur in bemfelben äuSjuge, in ber fogenannten SRufuSdjronif, erhalten ift,
folgenbermafcen:
A.
B.
1. SRobearbeit.
coronica van Lubeke
1105—1276, auSjugSroeife ermatten in
ber 93remifd)en ©Ijromf öon Styneäberdj
unb ©djene, fomie öerftümmelt in ber
Hamburger #anbförift & cr Stetmar-
ßljromf. (Sgl. Äoppmann; a. o., 93b. II,
©. X unb 83b. I, ©. 6 fomie ©. XI— XII).
Sttile fjebben befcreöen, bat be ftab
l)ete na eneme SBenbe, be Ijete ßubemar,
unbe t)ete in 3Benbe8fd)en S3ugget>ifce;
aöer bar Dan fcriöet mefter ^elmolt
nid)t in foner cronqcfen, be Ijie gaff
beme capittele to fiubefe, bo bie boom
bar erft begrepen wart. (Äoppmann I,
@. 8, 9h. 8.)
2. Stobearbeit.
1. 3) et mar arbeit.
©tabeSdjronif.
$)ie ©tabeSdjronif, 1347 getrieben,
nadj.9tobe8 Job öon einem SlmtSgenoffen
big 1349 fortgeführt, öon bem 1394
julefct bejeugten $)etmar (tool)l=2)itmar)
junad^ft öon 1350—1386, fpätcr öon
1386—1395 fortgefefct. 9lur auSjug^
weife in ber fogenannten 9tufu3-SIjronif
öon 1105—1395 erhalten, bie nadj
1430 abgefdjrieben mürbe. (Sgl. $ow»
mann; a. o., 83b. II, ©. X— XIII unb
93b. I, ©. Xl-XIII.)
©tlife t)ebben befcrcöen, bat be ftab
morbe nomet na enem SBenbe, be t)ete
Subemar, unbe t)ete an SEBenbefdjen
33ugeöt)tje; oöer bar öan ferift mefter
$elmolt nicfjt in ftjner cronüen, be ije
fereff beme capituto to fiubefe, bo be
bom bar erften begrepen warb. (Äopp»
mann II, ©. 198, 5Rr. 8.)
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19
C.
2. 2)etmararbeit.
D.
3. $)etmarar6eit.
Überarbeitung ber ©tabe$d)ronif unb
ber erften ©etmararbeit ju einer tübifdjen
SBeltdjronif tum 1105—1386, nur aus-
jugSmeife in ber ö. SKeHefc^en $anb>
förift erholten, lefctere um bie üßitte
beä 15. 3at)rl)unbert3 getrieben. (SBgt.
ftoppmonn; a. o., 99b. II, ©. XII— XIII
unb 93b. I, ©. XI-XIII fotoie ©. 119.)
©tlife Ijebben befdjreöen, bot be ftab
wart genomet ufro. roie D.
9fr. 8.)
(Stahmann I, ©. 125,
Überarbeitung be3 ganzen, bi$ 1395
reidjenben ©toffeS. Statt ber ber
fädjfifrfien 2Beltd)ronif entftamntenben
(Einleitung ton C neue (Einleitung öon
1101 an, bollftänbig erhalten in ber
9tat3ljanbfcf)rift unb aufeerbem uon 1277
ab in ber Hamburger Imnbfdjrift, bie
in ber erften #älfte be« 15. 3aI)rl)unbertS
getrieben ift. (SSgt Äoppmann; a. o,
93b. II, ©. XIII— XIV unb 93b. I,
©. XI— XIII fomie ©. 3—4.)
(Stufe Ijebbet befereben, bat be ftab
morbe nomet na eneme SBenbe, be fyeet
flubbemar, unbe Ijeet in SBenbefdjen
93ucgljei>i|}e; ober bar öan fyeft mefter
£>elmotbu3 in ftner coronifen nidjt
befcreöen, mu er be name morbe fiubefe;
mer Ije ferift, bat to ber ftab quemen
be coptube. (Äoppmann I, ©. 208,
9fr. 8.)
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3n ber £at fagt $efmolb genau ba3 ©cgcnteil wie bic ungenannten Quellen
SRobeS. Slltlübecf fyeißt bei &elmolb niemals Sucgjjeöi&e, obwohl er öon Slltlübecf
meljr ju erjagten weiß als alle anberen Duetten jufammen; obwohl er ein unter-
richteter unb juberläffiger ©cfjriftfteller, jubem aber 9tacf)bar unb 3 c ^genofje Stft»
IübecfS bor beffen Störung im 3a^re 1138 war. §abe icf) richtig gejault, jo
braucht $elmolb ben SRamen Subefe, bjw. SubicenfiS, 57mal, unb jwar wcnbet
er btcfe SBejeidjnung in ben erften 56 Äapiteln, bie SlltlübecfS ©djicffale bis jum
Sa^re 1138 ftreifen, naturgemäß au3fc()fießli(f) für Slltlübecf an, benn ein anbereä
Subefe, als Slltlübecf, gab e3 cor 1143 nid)t, wenigftenS nicht in SBagrien: 17mal
gebraust §etmolb in biefer erften §älfte feines SBerfeS bie SBejeidjnung Subefe
für Slltlübecf. 9iacf)bem Slbolf II. 1143 an ber ©teile 93ucu eine neue ©tabt
gegrünbet unb auf biefe ben Flamen bon Subefe übertragen §at, wenbct §elmolb
öon Sapitel 57 an ben 9lameu Subefe unb SubicenfiS — wie Slbolf II. — natur-
gemäß auf bie neue ©tabt an: im ganjen 40mal. Jrofe biefeS flaren ©adj«
tterljaltS Ijat man in ben erften 56 Äapiteln unter Subefe ba3 heutige Süberf
fcerfteljen wollen: namentlich in ber fcfjwierigen SEircfyenfrage fjat man fid) fo ju
Reifen gefugt. 3)a3 fyeißt einer burcf) nichts geftüfeten §t)potl)efe ju Siebe fünftlicf)
©tfywierigfeiten fdjaffen ba, wo bie ÜRamenbegieljung Kar unb übereinftimmenb mit
bem gangen 3ufaromenljange un j ) ^ er gg3i r fttc^Icit gebraucht ift. 3rgenbein Qmeifel
ift um fo weniger erlaubt, als |>elmolb fetber überjeugenb unb unjweibeutig erjäf)lt,
baß Slbolf bei ber ©tabtgrünbung in 93ucu ber neuen ©tabt nidjt ben alten,
wenbifdjen ÜRamen beS ganjen ©efänbeS SBucu gelaffen, fonbem auf fie ben Üftamen
be3 1138 jerftörten Subefe übertragen fyabt. Srft nad) bem Sluf blühen öon Slbolf 3
©tabtgrünbung bürgert fid) für bie ©teile be$ edjten, alten Subefe ber 9lame
Slltlübecf ein, mäljrenb anbererfeitS bie ©lauen, wie aus ben polnifdjen Duellen
erfid)tlid) ift, für bie ©teile be$ neuen Subefe nod) jafjrljunbertetang an bem
alten tarnen 23ucu feftljatten.
(Sin einjigeS 3Äal gebraucht $elmolb bie 93ejeid)nung vetus Lubika (I, 34).
$)urd) bie Strt, wie $elmotb fyier ben üftamen Slltlübetf anweubet, beftätigt er
üoflenbä bie $atfad)e, baß bei itjm bis Äapitel 56, abgefetyen öon ber SSorrebe,
unter Subefe au§fd)ließlid) Slltlübecf, uon Sfapitel 57 ab Sübecf ju öerftefjen ift.
3)enn er fügt f)ier ju bem «vetus Lubika» ein «nunc» f)mju: «nisi in urbe
tantum que nunc vetus Lubika dicitur». $ier alfo nimmt er auSbrücffid)
93ejug auf bie ©egenmart, auf bie Qext, in ber er ba§ erfte Sud) feiner chronica
Slavorum fdjreibt, ba$ f)eißt auf ba$ Satyr 1167 ober 1168, wie im folgenben
Sapitel bargelegt werben wirb.
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21
Sapitel 3.
Sie ©loubtnürbigfeit ttttb bic Schiebungen $e(nto(b£ jtt ©agrien.
a. 928 an n tcbtc §elmolb?
yiad) TOfolauS Seecf 40 ) mürbe £elmo!b „um ben Slnfang beS 12. 3af)rl)."
geboren, bod) macf)t 93ecd nidjt ben 93erfud), biefe Sefjauptung ju beroeifen. Xxofy
bem mirb SBeecfS SBefjauptung oller 9ßal)rfd)einlicf}feit narf) ber 9Birflid)feit
entfprecfyen, bie man dielleidjt nod) genauer burd) bie Slnnaljme trifft, bafc $elmolb eljer
oor afö naef) 1100 geboren morben ift, obwohl ^ermann d. 93re3fa 41 ) bafür
plabiert, „bafe §elmofb Anfang 1183 mafjrfdjeinlid) geftorben" ift. 2lHein d. SreSfa
fügt felbft tynju, biefe $9potf)efe „mirb firf), felbft roenn fie richtig ift, dietleicfjt
niemals beroeifen laffen". Sljer fönnte man $elmolb£ ©eburt au£ bem ®runbe
ettvtö nad) bem 3tol)te 1100 anfefcen, meil fid) unter ben 3 eu 8 e « & er ©tiftungS»
urfunbe beS ÄlofterS ©t. So^anneS ju ßübed don 1177 ein Helmoldus presbyter 42 )
finbet, ein ,3 eu Ö n ^/ ™ & em inan ben testen SRadjroeiS für $efmolb ju erblitfen
pflegt, aber wer verbürgt uns, bafc eS fid) Ijier um unfern $elmolb Ijanbelt?
^etmotb fdjeint 1177 ein ange^enber St^tjiger geroefen fein, bem man bie
bamate nod) anftrengenbe Steife burdj bie meglofe 9ßalb« unb ©eenroilbniS dorn
^löner ©ee nadj Cübed nidjt gern jutrauen möchte. 9tuf$erbem fdjeint ber 9?ame
^elmolb bei ben 9tieberfad)fen im 12. 3faljrf)unbert befonberS verbreitet geroefen ju
fein, ©inb bod) im lübifd)en Urfunbenbud) bie |)etmolbu$, ^etmroicuS, §elmicu3,
4>elrnericu£, §elembertu3, £elembernu3 dor bem Stuffommen ber biblijcfjen unb
ber |jeiligennamen genügenb vertreten, ©o liegt ber ©ebante nidjt fern, baf$ ber
Kante £etmotb unter bem an Qdi)l fdjon bamalS fidjerlid) nitf)t geringen ÄleruS
beS ©rjbiStumS 33remen aud) aufcerljnlb ber Pfarre don SBofau vertreten geroefen fein
bürfte. 3lodj weniger barf man roofyl in bem prepositus Helmoldus ber Urfunbe
Vom 21. SWodember 1170, in welcher Sifdjof Sonrab von Sübecf bic ©djenfung
ber SKarienfirdje abfeiten ©erotbS an bie $)omt)erren beftätigt, 43 ) ben Pfarrer von
93ofau erbtiefen. ®egen eine fold)e 3lnnaf)me fpridjt fd)on ber Unterfdjieb, bafc
ber £elmolbu£ ber Urfunbe von 1177 als presbyter, berjenige ber Urfunbe don
1170 als prepositus bejeidjnet wirb: baS Umgefetjvte märe einleud)tenber, falls eS
40 ) Analecta ad historiam Novimonasterii in ber Cuellenfammlung ber
©efeflfdjaft für ©d)leSttrig-|)olft.'2auenb. ©efdjidjte, 93b. IV, ©. 131, JKet 1875.
41 ) „Über bie $eit, in roeldjer 4>etmolb bie beiben Söüdjer feiner ßtjrontf der«
fafete" in ben „3orfd)ungen $ur beutfe^en ©efdjidjte, ®anb 22, ©. 604, ©öttingen 1882.
AT ) Sübecfifc^eS Urfunbenbuc^, 93b. 1, ©. 7, Sübecf 1843.
4S ) fiederfuS, Urfunbenbuc^ beS 93i3tum32übecf,93b.I,©. U^r.Q^lbenburglSöG.
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fidj in beiben Utfunben um unfern |jetmolb Ijanbeln foHte. 9?on einer 33eförberung
ober and) nur Serfefeung §elmolb8 au3 93ofau oertautct ntdjt bte geringfte
Äunbe, öietmeljr bejeic^net iljn fein continuator, Slbt Slrnolb Don Sübecf, nur afä
^ßrtefter, aber feineSmegS aU ^Jrobft: au3fd)tief3lid) afä tHelmoldus Sacerdost,
aber nidjt afe prepositus 44 ) unb fein 3fitgenoffe unb perfönlidjer Sefannter, Sßropft
©ibo fcon ÜReumünfter, nennt iljn, unb jmar nad) ^elmolb^ lobe, nur Pfarrer fcon
SBofau: fHelmold eratBosowensis», 45 ) ebenfo ber$ßre3bl)ter$Bremenfi3 (ögl.Stnm. 78)
nur: «f rater Helmoldus, divinorum rector in Bosauw». §anbelt e3 ficfe 1177
mirfficf) um ben ^ßrtefter üon SBofau, ma3 mir in jeber 93ejiet)ung unmaf)rfd)einfidj
bünft, fo fpredjen jmei SBa^rne^mungen bafür, bafe §efmotb bamate trofc ber iljm ju«
gemuteten anftrengenben lagfaljrt ein IjoIjeS Sllter gehabt fyaben mufc.
Sinmat mar fein fieljrer unb 93ifd)of bereits am 13. Stuguft 1163 geftorben,
©erotb, 46 ) bem man afä einer ^ßerfönlidjfeit, metdie neunSaljre fjinburd) — 1155
bis 1163 — ba3 SiStum Sübecf geleitet l>at, bei feinem Jobe bodj mofyt fein
jugenblid)e3 Sitter nrirb jumeffen bürfen. SBir werben feigen, bafe £etmotb mat)r-
fcfjeinlid) erft in öorgefcfyrittenem 2llter ©erotbS ©d)üler mürbe. SBenn man iljn
trofebem eine SReilje öon Sauren, etma ein Saljrjeljnt, jünger fein läfct als feinen
Seljrer, unb menn man annimmt, bafc ®erolb, als er ftarb, 70 Saljre alt mar — in
2Baljrf)eit mirb er t>ieHeic^t noef) älter gemefen fein, mie avß ber aufcerorbenttidjen
®ebrec^ticf)feit ^crüorjugc^en ftfjeint, mit ber er, nad) £efmolb, 47 ) in feinem
44 ) 2ib. I, ffapitel 1, ^meimal; in ber Ausgabe Don |>einrid) ©angert, bte
mir im «ugenblicf ber SReinfdjrift allein jur £anb ift, ©. 240, Sübecf 1659.
45 ) 93eecf, a. o, @. 166 = Versus de Vita Vicelini, 201. 2)a ©ibo 1187
öon feinem OrbenSbruber ©etmolb ben SuSbrucf «erati gebraucht, liegt l)ter ein
3eugniS öor, bafc ©elmolb 1187 tot mar.
46 ) SluS bem «Necrologium Monasterii S. Michaelis» b. 2lnton S^riftian
SBebefinb, 9toten ju einigen ©efdjidjtsfdjreibern beS beutfe^en SRtttelalterS, Sb. 111, ©. 59,
Hamburg 1836, erhellt, bafj ©erolb am 13. 2tuguft ftarb: «et Geroldus episcop.
fr. nr.» SluS bem 3ufamment)ange bei #etmolb I, 93 u. 94 ergibt fid), bafc 1163
baS SobeSjafjr mar; ügl. and) SeöerfuS; a. o., I, ©. 4.
47 ) Sgl. I, 93: Eodem anno (1163) domnus Geroldus Lubicensis ec-
clesie episcopus post celebres pasche ferias cepit infirmari, et deeubuit in
lecto egritudinis ugque in Kalendas Julii. Oravitque Deum, ut differetur sibi
vita, quousque dedicaretur Oratorium Lubicense, et clerus recenter adunatus
convalesceret in statu suo. Kapitel 94: Interim sentiens Geroldus venerabilis
episcopus dilatos ad tempus dolores rursus incalescere, statuit visitare omnes
ecciesias sue diocesis — — expletisque divinis ministeriis, quasi peracto
negocio viribus corporis cepit repente destitui, rursus perlatusque Bozove multis
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testen fieben3jaf)re foft unauSgefefet ju fämpfen ^atte — , fo müfcte §elmolb im
3at)re 1163 ein SCItcr öon 60 Sauren erreicht Ijaben, fo bafe er 1177 74 3at)te alt
gemefen märe, ©ieljt man aber öott bem angenommenen je^njä^rigen SllterSunter«
fdjieb jmifdien ©djüler unb fieljrer ab, jumal ®erolb in einem freunbfc§aftlid)en 93er*
t)ältni3 ju $elmolb ftanb unb $etmolb, mie glaubhaft ju machen öerfudjt merben
wirb, erft im SManneSalter ®eroft>3 ©d)üler ttmrbe, fo märe §elmotb 1177 bereite
84 3a!)re alt gemefen. Stimmt man ba3 9Kittel, fo fommt man ju ber Slnnaljme,
bafe £elmolb 1177 79 Saljre alt gemefen märe, affo etmaS Dor 1100 geboren
roorben ift. hiermit ftimmt eine jmeite SBaljroeljmung überein. £elmolb Doli-
enbete btö erfte SBuc^ feiner ©faöendjronif nad) t>. 93re3fa 48 ) jtoifdjen bem
12. Suli 1167 unb ber Eroberung SlrfonaS am 14. 3uni 1168, ba$ jmeite 93udj
narfj bem lobe öon 33ifd)of Äonrab: nad) bem 17. 3ufi 1172, unb jmar nadj
x>. 93re3fa in ben legten 9Konaten beä 3aljre§ 1172. |>efmolb3 Sfortfefeer, Slrnofb
t)on fiübetf, fagt ganj beftimmt au3, bafj $elmofi> fein SBerf nid)t fortgefefet Ijabe,
toxt e§ feine 21bftd)t gemefen fei. 49 ) SBefrembet fdjon bie *Berfd)iebenljeit be$
Umfanget ber beiben Sudler — ba£ erfte 93udj umfaßt 94 Äapitel auf 180
©eiten, ba3 jmeite nur 14 Sapitel auf 29 Seiten — , fo mu& noefy beachtenswerter
ber Umftanb erfdjeinen, bafc ein Sljronift, ber für bie ©eföidjtfdjreibung fo prä*
beftiniert erfdjeint unb mit fo Diel ßiebe unb SSerftänbnte gefrfjrieben Ijat mie
4>elmolb, gerabe ju einem 3 e ^punlte aufhört ju fdjreiben, in bem er meljr 9Kuf$e
aU früher unb moljt aud) fein gefidjerteä Sinfommen befafc, in bem ferner ba3
33erl)ältni$ ju ben ©faöen ruhiger, feine Kenntnis umfaffenber unb genauer nodj
gemorben fein muffte afö früher, obrnot)! er bie SKbfidjt Ijatte, bie 3frud)t feiner
Otubien, ©rfunbigungen unb (Srlebniffe fortjufefeen unb abjufdjtiefeen, jumal au3
diebus lecto deeubuit. — — Interrogatus a nobis, quas pateretur molestias,
nallos se torsionam dolores sentire professus est, sed tantam defectu
virium pregravari: eine ©teile, bie barauf fyinjumeifen fdjeint, bafj ©erolb meber
t)on einer afuten ffranftjeit befallen mar, nodj unter einem djronifdjen Übel ju
leiben fjatte — bie SRatur eine« folgen meife ^elmolb auf ba3 anfdjaulidjfte ju
fdjilbern, mie aud feiner 33efdjreibung ber Säfjmungäerfdjetnungen bei SJicelin tjeröor-
gcf>t — , fonbem bafj e3 fidj f>ier um bie infolge öorgeftffrittenen Sllterä Ijerüorgerufene
©djtoädje unb ©ebredjlicfyfeit Ijanbett. Illucescente die, cum tenebris noctis cor-
raptibilem carnis sarcinam deposuit.
48 ) 21. o., ©. 601. »gl. audj SBattenbad), ©efdjidjtSqueHen, 6. Sluft., 1894,
8b. II, ©. 341.
49 ) Sib. I, Kapitel 1, a. o v ©. 240: «Quia — Helinoldus — historias de
subactione seu vocatione Slavorum et gesta Pontificura — debito fine, ut
voluit, non consummavit. >
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bcr SSorrebe jjim jmeiten Söudje 50 ) ljert>orgel)t, bafj eg iljm nidjt an bcm 9Hute
gebradj, bie SBa^r^ctt ju fdjreiben.
ö. SBreSfa, bcr behauptet, 51 ) $elmolb ^obe fein <3efd)id)t3tüerf nad)
Stegierung^eiten bcr 33ifd)öfe gegliebert, obwohl $elmolb bic StegierungSjeit nur
be3 erften in Sübecf refibicrenben SifdjofS beenbet — ba3 erftc 33ud) reicht bis
«jum lobe ©erolbä, 1163; ba$ jtoeitc aber nur bis 1168, obgleid) ber jineite
SBtfrf^of, ßonrab, erft am 17. Suli 1172 ftarb 5 *) — meint, #elmolb „fei im »egriff
geroefen, an bie Aufarbeitung be$ britten $8ud)e3 ju gelten" unb er Ijabe „e3 öiefleidjt
fc^on begonnen, als i^n ber lob öon feinem SJor^aben abrief". Seibe ^Behauptungen
ö. 93re3fa£ finb unvereinbar. §at §elmolb jebem Sübeder SMfdjof ein 93ud>
gemeint, fo fann er nidjt gut ba£ britte S3ud) begonnen Ijaben, ba bog jmeite in
biefem gatte noc^ lange nid)t öollenbet mar. fmtte bagegen §elmotb btö britte
33ud) roirflid) begonnen, fo mürbe er fein SBerf nidjt ,,nad) StegierungSjeiten ber
S3ifd)öfe gegliebert" tjaben, ba ba§ jtoeite Söud) nidjt öon 1164 — 1172, fonbern
nur üon 1164 — 1168 reicht, affo gerabe nod) einmal fo loeit l)ätte reiben muffen,
falls ö. 33re3fa redjt fyätte. 3n beiben Räütn erfdjeint e3 aber unbegreiflich, bafe
ö. SBreSfa ben Job £efmofb3 nid)t in ba$ Saljr 1172, fonbern erft in ba$ Safjr
1183 berlegt. 3d) tjalte e§ übrigens nid)t für unmöglid), ba| £elmolb bereite
1168 geftorben ift, benn ö. SBreSfaS JBcfyauptung, ba§ baS jroeite Sud) erft nad)
bem Jobe ÄonrabS »erfaßt fein fönne, erfdjeint mir nidjt überjeugenb genug.
2)a£ fm erften Slapitel beS jmeiten SBudjeS gefällte Urteil über 93ifd)of Äonrab
fann meinet SradjtenS and) ju üebjciten ÄonrabS gegen Snbc beS Sß^reö 1168
niebergef djriebcn roorben fein, nadj ber im 11. Sapitel bargelegten ©inneSänberung
®onrab$: «Potitusque reditu in gratia ducis (nad) bem 11. Dftober 1168, bem
lobe ©rjbifdjof ImrtroigS öon 95remen) mutatus est (seil, ©erolb) in virum
alteram. Didicit enini in his, que ipse passus est, compati fratribus suis
50 ) Inter descriptores hystoriarum rari inveniuntur, qui rebus gestis
descriptionis fidem integram solvant. Sane disparilia hominum studia — in
ipsa narrationi superficie statim dinosci possunt, dum — indebitus amor
sive odiura, deflectit narrationis impetum, derelicto veritatis tramite, in dex-
teram sive in sinistram. — — Alioquin ob difficultatem ingravescentiuni
causarum et depravatos mores prilicipuiu facile perturbabor a timore ho-
minum. Magne autem consolationis est firmamentum omnibus veritati inni-
tentibus, quia veritas, etsi nonnumquam impiis odium pariat, ipsa tarnen
in se inconeussa permanens non offenditur».
51 ) 8. o., S. 604, fonrie 6. 602—603.
52 ) albert $autf, £ird)engefd)id)te 2)eutfd)lanb£, 33b. IV, @. 928, fleißig 1903.
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et de cetero pronior esse in humanitatis officio». 3cf) finbe auf bie Ijier
aufgeworfenen fragen nur eine 9lntmort: $etmolb mar unerwartet geftorben, elje er
feinem SBerle ben beabfidjtigten Slbfölufe Ijatte geben fönnen, gteid^iet, ob bereite
Enbe 1 1 68 ober erft öier Ratyxt fpäter ober er mar bamate bereite f o mitgenommen
öon ben Sefdjroerben be3 2ltter3, ba% er bie 3* ber, bie er fo meifterljaft ju führen
öerftanb, ju Ijanbljaben nieftt me^r imftanbe mar.
b. 3)a3 ©eburUlanb #etmotb3.
93ee<f unb Sßattenbadj ftimmen barin überein, bafc fie #etmotb in ^olftein
geboren fein laffen, Sappenberg 58 ) fudjt f)etmolb3 ©eburteort in SBraunfdjroeig
ober beffen Skdjbarfdjaft. Der einzige ©runb, ben Sappenberg für biefe £>9po-
tljefe anjufüfyren meife, ba% namtid& ©erolb $etmotb§ Setyrer gemefen fei,
©erolb, ber öor feiner ^Berufung naef) Dtbenburg Sefjrer ber ©tfjule ju Siraun-
jdjroeig gemefen mar, ift fo roenig ftid^^altig^ bafy SappenbergS Slnfidjt nid)t erft
roibertegt ju werben braucht. Dagegen ftimme irf) 93eerf^ unb 3Battenbad)£ anficht
bei, bafe ^etmolb ein ^offteiner ift. Slber bemiefen mirb biefe 2lnfitf)t ntdjt burd)
bie öorgebradjten Argumente, ba$ ©ibo, ber fcon 1174—1201 Sßropft öon 9leu-
münfter mar, 54 ) felbft in ^olftein geboren mar, feie au$ bem oj-do prepositoruin
nostri monasterii, SBerS 10, tjeröorgefjt: 55 ) «Islis Holsatus Sido nomine signi-
ficatus» unb bafc biefer ^otfteiner ©ibo in feiner epistola 68 ) £>elmolb afä tsocius
et coetaneus noster in Buzow» bejeicfjnet. 3n ben «Versus de vita Vicelini», bie
nad) SBeecf aud) öon ©ibo Ijerrüfjren unb 1187 ober 1188 gefdjrieben finb, mäljrcnb
bie epistola bem 3aljre 1195 ober 1196 67 ) angehört, Reifet e3 SSer^ 201: tHelmold
«rat Bosowensis», ein S3emei3, bafc ^cfmolb 1187 tot mar, auef) menn iljn ©ibo
nodj 1196 all coetaneus bejeicfynet.
©o beuttief) e£ au3 bem ganjen Xenor feiner ©faöendjronif tjerDorget)t, ba%
£elmolb ein $otfteiner mar, fo täfct fid) bod) biefe feine Slbftammung nidjt bireft
nadjmeifen. ©3 fdjeint, als ob er bem ©renjgebiet jmifdjen £>olftein unb SBagrien,
bem oberen Jraöegebiet angehört Ijabe, beun er erjagt I, 14, bafc er al$ adoles-
centulus bie SRefte öon 9Jejenna gefetjen t)abe. |>ier in Utejenna, bem heutigen
©niffau an ber Cbertraöe, Ijatte 1 V* 3af)rt)unberte früher SBago, ber jmifdjen
ss ) S)ie ©efdjtdjtfdjreiber ber bcutfdjen SSorjett. 2. ©efamtauSgabe. $etmotb£
Sfjronit ber ©tauen, 2. Stuft., neu bearbeitet öon SBattenbadj, Seipjtg 1888, ©. VI
(au« Sappenberg« Einleitung o. 30. 3uti 1852).
54 ) Seecf, a o., ©. 132.
") »eeef, a. o., ©. 201.
56 ) Seed, a. o., @. 180, 3ei(e 11.
57 ) SBeecf, a. o., ©. 139.
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973— 983 58 ) 33ifd)of toon Olbenburg mar, einen ftatttirfjcn SBeftfc, auf bem fid)
aud) ein ®otteSf)auS befanb, fomie ein gemauerter ©peifefaal mit einem Dfen,
beffen ©runbmauern |)elmolb als Sängling gefeljen §at 35er 3 u f a fe beweift bafc
$etmoIb bamatS in ober bei bem fpäteren Segeberg gewohnt Ijaben mufc. 35emt
er fagt, er ljabe bie SRefte öon Sttejenna gefeljen beSljalb, weil fie nidjt meit üom
gufje beS Segeberger ÄatfbergeS entfernt gemefen feien, ßappenberg erläutert biefe
©teile burd) ben 3 u f a fe : «prospiciens nimirum a cacumine raontis», aber
biefe Srffärung ift fatfd). ©elbft mit £itfe beS beften gernroljrS mürbe eS
unmögtid) fein, bom ®tyfel beS ©egeberger ÄatfbergeS bie ©runbmauern einer
ÄopeUe unb anbere öaulicfyfeiten in ©niffau roaljrjuneljmen, ba ©niffau eine gute
fjatbe lagereife öom ©egeberger Äallberge entfernt liegt unb bamatS überbieS
burdj ringsum befhtbtidje SBälber ööllig berbeeft gemefen fein mufj. ©o !ann bie
©teile nur fo öerftanben werben: ba ©niffau nur eine Ijatbe Sagereife öom ©ege*
berger fialfberge entfernt liegt unb id) als adolescentulus am gufee btefeS 33erge3
lebte, fo Ijabe id) ©elegenljeit gehabt, bamatS bie SRcfte ber bort Don Söifdjof
SBago erbauten ©ebäufid)feiten ju feljen. 59 ) ^ebenfalls geigt fid) fomof)I Ijier als
an anberen ©teilen, bafc $elmotb.für ben ©egeberger Äalfberg eine beutlid) tväfyx*
ne^mbare SSorfiebe an ben lag legt unb über iljn öortrefflid) 33efdjeib ttm&tc,
eine Vorliebe, bie um fo beadjtenSroerter ift als iljm — mag gar nidjt genug
bebauert merben !ann — im übrigen geograpf)ijd)e Angaben nod) ferner liegen als
djronofogifdje SBeftimmungen. S)enn nid)t nur Ijier, I, 14, fprid)t fjelmolb mit
guter SenntniS Dom Äalfberge, fonbern audj Sapitet 58, mo er erjäljtt, toegen
beS " lauten ©etreibeS in ber 93urg auf bem Serge Ijabe man eS für ätoecfmäfcig
gehalten, ein neu geplantes ßlofter nidjt in ©egeberg, fonbern im näd)ften Orte
#u erbauen, Don bem f)elmolb mieberum forooljl ben ftabifdjen Tanten ßujalina,
als aud) ben beutfdjen Drt §agereftorp anführt. Kapitel 63 erjäljlt er, ba§ jroei
tReitergefdjmaber ber SBenben — roieberum eine überrafdjenb genaue Angabe —
alles öer^eerten, quiequid in suburbio Sigeberch repererunt. $>ann fpridf)t
tx Sapitet 69 öon ber ©inwei^ung beS Oratorium Cuzeline unb fügt Ijier jum
68 ) grife Eurfdjmann, 5)te SMöaefe 93ranbenburg, Seidig 1906, @. 55.
ß9 ) «Habuitque preter alias curtes duas nobiles, apud quas sepius
pontifex deversatus est, unam in villa publica que dicitur Buzu (Bofau,
^etmoIbS Sßfarrborf), alteram super fluvium Trabenam in loco qui dicitur
Nezenna, ubi etiam fuit Oratorium et caminata murato opere facta, cuius
fundamenta ego adolescentulus vidi, eo quod non fuerint longe a radice
montis, quem autiqui Oilberch, moderni propter castellum impositum
JSigeberch appellant.»
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jttjcttcn 2Rale Ijinju: «que alio nomine Hagerestorp dicitur». Sludj bie
Mitteilungen in Kapitel 73 über bie SBirffamfeit be3 ^ropfteS Steinten; in
Süjelina «que et Hagerestorp» laffen ba3 Sntereffe §elmoft>3 für bie ©egeberger
©egenb beutlidj erfennen, nicfjt minber bie Angaben in Kapitel 75, Äapitel 78,
ganj befonberS aber ber faft epifc^e 93ericf)t in Kapitel 53, ein ÜKeifterftütf
an|ct)aulicf)er (Srjäljtung. Sßicelin macf)t Saifer fiotljar in SBarbotoie! anf bie in
SBagrien einjig bafteljenbe ^ßofition be§ ©egeberger ÄalfbergeS aufmerffam, trefftid)
geeignet ju einer 3^ingburg für bie ©laben, ©djon ber Dbotritenfönig ßanut Ijabe
bie SBebeutung biefer Sage erfannt unb beSljafb ben 93erg befefct. S)a§ gange SBolf
ber 9torbalbingier unb bie dürften ber ©faöen merben aufgeboten, um bie 3tt>ingburg
auf bem Sallberge erbauen ju Reifen. SRunmefyr glauben bie SBenbenfürften nit^t
mefyr an ben Qfortbeftanb iljrer greiljeit, benn ber ßalfberg ift befeftigt: „2Ber Ijat
un3 bie£ Ungtücf bereitet unb bem Äönige biefen 99erg »erraten ?" ufro. 60 ) S)ie
SSorliebe $elmolb3 für biefen Sattberg, an beffen tjufj er bereite als adoles-
centulus gemoljnt §at, ift mithin nidjt ju öerfennen, fie tritt öollenb« Ijeröor für
ba$ nidfyt weit Dom ^ufee biefeS frönen Sergej be3 größten 9faturmunber3 jroifdjen
<5lbe unb Ober — erft ©tubbenfammer unb fjelgolanb bitben äljntidje ©e§en3»
roürbigfeiten — entfernt gelegene S)orf ^agereftorp. ©teilt man alte 3Kitteitungen
Jg>elmotb3 über bieg Heine, unbebeutenbe, abgelegene Iraöeborf unb ©egeberg jufammen,
fo ift man erftaunt über bie Stolle, meldje biefe ©egenb bei $efmolb fpielt, faU^
man barauf geachtet §at, nrie überaus feiten topograpI)if<f)e Slngaben, nrie öerljältniS-
mäfcig feiten überhaupt genaue 2>aten im weiteren ©inne bei ^elmolb ju finben
60 ) Preterea intimavit ei, quia in Wagirensi provincia mons haberetur
aptUS, Cut propter tatelam terre regale possit castrum imponi. Nam et
Kanutus rex Obotritorum olim eundera raontem oecupaverat (ögt. Kapitel 49:
«Post hec traneiit Kanutus in terram Wagirorum, et oecupavit montem, qui
antiquitus Albereh dicitur, imposuitque illic mansiunculas, intendens ibidem
communire castellum») sed miles illic positus immisso noetü latrone captus
est, dolo senioris Adolfl, metuentis se a Kanuto, si forte invalesceret, facile
posse premi. 9tIfo alle: Katfer Sottjar, König EanutuS, ©raf Slbolf öon #olftetn,
We ©laöenfürften, 33icelin galten ben Sfalfberg für ben geeignetften 5ßunft jur
Seljerrfdjung SBagrtenä. Imperator ergo audito sacerdotis prudenti consilio,
transmisit viroe idoneos, qui specularentur aptitudinem montis. Pre-
cepitque omni populo Nordalbingorum, ut oecurerent ad edificationem castelli.
Sed et prineipes Sclavorum aderant in obsequium imperatoris, facientes
operationem, sed cum grandi tristitia, eo quod sentirent, clam sibi suscitari
pressurami ufto. 33eadjten3tt>ert ift audj bie Kenntnis Don ffiingeltjetten, fo bei
ber Überrumpelung ber SBefafcung be3 ©laöenfönigä SanutuS.
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finb. @r nennt bic SSorfte^cr ber Klöfter in §agereftorp unb ©egeberg, eiujelner
OrbenSbrüber, ben SBorftetyer ber auf Kaifer SotljarS 93efef)l errichteten 93urg, ben alten
Flamen beg Sergej unb füt)rt, wag am auffäHigften ift, nid)t weniger als brei» ober
triermal fornof)! ben beulen als ben flabifdjen SRamen beS DrteS an, eine ©enauigfeit
unb SBieberfyolung, bie in feinem ganjen SBerfe einjig bafteljt. 3)iefe SBaljrnelpungen
rufen bei mir bie Vermutung Ijertwr, ba§ §ier, wo er fdjon als adolescentulus
mit Anteilnahme bie ©egenb burd)ftreift fyat, feine §eimat ju fudjen fein bürfte.
3)ie beiben genannten SBefifcungen beS Dlbenburger 93ifd)ofS, SBofau unb
©niffau — nad) bem Chronicon episcoporum Aldenborgensium, baS 1561
ber SRafeeburger SßreSbtjter Äonrab (Söermot fcfyrieb (herausgegeben öon Sßaullini,
©. 162), waren Bozovo et Nezenna bem fiebenten Dlbenburger 93ifd)of, SBenno,
epro victu et amictu redditae» morben unb fdjon Sßaullini fügt ju SRejenna
bie 2tnmerfung fjinju: «hodie Guissow dicta> — ftnb in ber Suftlinie nod) nidjt
13 Kilometer öoneinanber entfernt, beibe liegen, ebenfo wie Segeberg, nid)t in
^olftein, fonbern im alten SBagrien: ©niffau an ber Jraoe bilbet mit Segeberg
an ber Iraöe unb mit SBofau am Sßlöner ©ee ein gleidjfdjeufligeS 2)reiecf, beffen
weftlidje SkftS öon ÜKorboften nad) ©übweften bie fiinie Siofau — Segeberg, beffen
öftlid)e ©pifee ©niffau bilbet. Snner^alb biefeS 3)reierfS fd)eint ^elmolb faft fein
ganjcS 2eben jugebradjt ju Ijaben; erft finben wir iljn als adolescentulus in
©egeberg unb ©niffau, fpäter als Angehörigen ber flöfterlidjen ^Bereinigung im
benachbarten SWeumünfter, im legten Abfd)nitt feines SebenS als Pfarrer in 33ofau:
feine ©laöeudjronif beweift, bafe er biefer feiner $eimat mit 2iebe unb warmer
Anteilnahme jugetan war. SSielleic^t ift eS auf feinen befonberen SBunfd) gefdjeljen,
ba§ er gerabe SBofau jur Pfarre erhielt unb nid)t in Dlbenburg ober Sübecf
angeftellt würbe, wo man an ber öon ©erolb gegrünbeten @d)ule einen }o wohl-
unterrichteten, erfahrenen unb fähigen 2eljrer befonberS gut Ijätte brauchen fönnen.
f)elmolb tritt unS eben nid)t nur in feiner 2Bal)rf)eitSliebe, feinem SJtute, feinem
fd)lidjten SBefen, fonbern namentlid) aud) in feiner warmen ^eimatliebe als ed)ter
s Jtieberfad)fe entgegen; bie Überzeugung, bafs er ein $reunb unb Kenner ber
t)eimifdjen 3$olfSlieber unb epifdjen SSolfSgefäuge war, l)at fid) mir immer ftärfer
aufgebrängt, je tiefer idi) in baS ©tubium ber Don iljm gefd)ilbcrten Vorgänge
einbrang. S)ie Vorliebe ^elmolbS für bie Üftorbalbingier, borjugSmeife für bie
$olfteiner, bie 93enu&ung fädjfifdjer SBolfSlieber Ijat ü. ÖreSfa bereits 1881 in
feiner 3naugura(>2)iffertation nadjgewiefen. 61 )
61 ) ftatfjgebrucft in 93b. IV ber 3eitfd)rift beS Vereins für Sübetfifdje ©efdjtdjte
unb AltertumSfunbe, £eft 1, 1881: „Unterfudjungen über bie Stadjridjten £etmolb$
üom Seginn feiner äBenbendjrouif bis ^um AuSfterben beS lübetftfdjen SürftenfyaufeS."
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c. 35 i c ©djitffate $etmofb«.
©otoiet über ba$ «Seitatter unb bic $eimat $elntotb«. 2Ba« feine ©d)i<ffafe
anbelangt, fo fdjeint e«, aö Ijabe er ftcf) SSicelin angefrfjloffen, ber bei feiner
Snfunft in SBagrien ben £auptftüfcpunft für feine toenbifd)e 9J?iffion junädjft an
ber Untertraöe, in Slltlübecf unb ©egeberg, ju gewinnen fud^te, juborfommenb t>on
bem in SUttfibecf refibierenben ©laoeufönig $einrid) empfangen 25er Eintritt
33iceltn« in bie f)olfteinifd)e SDiiffion ift burd) bic t>on ©girren 1878 öeröffenttidjte,
„bie einjige unter SSicelin« tarnen auf un« gefommene Urfunbe" öom S^re 1150,
in ber SSicelin ©egeberg eine 3rf)ntenbonation öertetfjt, für ben £erbft 1126 fieser-
gefteüt. 62 ) 2)amal« fd&eint fid) $etmolb bem SWiffionar feiner §eimat angef <f) (offen
ju fjaben, eine 93ef)auptung, bie fid) aflerbing« bireft ntdjt nadjtoeifen läfjt. SBie
nadjgeroiefen, lebte |>etmolb at« adolesceutulus in ber ©egeberger ©egenb unb
lannte bie Jraöetanbfdjaft. ©o ift e« nid&t unmöglid), bafc er im f)erbft
1126 SBicefin al« ftüfjrer ju Äönig §einrid) nadj «Itfübetf biente. SSar bod^
93icelin fdjon bamal« ein angefeljener 9Kann, bem man in SBremen bereit« bie
SBürbe eine« ©omBjerrn: praebenda canonica 68 ) angeboten Ijatte unb ber tum
bem berühmten Srjbifdjof Norbert bon SWagbeburg nad) bem 25. Suli 1126 64 )
jum Sßriefter gemeint roorben mar; in ben bei 3oad)im be SBeftpfyaten (raou. inedita
rerum Germ, praeeipue Cimbricarum II, © 2358, § 21, Seipjig 1740)
herausgegebenen Origines Neomonasterienses et Bordesholmenses tnirb fogar
eine ^Mitteilung be« «Chronic. Slavic.» jitiert, bie SSicelin bereit« bamal« ober furj
nad) feiner 3lnfunft in SBagrien Pontificein maguum nennt, ©eroiffe QüQt
au« bem 93erid)te §elmolb« über SSicelin« Slnfunft in SBagrien fd)eincn bafür
ju fpred)en, bafc §etmolb fid) bereit« bamal« al« be« Sanbe« unb ber fieute, öiet
8f ) „Sllte unb neue OueHen jur ©efdjidjte SSicelin«. 9lu« ben papieren ber
SBoflanbtften." 3^itfc^rift ber ©efetlfdjaft für ©d)te«ttug'£o(ftein'2auenburgifd)e
©cfdjitye, »b. VIII, ©. 324, Siel 1878.
6S ) #e(motb I, 45.
64 ) $aff6 Ijat 1843 auf biefe« $5atum fjingettriefen. S)a Norbert öor feiner
SBaljl am 18. 3uli 1126 nur Slbt mar, unb ba er am 25. 3uli 1126 gemeint
ttmTbe, fonnte er erft nad) bem 25. guli SSicelin ad sacerdotii gradum promovere
(#elmolb I, 46). Sgl. ba« öon SRegel gitterte SHrdjenretfjt öon £infd>iu« I, ©. 80,
1882 unb *ßaut Segel: „©elmotb unb feine Quellen", 3ena 1883, ©. 42.
6b ) 3)af$ £elmolb ber Spraye ber SBagrier ntdjt unfunbig toar, glaube idj
au« folgenben SBa^rne^mungen fd)tie&en ju bürfen. SBieberljolt füfjrt er neben ber
beutfdfen ober latetnifdjen bie flatrifdje Segeic^nung an: quod sclavice Cuzalina,
teutonice Hagerestorp elicitur (I, Aap. 58); I, 23: in urbe Leontio, que alio nomine
Lenzin dicitur; I, 12: Aldenburg, que Sclavica lingua Starigard, hoc est
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teidjt aud) bcr ©protze 65 ) funbiger gfü^rer bcm au8 bcr grembe fommenben, bei
ben beibctt benachbarten Srjbifdjöfen in 93remen unb SWagbeburg angefeB>enen
^ßriefter angefdjloffen Ijat. ^ier^er gehört junöd)ft ba3 „Sofort", baä §elmolb
fyeroorljebt: „SBiceün mad)t fid) fofort jum ©laDenfönig $einrid)" auf, nadjbem er
öorfjer in Söremen ftd) be$ (SinoerftänbmffeS feines (Srjbifdjofä öerfidjert Ijatte.
Sie eingaben, bafc ber mit ber legatio in Sclavorum gente betraute SSicelin
antiqua civitas, dicitur; I, 12: Sclavicum vero aratrum par boum aut unus
conficit equus; I, 14: quod Sclavorum animi naturaliter sint infidi; I, 87:
modius autem Sclavorum vocatur lingua eorum curitce; I, 82: quia nulla
gens honestior Sclavis in hospitalitatis gratia; II, 12: hospitalitatis enim
gratia et parentum cura primum apud Sclavos virtutis locum optinent. 3)te
beigebrachten Seifptele, bie fidj nod) öermefjren liegen, betoeifen nic^t nur, bafj
$etmolb flat>ifd)e Flamen unb 9lu3brüde, fonbern auc^ flaötfdje 3Haf$e unb ßljarafter*
eigenfdjaften fannte, tote itjm audj bie SRamen unb SultuSftätten ber flaöifc^en ©ötter,
bie 2lrt unb ©röfje ber ben SSenben auferlegten abgaben unb bergteidjen mel)r
befannt finb. gemer ift bemerfenömert, baf #elmolb bie ber beutfdjen 3unge
ungeläufigen unb fdjtoer faüenben flatrifdjen SRamen auffallenb genau miebergibt,
teilmeife fogar in ber Orthographie: I, 92: Pribizlavus atque VVertizlavus, Zverin
(©djtoerin), Cuscin; I, 46: Zventepolch; I, 48: Zvinike; I, 15: Missizlaus,
Bolizlaus; I, 16: Mistiwoi; I, 18: Morize, Derithsewe; 1, 87: Milicou; II, 4:
Kazemarus et Bugezlavus, Uzna (U(ebom); I, 16: Mizzidrag ufto. SefonberS
fc^eint aber bie Setonung für eine Senntnte beö SBenbifdjen bei 4>elmolb ju fpredjen,
mit ber |>etmolb I, 83 ijeröorfjebt, ber neue Sifdjof ©erolb l)abe bafür ©orge
getragen, bafj an ber £auptfirdje be3 S3i£tum3 in Olbenburg ein Sßriefter angeftedt
ttmrbe, toeldjer bie Sprache feiner ©emeinbe fannte: «Et quia castrum et civitas,
que olim ecclesia et sedes cathedralis fuerat, deserta erat, obtinuit apud
comitem, ut fieret illic Saxonum colonia, et esset solatium sacerdoti de
populo, ciiius nosset lingaam et consuetudinem (a. o., ©. 168). S3eibe$
fdjeint bei #elmolb jujutreffcn. Ob ber Dlbenburger Sßrieftcr ba3 SBcnbtfd^e nrirflidj
betjerrfdjte, mufj jtoeifetljaft erfdjeinen, ba er fid) in roenbijdjer Sprache getriebener
Sßrebigten bebiente, bie er bei geeignetem Slnlafj öortrug. ^elmolb^ SRitteitung, baß e£
foldje in flatrifdjer Sprache getriebene Sßrebigtfammtungen gab, eine Slngabe, bie üon
unfern ftird&enljiftorifern nid)t genügenb beamtet morben ift, ift ebenfo beadjtenSioert,
roie für ben l)ier öerfudjten SRadjmeiä bie Satfadje, bafc ber in berartigen bireften
Säten leiber adju fparfame £>elmolb e£ für geboten eradjtet, auäbrürflidj Ijeröor»
juljeben, bafj fid) S3runo in Olbenburg (old) flatufdjer Sßrebigtfammlung bebient ljabe:
«Quibus etiam sacerdos Dei Bruno iuxta creditam sibi legationem sufficienter
administravit verbum Dei, habens sermones COüScriptOS SclaviciS verbis, quos
populo pronunciaret opportune.» Sielletdjt rührte biefe Sammlung flaöifdjer
Sßrebigten öon #elmolb felbft Ijer: ber <&<f)\oabe ©erolb unb ber JBeftfalc Sicelin
werben ba3 SBenbifdje fdjmerlid) fo gut oerftanben Ijaben, nrie ber loatjrfdjeinlid)
auS SBagrien gebürtige ipelmolb.
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Äönig £einrid) fudjt, 66 ) bafe $einrid) bic 3lnfömmlingc coram gente empfängt,
fte ju tyofjen Sljren ergebt, iljnen bic ecclesia Lubeke 67 ) übermeift, unb jroar als
tuta statio, bamit fic ftrf) bei iljm, bem Sönig ©einrieb aufhalten unb bamtt fte
bei iljm iljren firdjlidjen aufgaben nadjget)en lönnten; bie Änbeutung, bafc SSicelin
unb feine ^Begleiter nunmehr i^ren bauernben 9lufentljalt in Slltlübecf ju nehmen
unb »Itlübect jum »uSgangSpunft iljrer SKiffionStätigfeit ju machen gebenfen, 68 )
foroie ber Umftanb, baf$ $elmolb bie Segleiter SBicelinS nad} ifjrem ©tanb, SRamen
unb iljrer £erfunft anjufüljren meife, obwohl er baS erfte SBudj feiner ©laöendjronif
erft 42 3faf)re fpäter nieberfdjrieb; biefe ganje, auffallenb gute Orientierung
4>elmolb3 legt ben ©ebanfen nalje, bafe er bamalS als junger SRann felbft babei
geroefen ift. ©einer (Sigenart unb 33efd)eibenl)eit entfpridjt eS, in folgen fällen
t>on fidj felbft ju fdjmeigen — ober man müfcte l)ier gerabeju an eine Urfunbe
Äönig |>einrid)3 benfen: bie OfunbationSurfunbe für bie Slltlübeder Äirdje.
Später mufj £elmoft> bie SBraunfdjmeiger ©djule befugt Ijaben: Dielleidjt
Ijat er fid) erft infolge beS SufammenfeinS mit SSicelin, für ben er immer eine
auffaüenbe §od)ad)tung an ben Sag legt, entfdjtoffen, fid) bem geiftlidjen ©tanbe
anaufdjliefjen. 3)ie oon iljm fo auSfü&rlid) berichteten Sugenberlebniffe SBicelinS,
benen jufotge SSicelin feine SttngtingSjaljre in ßeidjtfertigfeit unb ©innenluft
toerbradjt ffatte unb beinahe bis in fein SRanneSatter 69 ) unmiffenb geblieben mar,
66 ) ©elmolb I, 46, a. o. ©. 96: «Repertum igitur Heinricum.»
67 ) Dr. ©djmeibler, ber Herausgeber ber neuen £>etmolbauSgabe für bie MG.,
l)at bie ©fite gehabt, mtdj brieflich ju benachrichtigen, bafc bie richtige SeSart lautet
cecclesiam Lubeke», ntdjt, mie bei Sappenberg, «ecclesiam in Lubeke».
68 ) ©ine foldje 2lbfid)t SBicelinS mirb jtoar nid&t bireft ausgesprochen, fdjetnt
aber au* bem Sufammenfjange ^eröor^uge^en. Denn fogtetdj nadjbem SJicelin bie
ecclesia Lubeke übermiefen, ferner bie magnos honores, bie tuta statio, bic
(Erlaubnis, bei König £einridj consistere, fottne baS Siecht erhalten Ijat, agere,
que Dei sunt unb nadjbem all biefe grunblegenben 3 u gcftänbniffe rite peractis,
baS fjeifct bod) mofyt, urfunblidj üerbrieft morben maren — als ehemaliger Seiter
ber 3)omfd)ute in ©remen öerftanb fid) Sicelin auf bie Ausfertigung üon Urfunben
(ögl. änm. 81) unb als ein am bänifdjen ÄönigS^ofe aufgemadjfener Efjrift mufcte
#einridj bie ®epfIogenf>eit ber fftrdje, fid) über 3ugeftänbnijfe unb Übermeifungen
möglidjft umgefjenb ben urfunblidjen SRadjmeiS ju öerfdjaffen, fennen unb natürlich
finben — fefjrt SSicelin mit feinen ^Begleitern in ©ayoniam jurütf, ordinaturi de
rebus domesticis suis et paraturi se ad iter Sclavanicum. S)aS fann nur
Ijeifjen, um nunmehr alle SKafcregetn jur bauernben Überficbelung nac^ ber 8leftben$
Äönig ^einric^S ju treffen.
69 ) $)elmolb I; 42, a. o., 8. 89: «neglectus tarnen pene ad virilem
etatem».
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bejeid)nen bcn Sttieberfcfylag häufiger 70 ) (Srjäljlungen SBicetinS. @S märe ntdjt
unmöglich, bafe SSicelin bcm nidjt meljr jungen $elmolb nur beStyalb biefe feine
Sugenbgeföidjte fo oft erjäljlt Ijat, um t^n burd) fein eigene« ffleiftuel ju
ermuntern, trofe feiner gemifc balligen UnfenntniS alles beffen, maS man bamalS
in einer 3)om« ober Slofterfdjute ju lernen pflegte unb trofe feines öorgefdjrittenen
fiebenSalterS nod) eine ©djute ju befugen: man müfcte fonft nidjt, roeSljalb SSicelin
|>etmolb feine nid)t eben rül)mlid)e 3ugenbgefd)id)te meljr als einmal erjäljlt
l)at. ©erglcidjen erjäljlt man fonft gar nidjt ober, luenn man Sluguftin nadj»
eifert, bod) nur einmal, ^elmolb nennt ©erolb feinen Seljrer: praeeeptor
meus venerabilis. ©erolb mar öor feiner ^Berufung auf ben Dtbenburger ©tuljl,
baS Reifet bis @nbe 1154, ober roofjl richtiger, bis Anfang 1155 magister scole
in Bruneswich et canonicus- urbis eiusdem. 71 ) 2Bar ©erolb nod) 1155
magister scole in Bruneswich, fo ift eS in fyoljem ©rabe unnml)rfd)einlid),
baf$ er bieS 8lmt bereits breifeig 3a§re früher, alfo um 1126 befleibete. fjelmolb
mufe alfo erljeblid) fpätcr bie 33raunfd)meiger ©djule befugt fjaben.
3)enn ©erolb mar ein ©djmabe unb Ijat and) nod) als Sifdjof öon Dlben«
bürg mit biefer feiner fjeimat in SSerbinbung geftanben, 7 *) maS nidjt roaljrfdjeinn^)
märe, falls er nidjt bis in fein SKanncSafter Ijinein in ©djmaben geblieben märe.
@rft fpäter mirb er burd) bie Sßetfen, bie i^n auf iljren fdjmäbifdjen Sefifcungen
fd)äfcen gelernt fyaben merben, nad) SWorbbeutfc^lanb berufen morben fein. 2>afe
©erolb ju ^einridj bem ©toljen in JBejie^ungcn geftanben Ijat, ift nirgenbs über»
liefert, um fo lebhafter unb tiefer mar baS S3erf)ältniS, in bem ©erolb ju $einrid)
bem Sömen unb beffen ÜKutter ftanb, bie aud) feine Sßabt jum Öifdjof bemirtt
l)at. 73 ) ^ebenfalls ift ber frü^efte Xermin, ber für bie Berufung ©erolbS auS
©djmaben nad) Sraunfdjroeig in 93etrad)t fommt, ber ©pätfommer 1139. ©elmolb
erjäljlt, Äaifer 2otf)ar Ijabe feinen @d)roiegerfot)n ^einrid) ben ©toljen öor feinem
jmeiten Stömerjuge mit Saufen belehnt. 3)er Stufbrudj SotljarS nad) Statten
7Ü ) 91. o.: «Audi vi eum sepenumero dicentem.»
71 ) $elmolb; praefatio j«m 1. 93udj unb I, 79; a. o. ©. 12 unb 153.
72 ) £>elmolb I, 79; a. o. ©. 154: «abiit in Sueviam, designaturus duci per
nuncium suum de statu suo. — — in exeundo Suevia ineursatus est a
latronibus, amissoque viatico, de gladio graviter vulneratus in frontem est.»
I, 82; a. o, 6. 159: «Post hec episcopus noster, aeeepta a duce licentia,
secessit in Sueviam, ubi venerabiliter ab amicis suseeptus et per dies aliquot
retentus, divertit in Saxoniam.»
75 ) SJgl- ^elmolb I, 79, a. o., ©. 153: Accersivit igitur domina per litteras
Ludolfum, prepositum de Cuzelina, commendatumque sacerdotem (seil, ©erolb)
transmisit cum eo in Wagirensem terram, eligendum in episcopum.
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erfolgte am 20. 9luguft 1136 toon SBürjburg auS, roofelbft er curiam generalim
abgehalten fyitte. Stuf biefem SReidjStage mar maljrfdieintid} bie „Söentual*
beteljnung" $tinxid)$ mit ©ac^fen 74 ) erfolgt, benn nur toon einer folgen fann
bamalS bie SHcbc fein. §erjog $einridj felbft mufete bem Äaifer narfj Italien
folgen. 9113 ßotljar bei jeiner SRüdßeljr au« Italien am 4. 2)ejember 1137 in
ben 8tyen ftarb, Ijatte er bor feinem Jobe §einridj baS fädjfifdje ©rbe überliefen, 75 )
baS aber aud) jefet nodj niefit in £einrid}S #änbe tarn, ba fionrab III. Saufen
SUbrecfyt bem JBären gab. 76 ) Srft 1139 gelang eS $einrid) bem ©totjen, mit
$ilfe feiner ©djmiegermutter, Rikenzo imperatrix, 77 ) Saufen Sltbrec^t bem
SBären ju entreißen. Somit fann eine ^Berufung ©erolbS naef) JBraunfdjmetg burd)
bie SBelfen nid)t oor 1139 erfolgt fein.
33iS 1139 fdjeint £elmotb bei Sicelin gemeilt ju l>aben, bejeidjnet il>n bodj
ber SßreSbtjter 33remenfiS, ber 1448 baS Chronicon Holtzatiae fdjrieb, gerabeju
als diseipulus saneti Vicelini. S)iefe Sttadjridjt ift um fo bemerfenSmerter, als
ber SßreSbtjter fein Chronicon in ber ausgekrochenen Slbfidjt fdjrieb, $elmolb 5 U
ergänjen. 78 ) @S mufc fidj biefe für bie SBiograpIjie £elmolbS mistige 9iad)rid&t
auf bie 3*ü öor bem Aufenthalt £elmolbS an ber Söraunfdjroeiger ©djute bejieljen,
benn nad& biefem ©djulbefudje märe §etmolb ein SSierjiger gemefen, ben man
md)t meljr gut als diseipulus Ijätte bejeicfjnen fönnen, um fo meniger, als SSicetin
feineSroegS ein berühmter ©elender unb fonberlid^ meltfunbiger unb politifö öer-
anfagter 9Kann mar, mie nadj ^etmolbS 3 c ugniS ©erotb, fonbern ein fcfjlidjter,
anfprucf)Slofer 3KifftonSprebiger. 2)aJ5 £>elmolb aber norfj nad) SBraunfdjmeig geljen
lonnte, obmoljl er bem SßreSbtjter jufolge bereits SßicelinS ©dualer gemefen mar,
fann nicfyt befremben. fjür einen befferen Unterricht mufjte eS 33icefin in ber
74 ) $elmolb I, 54, a. o., @. 109 u. ©uftaö Sinter, Slnnalen ber beutfdjen
©efdjidjte im Sftittelalter. 3lbt. III: Slnnalen beS Seutfäen SReidjS im geitatter
ber Dttonen unb ©alier, fflb. II, ©alle a. ©. 1898, ©. 700, 2lnm. b.
75 ) Stidjter, a. o., ©. 711.
76 ) £elmolb, I, 54, ©. 110.
77 ) |elmolb, I, 56, ©. 114. SRad) SBebefmb (a. o., 33. II, ©. 295/6) oer-
mahlte fidj ^einridj ber ©tolje mit ©ertrub am 29. äWai 1127, mürbe i^m im
2)ejember 1138 gu ®oSlar Saufen abgebrochen, ftarb er am 20. Dftober 1139,
toäfyrenb bie fflele^nung #einrid)S beS Sömen mit ©adjfen burdj Äonrab III. im
Suni 1142 erfolgte.
78 ) Stopitel 15: «ad complementum cronice, quam pie recordacionis
frater Helmoldus, divinorum rector in Bosauw, saneti Vicelini diseipulus,
fideliter composuerat». ©erauSg. öon Sappenberg in ber DueHenfammlung, 93b. I,
1862, ©. 30.
ä*Wt. b. «. f. ß. ®. x, l. 3
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34
flabifdjen SBilbniS um fo mef>r an allen Hilfsmitteln, namentlich an SBüdjern
fehlen, als SBicelin fid) in ber fdjlimmften materiellen SBebrängniS befanb unb feine
ganje Äraft bet 9Jiiffton unb ber fdjroierigen, muffeligen unb nur notbürftigen
Unterhaltung feiner gleich im Sntfteljen berffimmerten ^Pflanzungen 79 ) meinen
muffte, ©o wirb SSicelin fetbft — ber in bem borgefdjrittenen Sllter, in bem er fid)
bem geiftlidjen SBerufe getoibmet Ijatte, mehrere Spulen befudjt fyatte: erft als
©djüler bie ju ^ßaberborn, bann als Seljrer bie ju SBremen, unb ber nod) im
fpäten SJlanneSalter unmittelbar bor JBeginn ber wagrifdjen 9)liffion fid) ©tubien
Ijalber nad) granfreid) begeben Ijatte — feinen ©djüler £elmolb beranlafet Ijaben,
eine mit allen Hilfsmitteln berfeljene unb bon einem fo angefeljenen ©djolardjen
wie ©erolb geleitete ©djule ju befugen. @nbe ber bierjiger Saljre mufj $elmolb
bon SBraunfdjroeig mieber ju Sßicelin jurücfgefeljrt fein, benn mir finben iljn in ber
befprodjenen Urfunbe SBicelinS bon 1150 als Diafon ju SReumünfter bezeugt, ,ju»
gleich als SKitglieb ber borttgen DrbenSgemeinfdjaft 80 ) bonSluguftiner^or^erren, 81 )
fo ba$ \i)i\ ©ibo, ber berfelben ©emeinfdjaft am felben Drte angehörte, als socius
et coetaneus bejeidjnen burfte. 35emnac§ ift ^elmolb jnrifdjen 1139 unb 1150
79 ) £elmolb I, 55, ©.111: «Venerabilis ergo sacerdos Vicelinus ceteri-
que predicatores verbi gravi mestitia confecti sunt, eo quod novella plantatio
in ipsis initiis emarcuerit, continueruntque se in Falderensi ecclesia, orati-
onibus et ieiuniis assidue intenti. Quanta — eiborum temperantia — illud
collegium primitus claruerit, non satis explicari potest.
80 ) 21. o., 3tfd>. b. @. f. ©$leSw.»£olft.«S. ©., 93b. 8, ©.310: «Huius autem
rei testes sunt fratres Norimonasterii, tam clerici, quam laici. Eppo prior,
Membrandus sacerdos, Helmoldus diaconus, Adunardus . . . laici.» ©etbft
ein fo ftarf jum S^eifel geneigter fitittfer wie ©djirren mug jugeben: „Unter ben
3eugen wirb #elmolb als $ia?onuS aufgeführt, unb eS ift nidjts bagegen ju erinnern".
81. o., ©. 322.
81 ) $aurf, a. o., ©. 600, 9lnm. 2. |>autf wenbet fid) entf Rieben bagegen, bafe
©girren in fetner $tjperfritif wie fo btele anbere Slngaben £elmolbS aud) bie 3laty
rtdjt bom Aufenthalte SSicelinS in granfretdj bezweifelt. SicelinS „©tubienauf enthalt
in granfreidj" fei ebertfotoenig fadjlid) auffällig, als er in djronologifdjer SBe^ie^ung
©djwierigfeiten bereite. — 3BaS bie oben (©. 28) als „flöfterlidje ^Bereinigung"
bezeichnete Kongregation ju Steumünfter anbelangt, füge td) $u iljrer ßfjarafterifierung
folgenbe mir jutreffenb erfdjeinenbe ©djilberung SBilljelmS b. Sippen (Sritifdje Unter»
fudjungen über bie Versus de vita Vicelini, Sübetf, 1868, ©. 25) fjinju: ,,©S ift
nid)t ein fünftltd) gemaltes Snftitut, — am wenigften ein Slofter; eS erWudjS
zwanglos; wie bie SRänner fid) bort aufammenfanben, bie wie tljr gü^rer bereit
waren, für ben frommen 3^«* ein Öeben boll ©ntbefjrung $u ertragen, wie eS bie
26. SReget bcS l). Sluguftin borförieb."
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35
©crolbS ©djüler in SBraunfdjmeig gemefen, unb ba eine Qtxt vergangen fein mufj
elje ber grater |jelmolbuS eS bis ju ber atlerbingS nid)t Ijoljen SBürbe eines
2)iafonuS gebraut tjaben fann, mirb man ben Sraunfcfymeiger ©tubienaufentljalt
©erolbS richtiger an ben anfangt als an ben ©djtufjtermin rüden. Sludj fein
Lebensalter, baS nad) ben obigen Ausführungen 1139 minbeftenS 39 3atyre
betragen Ijaben mufc, füljrt ju ber Annahme, ba&^elmotb balb nad) 1139 ©crolbS
©djüler gemefen fein mirb. 3d) mödjte ben ©c^ulaufentfjaft §efmofbS nod) aus
einem anberen ©runbe in bie Qtxt etma toon 1140 bis 1143 fefeen. ©inmal mar
erft bamalS baS SBelfenregiment in Sraunfömeig fieser ftabiliert, fömermiegenber ift
aber folgenber Umftanb. 9?ad)bem $elmolbS ©fyronif für bie Qtxt toon 1134 bis
1139 öon Sa^t ju Saljr immer ergiebiger gemorben ift unb jmar, mie eS beutlid)
ertennbar ift, an felbfterlebten ©reigniffen; nadjbem infonbertyeit 1138 ber Vettern-
fampf jmifdjen $einrid) bem ©totjen unb 9Ubred)t bem Varcn, bie gortfdjritte
SllbredjtS, bie Vertreibung SIbolfS, baS Sluffommen |>einrid)S ö. Vabemibe, ber Job
$erimannS t)on ©egeberg, bie Utieberbrennung ber Rirdje unb beS RlofterS ju
Segeberg, bie Dttebermefcelung VolferS, ber Untergang SUtlfibedS, bie ftfudjt ber
$riefter nad) galbera erjäljlt korben ift unb für 1139 ber SBinterjug $einrid)S
ö. Vabemibe gegen bie Sßagrier, ber ©ommerjug ber ,£)oljaten gegen bie Sßagrier,
bie ©innaljme *ßlönS, bie Vertreibung 9llbred)tS beS Vären auS ©adjfen, bie
SSieberfefjr ©raf SIbolfS, bie 3erftörung ©egebergS unb Hamburgs burdj £einrid)
ö. Sabemibe, bie glud)t $einrid)S ö. Vaberoibe, ber 3«g $einrid)S beS ©toljen gegen
Äönig Äonrab bis nad) ßruceberg in 2f)üringen, ber Job £>einrid)S beS Stoljen unb
feine grigen, ba öerfiegt mit einem Sftale ber eben nod) fo reiche Duell unb eS tritt
bis ju bem Saljre 1142 eine öollftänbige Ebbe ein: audj nidjt baS aflergeringfte gaftum
erfahren mir auS biefer breijäfjrigen Sßaufe, mäfyrenb beren $elmolb bod) gerabe im
Müljenbften SRanneSatter ftanb unb fomit ,in ber £age mar, befonberS frfjarf ju
beobachten unb audj felbft tatfräftig einjugreifen. Srft 1142 fefct bie (Srjäljfouß
$elmolbS mieber ein, junärfjft aber nid)t fo reid) mie 1134 — 1139: nur bie frieb»
lidje Vereinbarung jroifdjen Stbolf unb $einrid) bon Vabemibe, fomie bie ©rünbung
beSßlofterS ju Gujalina ober $agereftorp mirb erjä^lt: Sreigniffe, bie ^elmolb audj
fpäter erfahren fonnte, jumal eS fid) um £mgereftorp fyanbett, baS man nad) ben
bargefegten 82 ) 333a^rne^mungen für ben Aufenthaltsort .'pelmolbS mä^renb feiner
Sugenb, menn nid)t für feine ^eimat mirb galten bürfen. Diefe i?üde, bie um
fo auffaüenber erfc^eint, als fonft Slnfang unb ®nbe beS RampfeS jmifd)en Slbolf
unb Vaberoibe, gmifc^en ben SBelfen unb 3llbredjt bem Vären erjä^lt ift, fo bafe
B2 ) Sgl. oben, ©. 28.
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gerabe bie SJlitte fel)lt, erffärt fid) aufs natürliche, menn matt annimmt, bafc t>on
1140 bis 1142 ober 1143 £elmolb3 3ntereffen anbermeitig abgelenlt morben maren,
bafe er bamalS brei bis toter 3aljre in SWorbalbingien überhaupt nidjt anroefenb mar.
9Jad) £elmolb8 ©d&ilberung bom lobe 33icelin3 am 12. 2)ejember 1154 ift
£elmotb aud) bamalS nodj in 9?eumünfter gemefen 88 ) mie audj bie 3*ü öorljer,
mä^renb ber Öäljmung SicelinS, bie ben SBifdjof jmetetn^alb Saljre an btö ©Emergens*
lager bannte. S)enn nidjt nur, bafc £elmolb biefe Äranl^ett SBicelinS auSffiljrlid)
f djilbert, fügt er nod& Ijinju: er möge gar nidjt mieber baran benfen, gefdjmeige
benn ba&on fpredjen, mie öerfdjieben man über bie ßäljmung 33icetin3 an §anb,
gu&, redjter ©ehe unb ©pradje geurteilt Ijabe, 84 ) eine SBenbung, bie, mie ber ganje
ÄranfljeitSberidjt, ben Stugenjeugen toerrät. 2)emnac§ ift SJicelin für 1150, für
ben 12. 2)ejember 1154 unb für bie Qtit toom Sunt 1152 bis (Snbe 1154 in
SWeumünfter als ©iafonuS nadjjumeifen.
Sin 3a^r nad) SBicelinS Xobe, im 3anuar 1156, beteiligt fid) $elmolb
an ber Steife beS neuen SBifdjofS, feine« 2el)rer3 unb greunbeS ©erolb, burd)
ben magrifdjen ©prengel: am 25. Dejember 1155 Ijat ©erolb mit £einridj
bem fiöroen Sßeiljnadjten nod) in SBraunfdjmeig gefeiert, am 6. Januar 1156 feiert
er mit $elmolb unb ^ribijlam (Sptyl)ania3 in bem im ©djnee begrabenen Silben«
bürg. 85 ) ?lud) bamalS !ann $elmolb noc§ nidjt Pfarrer in SBofau gemefen fein,
benn in SBofau, Sujoe, Ijatte SSicelin 1152 SBruno jum ^ßriefter eingefefct, 86 ) ber
aber nac§ SSicelinS lobe, alfo ju SBeginn beS 3at)rc3 1155, ba3 SBenbenlanb
toerlaffen Ijatte, nadj SWeumünfter jurüdgefeljrt unb oon bort burd) SBifdjof ©erolb
nad) Älbenburg berufen morben mar, 87 ) eine ^Berufung, bie erft nad) jener SEBinter»
reife erfolgt fein fann, ba Sj>ipl)ania3 1156S3runo nod) nid)t in bem faft gänjlidj
88 ) #elmolb erjäljlt öon einem tßrtefter Soldjarb $u Sujelina, ber au«
©parfamfeit bie für Sicelin beftimmten ©eelenmeffen nidjt Ijabe lefen laffen unb gur
nachträglichen 2lu$füljrung bcrfelben burd) eine ©rfdjetnung SStcelinS angehalten
morben fei. darauf fei SBoldjarb oon Sujelina nad) Sleumünfter (galbern) gereift,
um fiel) bort SRat ju Ijolen. #elmolb fäljrt nun fort, bie SBafjrljett über bie neun
©otdjarb burd} bie ßrfdjetnung auferlegten SReffen fei unbefannt geblieben „ba mir
bteS auf öerfdjiebene JBeife auflegten: nobis diversa commeDtantibus" I; 78,
©. 151.
84 ) I; 75, ©. 148: «piget reminisci, nedum verbis prosequi».
85 ) 1; 82.
86 ) ©elmolb I; 75, ©. 147: valedicens igitur sacerdoti venerabili Branoni
et ceteris quos loco eidem (S3ofau) prefecerat.
87 ) ^elmolb I; 83, ©.167: cQuamobrem episcopus noster accersivit de
Faldera Brunonem sacerdotem — is enim defuneto Vicelino Sclavia deces-
serat — et transmisit eum Aldenburg, ut curaret salutem populi illius».
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berlaffenen Dlbenburg ftd) befanb, jener SpipljaniaSfeier bielmeljr einzig Sifdjof
©erolb, fein Sruber unb SKadjf olger Äonrab, ^elrnolb, fotoie Nulli de Sclavis
preter Pribizlaum et paueos admodum beimoljnten. ^elrnolb lonnte aber Sofau
erft erhalten, nadjbem für ben bisherigen Snljaber ber Pfarre Sofau ein neues
Unterfommen gefunben mar, alfo fidjerlid) nidjt bor bem grü^ting 1156. Aller*
bingS fpridjt fidj SBilljelm b. Sippen bofür aus, bafc £elmolb noch unter Sicelin,
alfo im Anfang ber fünfziger 3al)re, in Sofau tätig gemefen fei. allein b. Sippen
roeijj für biefe Sfanaljme nichts als bie burd) nichts geftüfcte ^^pot^efe anjufüljren,
bajj £elmolb ftd) unter ben ceteris befunben l)ätte, quos Vicelin loco eidem
prefecerat 88 ) §ätte b. Sippen trofebem rec^t, fo müfjte man nid)t nur eine
fteife unb gelungene SluSbrutfSmeife bei ^elmolb borauSfefcen, fonbern audj ftd)
ber für §elmolb berle&enben Annahme anbequemen, bafe Sicelin ben 52jäf)rigen,
i^m befonberS lieben unb vertrauten §elmolb in eine ebenfo untergeorbnete roie
armlidje ©tellung eingefefet §ätte. §ätte b. Sippen bamalS bereits bie erft jeljn
Saljre fpäter bon ©girren beröffentlidjte Urfunbe SicelinS gefannt, nad) ber
Sicelin 1150 als DiafonuS ju Uteumünfter bezeugt ift, unb ^atte er bie angeführten
§elmolbftelIen beamtet, benen jufolge §elmolb bon 1152 — 54 in 9teumfinfter nad)»
roeisbar ift, fo mürbe er ftd) gehütet Ijaben, feine burd) nid)tS begrünbete $tjpotf)efe
oufjuftellen.
Surf) nac§ ber Seerbigung SicelinS gu SReumünfter mufj $elmolb nod) im
bortigen Älofter gelebt f>aben. Denn §elmolbS Srjä^lungen über bie 3«^™ ""&
Srfdjetnungen SicelinS nad) feinem lobe gegenüber Soldjarb, @ppo, einem Un-
genannten unb ber SlbelburgiS bemeifen, bajs §elmolb bamalS nod) in SWeumünfter
lebte. Der Ungenannte tyatte feine ©rfdjeinung 30 Jage nad) SicelinS Üobe,
tpomit bemiefen ift, bafj ^elmolb nod) am 12. Januar 1155 in SKeumünfter lebte.
9tod) fpäter mirb bie Teilung ber erblinbeten Slbelburg erjätylt, bie jum Danfe
einen Jeppid) für SicelinS ©rab mob. Der Senor ber grjäljlung §elmolbS fpridjt
bafür, baft §elmolb bie ©ntfte^ung unb Sollenbung biefeS $eppid)S erlebt Ijat,
fomit nodj gegen @nbe beS SaljreS 1155 in ÜReumünfter bezeugt ift.
©idjer bejeugt mirb £eImolb ju Sofau erft am 13. Sluguft 1163, benn
bamalS ftarb ju Sofau, in SoSjom, nad) bem liber memoriamm ecclesiae
Lubecensis, 89 ) Sifdjof ©erolb unb aus bem legten Kapitel beS erften Sucres
^elmolbS erfahren mir, bafj |>elmolb bei ©erolbS lobe jugegen mar. Sier ober
fünf Saljre fpäter mibmet ber Sßfarrfjerr bon Sofau — ecclesiae, quae est in
88 ) ßritifdje Unterf Übungen über bie versus de vita Vicelini, Sübetf 1868, ©.3.
89 ) Urf.«Sudj beS SiSt. Sübecf, I; ©.4, 91nm. 2.
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Buzu, indignus servus — bem Sübetfer 2)omfapitet baS erfte SBudf) feiner
chronica Slavorum.
d. 3)ie äwöertäffiflteit $elmolbS.
2Bie ermähnt, begleitete $elmolb feinen Setyrer unb Sifdjof als beffen fjteunb,
SBertrauenSmann, mol)t and) ftityiex unb ©olmetfdier, mie früher SJicelin, auf
©erolbS erfter 3nfpettiottSreife im Januar 1156: $elmolb befudjte bamalS Dlben-
bürg, Sübetf unb anfdjeinenb aud) Slrtlenburg. $iernad) unb nad} ben früheren
Ausführungen fonnte $elmolb aus eigener Änfcfjauung ben gangen UmfreiS öon
Slltlübecf: im Sttorboften Dlbenburg; im ÜRorbroeften Sofau unb ©niffau; im
SBeften ÜReumünfter, ©egeberg unb $ögerSborf; im ©üben Sübecf, Slrtlenburg unb
rooljl aurif) bie Semenftab: Leonis civitas. 90 ) SBon biefen Drten liegt Sübecf nur
fünfbiertel, bie Semenftab etma brei ©tunben, ©niffau eine gute fjalbe lagereife,
SBofau unb ©egeberg eine Inappe ganje lagereife, |>ögerSborf eine ganje Sagereife
bon Sltlübedt entfernt. 3nfonberl)eit mit ber Örtlidtfeit SübecfS moljlbertraut,
lebte ^elmolb feit einer Seit, bie mit ber *ßeriobe jmifeften 1156 — 1163 be-
ginnt, bis ju feinem lobe als Sßfarrer in SBofau, mofelbft er in aller Sötujje
feine ©latoentfjronif nieberf (^reiben fonnte, bie er auf benSBunfd) 91 ) feines gelehrten
unb bielerfaljrenen Sifdjofs unb SeljrerS berfaßte. ©erolb mar in ber Sombarbei,
90 ) fcelmotb I; 85; a. o., @. 172. «Räf)ereS über bie ©ntftefymg unb Sage
ber Semenftab in bem Slbfdjnitt über bie brei älteften Sirenen SübecfS.
91 ) Sgl. bie Sorrebe j. I. S3ucfj, a. o., S. 12: «Nee ad hoc opus temeritas
(eigene ffütjntjeit, Übergebung) impulsat, sed praeeeptoris mei venerabilis, Geroldi
episcopi, adduxit persuasio, qui primus Lubecensem ecclesiam fecit in8ignem
cathedra (burdj ben Sefjrftuljl) simul et clero. 9Rir ift eS ein SRätfel, baß ©erolb
einen fo ausgezeichneten #iftoriter unb einen fo grünblidjen Senner öon Sanb unb
Seuten, ber in biefer S3ejtet)ung feine beiben 93ifd)öfe Sicelin unb ©erolb tote audj
beren SRadjfolger Konrab meit übertroffen fjaben mirb, nidjt jum SSorftefyer beS Ijier
ermähnten SetjrftufyleS nadj Sübecf berufen fyat. SBarum l)aben Sicclin unb ©erolb
biefem 9Bann, ber ifynen jubem fo befonberS lieb unb toert mar, nur eine fo unter»
georbnete ©tellung mte bie eines 3)iatonuS in SReumünfter unb beS Setters einer
abgelegenen Sanbpfarre anvertraut? #elmolb mar in ben Slaffifern, in beutfdjen
©efdjjidjtSqueßen (Slbam, ©Hetjarb), in ben Urfunben (fdjjon Sappenberg — „3ur
beoorfiefjenben SluSgabe beS #elmolb" i. Srdjio ber ®ef. für ältere beutfdje ©efd^td^tS»
funbe, SBb. 6, ©. 558, #amtober 1838 — fagt: ,,2)06 er ben 3nt)alt mancher ju
feiner 3?it abgefaßten Urfunbe ber norbelbtfdjjen 93iStümer genau femtt, läßt fid)
burdjj SSergietdjung mit benfelben nadjmeifen".) mof)l bemanbert, fienntniffen, bie
bamals in SRorbatbingien fetjr feiten unb Ijodj bemertet fein mußten. SBarum §at
man itjn nidjjt jum Hbt öon Sleumünfter, $ögerSborf ober ©egeberg, marum ntdjt
1163 jum 9ia<f>folger t>on Sifdjjof ©erolb gemäljlt? Sloß nid^t megen feiner
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in Stortona, am 19. 3uni 1155 in SRom, 91 ) am 29. Huguft 1162 ju ©t. 3can
be SoSne an bcr ©aone bei Dijon, 93 ) in ©fibbeutfdjlanb, Sraunfdjmeig, SRibbagS-
Raufen, 9Jterfeburg, SBremen, ©tabe, Sübetf unb ganj SBagrien gemefen. SIS
Vertrauensmann £einrid)S beS Söroen, ber i^n immer mieber ju fidj nad} ©raun«
fömeig berief, foroie öon beffen SKutter Stiegen ja; als eine Sßerf anlief eit, bie eS
mit bem energifdjen Srjbifdjof £artmid) bon SBremen, mit SBarbaroffa, mit ^ßapft
#abrian IV; bie eS mit $od| unb ÜRiebrig, mit ben erften Sßerfönlidjfeiten beS
Zeitalters ju tun gehabt Ijatte; bie an mehreren SRömerjügen teilgenommen unb
bie fid) 93arbaroffa für bie mistige Sufaromcntunft mit ftönig Submig öon tSxarit»
reid) auf ber ©aonebräcfe auSgefudjt fyatte; bie in ben fcfcmierigen SBerljanblungen
mit £artroid) ebenfobiel 3Kut unb geftigteit als politifdjeS ©efdjitf unb freunb*
lidjeS Sntgegenfommen bemiefen Ijatte, macfyt ©erolb ben ©nbruef eines in Ijerbor-
ragenbem SDfofje intelligenten, cfjarafterbollen, in ber SBelt mofjlbemanberten
Äirdjenffirften. ©djon baburd), bafi eine foldje *ßerfönlitf)feit, bie jubem unferen
©efdjidjtSfdjreiber als beffen fie^rer unb bereljrter ©eelenljirt feit langen 3faljren
auf baS genauefte fannte, i^n toeranlajjte, bie ©efdjidjte gerabe beS SanbeS unb ber
3eit ju fdjreiben, bie ©erolb am meiften am $erjen lag, fällt ein günftigeS £id)t
auf bie Suöerläffigleit unb SBaljrljeitSliebe §elmolbS. 3ubem fannte §elmolb
Sefdjeibentjeit, feines fd)lidjten SBefenS, feiner mögltdjermeife etmaS bäurtfdjen SKanteren,
fetner unbeftedjltdjen 2Baf)rf)ettSliebe? Ober finb bem einfachen ©of)ne aus bem
Solfe fold) fyotje (Stjrenftetlen jmar übertragen, üon ifym aber in feiner ÄnfprudjjS-
lofigteit abgelehnt morben? Ober fyat ityn bie Siebe ju fetner engeren #etmat, ju
ber munberltebltd&cn ßanbfdiaft am Sßlöner ©ee, in ber jefct unfere Saiferfötjne t)eran«
gemadjfen finb, berartig gepadft, bafj er mcf)t nadj bem Dften, in baS etnft ben
^olaben gehörige ©ebiet, eine Xageretfe meit, nadj) Sübecf feinen SBotjnfifc »erlegen
motlte? ®afc £>elmotb in ber lat einen ©inn für lanbfdjaftltdje SRetje bjm. lanb«
fdjaftltdje ßintönigfett ^attc, getjt fdjon aus feinem Urteil über bie menig anfpredjenbe
Umgebung SReumünfterS fjeroor. ©r läßt SBtcettn t>or ber ©efdjaffenljeit ber ©egenb,
habitudinem loci, erfdjrecfen; bejetdjnet baS Sanb als ganj abfdjeultd) infolge ber
toüften unb unfruchtbaren ©egenb: campumque vasta et sterili mirica perhorri-
dum unb nennt ben Ort idjaubertjaft, müft unb leer: «in loco horroris et vaste
eoütudinis» (I; $ap. 47, ©. 97/98). %n ber Zat tann ftd) jemanb, ber auS ber
umgriffen ©eenplatte ftammt, auf ber ^olfteinifd^en ©eeft nic^t mo^Ifü^len. SWögltc^er-
toeife mar ber Umftanb #elmolb$ ©mporfommen ^inberltc^, baß ©erolb junädjft
feinen Sruber Sonrab förbem tooßte, ber in ber lat fein 9lac^folger mürbe unb
gegen ben #elmolb eine gemiffe Snimofttät oerröt.
9t ) ^elmolb I, 80.
9S ) ^elmolb I, 90.
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SBagrien au$ eigener Änfdjauung, 94 ) er mar ferner 3«tflenoffe ber widjtigften, ber
legten ffipodje ber ©efdjidjte bon SKtlübed, bie in feine gwangiger unb breiiger
3aljre fällt, unb ber ©rünbung fiübedS, bie erfolgte, als er ein SBiergiger toax.
©eine Quellen finb für biefe 3eit aufjer eigenen Erfahrungen unb münblidjen SBolfö«
Überlieferungen ber ©ebanfenauStaufd) unb bie SJiitteilungen SSicelinS unb ©erotbS,
nebft §elmolb ber beiben beften Äenner SBagrtenS im gmeiten unb brüten SBiertel
be3 12. 3tal)rljnnbert$, auSgegeidjneter SRänner, mit benen er gerabe in ben gwangiger
unb breiiger, bgw. biergiger Sagten nad) ben gegebenen Darlegungen faft täglidj
gufammen lebte unb eng befreunbet war. ©päter erfdjeint er ebenfo ate SBertrauenS-
mann ©erolbS, wie ©erolb als ber §einrid)3 beS fiömen. 3)ann aber befafj
£elmolb eine lange Steifte bon Snformatoren in feinen burd) gang SBagrien ger-
ftreuten DrbenSbrübern. ©o' fonnten iljn nic^t weniger als fünf Sßriefier über
SUtlübed informieren: SRobolf, fiubolf, SBolcwarb, §eriman unb SBruno; nid)t
weniger als bier über fiübed: ©erolb, SRobolf, Slt^elo unb Dbo; nidjt weniger als
fedjS über ÜReumünfter: fiubolf, SSolcwarb, fiutljmunb, ©Wo, Drilaw unb §eriman.
Dafj §elmolb in $ögerSborf eine befonberS grojje 2lngal)l bon Vertrauensmännern
f)atte r erfdjeint nad) ben oben bargelegten Ausführungen felbftberftänblidj. ÜRidjt
weniger als fedjS DrbenSbrüber werben mit Kamen aufgeführt, bie iljn über biefen
Ort, feine bermutlidje §eimat, auf bem fiaufenben erhalten fonnten: bie Sßröpfte
Jljetmar unb Subolf, fowie bie ©rüber SSolfwarb, SBoldjart, fiutljbert unb
£l)eoboridj. Über ©egeberg fonnten i§n bie bort geitweilig anfäffigen DrbenSbrüber
fiubolf, SSolfer unb fiutljmunb unterrichten, über Sofau unb Stlbenburg 93runo,
über 2lltencrempe Drilaw, über ©üfel ©erlow.
9?ad)bem mofjl genügenb bewiefen worben ift, bafi $elmolb in ber fiage war,
bie SBaljrljeit gu fdjreiben, wäre nod) ber SemeiS gu tiefern, bafe er bie 2Bal)rf)eit
über bie ältefte @efd)id)te fiübedS §at fd)reiben wollen. 3ür eine berartige Unter*
fudjung wären feine bezüglichen angaben eingetn gu unterfudjen, eine Stufgabe,
bie ein befonbereS Sud) erforbern würbe, gumal aud) bie fdjarfen Angriffe ©d)irrenS
auf §elmolbS ©taubwürbigfeit bargelegt unb ju iljnen Stellung genommen werben
müfete. 3nbeffen finb ©djirrenS Singriffe burd) eine gange Steige trefflicher SRono-
grap^ien entfräftet, ja, man barf wo^l fagen, nad) ber fjeutgutage allgemein fyerr«
fdjenben Anficht bis auf Sleinigfeiten wiberlegt worben: fdjwerlid) gweifeln bie,
welche biefe fiiteratur berfolgt Ijaben, an ber boDa fides ^elmolbS. ©o befdjränfe
id) mid) barauf, einige Urteile über £elmolb angufüljren, bie fid), infonberljeit bei
©djmeibler, mit ben ßrgebniffen meiner allerbingS nur über einen Seil ber ©laben«
djronif angeftellten Unterfudjung beden.
"" 94 ) Mud) $aul ^>affc („SHe «nfänge fiübedS", fiübed 1893, ©. 6) nennt #elmolb
einen „mit ber ßrtftdjfett fiübedS beutlidj als Slugenjeugen vertrauten Sljromften".
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e. 3)ie über §e(mo(b l)errfd)enbe Anficht.
JBereitS §etmolb3 gortfefcer unb jüngerer Sciigtitoffe, Stbt Ärnolb bon Sübecf,
betont, bafc jroar aud) er veritatem historiae sequi unb adulationetn omnino
fcerurteite, ba& tt)tn ober §e(motb an ©adjfunbe überlegen fei: enotior in
positionibus» — ficfyerlicfc ein fdjmernriegenbeS ßeugniS. 95 ) ©o urteilten bie Seit'
genoffen £etmolb8. 3m 3a^re 1423 bejeidjnet ber 3)ominifaner Äorner in ber
britten SRebaltion feiner cronica novella $efmolb3 Chronica aU satis auetentica
inter scripta moderna 98 ) unb 1677 greift ber nidjt nur um bie ©efdjidjtS-
forfdjung, fonbern berfdjiebene ©ebiete ber 28iffenfd)aft Ijodjöerbiente Sübecfer
Senior 3a!ob t>. SWelle $elmolb gerabegu at$ bie einzige Qaflv^t, afe ben ^eiligen
Änfer für jeben, ber bie ©cfynrierigfeiten altlübifdjer ®efdjicf)t$forfd)ung gu übet*
»inben traute. 97 ) 9lid)t minber beachtenswert ift ba3 Urteil, ba3 1710 ein SJiann
roie Seibnij über $elmolb (unb 8trnolb) fäDt: cStyJo sunt consimiles, sed
Helmoldus gravior ac veritatis studiosior». 98 ) 3fm Saljre 1740 rüljmt ber
in ber tübifdjen ®efcf)id)t3fd)reibung betannte SReftor 3tolj. $einr. b. ©eelen in
einem an Safob ö. 2WelIe gerichteten ©riefe 99 ) bie SBebeutung, SBaljrljeitSliebe unb
fojufagen Slugenjeugenfdjaft $etmotb$. 3fn bemfelben 3<*l)tf)unbert toerljerrKd)en
ber trefflidje SBorlftufer 3Battenbad)3: ©trübe unb fein gortfefcer SKeufel, $etmolb
al3 einen äutor öon größter ©emiffenijaftigfeit unb SBaljrljeitSliebe, beffen Sertürner
leite unbebeutenb, teils fotdje finb, bie feiner 3eit jur Saft faden. 100 ) Slngeneljm
berührt bie »arme SBürbigung, bie 1852 Sappenberg ber erften beutfe^en Über-
legung £elmolb3 burd) Saurent 101 ) borau8fd)icft: „2)er baltifdjen SBeltftabt"
— ift — unter allen ä^nlid^en ©rfdjeinungen jener Saljrljunberte ba$ fd&önfte unb
96 ) ßib. I; Äapitel 1; a. o., ®. 240.
9 «) 3n ber «uSgabe toon ©d>matm ©. 584, für baä 3al)r 1108.
97 ) 3n ber praefatio ju feiner historia Lubecae antiqua: cquod sit unicum
praesidium, ad quod antiqua Lubecensia rimanti tanquam ad sacram anchoram
confugiendum.»
98 ) Scriptorum Brunsvicensia illustrantium tomus II; ©. 49, £annot>er 1710.
") 3m Jubilaeum Lubecense. ©. 4: tqui vixit in loco paucis modo
lapidibus Lubeca distante adeoque exiguo seiuneto intervallo, facile, quid in
vicinia gestum, videndi nactus occasionem, non auritus modo, sed oculatus
etiam testis esse potuit: scriptorem gravem, idoneum, prüden tem et —
veritatis studiosum.»
10 °) Bibliotheca historica. Instructa a Struvio, aueta a Meuselio, 93b. V,
2, ©. 6; Seidig 1791: cChronicon — multa cura ac fide perscriptum est.
Quae obelo nonnuli (©djirren!) in eo notarunt, partim levicula sunt, partim
vero aevo, quo vixit, infelici condonanda.»
10 ! ) a. o., ©. VI— IX.
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toürbigfte SBilb belieben, glaubmürbig, bon einem überfid)ttid)en ©tanbpunfte, Doli
anjietyenber ©injelljeiten, in lebenbiger 2)arfteQung unb in einer fo guten lateinifäen
©protze, bafj fic un3 boppelt bebauern läfjt, bafj ber begabte SBerfaffer nidjt in
ber ^erclicfyen 9Jhitterft>rad)e fdjrieb. ©o juberläffig $etmotb aber faft in
allem erfd)eint, roa3 er über feine 3ettg*noffen unb au3 feiner ©egenb berietet,
fo angenehm ift aud) feine ungejmungene DarfteÜung, fein lebhafter — Vortrag
unb man barf e3 berrounbernb rühmen, ba& ber SRiffionar bei ben ©laben, melier
in teinerlei SSer^ältniffen fdjeint gelebt ju Ijaben, meldje feine ÄenntniS ber tateinifdjen
©prad)e erfaßten, biefe 9ftd)tigfeit be§ Slu3brude3 in berfelben behielt."
3?m Saljre 1875 Ijebt Seetf 10 *) in feinen borfidjtigen unb auf fixerer
ÄenntniS beru^enben Unterf Übungen ^erüor: „Die Kenntnis biefer ^ßeriobe toerbanfen
mir Ijauptfädilid) bem frönen SBerfe $elmolb§. @3 erfüllt nnfere ©rmartung
in l>oljem ®rabe; überall fügten mir feine Sefanntfcfyaft mit bem ©egenftanbe,
unb nidjt meniger feine SBafyrljeiteliebe burd)" unb SBifljetm SBattenbad) beginnt
uod) 1886 feine 2)arfteflung ber großen Sebeutung |jelmolb3 mit ben SBorten:
„SBon unglei^ größerem SBerte ift bie SBenbendjronil $elmolb3, ein ausgezeichnetes
SBerf." 3mei Saljre fpäter fdjidt SBattenbad) feiner beutfdjen Überfefeung $elmolb3
eine SSorrebe borauS, 108 ) in ber er aud) ju ©djirrenS Singriffen Stellung nimmt,
„melier ben bis baljin arglos bereiten Pfarrer bon Sofau plöfclid) als einen
abgefeimten ©pifcbuben barfteÜt, ber jur SBerljerrlidjung unb jum Vorteil beS
Sübeder SiStumS in fd)lauefter SBeife bie ©efdjidjte gefälfdjt Ijabe". „Wart
fann", fäfjrt SBattenbad) fort, „©girren« Singriff jefet als bötlig miberlegt
betrachten, jum Seil aber mit feinen eigenen SBaffen fomie anbererfeitS ber
bon ©djirren als mefenlofeS ©djemen berbädjtigte ©labenljeinridj burd) aufgefunbene
•ättünjen feine ©jiftenj ermiefen Ijat. ©einen eigentlichen ©egenftanb, bie
©ermanifierung ber SBenbenlänber, borjüglid) SBagrienS" l)at ^elrnolb —
„mit Ireue unb 3lnfd)aulid)feit gefdjilbert, unb mir bürfen i^m ben Dan! für fo
biele, nur burd) iljn uns gerettete Äunbe nidjt berfümmern laffen." ?lud) SKetjet
bon Änonau begießt fid) 104 ) 1894 auf b. SreSfa, beffen Unterfudjung fid) gegen
©girren ridjte, „ber — $elmolb als einen tenbenjiöfen 3Bal)rI)eitSberbrel)er unb
"Slnf läger ber $olfteiner ^atte Ijinftellen motten". 3n bem neueften SBerte über
10t ) 91. o., @. 130/1.
108 ) 3n ber 2. aufläge ber ®efdjid)t$f djreiber ber beutfdjen SSorjeit, a. o.
<S. XI— XII.
l04 ) 3al)rbüd>er beS 3)eutf djen 9tetd>3 unter ©einriß IV. unb #einridj V.,
33b. II; ©. 856, »nm. 6, ßeipjig 1894.
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bie @efd)id)tSmiffenfd)aft, 1906, fdjreibt Sanfen 105 ) jmar etroaS jurücfljaltenber,
aber bod) anerfennenb: „SRadjbem bic borljer genannten Sirbetten in anberen mid)*
tigen fünften $elmolbS 3ut>crläffiflfeit ergeben tyaben, bleibt öon ©girren« Singriff
nidjt biel meljr übrig. — ^ebenfalls, mit 33orftd)t benufct, bietet eS biete gute
5Rad)rid)ten." 3)aS Scfte über ^etmolb §abe id) in einem ©riefe beS ©eletyrten
gefunben, ber in biefem Slugenblitfe bie oon ben Monumenta Germaniae geplante
neue ausgäbe $elmolbS toerroirtlidjt, in einem ©djreiben 106 ) ©djmeiblerS Dorn
23. 9ttärj 1908: ,,3d) tyalte bie Singriffe Don ©djirren für burdjauS ungerecht*
fertigt unb £elmolb für einen ganj feiten forgfältig unb beroujjt arbeitenben
mittelalterlichen Slutor. ©erabe bie SJergleicfyung mit Slbam öon Sremen, bie
Art, mie er ityn benufct unb auSgefdjrieben tyat, letyrt bied in fdjlagenber SBeife.
URan fietyt barauS allerbingS, nue ©girren meinte, bie Slbfidjtlidjteit, aber nidjt
bie irgenbeiner gälfdjung, fonbern nur ber emften unb beraubten Sirbett, bie alles
weglast unb beränbert, tuaS auf bie üeränberte Qe'xt unb Ort, ober in ben anbern
*ßlan ber Slrbeit nidjt pafjt, unb bielfadj Irrtümer beS SSorgängerS aus eigenem,
befferen SBiffen berichtigt. @S ift baS ja meljrfad} bei SöreSfa unb SRegel
nadjgenriefen."
®leidfjroot)l bleibt ©djirren baS unbeftreitbare SSerbienft, burd) feine geiftreidfje
Äriti! bie Slufmerffamfeit auf ^elmolb nod) ftärler gejogen; eine Stnjat)! geroiffen*
tyafter Unterfudjungcn üeranlajjt unb bie ganje Äritif biefer §auptqueHe für bie
flatoifdje @efd)id)te ber Sänber jttrifdfjen @iber, ©Ibe unb Ober gehoben unb teils
bireft, teils inbtreft, geflärt ju l)aben. ©o lomme idj ju bem für bie folgenben
Unterfudjungen mafegebenben ©djlufeergebniS: bafe $elmolbS intime 93efanntfd>aft
mit ben beften Sennern ber ©efcfyide unb 3uftäube SBagrienS; feine Sejie^ungen
ju feinen als Sßfarrer über ganj SBagrien 5erftreuten DrbenSbrübcrn; feine eigenen
Erfahrungen; feine perfönlidje Kenntnis beS DrteS, ber 3 e *t unb & cr ölten SSolfS-
gefänge; feine ©laubmürbigfeit, 3ut)erläffig!eit unb SBatyrtyeitSliebe; feine 3 u Ö^örig»
feit ju SBagrien als feiner frühen |jeimat, feine SBobenftänbigfeit (sit venia
verbo!) ityn als eine ©efdjidfjtSqueHe für bie lübifdje ©efdjidjte beS 12. Satyr*
fymbertS einfdjäfcen laffen muffen, ber gegenüber alle anberen Quellennad)rid)ten
nur als fefunbäre 3eugniffein SBetradjt fommen fönnen.
105 ) SllotjS aBeiper, ©runbrifc ber ©efätd&tSttnffenfdjaft, 93anb I, 2. Sieferung,
fietyjig 1906: äß. Sanfen, ^iftoriograptyte unb Duellen ber beutf djen ©efctyictyte bis
1500, ©. 502.
109 ) SRit gütiger Erlaubnis bon Dr. ©djmeibter tjier veröffentlicht.
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Shpitel 4.
Sunt,
a. #elmolb3 SRadjridjten über 93ucu.
SBäfyrenb SRobe unb iljm folgenb Dctmar bon — it)nen felbft als unjuber-
läffig erfd)einenben — SDlttteitungen mehrerer ungenannter Quellen berieten, benen
jufolge Slttlübecf im SBenbifdjen SBuggemfce gereiften l)abe, fennt #elmolb auöfc^Iicfe-
tidf) ben Tanten Subefe für Sltlübecf. Sl3 er fpäter bon ber ©rünbung Sübecfe
burd) ©raf Slbolf II. bon |jolftein im 3al)re 1143 107 ) erjagt in bem edificacio
civitatis Lubicanae übertriebenen ftapttel, 108 ) berietet er gelegentlich einer
Sefdjreibung be3 ©elänbeS, bie bon ebenfo genauer DrtSfenntniS als bon trefflichem
SBeobadjtungStalent unb einer bei mittelalterlichen Slutoreu ungewöhnlichen ©abe
geugt, ba3 richtig ©efdjaute anfcfjaulidj in SBorte ju faffen, bie ©teile ber neuen,
t>on 2lbolf gegrünbeten ©tabt Ijabe Söucu geljeijjen: eine abfolut juberläffige
angäbe. 109 ) ©o unbefannt bem genau orientierten Sßfarrer bie SBejeidjnungen
SBucu unb Suggebifce ufw. für Sltlübetf finb, fo wenig tennt er ben tarnen Subefe
für bie ©egenb, bie ©teile — locus — jwifcfjen SBoteni^ unb Jrabe.
b. Die guge^örigfeit SBucuS jum *ßolabenlanbe.
2)ie civitas Lubeke unb ber locus Bucu Ijaben eben urfprüngltd) nid)t
ba3 geringfte miteinanber ju fdjaffen. SBucu liegt 5 /* ©tunbe füblid) bon Subefe,
wie fpäter bewiefen werben wirb, aufeerbem liegt Subele am linfen Jrabeufer,
jwiftfien Srabe unb Schwartau; JBucu am regten Srabeufer, jwifdjen Jrabe unb
SBafenifr. Subefe unb JBucu liegen ferner urf^rünglicf) in berfdjiebenen Säubern:
Subefe in SBagrien, 93ucu bagegeu im ^ßolabenlanbe. 2)enn folange SBagrien
flabifd) war, ift immer bie Jrabe bie äujjerfte Oft« unb ©übgrenje be§ SanbeS
gewefen, jenfeitö beren bie ^ßolaben mit ityrer nod) bor Slltlübecf genannten, bon
,07 ) SRadjbem man früher bie Safjre 1138, 1139, 1141, 1142, 1144, 1145,
namentlich aber ba$ für Subiläumäfeiern beffer geeignete S a ^ r 114 für bie ©rün*
bung Sübecfö in Slnfprudj genommen fjatte, fann feit @rnft 3)eecfe3 fdjarffmmgen
Unterfudjungen fein gweifel metjr obwalten, baß 1143 ba3 ©rünbungajafjr Sübecf £
ift, bgl.: „©runbltnien jur ©efdjtdjte SübecfS t>on 1143—1226, Sübecf 1839, ©. 3
unb ©efätdjte ber ©tabt Sübecf, Sübecf 1844, ©. 213—221. Sgl. aud) Petri
Vincentii de laudibus Lubecae elegia ©. XII, 91nm.
,08 ) I; 57, ©. 115—117.
,09 ) Post hec venit comes Adolf us ad locum qui dicitur Bucu, invenitque
ibi — insulam amplissimam gemino flumine cinetam. Nam ex una parte
Trabena, ex altera Wochniza preterfluit, habens uterque paludosam et in via m
ripam. Ex ea vero parte, qua terrestre iter continuatur, est collis contractior.
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$elmolb ate SRaciSburg (I; 2, 20, 22 ufm), oon SBogudjwat ate SRatljibor bejeitfj'
ncten civitas wohnten, ©o wie bie ^ßeene bie ®renje jtütfc^en 2$otofanten unb
SRetljerern auf ber einen, Sljtjjtnen unb Strctyanen auf ber onbern Seite; 110 ) bte
SRecfnifcnieberung bte ©renje jwifd)en ben lutijifdjen ober witjifdjen ober weletifdjen
©tämmen ber Shffiner ober Anginen unb ber ©reipanen 111 ) bitbete, fo biente
bte £raüe afe bie alte ©treibe gwifdjen ben abotritifdjen ©tämmen, ober, wie fie
©djafaril nennt, jwifd)en ben Stämmen ber JBobrijer, welche uns afä SBagrier
unb Sßolaben, ©djafarif nennt fie ^ßolabjer, 112 ) entgegentreten; in ityrem unterften
Saufe ötettei^t afö ©djeibe jwifdjen ben SBagriern unb ben Slbotriten im engeren
©inne: ben Sftortabtreji bed Geographus Bavarus, ben Apdrede ber angel«
fädrfifdjen Duellen, ben SReregem 2ßmm3: «Obodriti, qui nunc Reregi
vocantur (II, 18.)
c. Die ®renje jwifdjen ^ßotaben unb SReregern.
2Bie weit im Dften ber Srabe bie *ßotaben nad) Sorben I)in fidj ausbeuten,
mit anberen SBorten, wo bie SRorbgrenje ber ^ßotaben gegen bie 9tereger ober
Stbotriten im engeren ©inne tag, ift nidjt teidjt feftjufteHen. Sucu, ba3 heutige
fiüberf, gehörte, wie bewiefen werben wirb, noef) jum Sßolabentanbe. 9flafd) lis )
nimmt an, ba§ bie ^ßolaben nod) über Sucu IjinauS, ober, wie er fid) auSbrütft,
no ) »bam n, 18 unb £elmotb I, 2.
1U ) Robert ©elfc, „wenbifdje SUtertümer", in ben Satjrbüdjern be3 Serein«
für merflenburgifc^e ©eföidjte unb «ItertumSfunbe, ©b. 58, ©. 220, 1893.
llt ) SBenn f)ter oon *J5olaben bie SRebe ift, fo finb immer nur bie <J5otaben
im engeren ©inne, bie ©ewotjner be3 #erjogtum3 öauenburg unb be3 ju 9Becflen-
burg*©trcti|} gehörigen gürftentumS 8tafceburg genannt. 9lber wie man Slbotriten
im engeren unb weiteren ©inne unterfdjetbet, eine Unterfdjeibung, bie allerbtngS nidjt
War umgrenjt ift, fo l)at man t>on biefen ^olaben im engen ©tun bie Sßolaben im
weiteren ©inn ju unterfdjeiben. ©djafarif (a. o., II, ©. 503) bejetdjnet alle norb*
beutfdjcn ©taöen aI3 *J5olaben, ober, wie er fie begrenzt, bie ©laoen nörblid) bom
(Srggebirge, weftüdj twm 93ober in ©djtefien fowie oon ber Sobermünbung an weft'
Kdj öon ber Dber. ©3 betfen fid) mithin bte Sßotaben ©djafarite beinahe mit ben
SBeftledjen ©djteidjerä, ber ate Dfttedjen bie $olen bejeidjnet, atterbingS bie Sorben
mdjt mit ben fiutijen unb Slbotriten jufammenfafct, fonbern ju ben Sjecljen jäljlt,
(Saut — unb Formenlehre ber polabifdjen ©pradje) aber in biefer feiner Sluffaffung
meljrfad) wiberlegt worben ift.
118 ) 9lnbrea3 ©ottlieb 9Rafd), 93et)träge jur Erläuterung ber Dbotritifdjen
Altertümer, S3b. III: lopograptjifdje Sefdjreibung ber wenbtfdjcn Stämme jwifc^en
ber SIbe, ber ©pree, ber Dber, ber %vat>t unb ber Dftfee, ©^werin 1774, § 75,
©. 153.
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bis jur Dftfee gewohnt §aben. 3ÜS bie SBeftgrenje bcr Stbotriten im engeren
©inne fieljt er nid)t, wie 3of). Xljunmann 114 ) will, bte Srabe, fonbern ben
SSßafferlauf Dorn ©djroeriner ©ee nad) SBiSmar, atfo ben fogenannten SBallenftein-
graben an: „3)iefer ©ee unb ©emäffer (seil, ber SBallenfteingraben) machen
bie ©renje jroifdien btefem ©tamme (ben Obotriten im engeren ©inne) unb ben
Sßolabern". Die gemöljnlid)e Slnfidjt ift toof)l bie, bafe bie ^ßotaben nirf)t bis an
bie Oftfee gereift Ijaben, fo bafe an ber Dftfee Slbotriten im engeren ©inne unb
SBagrier aneinanberftiefeen, nur burd) bie Iraöemünbung getrennt, ©o urteilt
j. 93. 1903 Stlbert #aucf, 115 ) inbem er fid) auf Wrici 116 ) begießt: „2)ie alten abobri-
tifcfjen ©tämme werben bon Slbam unb £>elmotb unterfdjieben als SBagrier öon
ber (Sibcr bis jur Jrabc mit Ctbenburg als $auptftabt, Slbobriten oon ber Iraoe-
münbung an ber Oftfee big jur SBarnoro mit 2Ketfelnburg unb ©cfyroerin afe
$auptorten unb ^ßolaben an ber ßlbe üon ber S3iÖe bis jur @lbe, $auptort
SRafceburg", roäljrenb 1789 Subemig Sllbred)t ©ebljarbi 117 ) behauptet: bie *ßolaben
„trennten bie Dbotriten toon ben SÖJagriern unb waren faft reifer am Sanbe, als
biefe beibe SBölferfdfjaften jufammengenommen". dagegen äußert ftd) ©djmibt
bereit« 1826 einlief), wie fpäter Ulrici unb |jaucf: „Wad) Slbam grenjt Steriler
£anb nörblirf) (©djmibt fann nur meinen: norböftlid), genau Oftnorboft) an
Sßagrien". 118 ) SBagner bejeidjnet 1899 119 ) ©übe unb ©tepenife als ©renje
jmifdien Sßolaben unb SReregern. Sr folgt babei wofjl bem 33eften, waS über biefe
©renje gefdjrieben ift, ben Unterfudjungen SßtggerS t>on 1860, ber baS Sanb
SBoitin jum ^ßolabenlanbe rennet, ©tepenifc unb ©übe als ©renje jmifcf)en
SReregern unb ^?olabcn bejeicfynet, bie er aber beibe jufammenfafct als „Slbotrttcn
1U ) Unterfudjungen über bie alte ©efd)id)te einiger norbifdjen SSölfer, tjerauS*
gegeben t>on Slnton grtebrid) 93üfd)tng, 93erlin 1772, ©. 177.
115 ) fftrd)engefdjtd)te 3)eutfd)lanbS, Seil IV, ©. 595, Slnm. 1.
11 *) $ie Sölfer am Dftfeebeden, §aüt 1875, ©. 28 ff.
117 ) allgemeine 2Beltgefd)td)te, 2eU 51, ©. 341.
118 ) „SübedS aßerältefte ©efdjidjte betreff enb" im „Staatsbürgerlichen SRagajin
mit befon&erer SRütfftdjt auf bie Herzogtümer ©djleSWig, £>olftein unb fiauenburg,
herausgegeben üon St. gald, VI, ©. 51, ©djleSWtg 1826.
119 ) 9Jtetflenburgifd)e ©efdjidjte in ginjelbarftellungen. $>eft II, Stidjarb
SBagner: „2>te SBenbenjeit", Serltn 1899, ©. 4. — Mnbere arbeiten metflcn-
burgifdjer ©eletjrter, wie bie öon Sü^nel (i. b. 9K. gb., 93b. 46) finb mir in biefem
Slugenblicf nic^t jur $anb; nur auf bie immer beachtenswerten gorf jungen eine§
fo ausgezeichneten unb faft ftetS juoerläffigen gorfc^erS, wie griebrid) SBtggerS, fei nod^
fytngenriefen. S)ie oben jttterte ©teHe finbet fic^ in ben „SRedflenburgifc^en Slnnalen",
bem beften ^ülfSmittcl für äße Sirbetten über baS norbweftflaoifcbe ©ebiet, ©. 106 — 107.
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im engeren ©inne". 180 ) SRad) biefem (SrgebniS mürben bie ^ßolaben nidjt bis gur
Oftfcc, fonbem im Korben nur bis ju ber in ben 2)ajfower ©ee münbenben
©tepenifc gewohnt, Sucu aber jebenfalfe jum ^ßolabenlanbe gehört Ijaben. $ter
aber madjt SBigger oljne jeben ©runb unbewußt ber l)erfömmlid)en 3Keinung ba3
«8ugeftänbni3, bafe „ba3 Süberfer ©tabtgebiet" — um fflueu fümmert er fid) nidjt
weiter, wie er benn überhaupt für bie lübifdje ®efcf)id)t3forfd)ung nidjt bie SBebeu*
tung Ijat, wie für bie 3Kedlenburger — „einen (Sinfdjnitt bitbete". SBigger bürfte
fitf> irren: aud) ba§ fiübetfer ©tabtgebiet, ba3 Ijeifet, aud) ber locus Bucu gehörte
urfprüngücf) jum ^ßolabentanbe.
d. 3)ie ©renje jwifdjen ^ßotaben unb SBagriern.
£elmolb fagt I, 2: öon ben *ßolaben gelange man, fowie man bie Iraöe
überf dritten Ijabe, in nostrain Wagirensem provinciam; fowie man bie Jratoe
Übertritten fjabe, aber nidjt Dörfer. SBucu inbeffen lag auf berfelben ©ette ber
Iraöe wie ba3 Sßotabenlanb, !onnte alfo nirf)t ju SBagrien gehören: finde versus
nos Polabi, civitas eorum Racisburg. Inde transitur fluvius Travena in
nostram Wagirensem provinciam. 2)iefer Slngabe entfpricfyt eine jweite SDfit»
teitung ^elmolD^ I, Sopitel 56, in ber er ben SSernid^tung^jug $einrici)3 öon
SBobewibe gegen bie SBagrier im Sßinter bon 1138 auf 1139 f Gilbert unb tynju«
fügt: „Scfj rebe . . . bon ber ganjen ©egenb, welche mit bem ©ualenbadje beginnt
unb bom battifdjen SReere unb bem <5tuffc Srabena eingef Stoffen ift: eine geogra-
pljifcfye Umgrenjung SBagrienS, wie man fie fid) flarer !aum wünfe^en !ann.
Heinricus — intravit Sclaviam, aggressusque eos — percussit eos plaga
magna, omnem scilicet terram Plunensem, Lutilenburgensem, Alden-
burgensem (bie ©aue bon ?ßlön, Sütjenburg unb Dlbenburg) omnemque regionem
que inchoata rivo Svalen et clauditur mari Baltico et flumine Trabena,
omnem hanc terram una ineursatione preda et incendio vastaverunt, preter
urbes. Sabewibe berljeerte erft Sftorbweftwagrien bon .^olftein auä: bie brei ©aue
öon ^Jlön (ben 2Beften\ bon Sütjenburg (ben ÜRorbweften), bon Dlbenburg (ben
ÜRorboften) unb wanbte fiel) bann nad) ©üboftwagrien, fo bafi er jielbewufct ganj
SBagrien bis ju ben öon |)olftein au§ am weiteften abgelegenen ©renken, im
Sorben am baltifdjen SDiccrc, im Dften an ber Jrabe, burc^jog. 2tucf) Ijier ift
öon 93ucu, öon einem Überdrehen ber $rabe ntcfjt bie SRebe, benn Sabewibe Ijatte
e3 nur auf SBagrien abgefeljen, ba3 Sanb, wetdjeS flumine Trabena clauditur,
ju bem alfo Sucu nidjt meljr gehört. SBeibe ©teilen betätigen fid) gegenfeitig:
18 °) 81. o., ©. 105 unb @. 107, Slnm. 3.
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an bcr erften ©teile geljt £e(molb bon Dften l)er, bom ^otabentanbe, au3; l)ier
beginnt Sßagrien erft bann, menn man bie £rabe überfdjritten Ijat. Sin ber jroeiten
©teile jieljt Sabemibe bon SBeften aus, nadjbem er in ber i^m jugefprodjenen
©raffc^öft $olftein ©tomtaren unb ^oljaten ijeimttd) jufammengejogen fpt, nad)
SBagrien 6id an beffen äufecrftc Dftgrenje: l)ier l)ört SBagrien auf, fomie bie Srabe
erreicht ift; bie magrifcfye (Snftabe im Dften ber Jrabe, bon ber SBigger f priest,
tt>iberfprid)t nicfyt nur ber einfachen, niemals fomptijierten Strt, in ber bie ©ebiete
ber einzelnen SBenbenftämme abgegrenjt maren, fonbern aud) ber unjroeibeutigen
©tfyitberung $elmotb3.
e. 2)er Umfang 2Bagrien3.
Unter ber ©bäte ift bie fübmefttidj bon SReumünfter in bie Stör ffiefeenbe
©djmale gu berftetyen. 3ft fomit aud) bie Sßeftgrenje SBagrienS nidjt genau
angegeben, fo ift bod) bie ©üb«, Oft- unb üftorbgrenje be3 alten SBagrienä jur
3eit bon SUtlübed mit aller nur münfdjenSmerten ©enauigleit Itargeftettt. SBangert
tütcbcr^olt 1659 in feiner |>elmotbau3gabe biefe Umgrenjung be3 alten 2Bagrien3,
inbem er fcfyarf jttufdfjen bem nur auf einen Seil be3 alten SBagrtcn^ befdjränften
bamaligen SBagrien unb bem alten SBagrien bon 1138 unterfdjeibet. 181 ) SRur
entgeht iljm roie allen, bie fid) mit biefen ©renjfragen befd)äftigt Reiben, bafj für
ba3 heutige Sübed in biefer nostra Wagirensi provincia lein SRaum ift.
2)ie Slngaben $etmolb3 werben beftätigt burd) bie ßljronif ber norteluischen
Sassen, ber 2)ietmarfd)en, ©tormarn unbe $olften, bie nad) Sappenberg um 1448
ju Hamburg üon einem SRedjtSgeteljrten berfafet morben ift unb bie neben ber
Kenntnis SlbamS unb ^elmolbs „eine genaue ÄenntniS be3 §olftetnifd)en SanbeS
unb Äunbe ber SBorjeit borauSfefct". Die ßljronif fagt: „2)e enbe ber Sßager
menbe roaS befloten mtyb beme öeltenmere unbe mt)b ber Srauene roente to
Subefe. ®e Ijouetftat ber SBagermenbe toa3 be ftat Dtbenbord), bar o! be bifdjop
be3 afgabeä roanebe. — S)e anber SBenbe Ijeten be ^ßolaberroenbe. @re ambegiu
toa$ be £ranene unbe Snbefe, unbe fyabbe an fif bat laut to SRafeebord)". 122 )
Die ßtjronif fpridjt e3 f)icr fo tlar mie möglich au3, bafe ba§ öftlid)e (Snbe SBagrienS
121 ) Sgl bie Slnmerlung gu $etmolb I; 12, ©. 34: t Vagria ista aetate
non angulus ille circa Aldenburgum, qui hodie hoc nomine vulgo venit, sed
omnis ille tractus erat, qui inter Travara, Sualam et Suentinam amnes,
deinde a septentrione et Oriente mari Baltico Lubecam usque concluditur,
quae terra nostra aetate non contemnendam Holsatiae partem constituit.»
122 ) $g- ö. Sappenberg 1865 in ber DueHenfammtung b. ®djle3m.«#olft.-S.'
@ef. f. batert. ©efd).; 93b. III; ©. XXIV u. ©. 10, 8lnm. 3, ferner 6. 11 u. 76.
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burd) bie Jraöe gebilbet mürbe, burdf) bic $rabe bis ju bcm Sfibetf öon 1448:
roente to fiubefe, aber nur bis fiübetf; baS fiübetf öon 1448 felbft gehörte nidjt
mt\)x jum alten Sßagrien. 3)enn baS Sanb bet unmittelbaren SJtadjbarn SBagrienS,
ber ^ßolabermenbe, begann mit ber £raüe unb bem fittbetf bon 1448, baS alfo
jum ehemaligen ©ebtete ber Sßolaben gehörte: „@re ambegin maS be Srauene unbe
fiubefe". 2)iefe unjweibeutigen ©renjbeftimmungen eines genauen SfennerS werben
burd) eine jroeite ©teile beftätigt, in welker bie ß^ronif bon bem SroberungSjuge
StoberoibeS im SBtnter 1138/39 berichtet: „§e reifebe imjb fineme Ijere in be
SSagermenbe — unbe alle bat lant, bat fif begunt uan ber ©malen unbe beflaten
mert m^b beme beltem mere (biefe ©ejeit^nung ber fiübeefer 93ud)t erinnert fomoljl
an ben Flamen Saitenmeer für bie Oftfee als an ben großen unb flehten SBelt
ber ®änen!) unbe mt)b ber Jrauene (eine SejeitfjnungSroeife, bie jebe Gnflabe
öftlid) öon ber Sraöe fdjledjterbingS ausliefet), unbe alle bat lant umme *ßlone
unbe DlbeSlo roente to fiubefe, alle bat lant umme fiutfenbordj, Dlbenbord) roente
up ben Uemerfunt uorroufteben fe mtyb roue unbe mt)b branbe in ener reife". 3)ie
©jronif unterfäeibet jroifrfjen ^ßCön, DlbeStoe, fiütjenburg, Olbenburg einerfeitS
unb fiübetf anbererfeits. Sei ben mer erften Orten fjeijjt eS ausnahmslos umme
Ißlone, umme fiutfenbordj ufro., bei fiübeef bagegen nur roente to fiubefe,
bis fiübeef, baS als jfnfeitS ber Jraoe tiegenber Ort nid)t meljr ju SBagrien
gehörte.
©ine jtoeite unb britte Seftätigung erhalten bie Slngaben |>elmolbS burdj
bie ©tabeSdjronif StobeS öon 1347 foraie burdj bie brei jroifcf)en 1386 — 1395
abgefaßten ©etmararbeiten. 3)ie naef) ber legten Detmararbeit, ber SBeltcfyronif
*>on 1101 bis 1395, fofort anjufü^renbe ©teile betrifft bie ©reigniffe nadj ber
Grmorbung Änut fiaroarbS am 7. Januar 1131, als Sfticlot unb ^ribejlam baS
große ©faöenreid) teilten, baS fiaroarb unter bem litel eines ©laüenfönigS
beljerrfdjt Ijatte: „*ßribejla& bereit SBagljram, bar to l)ort fiubefe (baS alte am
linfen Iraüeufer), DlbeSlo, ©egljeberglje unbe bort bat ©mentiner Seit bet an be
(Stjbere, unbe alle be lant fiuttefenbordj, Dlbenbordj, Sßlone, unbe toat bar
binnen legten is Dan beme ^aöe (geograpljifd) intereffante Sejeicfynung für bie
fiübeefer Sud)t) bet to ber Iraüene, nnbc faj ber £ra*ene »ort up". 128 ) Die
ßfjronif ber norteluiftfjen ©äffen roill bie ehemaligen ®renjen SBagrienS angeben:
ftc rennet fiubefe jum Sßotabenlanbe, benn baS fiubefe bon 1448 ift baS retfjtS-
trabtfdfje, es entftmdjt bem urfprfinglidj an feiner ©teile befinblicf)en locus Bucu.
SJet ber Leitung bon 1131 bagegen mar ein redjtStrabifdjeS fiubefe nod) nid)t
128 ) Sei fioppmann II, @. 226, 13—16.
dtf^t. b. B. f. ß. 9. X, 1.
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tootljanben. 2)a3 bei SRobe unb 2)etmar erwähnte Subcfc begießt fid) bielmeljr auf
ba3 erfte, alte, menbifdje Süberf, ba3 immer gu SBagrien gehört l)at. 3m übrigen
beefen fidj bie angaben ÄbamS, ^elrnolb^, SRobeS, 2)etmarS unb be§ Hamburger
9tecf)t3gelel)rten bon 1448, b. ^., bie über einen 3*itraum öon faft 400 Saljren
gerftreuten, mittelalterlichen Quellenangaben über ben Umfang SBagrienS bollftänbig :
bie Sftorbgrenge SBagrienS bilbet ba3 SBaltenmeer, btö §aff ober ber SBelt. 3m
Cften berläuft bann bie ©renge t>an beme Ijabe bet to ber £rabene, b. lj. bon ber
Jrabemünbung trabeaufwärtS, bi ber Irabene bort up. 2)ie Jrabelinie wirb
burrf) brei fefte fünfte gefcfjüfct: burd) Slltlübed, DlbeSloe unb ©egeberg —
nirgenbs bie geringfte Slnbeutung, ba% biefe burd) bie ÜRatur angewiefene unb burd>
Sftenfdjenljanb befeftigte ©renglinie burd) eine (Snflabe jenfeitS ber Jrabe unorganifc§
überfdjritten wirb.
93iö ©egeberg wirb nirgenbS bie flare, alte ©tammeSfdjeibe ber Jrabe Über-
tritten. ®amit aber bie ©renge ba§ Sibergebiet erreichen fann, mufe bie ©renge
nunmehr über bie Jrabe aufgreifen, ©ie erreicht ba3 ©roentiner belt unb bleibt
in biefem ©ebiete bet an be (Sgbere. 2)afj man in bem ©mentinefelb bis in bie
©egenb bon Sfteumünfter vorbringen mufe, um bie ©renge weiter gu beftimmen,
erhellt au« ben befprodjenen Slngaben $elmolb3 über bie ©djmale. ©elingt e3
ber gorfdjung, ben SBegriff be$ ©wentiner belt gu fiebern, roa^ iljr meines
2Biff en3 einwanbfrei bi^er nod) nid)t geglücf t ift, bann würbe ein allfeitig f djarf
umrifjeneS SBilb über ben Umfang SBagrtenS in ben breifeiger 3af)ren be3 12. Saljr«
IjunbertS ergielt fein.
f. 2)ie iJtamenSänberung 33ucu3.
$elmolb berichtet weiter, als Slbolf bie für bie SSerteibigung wie für ben
§anbel günftige fiage SBucuS erfannt Ijabe, Ijabe er in S3ucu eine ©tabt erbaut,
bie er aber nid)t nadj bem alten tarnen be3 SßlafeeS afe SBucu begeidmete, fonbern
bie er nadj bem nidjt fernen Subele, ba§ feit feiner gerftörung im 3al)te 1138
unb infolge ber unruhigen Reiten ntd)t wieber aufgebaut worben war, fiubefe
nannte. SBegreiflid) genug! 2)enn Subefe war unter bem energifdjen SBenbenfönig
$etnridj eine befannte £afenfiabt geworben, bie jtd) eine« regen ©djtffSberfefytö
erfreute: fyatte fidj bod) in fiubefe unternehmet fogar eine anfdjeinenb abgefonberte
Kolonie beutfdjer Äaufleute angefiebelt. 1 * 4 ) ©3 mufete bem f lugen, auf bie
fommergieÖe $ebung be« SanbeS unb feiner Sfteugrünbung gu SBucu bebauten
©rafen baran liegen, biefen ©d)iff3berfef)r nunmehr nad) JBucu gu gießen, eine
4 ) £elmolb I, 48.
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3Röglid)teit, bie ftd) um fo letzter t>ermirflid)en liefe, als Subefe erft bor fünf
Sorten jerftört morben mar unb bic §anbel3fdjtffe, bie Subefe angulaufen gemoljnt
maren, nunmehr in bem benachbarten SBucu einen ungleich befferen Schüfe ftnbeu
mußten. ®iefe ©ntmieflung SBucuS gu einem Seehafen bon ber früheren JBebeutung
SubefeS liefe fid) junädjft burd) !eine jmeite SWaferegel fo bequem, loftenloS unb
fidjer förbern, als menn man ben Flamen be$ in ber §anbel$meft belannten Subefe
auf ba3 unbefannte, gumat ben $anbel$freifen gänjtidj frembe S3ucu übertrug. 1 ")
$a fiübeef nidjt meljr ober nur nodj afe ©djlupfminfel ejiftierte, fo gab e3 niemanb,
ber gegen folc^e Slamenübertragung ju proteftieren ein Sntereffe gehabt Ijätte:
Videns igitur industrius vir competentiam loci (ganj auSgejeidjnet jum 2to3-
bruef gebraut!) portumque nobilem, cepitillic edificare civitatem, voeavitque
eam Lubeke eo quod (|jetmotb3 2iebling3au3brucf für „meil"!) non longe
abesset a veteri portu et civitate, quam Heinricus prineeps olim
constituerat. 116 )
(Srft jefet, nadjbem Sucu in Subele umgetauft morben mar, lommt allmäljltd)
ber SRame vetus Lubika für ba3 cdjte fiubefe auf, bie ehemalige SBagrierftabt,
eine ©ejeidjnung, bie fid) einmal fcfyon bei §etmolb finbet. 117 ) SlfleS fo natürlid)
unb folgerichtig mie nur möglid): erft £werfritit, Dberflädtfidjfeit unb Sgnoranj
Ijaben au« biefen Haren angaben |)etmolb3 ein üöQig öerjerrte« Silb, eine tolle
SSermirrung gemalt. 2Ran begreift nidjt, mie ein gorföer öon ber Sebeutung ©girren«
angefid)t3 foldjer $larf)eit bon einer „ungelöften grage" fpredjen !ann, „mann ber
9iame JBuforoec burd) ben Warnen fiübed berbrangt morben ift". 188 ) gubem
merben bie bon $elmolb auf« befte bezeugten 9tamenberl)ältniffe 2übetf8, mie nad)«
gemiefen, burd) SBogudjmal unb bie jaljtreidjen polnifdjen Duellen befräftigt. Die
*ßolen begießen „SBufomec" nie auf Slltlübetf, fonbern auSfdjliefelidj auf fiübetf,
ba3 ftc naturgemäfe erft feit bem 13. Sa^unbert lennen: Jöogudjmat unb feine
9?adjfolger miffen bafyer überhaupt nickte bon ber Sjiftenj eine« SUtlübetf.
lf5 ) ©djon $einrid) Slbolf S?rof)n erfennt in ber 8lbfd)ieb3rcbe, bie er als
Abiturient be3 ftatyarineumS am 16. 2tyril 1753 tjtelt, eä Ijätte bem Sluffommen
be3 $anbel3 in 93ucu l)inberlidj fein (officere) muffen, menn bie neugegrünbete
£anbel3ftabt ben unbefannten SRamen iljre3 StanborteS beibehalten tjätte. Sgl.
bie fjanbfdjriftlidj in ber 2üb. ©tabtbibliot^et erhaltene tDe Lubeca nova oratio».
1,f ) £elmolb I; 57, ©. 116.
,,T ) fcetmolb I, 34.
1,s ) Sari ©girren, ©eiträge jur firttif älterer fiolftcinifdjer ©cfc^ic^töqucOcn,
Seidig 1876, 6. 122.
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g. SerfudE}, bic Angaben $elmolb$ unb SRobeS au3jugleicf)en.
2)ie roiberftreitenben, befprodjenen 129 ) Angaben 9tobe3 unb 2)etmar3 einerfeit^,
§elmolb3 anbererfeitS, auszugleiten fantt nad) ben angefteflten Unterfudjungen nid)t
fdjroer fallen. SReifjt man bic oben nad) bem Sltyljabet nebeneinanbergeftellten
SRamenformen nad) bem ©rabe ityrer SBortbermanbfdjaft mit 33ucu aneinanber, fo
mürbe ftif) ergeben:
1. an formen mit einem c: SBuconecia, Sucobecca, SBucoöecia, Shicobium,
SBucotrij;
2. an formen mit einem f: 83ufotrie3, Sufotwiec, SBufotobtyecj, SBufomec,
Sufomiec;
3. an formen mit einem g ober gl): 93ugctot^c, Sug^eni^;
4. an formen mit groei c: SBuccena, SBuccobecium, ffluccoöetium, Succoroecj,
ÜBuccoweg;
5. an ^formen c f$ : Sucg^enifee, Sucgljebifee;
6. an formen mit jmei g: Snggettt^e;
b. % eine SReifye tum üttamen, meiere alle auf benfelben fyiftorifdjen tarnen jurürf«
get)en, ber fid) bei |)elmolb, 9tobe unb Detmar in ber einfachen gorm 93ucu, bei
£>elmolb3 3eitgenofjen ©ibo in ber gorm Sucue finbet. Sodann 9tobe toermocljte
aber au§ ben beiben ifjm borliegenben formen SBucu unb Suggebifee, 180 ) bie
allerbingS gerabe bie beiben am weiteften auSeinanbergeljenben gaffungen ber 2 + 20
mitgeteilten Üftamenformen vertreten, nidjt bie ®infid)t ju gewinnen, bafi e3 fid)
Ijier um benfelben Flamen fyanbelt. Da 93ogud)toal 1253 ftarb, wäfjrenb SRobe
fein in ber bremijdjen 6t>ronif bon StyneSberd) unb ©djene als cronica van Lubeke
bejeidfineteS Sßerf in ben toierjiger Sauren be3 14. 3?af)rl)unbert$, feine ©tabeScoronife
1347 fdjrieb, fo liegt bie 9Jiöglid)feit bor, bafe 9tobe, fei e$ bireft, fei e£ inbireft,
93ogud)roal benufet I)at, beffen eigene Raffung un3, wie ermähnt, nief^t mef>r ermatten
ift, alfo bie formen 23uggetoifee unb Sugeögfce aufroeifen tonnte, toenngleid) fie in
ber erhaltenen Überarbeitung nur bie formen Succomecj unb Succomeg, alfo nur
formen mit jroei c, enthält. 3n ben Älofterbibliotfyefen ber granjiSfaner unb
Dominifaner, foroie in ber Sibliotljel be3 2)omfa|ntel3 ju Sübetf werben bie
(Schriften ber ober toerroanbter DrbenSbrüber, ju benen aud) Sogudjmal gehörte,
fidjerlid) borljanben gemefen fein.
S)a SHobe au3 bem öon iljm mit Stecht fo bereiten £elmolb nmfcte, ba%
93ucu ber alte, Ijiftorifdje Sftame für ben $ügel war, auf bem Sübetf liegt, fo glaubte
129 ) Sgl. oben, S. 15—19.
180 ) 3n ber cronika van Lubeke f djreibt Stöbe ©uggetotfce (b. ffioppmann I,
©. 8), in ber ©tabeScoronife Suget^fce (b. Roppmann II, ©. 198).
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er mefleidjt, baS iljm ganj frentbe Suggebifee ober JBugebtyfee nid)t meljr auf ben*
felben |>ügel begießen p bürfen. ©r mußte ficf> metteidjt nidjt anberS 311 Reifen,
als baß er bie i^m fonberbar erfcfjeinenbe SBejeidjnung auf Slltlübecf bejog. Selber
finb uns fcon beiben arbeiten SRobeS nur SluSjüge erhalten. Sfticfjt in bem
SluSjuge ber crotnea van Lubeke, moljl aber in bem ber ©tabeScoronife ift in ber
Zat ber 9lame SBucu erhalten als SBejeidjnung SRobeS für ben ^Slafe, an bem Sübecf
gegrünbet mürbe. 181 ) ®o brauet SRobe mirflidj 93ucu für Sübecf, SBuggebifce für
Slltlübecf, lefctereS aber nur mit SBiberftreben unb unter ^Sroteft. ©einem Seifpiel
folgt 2)etmar faft mörtlid).
SRüfjrt aber bie irrige SBejieljung üon 33uggemfce auf Slltlübecf nicfyt erft bon
Stöbe unb Detmar Ijer, fonbern gehört fie bereits if)ren Duellen an, mie eS ber
SBortlaut iljrer Slngaben aussprechen fdjeint, mie id) aber trofcbem nid)t glaube,
fo mürben biefe bon ifjnen felbft mißachteten, ungenannten Duellen unmöglich bie
polnifdjen fein fönnen, ba biefe ausnahmslos öon SlltlübedS ©jiftenj nichts miffen,
fonbern man müßte bann bie @£tftenä rätselhafter, uns gänälid) verlorener Duellen
annehmen, auf bie fiel) fonft nirgenbs ein $inmeiS finbet.
h. ©iboS Slngaben über S3ucu.
SllS ob bie 93ermirrung nod) erf)öf)t merben follte, finbet fiel) bereits in ber.
brittälteften Duelle über Slltlübecf, ben etma 20 Sct^re nad) bem erften $ud)e oon
^elmolbS Chronica Slavorum roafjrfdjeintid) Don ©ibo getriebenen versus de
vita Vicelini eine Mitteilung, ber jufolge Slltlübecf ben Tanten Sucue gehabt
fyaben müßte: «Ecelesiata Bucue veteri fundavit (seil. Vicelinus) in urbe.»
83eecf, ber ©iboS ©Triften mit efceufobiel Umfidjt als 6}emiffenf)aftigfeit
herausgegeben, fomie f)ter unb ba erläutert Ijat, f)ä(t biefe 9iad)rid)t für unfinnig,
tut aber bem lejte ©emalt an, menn er in einer Slnmerfung fjinäufügt, unter
93ucue fei Ijter 31t berftefjen „bie ©teile, mo baS je&ige Cübecf ftef)t". 132 ) ©ad)litf)
mürbe SBeecfS ©rftärung richtig fein, benn Sicelin Ijat tatfäcf>ti<f> im heutigen üübetf,
lsl ) Sei ftoppmann II; 3. 197, 16—17: „%n ber ftebe, bar nu be
ftab iS, be in SBenbefdjer tungfje bo l)etc 23ucu", — eine Slngabe, bie jumat in biefer
gaffung genau ben Slngaben ber polnifdjen Duellen fomotjl als aud) ficlmolbS entfpridjt.
S)etmar folgt fomofyl in feiner erften, ber ^metten SRobearbeit entfpredjenben 9lebaftion
(II; 197, 16—17), als aud) in fetner ameiten (b. ff oppmann I ; 125,8) unb brüten
SRebaftion (b. Stoppmann I; 207, 1) bem Sorbitb feiner Duelle SRobe: „bar nü be ftab iS,
be in SBenbefdjer tungljen bo l)et 33ucu"; ebenfo I; 233, 2: ,,23t) ber ttyb quam be fuloe
greoe alf to ber ftebe, be in SBenbef djen 95ucu maS gfyefjeten".
13f ) Sgl. a. 0., ©. 161, ScrS 96; ferner ©. 139 u. ©. 145.
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ba3 mit S3ucue in bicfcm gaßc richtig bejcic^nct fein mürbe, eineÄirdje gemeint. 1 * 8 )
Slbcr ber Sejt geftattet e3 nid)t, in ben versus an Sübecf ju beulen, ba an biefer
©teile ber versus nirgenbS bon JBucu ober Sübecf, bielmeljr au3fd)liej$lid) fcon
Stltlübccl bie Siebe ift. ©ibo erjagt, SSicelin Ijabe ben ©labenfönig §einrid) auf-
gefugt, ber, nrie fpater bettriefen merben mirb, in Slltlübecf refibierte, um iljn um
bie SrlaubniS ju bitten, in feinem Sfteidje StyriftuS bienen unb Äircfjen errieten
ju bürfen. Äönig §einrid) Ijabe SBicelin freunblid) aufgenommen unb iljm bie
ganje Sanbfcfjaft ate 2Btrfung3frei3 jugeftanben: toii prefecit eum regioni.
2)urd) biefe 3 u Bcftänbniffe geftärft, Ijabe ber treffliche SBtceltn junädjft in urbe
veteri Bucue ben ©runb ju einer Äirtfje gelegt unb bann ©ruber bortfyin
getieft, metdje bie 9Keffen in ber borgefdjriebenen Qform * c f en foflteit. ©olange
|>einricf) gelebt Ijabe, Ratten SBicelinS Slbgefanbte Siubolf, 85run unb £erimann bort
^rieben genoffen. 91ad) £einridj3 $obe aber fei e3 biefen Sßrieftern fd)led)t
ergangen, fie fjätten bort nid)t länger gebetylicl) ttrirfen fönnen unb feien Ver-
trieben morben:
«Defuncto rege mala protinus invaluere:
Expulsi stare fratres ibi non valuere».
3Kan fieljt: e3 ift auSfdjliefjlidj öon Slltlübecf bie SRebe, ja, ba$ jefeige
Sübecf ejiftierte noef) gar nufjt! e3 mirb erft 16 Sa^re nad) £einricf)3 £obe
gegrünbet !
Die Slngabe ©iboS mufc alfo anberS erflärt merben, als SBeecf e3 öerfudjt
Ijat. SBie JBeecf nadjmeift, finb bie versus jmifdjen Anfang 1187 bis SRitte 1188
abgefaßt morben, bafy finb 45 Safjte uad) ber ©rünbung öon Sübecf unb 50 Saljre
nad) ber Störung SlltlübecfS. S)er alte einfjeimifdje 9iame für bie ©teile, mo
Sübecf gegrünbet morben war, lautete 33ucu. Da lag bie 9Köglid)feit bor, ba«
alte Sübecf mit bem neuen ju bermedjfeln unb, mie 45 Sö^re borljer Slbolf ben
Flamen SlltlübecfS auf ben öon 85ucu übertragen Ijatte, nunmehr ben tarnen 93ucu3
auf Slttlübecf ju übertragen.
3)iefer an unb für fief) begreifliche Irrtum mürbe nodj baburdj erleichtert,
bafe SSicelin fomoljt in Slttlübecf, mie in Sübetf tätig gemefen mar. 3d) fyoffe,
fpäter ben 9iad)mei£ bringen ju fönnen, bafj er fogar in Sllttübecf mie fjmter in
Sübecf eine ®ird)e fjat erbauen laffen, melcl} erftere als eine jmeite, größere neben ber
Sapelle anjujeljen märe, bereu fidj fiönig $einricf) bebient Ijat unb bereu gunbamente
188 ) £elmolb I; 69, ©. 138: cVenitque (seil. Vicelinus) ad novam civi-
tatem que Lubeke dicitur, confortare manentes illic, et dedieavit ibi altare
domino Deo».
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1851 gutage gefommen ftnb. ÜberbieS ftccfcn bic Ijier miebergegebenen 9Kifc
tcilungcn ber versus bott bon Irrtümern; wenn je, fo gilt Ijier ber am ©djtujj
bcT Unterfutfyungen über §elmolb aufgeteilte ©runbfafc: §elmolb ift für bie
Ifibifdje ®efdfjid)te be3 12. 3aljrljunbert§ bic mafegebenbe Duette, ©o weit bie
Angaben bon iljm unabhängiger Quellen feine Mitteilungen beftätigen, bienen fie
jur SBefräftigung berfelben; meinen fie ab, fo ^aben fie hinter i^m jurücfjufteljen,
t>ottenb£, wenn fie an unb für fidj unftar, wiberfprucfjSbott finb ober gar, wie Ijier,
anfdjeinenb Unmöglichem ober 2Biberfinnige$ berieten.
Allein bieg äutoritäteprhtjip brautet Ijier gar ntd^t geltenb gemacht ju
werben: ©ibo !ann an biefer ©teile burtf) ©ibo wiberlegt werben. 3n feiner
jroeiten ©djrift, ber epistola ad pastorem in Haseldorpe, bie ©ibo atyt 3a^re
nad) ben versus 1195 ober 1196 fcfyrieb unb in ber er im großen unb ganjen
baäjelbe über SKltlfibecf berietet, wie in ben versus, fennt ©ibo für Sllttübecf ben
Utamen 85ucue nicfjt meljr, fonbern auSfdjliefelicf) ben tarnen Subife. üftoef) me^r:
feine Angaben über bie Sage bon Slltlübecf, meld) lefctere $elmolb leiber mit
©tittfdjweigen übergebt, muffen als bie befte Slngabe bejeicfynet werben, bie wir in
biefer 93ejie^ung befifeen: gerabeju als btö einjige auSreidjenbe unb unjweibeutige
3*ugni3 be3 ganjen SRittelalterS. 95eecf erftärt biefen SBiberJprud) bei ©ibo ba»
burdj, ba& ©ibo in feinem jweiten SBerfe $elmotb aU £>auptquette benufet Ijat,
wätjrenb „wir burdjauS leine SBenufeung ber ©labemljronif ^elmolbS in ben versus
ftnben". ©ibo Ijatte fid) alfo injroijcfyen aus ber Seftüre £>elmolb3 überjeugt, bajj
er in ber 33ejeid)nung 33ucue für Slltlübecf eine fatfcfye Mitteilung gemalt, 9llt-
Iüberf mit Sübecf bermecfyjelt Ijatte unb t)ütete fid) nunmehr, biefen Irrtum ju
roieber^olen.
i. SKbamS SBejeidjnung für Sllttübetf.
3)er lefete 3roeifel über ben wahren ©adjberljalt bürfte burd) bie Jatfadje
gehoben werben, bafj nidjt nur £>elmolb, bie gmeitättefte Duette über Slttlübed,
fonbern ba& aud) bie ältefte aller öuettennadjridjten über SUttübed, bie 1072 13i )
ober 1075 185 ) bon bem feit 1069 als SDomfdjolafter ju SBremen bejeugten 186 )
Sbam »erfaßten gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum für Älttübecf
184 ) ©o £öfer in ber 3ettfdjrift be3 SSerein» für Sfjüringifdje ©efe^id^te unb
«ItertumSfunbe, «b. 17, @. 6; $ena 1906.
186 ) ©o SBaifc in ber 2. Aufl. ber ©djutauSgabe ber MG., ©. II, £annober 1876.
1Bfl ) £amburgifdje3 Urfunbenbud), IjerauSg. b. Sappenberg, 93b. 1; ©. 97, 1842.
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auSfdjliefilicf) ben SKamen fieubice 137 ) ober Siubice, fitjbeffe, fitjbidji lernten, ber
bem Subete |>elmolb3 188 ) entf priest. 2Bie Slbam felbft, fo f ernten aud) btc
©polten gu Slbam, btc gerabe in geograp!)ifd)er Sejieljung beadjten&oerte 9tacf)ridf}ten
bringen unb junt größten Seil bon if)m felbft fjerrüljren 139 ), au3fd)liefclid) ben
SRamen fiiubice für Slltlübetf, für ben fidj im 13. ©djolion aufeer ben oben
genannten üier fieSarten nod) bie Raffungen: Suberfe, fitubefe, Suibefe, fiuitbefe,
Sibtjc 140 ) ftnben, mäljrenb btö 95. ©tfjolion 141 ) neben fiiubice nodj bie fieSart
Subice bringt, fo ba% uns bei Slbam unb |>etmolb, alpljabetl)ifcl) georbnet, folgenbc
jtoötf üftamenformen für Slltlübecf entgegentreten: fieubice, fitbtyc, fiiubefe, fiiubice,
Suberfe, Subefe, fiubice, Subita, fiuibefe, fiuitbefe, £t)bef!e, £t)bid)i, öon benen bie
beiben fettgebrueften öon |>elmolb Ijerrüljren.
Äann fomit ber toirflid)e Satbeftanb feinem 3*^*1 unterliegen, fo ift boefj
bie fester unglaubliche Verwirrung, bie tooljl infolge ber irrtümlichen 9iad)rid)ten ©ibo£
Don 1187, 9iobe3 bbn 1347, SDetmarSfcon 1386 in ber fpäteren ©efd)icl)t3fdjreibung
über Slltlübetf bi3 auf biefen Jag um fief) gegriffen Ijat, menigften^ erftärtid), eine
SBermirrung, bon ber, roie bargelegt, 142 ) noef} 1907 $ieffelbacf)3 93udj ein fo
braftifdjeS 93eifpiet gibt, ber aber auef) Slutoritäten mie ber cjecfyifrfje 3lltertum3*
forfdjer Sßaut 3of. ©djafarif jum Dpfer gefallen finb. 1 . 43 ) ©djafarif ibentiftgiert
jwar fiübeef richtig mit Sufotoec, toenbet aber ben Tanten 93ufotoec ebenfo für
fiübeef rote für Slltlübecf an: „3)ie Sßagrier — wohnten — längft be£ galbera»
187 ) 2Bie Siubice bei Slbam audj als ßeubice erfdjeint, fo roerben in engfifdjen
Duellen bie Siutici aU Seuticü angeführt, ögl. Sßilljelm üon SRalmeSburg, de rebus
gestis regum Anglomm bis 1127, lib. II, Kapitel 189: au$jug$roeife IjerauSg.
öon SBatfc, MG.; SS., X, ©. 466. (Sbenfo roerben bei Slbam felbft bie Umwohner
fcon SebuS balb als Stubu^i, balb aU Seubujji angeführt: ©letdjfteßungen, bie für
bie SluSfpradje beä tu am @nbe ber altmeberbeutfdjen $ertobe bemerfenäroert finb,
bjro. für bie SSiebergabe flaütfdjer 3)ipt)rt)onge im bamaligen ßatein.
138 ) Slbam III; 19, a. o., S. 110 unb £elmolb I; 36, 6. 76 ufro. (fiubcfe)
fohrie I; 34, ©. 74 (Subifa).
139 ) SBaifc (a. o., ©. XI — XII): «Scholia multa ab ipso Adamo codici
operis sui in m argine addita esse, vix dubium est. paucissima tarnen
sunt de quibus pro certo constet, ab Adamo ea scripta non esse. Haec sunt
scholia 21, 22, 33, 124, 145». SSgl. aud) Sappenberg („3ur beüorftefjenben 8tu3-
gäbe be3 £elmotb" im Strdjiu ©b. VI, @. 558, jpannoüer 1838).
140 ) Slbam II, 15 b; schol. 13, ©. 51.
141 ) Slbam IV, 1; schol. 95, ©. 153.
142 ) Sgl. oben, 6. 16.
143 ) ©labifdje Slltertümer, beutfdj üon Sftofig ö. Stetjrenfelb, tjerauäg. ö. £einrid)
SButtfe, 83b. II, ©. 588 u. 538; ßetpjtg 1844.
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gaueS — im Slette ber %xa\vt (sie!) bis und) fiübeef, SBuforoec, einer bamalS etroa
eine ©tunbe nörblicfjer, am 3ufammenfluffe ber ©roartau in bie Jrame gelegenen
©tabt". — SlnbererfeitS nähert \\i) bereite 1748 ber 1719 ju Sftoftocf geborene,
1786 ju Hamburg geftorbene bänifdje mirflicfje Suftijrat 3ol). Sßeter SEBillebranbt
in Ältona ber (SrtenntniS, bafc £elmolbS JBucu unb £etmarS SBucgljeüi&e auf ben
gleichen 9iamen unb beibe auf Sübed äurücfgefyen, roenngleid) biefer intelligente
SBermaltungSbeamte fid) nidjt üon ben beliebten ett)mologifcf)en Spielereien, benen
ja nod) ^eute fo üiete jum Dpfer fallen, freizuhalten üerftet)t, inbem er ben 9iamen
für ben locus Bucu mit bem tarnen ber üon £elmolb als SBod^nija 144 ) be«
jeic^neten SSafenife jufammenbringt, bem bei fiüberf einmünbenben 9tebenflufc ber
£raüe, 145 ) bereu -Jtympljen, cygneae Naiades, er nad) einem ©emälbe, baS im
Sübeier 9fatl)aufe Ijing, 146 ) als Sucobraftuben (Bucobrastusides ober Buco-
brastusiae) bejeidjnet. tiefer 9iame fyingt roieberum mit einer 93ejeid)nung gu«
fatnmen, bie fid) bereits 1518 bei granciScuS SrenicuS üorfinbet, 147 ) mit bem
9iamen Bractusa für bie SBafenifc.
144 ) I; 75, ©. 116.
145 ) „^anftfi^e ©tjronitf aus beglaubigten 9iad)rid)ten juf ammengetragen",
Sübed 1748, @. 6: „Unter ben polnifdjen ©cribenten Wirb fie üon Jodoco Ludo-
vico Decio Bucovecia genennet, ift aber üermuttjlidj ein 2)rucf«gef)ter, unb foll
Buconecia Reißen, fintemat)l ber 3Kinoriten«2efemeifter in feiner getriebenen Etjronicf
üon ber ©tabt ßübeef faget, fie fjeiffe auf SBenbifd) Bucghenitze. Unb biefer 9teme
fotooljt, als anbere feines gleiten, nemtidj Buccena, ttrie fie granciScuS SrenicuS,
unb Bucovia, toie fie $artmannuS ©djebeliuS nennet, fdjetnen üon bem Orte, ba
fiübeef ift erbauet Sorben, nemlid) üon bem SBerber attrifdjen ber Üratoe unb
SBadenifc, hergenommen ju fetjn, melier aller alten ©ertbenten einhelligem ©eridjte
nad) ehemals Bucu getjeiffen tjat. 3>a baS üorangefüfjrte SBort Bucghenitze
fd>einet fonbertid) mit bem SRaljmen ber fyieftgen SBatfenifc, bie bety ben Sitten
SBatfeniffe gefyeiffen, nat)e üertoanbt ju fetyn".
14 •) SSon einer jtoeiten Slnftdjt SübetfS fagt S)aüib Sf^träuS 1552 in ber
Sorrebe, bie er gu einem Sobgebidjte beS SßetruS SSincentiuS gibt, toelcfy lefcterer
üon 1552 bis 1557 SReftor beS SatljarineumS ju Sübed mar: «Edita est ante paueos
dies pictura inelytae Urbis Lubecae, adiuneto erudito et eleganti carmine
Petri Vincentii (£einrid) ü. Seelen: «Petri Vincentii de origine, incrementis et
laudibus Lubecae elegia» 1755, ©. IV u. V). S)iefe 2Infid)t ift entmeber älter
als ber berühmte ©effrfenfdje große #otjfd)mtt ober mit btefem ibentifd). 3n
lefcterem galle toäre ber prächtige ^olafdjnitt älter, als SrunS anjune^men geneigt
ift, ügl. ben 2lbfdjnitt über bie brei älteften Kirchen SübetfS.
147 ) Germaniae exegeseos volumina duodeeim, £agenau 1518, lib. 12,
Statt CCXVI.
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Sapitel 5.
Sutlje, SntribucuS imb Saccena.
2)ie Tanten S3ute, 33uta, 93utau unb JBut^c fd^einen crft nad) bem 2Kittet-
alter für Säbcrf gebraucht morben ju fein, aber auSfdjliefclidf} in ben goftmtett
unb ©Triften ber §iftoriograpl)en, niemals in SBirflidjfeit. SKan finbet biefe
Segnungen 1543 bei ©ebaftian fünfter/ 48 ) 1597 bei SRanfeau, 149 ) 1607 bei
©antmann, 150 ) 1653 bei Stteriau, 151 ) 1677 bei Äirdjring unb 2Küüer 15f ) unb
bei einer grofcen Slnja^I anberer ©dfjriftfteller bis ins 19. Safjrljunbert.
3n ©ebaftian SÖtünfterS (1489—1552) Cosmographie mirb beljaujrtet,
fiübecf Ijabe früher 85ute gereiften, entmeber narfj bem ©otyne beS ©latoenfürften
©ottfcfyalf, „ober bon ber ©öttin SBenuS ober nadj einer anberen Statt in
Schien bety ben 2Keotifd)en Sßfüfcen gelegen, melier ^ßtolomäuS gebencft". 3)ie
ältefte Quelle, in ber id) biejen fo bietfadf) angemanbten tarnen fjabe finben
fönnen, finb bie 1521 ju SRoftocf erfd()ienenen Annalium Herulorum ac Van-
dalorum libri VII beS 1525 ju SRoftocf als SRateS $erjog £einridf}S öon URecflen«
bürg beworbenen TOcolauS SljurtuS 9KareSca(cuS. 2ttS 2llbert Stanj bon Stoftod
nad) Hamburg übergefiebelt mar, Ijatte £erjog £>einrid) SDlareScatcuS, ben fie^rer
SpalatinS, bon ber eben gegrünbeten SBittenberger an bie SRoftocfer Uniberfität
berufen, bamit er bort als 9tad)fotger bon Sranj bie|>iftorie bertrete. 158 ) SOGareS*
catcuS fyat benn aud) eine ganje Steige bon SBerfen getrieben, meiere bie ©efd)id)te
ber Dftfeegebiete befyanbeln, jur befonberen 3ufriebenl)eit feines ©önnerS, ber ifym
in ber ljerr(id)en Äircfjc gu SDoberan ein Spital fe&te. 9?ad) b. SBegele 164 ) mar
■äftarfrfjalf — übrigens ein Surift, nicfyt ein Geologe — ein SRann bon biet-
148 ) Cosinographia ober Betreibung ber ganzen SBettt, 1543. 3n ber
»uSgabe bon 1628: ©. 1192.
149 ) Henricus Ranzovius, Cimbricae Chersonesi descriptio nova, b. West-
phalen, monumenta inedita rerum Germanicarum, praeeipue Cimbricarum et
Megapolensium I, ©. 19; Setyjig 1739.
150 ) £einridj ©antmann, de fundatione et incremen tis inclutae Lubecae
oratio panegyrica recitata 1607, 28. Julii publico in Auditorio, quod Lubecae
Vandalorum est. granffurt a. Ober 1609, Statt E 2.
151 ) Topographia Saxoniae inf erioris, granffurt, bei) SRattt). SKerianS ©rben,
1653, @. 154.
lbt ) Compendium historiae Lubecensis; Hamburg 1677, ©. 3.
168 ) ©o Sacfmetfter b. SBeftyfjaten, a. o., 93b. I, ©. 458.
154 ) ®efd)idjte ber beutfdjen £iftoriograj>t)ie feit bem auftreten beS #uma«
niSmuS; äRündjen 1885, ©. 90.
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fettigen miffenfdiaftlidjen Sntereffen unb öon ber Ijumaniftifd&en JBeroegung bei
tvexttm tiefer erfaßt wie ber afö ©efcfyidjtefcljreiber fo bebeutenbe Sllbert Sranj.
Aber, fügt t>. SBegete Ijinju, „fo geroifc nun Sfranj bon SJiarfc^alf al3 ©ele^rter
in ben öerfdjiebenften 3" J ^8 en he8 SßJtffcnS übertroffen wirb, fo weit fteljt er afe
@efdjid}t3fd}reiber über iljm, benn bie formale Silbung allein öermag ben eckten
@efd}id}t£fd}reiber nid)t ju machen".
gür bie ältefte ©efcfjidjte SübecfS fpiett SWarfd^all eine äf)nli<f)e Stoße wie
Äabhtbef für ben Anfang ber polnifcfien ®efd)id)te. ©eine Fabeleien übertreffen
an ©frupellofigfeit unb ®efd)ma<flofigfeit fo jiemlicf) aßeS, ma3 in ben folgenben
brei Saljrfjunberten über SübecfS 6ntftef)ung getrieben roorben ift unb ba3 ift
meljr, ate man glauben wirb. 9?ad) 9Karfd)aK folgt auf ©obeScalcuS, ben
31. SBenbenfönig, beffen ©of)n Sute, öon bem 2Rarfd)alf in ber beutfdjen
gaffung 165 ) feiner Slmtaten berichtet: „3)ie öon feinem $rn. SSater bormaljte
erbauete ©tabt, Ijat er im guten ©tanb jufefcen fid) angelegenfeijn laffen unb fie
SBute genennet". 33ute£ fflruber unb jweiter Kadjfolger, ber 34. SBenbenfönig,
ber melgenannte $einricf) „füfjrete feine £oftjaltung meiftenS in ber ©tabt 33ute,
welcher er ben Wammen Süberf ju geben Selieben getragen." — Katürlirf) wirft
biefer gabulant bie 9tad)ricf)ten über SUttübecf unb Süberf burdjeinanber. 3)em
©efcfjmacfe ber mit bem 3fa!jre 1521 beginnenben brei 3at)rljunberte fagte er aber
berartig ju, bafc nod) 1782 ber Sübecfer Sijentiat $ol). 9Jub. Seier bie SKarfjricfjten
über Sltlübecf in feiner „Umftänbli<f)en ©efcfytcfyte ber $aifert. u. beä §eil.
9ftömifd)en SfteidjS freien ©tabt fiüberf" mit 93orltebe auf biefen ®ewäljr&
mann ftüfet.
3n bejug auf Kamenerfinbung wirb 9Äarfd)atf nod) öon ©ottfdjalcf Sird)«
ring unb ©ottfdjalrf SKüHcr übertroffen, bie berieten, ber Jtjrann Sriton Ijabe
„feinem SSbgotte ju ©(jren ein fefteS ©djtofc 33utribucu3 gereiften geleget gehabt
unb bie ©täbte ift auef) SButa, SButau genennet morben". 156 ) 35iefe auf ba$
83ucot>ianifcf)e fiübeef bejügtid^e ©teile fdjeint anjubeuten, ba% bie tarnen SBute ufro.
^Mjantaftereien finb, welche burdj ben tum §elmolb, ©ibo, SRobe, SDetmar unb ben
polnifcfjen Queflen überlieferten a(t!jiftorifcf)en Kamen 93ucu angeregt fein werben,
ba §elmolb ßruto als ben Srbauer 93ucu3 bejeicfynet (I, 57). SRocf) bor 9J?arfrf)alf
ftöfct man im 3aljre 1518 auf ben Kamen Söaccena für Sübecf. granj grieblieb
ober 3frenicu3, ber 2Jiitfd)üler 2JMandjtljon3, greunb eines 9Jeud^lin unb Sßirt»
155 ) Lib. I, 32 unb II, 34 bei SBeftyfjaten, a. o., I, ©. 229 u. 232.
156 ) «. o., 6. 3.
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Reimer, ein nad) b. SSegele 157 ) gweifetloS gut berantagter ^iftoriograpl), ber fid>
burd) feine f>E>t(o(ogifd>e ©djulung Ijerbortat, unb fieljrer be£ 35abib Sl)tjträu3, be£
trefflichen gortfefcerä eines Sllbert Ärang war, bringt in feiner exegesis Germaniae
1518 bie Slngabe, fiübec! a Vandalis Baccena nominatur. 158 ) Sludj bieg 33accena
Ijatte id) für eine Ableitung bon 33ucu ober 33ufomum, eine Muff off ung, in ber id)
burd) ben 3 u f a fe « a Vandalis » beftärft werbe. Sanboli finb nad) bem <Spxafy
gebraut ber ©eletprten be3 16. unb 17. 3af)rf)unbert3 bie Slbotriten, infonberljeit
werben bie SKedlenburger fo genannt, nid)t tninber Ijäufig finb aber unter ben
SSanbali, wie Ijier, bie SSenben ober Stauen int allgemeinen gu berfteljen. Unter
ben wieberfjolt aufgeführten potnifdjen Segeidjnungen für fiübed erinnert namentlich
bie gorm 83uconecia foroo^l an ba$ 33ucu |>e(molb3 aU aud) an ba% SBaccena
griebliebä. $)a liegt bie Srflärung nafye, baf$ bie 33egeid)nung griebtieba
urfprüng(id) SBuccena gelautet fyat unb bafc burd) ein SBerfeljen in ©djrift ober
35rud aus bem urfprünglidjen u ein a geworben ift. 2)ie ßeftüre SBillebranbtö
Ijat mid) übergeugt, baft biefe Slnnaljme zutrifft. S)enn SBiUebranbt fdjreibt in
feiner |>anfifd)en ßfjromd, fiübec! I)abe nad) 2)etmar Söucg^eni^e gereiften. „3)iefer
SRame fomofjt, afe anbere feine£g(etd)en" fd)ienen auf 93ucu gurüdgugeljen. Unter
bm „anberen feineägteidjen" füfjrt Sßillebranbt SBucoöia unb 33uccena an, (enteren
Kamen mit bem gufafc: „wie fie granciScuS ftrenicuS nennet". 3u ber bereite
girierten 2(u3gabe grieblieb£ öon 1728 erflärt 23ernf)arb ba3 angebliche Saccena
in feinen Stnmerfungen gtetrfjfall^ burd) ba3 SBuccoöetium be3 früher fdjon gitterten
polnifdjeu Gljroniften 2>eciu3. 159 )
Sn ben brei ftafyre bor feinem Jobe erfdjienencn Deflorationes — ein be*
geidjnenber 9?ame für feine Spielereien — antiquitatum ab origine mundi us-
que ad annum 1522 bringt SÖtarfdjalf beu 9iamen Luconiura ober Colonia
Lucaniorum für fiübed. Der wirftidje ©eljeimrat (Srnft Soadjim b. Sßeftpljaten,
ber Kurator ber Äieler Uniberfität, ber 1739 bie deflorationes herausgegeben §a\,
wie aud) bie fdjon girierten Annales Herulorum ac Vandalorum, will tiefen
Kamen fogar urfunblid) . nad) weifen, inbem er auf bie angebtid) urf unb lidjen
Segeidjnungen Luceni unb Lucones Segieljung nimmt: «Occurrunt Consules
Luconi et in privilegiis MSC. Ecclesiae ac Capituli Lubecensis f. 53,
Canonici Lubecenses dieuntur Canonici Lucones». b. SBeftp^aten bringt
157 ) (21. o., @. 128—132 u. aüg. bfd). 33iograpl)ie 33b. 14; @. 583, 1881).
158 ) Lib. 12; a. o, Statt CCXVI in ber 2Iu$g. b. 1518, ©. 400 in ber
2(u3g. o. 1567, @. 397 in ber 9Tu3g. b. 1728. SSgl. unten, 2lnm. 183.
159 ) Lib. 12, @. 397.
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bicfen angeblichen urfunblicfjen Sfadjroei« in einer ?tnmerfung jur praefatio 160 )
3U SWarftfjalf« SBtumenlefen, bie an Joannem Rhodium gerietet ift: «Urbin-
daginaeum Luconiorum Legatuin summum». gerner fügt ö. Sßeftpljalen 5U
SJiarf djalt« SBejeidjnung « Luconiorum» bie (Srtäuterung l)inju: «h. e. Lubecen-
sium, quos Luconios dictos vult, a Luconibus populis a Ptolomaeo in
utraque Albis ripa collocatis». Slud) hierin irrt fidj t>. SBeftpIjalen; id)
roenigften« öermag bei Ptolemaeus Luconea populos in utraque Albis ripa
collocatos nicfyt nadjjmoeifen.
Slufcerbem berietet 9Karjd)aK jnm 3al)re 1104: tUrbs Luconiorum
excitatum (sie!) sub Godescalco». äbgefe^en babon, bafe in ben Quellen bon
einer ©rünbung Subefe« burd) ©ottfdjatf nitfjt« ermähnt roirb, bafc ferner ber
SBenbenfürft ©ottfcfyalf 1104 bereit« 38 3at)re lang tot mar, war e« mir xoaty.
fdjeinlid), ba$ e« ficf> aurf) Ijier um irgenbeine ©ntftellung, 33ertt>ed)fetung ober
Kombination Ijanbeln muffe, ju ber fcfyliefelicf) ein 11 Saljre ältere« Sßerf ben
©djlüffel gab. 3n ben ju Sßari« 1511 erschienenen Commentariorum Urba-
norum Raphaelis Volaterranis 38 libri, einem toäljrenb ber SRenaiffance Diel»
benufctem SBerfe, finbet fief) bie (Stelle: «Lubicum, Saxoniae civitas Imperialis
— aedificata in eo loco, quem Uneodes adhuc Saxoniae partem tenentes
Lucconiam dixere, 161 ) eine Slngabe, roetdje bie Sntfteljung Don 9Jlarfcf)alf«
3rrtum erflärt. ©ie fu^t, roie man fofort fielet, auf |)etmolb, gleirfjbiel, ob bire!t
ober inbireft. Slber au« bem locus qui dicitur Bucu |)elmotb« ober au« bem
castrum, quod Slavi Buccoweg appellant 33ogud}tt>at«, bjro. bem Bucovecia
ober Buccovia ber fpäteren potnifcfyen Duellen ift infolge irgenb eine« 3$erjef)en«
Lucconia geworben, mie ber 3 u f a fe «quem Uneodes adhuc Saxoniae partem
tenentes — dixere, beutlid} genug berrät. B unb L, v unb n ftnb oerroecfyfelt
roorben unb fo ift au« Buccovia — Lucconia entftanben. Nebenbei roirb aud)
Ijier bie intereffante, beftimmte Slngabe ber polnifc^en ®ejd)icf)t«quellen 162 ) be-
tätigt, bafj in fiübeef« Umgebung ©laben gewohnt Ijaben muffen biet länger, 168 )
al« man bi«ljer angenommen fjat. Qfall« aber SDlarfdjalf feine Angaben nid)t au«
23olaterranu«, foubem bireft au« ben potnifdjen Quellen geföityft Ijaben follte, fo
16 °) 91. 0., I, 6. 1419.
161 ) 8. 0., lib. VII, 3ol. 71.
16 «) SSgl. oben, S. 11 u. 13.
168 ) Stud) wenn JRapI). SSolaterranu« ober, mie er audj Reifet SDtaptjaeu«, btefe
Angabe nidjt al« originale SDttttetlung bringt, fonbern au« feiner, üermutlid)
potnifdjen, Duelle abtreibt, ift fie ber Seadjtung mert.
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62
formen beibe bicfclbc fehlerhafte §anbfdjrift, benfelben in bejug auf ben Tanten
Succoma öerborbenen 2)rud, biefelbe Duelle bireft ober inbireft benufct fyiben.
©emnadj gefjen nid)t nur bie 22 flabifdjen unb latinifierten ^formen be3
KamenS Sucu, fonbern audj bie Kamen 93uta, JButau, 93ute, 93utl)a, SButlje, Sutri«
bucuS, SBaccena, Succonia unb colonia Lucaniorum auf ben eckten, alten Kamen
ber ©egenb jtoifdjen Jratoe unb SBatenifc, auf 83ucu jurfid.
Kapitel 6.
Colonia magna, ©roßen Stollen, grau Senerte Serg,
6rou be£ Seuifdjeu MeidjeS.
Slbgefefjen mm SutiuS tonnten bie biäljer befprodjeneu Kamen afö foldje
nadjgeroiefen werben, bie fid) teil« organifd), teil« redjt unorganifd) an ben alt«
Ijiftorifdjen Kamen S3ucu anfrtyftaHifiert Ijaben. dagegen muffen bie Ijier auf-
ge3äljlten SBejeidjnungen, bon benen bie brei lefcteren, menn fie aud) als Kamen
gebraust roerben, boc^ nur SBeinamen unb ©eutungäberfudje finb, als erfunben
gelten. SSon ifjnen finbe id) bie brei erften jum erften SKale gleichfalls bei
9Karfd)alf, roäfjrenb bie le&te ein ^aljrfjunbert früher auftaucht.
©eine fojufagen au« ben fjtngern gefogene Sejeidjnung Solonia magna
rechtfertigt 2Rarfd)alt in feinen Deflorationes burd) ben großen Sluffdjroung, ben
Ältlübed unter $einrid) genommen Ijabe: * Colonia dicta magna, ob plurinios
videlicet, qui subito confluxerant — circiter annum 1073 >. 164 ) 3n ben
Annales Herulorum berietet er toom ©labenfönig $einrid): «Arcem habitavit
urbis Butes, quam Coloniam Luconiorum magnara dici maluit». ßbenfo
erjö^lt er in ber beutfd)en SSerfion biefer Slnnalen: „HixUd ift ber Sucanier
$auptftabt. KadjgetyenbS ift fie öon ©ottfdjald, ber ^erulen unb Dbotriteu
Äönige, angebauet, melier fie 85ute genennet, entroeber bon feinem ©ofjn
33ute, — ober aud} ja ber S3eneri$ ©oljne, melier 33ufc genennet nrirb, ju Sljren.
Der |>enrid| aber, be3 SButeS 93ruber — §at fie genennet Colonia magna ber
Sucanier. 166 ) ©o wirft SMarfdjalf bie beiben Zeichnungen Colonia Lucaniorum
164 ) Lib. V, a o., I, ©. 1472.
16& ) «. o., I, ©. 231, fottrie lib. II, Sattel 38; a. o., I, 6. 239.
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unb Colonia magna burdjeinanber, beten jmeite woljl nur eine Variation ber
erften ift. 3n ber lübifcfjen ®efd|icf)tfcl)reibung finben fid) aber nunmehr beibe
SBejeidjnungen jaljrfyunbertelang, weniger bie britte ju biefer ©nippe gehörige
^Benennung, bie ber unetmübtidje gabutator ^injuerfonnen Ijat, ber junädjft
feftfam anmutenbe Kante: „©ruften Collen". 9iad)bem idfj lange öergeblidj nad)
einer ©pur für bie (Sntftefjung biefeS 9iamen3 gefugt, fanb icf) biefe bei ©ebaftian
SKttnfter. S3 würbe mir ftar, bafc 9Jiarf<$alf au$ feiner eigenen (Srfinbung:
«Colonia magna» ebenfo bie 93ejeid)nung „©rofcen Stoßen" gebilbet Ijat, wie
©ebaftian SDtünfter 1543 au3 «Colonia magna» eine ,,©rof$ SBefefcung" ober
„©rofeburg" madjt.
Damit nidjt genug, fingiert SRarfdjalf neben 85ute, Colonia Lucaniorum,
Colonia magna, ©rofcen Sollen nod) einen fünften Kamen: „grau SBeneriS
JBerg" in einem brüten SSerfe, bem: „Chronicon ber äßecflenburgifcffen SRegenten
Steim-SBeife", au3 bem tdfj bie betreffenben JBerfe 166 ) anführe, weil fie nidf}t btojs
für iljren SSerfaffer, fonbern für ba$ ganje 3^itattcr in meljrfadfjer JBejie^ung
djarafteriftifdf) finb:
„^tDifc^en ber Jrabe unb SBagnifc breit
Die Seit Sönig ©obeföalcf erftltcf) leit
Sine ©tabt, bie Ijatte ber Kannten niel:
JBute, großen Collen, aud) Sübetf mit 3^0;
Stuf SBenbifd) Sübeca: ein fflultdjen man nennet;
Unb fyätte aud) jemanb ^oeten erfennet,
55er finbet JBute in grau SBenuS Ijotbe,
Die ©tabt grau 93eneri3 93erg fe^n folbc.
Da§ warb aud} mit ber Qtxt alfo:
grau 93enu3 ba ift aflejeit frolj.
Die SUtenburg fiönig ©obefdjatd machte,
Die ©tabt ju jieren er fleiffig badjte.
SBute, fein ©oljn, ber roofynt aud) ba
3n königlichen @at)t (!) unb tvtö be3 froV
ufw.
©o fabelt ein ©etefyrter öon SRuf; ein Surift, welker SBertrauenSmann be3
metflenburgifdjen #erjog3 ift unb an brei beutfdjen Uniöerfitäten als *ßrofeffor
166 ) Shpitet 21, bei SBeftp^alen I, ©. 580.
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geroirft Ijat! 3)er neue SRame, grau 93eneri3 83erg, ift metteidjt baburdj gu
*rttären, ba% fid) gelegentlich ber SRadjridjten über bie ©rünbung be$ heutigen
fiübecf häufiger bie SEBenbung gefunben fjaben modjte: «in colle, qui dicitur
Bucu». — 9tod) 1596 f djreibt ©abib Sodjljafe ober Sljt)träu3, ber ermähnte
gortfefeer tum 2Ubert Äranj, ber bon 1551 big ju feinem £obe im 3aljre 1600
als ^Srofeffor in SRoftotf lebte, aber audj an ben Unfoerfitäten SBittenberg, Reibet-
berg unb Tübingen mirffam geroefen tft : cLubeca, olim exiguum oppidum
(SKltlübecf) deinde inter Wakenissam et Dravam in colle
extrui coepta». 167 ) — 2>afc 9J?arftf)alf au$ 33ucu — 93ute madjt unb 23ute ober
33ufc mit SBenuS in Sejieljung bringt, ift bargetegt roorben. 9lu3 ber Slngabe
«in colle» machte Sftarfdjalt „93erg", au3 93ucu „fixem SBeneriS" unb gelangte fo
ju feinem fünften tarnen für Sübecf.
93ielleid)t nimmt mancher Slnftofe baran, bafj fo bebeutungSlofe, un3 gerabeju
atbern erfdjeinenbe (Spielereien Ijier fo ernft be^anbelt roorben finb, als Ijanbele
e$ fid) um bie ©rforfcfyung rätfelfjafter f}iftorifd)er 3)aten. Sfüein in jenen Qtiten
be3 £mmani£mu3, in benen bie ßitelfeit unb ba$ 9tnfef)en berer, bie ate ©elefjrte
gelten wollten, Ijöljer ftanb, benn jemals juöor ober nad)f)er im $)eutfd)en SReidje,
mürben berartige ^ß^antaftereien burd)au3 ernft genommen unb mit SSortiebe Ver-
breitet unb roeiter auSgefponnen. @o Reifet e§ 20 Saljre naef} SWarfcfyalfS £obe
in ©ebaftian Üßünfterä £o3mograpt)ie 168 ): ,,£einrid) aber, SuteS ©ruber, Ijat fte
Magnam Coloniam: btö ift bie ©rofc öefefcung ober ©ro&burg (offen nennen."
3)ie le^te ber biefem Äbfdjnitt borgefefeten 93eäeidjnungen ftnbet fid} in
ber Soffung: „Gron be$ Jeutfäen WeidjS" 1653 bei 2Rerian; 169 ) biefer SBegriff
wirb erweitert ganj allemein gu „einer Ärone" 1677 bei Seeborf: 170 ) „Sübecf,
fo eine Ärone in SBenbifdjer ©pradje Reiftet, bon iljren primat unb SBorjud), ben
fie für anbern SEBenbifcfjen ©tobten gehabt", — bagegen verengert ju ccorona et
caput» ber beutfdjen Dftfee^äfen 1596 bei GfjtjträuS, 171 ) ber ben f)übjd)en Ein-
fall §at, bie jroölf Dftfeefjäfen bon Sübecf bis Königsberg: Lubeca, V Vismaria,
Rostochium, Sundia, Gryphisvvalda, Anclam, Stetina, Colberg, Stolpa,
Dantiscum, Eibinga, Königsberg mit bem ,3roölfftäbtebunb ber fteinaftatifdjen
3onier ju dergleichen; bie gmölf Dftfee^äfen «quarum prima versus occasum
167 ) Davidis Chytraei Saxonia, Lipsiae, 1611, lib. VI, ©. 145.
188 ) 81. o., 6. 1192.
169 ) Topographia Saxoniae inferioris, @. 154.
17 °) Chronica ber Säuerlichen freien SteidjS ©tobt Sübecf, aufgefefcet 1677,
fiapitel 1,6.1.
171 ) 81. o., Üb. VI, ©. 145.
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et caeterarum oranium Corona et caput est Lubeca.» 9tocf) ftörfer ber»
engert: nur auf SBagrien bejogen mirb bie Sejeidjnung Corona et caput 1609
bei 5)reffer. 17 *) Ältere Spuren ber Sejetc^nung Corona finben ftdf> bereite 1539
bei bem fiübeder ©uperintenbent ^ermann SonnuS, 178 ) ber Sübecf „bie fürnemfte
unb gröftc ©tabt — in SBanbatia" nennt, ein Segriff, ber an bie Corona et caput
Wagriae bei Treffer erinnert. 3""t erften Wak aber finbe id) bieg Attribut
genau ein 3a^unbert borljer, in ber big 1438 reidjenben f elften SRejenfion ber
Cronica novella ^ermann $orner$, in melier Süberf „en crone unbe en fjoöet
aller ©anfeftebe" genannt roirb. 174 )
Äapitel 7.
fiirimiriS, £re*a, Siuartoum.
Sine britte @ruppe öon SBejeidjnungen ift roeber fyftorifcf), nod) erfunbeu:
fie enthält fote^e tarnen, bie bon ftennern be3 Altertums flaffifdjen Tutoren ent-
nommen unb mit Sübecf ibentifijiert roorben finb. ^ßtolemäuS unb bie „tyrifdje
ßljarte" öeranlaffen ben Sübecfer 5trjt SJiicotauS £>einr. Srefyner 1822 ju ber
SBeljauptung: „3)er uralte ©aljfunb neben DlbeSloe mufete bie E^ali ober Sii jjur
©rünbung einer SJitebertafjung an ber Jraöe reijen. 3)a^er ift aud) ber Ortsname
SirimiriS ber ttjrifdjen Sparte beftimmt Slltlüberf jujufdjreiben." 175 ) — „©fcatufuS
Ijiefc auf tt)ri|cf)er Sparte bie Sra&e, unb bie ^paKufier roofynten am Iin!en Ufer
berfelben, in bem ©au öon Stltlübecf." Sßie öre^mer Slttlübecf mit fiirimiriS
ibentifijiert, fo fennt er aud) ben 9iamen Sübecfg roäfjrenb ber römifeffen Äaifer-
jett: „Auf bem regten Jraöeufer mo^nten, auf ber tyrifdjen Sparte, leutonen,
nadj bem fdjnmd) üeränberten 9iamen be3 ^luffeg unb bem ©tabtnamen Üreüa
ber tyrifdjen Sparte auf bem infelreicfyen (!) ^ßtafe be3 jefcigen fittbedfö Ireüer.
173S ) Isagoge historica, Seipjtg 1613. Lib. Vr de praeeipuis Germaniae
urbibus, ©. 396.
178 ) Chronica ber fürnemften ©efdjtdjte unb $änbet ber ffet)f erliefen ©tabt
Sübecf, 33udj 1, Statt a 3.
174 ) ©et ©djtoatm, a. o., ©. 536 ad annum 1104.
175 ) ©ntbeefungen im Altertum, 2. Abteilung, ©. 135, SBetmar 1822. gerner
©. 123. 3Kan öergteicfye aud) Henr. a Seelen, Petri Vincentii de origine,
incrementis et laudibus Lubecae Elegia, Sübedf 1755, ©. X — XIII, 8lnm. c,
in ber fid) ber gelehrte Steftor be$ $atfjarineum3 über bie Warnen SfyatufoS, £reua
unb 2eupf>ana audfä&t, meld) festere mit ber SBafenifc ibentifijiert ttrirb.
8t«t. b. *. f. fi. «. x, i. 5
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2)er fortbauernbe glufmame flammt toon btefen Sreöcrn; her längft vergangene,
bodj gleich richtige, bon bcn angränjenben Sljalufiem". 3)iefe ^Behauptungen ge6en
ein SBeifpiel, bafc im Saljre 1822 immer nod} bie gleite Steigung obwaltet,
^S^antafterien über SübecfS ©efd)icf)te für ein Ergebnis gefd)id)tlicf)er Überlieferung
auSjugeben, mie bei SKarfdjalf im 3faljre 1521.
3)ie 93ef)auptung, ber ältefte SRame für Slltlübecf fei SirimiriS, finbet fidj
meines SBiffenS nur bei Srefymer: um fo älter unb oerbreiteter ift bagegen bie
ebenfo Ijattlofe Slngabe, ber ältefte SWame SübecfS fei Ireöa. 2)iefer SRame taucht
für fiüberf jum erften SRale im %at)xe 1631 auf. @r finbet fid) bei feinem
geringeren, als bei bem, ben 3tonj ö. SBegele als ben SBegrünber ber miffenfe^aft-
liefen Ijiftorifcfyen ©eograpl)ie in 3)eutfd)lanb rül)mt, 176 ) bei pfjilipp Älümer, bem
^rofeffor an ber Uniöerfität ju fieiben: «Est apud eundem Ptolemaeum locus
Treva dictus, quem ego a Travä flumine — Chalusus est Ptoleraaeo —
Domen habnisse puto, esseque dudc urbem Lübeck. Atque huius sane
elarissima totius septentriotris est fama apud inferioris saeculi scriptores». 177 )
®ie ßfjali berfefct ^StolemäuS II; 11, 7 auf bie fimbrijdje ^albinfel; ber öon iljm
II; 11, 2 unb 7 ermähnte ßfyxlufuS mirb bon 5üiüHen^off auf bie £abel bejogen. —
2)afe minbergelefjrte |>iftoriograpl)en, roie £einr. ©eeborf, aus ber ©tabt Ireoa
eine ©tabt Jraöe machen unb fomit Jraöe für ben urfprünglidjen SRamen SübecfS
ausgeben, 178 ) erfcfjeint um fo berjetljlicfyer, als bereits Älüroer felbft unb 28 Safyre
nad) iljm ber nicfyt minber gelehrte £>einrid) Sangert, ber öon 1610 — 1665 lebte,
1643—1664 Äonreftor unb feit 1664 SReftor am Sat^arineum gu fiübeef mar,
biefe Sfteinuug vertreten Ratten. 179 )
28ie bei fiübeef ber Sftame beS borbetfliefcenben f^luffed an bie ©teile beS
angeblichen ©tabtnamenS getreten fein mürbe: Jrabe an bie ©teile t>on Sreoa,
fo ift eS Slltlübecf in SBirflidjfeit ergangen, baS auf feiner nörblic^en Seite üon
ber ©cfjmartau begrenjt mürbe. 93ertiuS 18ü ) erjä^lt 1632, ber befannte Triften-
freunblidje SBenbenfürft ©ottfc^alf fyabe 1040 oppidulum Swartow gegrünbet.
211S aber bie 23emof)ner SiügenS — Rugij — Swartoum immer öon neuem
beunruhigt Ratten unb bie iudustrii cives biefeS DrteS fid) ber SRugicr nidjt
176 ) 21. o., ©. 655, 2lnm. 3.
177 ) Philippi Clüveri Gennaniae antiquae libri tres. Lugduni Batavorum
1631, lib. III, Kapitel 27, @. 605.
178 ) 21. o., 3. 1.
l7u ) Sn feiner $elmolbauSgabe üon 1659 $u lib. I, ftapitel 57, 8. 140.
18 °) P. Bertii commentariorum rerum Germanicarum libri tres. Amstelo-
dami 1632, 3. 593. Sgl. audj unten, 2tnm. 338, S. 132.
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metyr Ratten ermefyren lönnen, Ratten fie auf SBeranlaffung Slbotf^ II. iljren 3Bot)n-
fifc öon ©roartoum, beffen Käme Ijier böHig an bie ©teile bon fiubefe = Ättlübecf
getreten ift, in baS ©etänbe beS jefcigen fiübecfS öerlegt. ©omit finb bte Kamen
fiirimiriS unb ©roartoum auSfdjliefclidj für Slltlfibetf, ade anbeten Kamen in
roirrem 2)urd)einanber forooljl für SHttübecf roie für fiübetf angeroanbt roorben.
Äajritel 8.
Üobienm, fiobef, Angelas laadis.
SBie ftd} auf ben Kamen für bte SBafenifeftabt, auf 33ucu, bie Kamen
Bucghevitze, Buthe, Butribucus, Baccena unb Lucconia jurfidfüljren laffen,
)o bie Segeicfynungen Angelus landis, fiobef unb Sobicum auf ben Kamen für
bie ©cftroartauftabt, auf ihtbefe. ©ner merfroürbigen Söcticbt^ctt bom 15. bis
ins 19. 3al)rbunbert erfreut fid) ber Käme Sobef.
2Jian fottte eS faum für mögtief) galten, bafc ber Urheber ber Spielerei,
fiübetf als Sub — ecf = Sob — e! ju beuten, eine ber größten 3nteHigenjen
beS auSgefyenben Mittelalters, ber SSater beS Humanismus in 2>eutfd)lanb ift:
Snea ©glbio. greilief), für bie ©ntroicflung ber lübifdjen $iftoriograpf)ie tyat fid)
ber Humanismus meljr als ein ^emmfdjulj beim als ein ©egen erliefen: fie ftanb
unter §elmotb ljöl)er als nad) bem Mittelalter bis ins 19. 3af)rf)unbert; Sllbert
Äranj, Keintar Slod unb %atob b. Melle ausgenommen. 3ln ©teile ber |>elmolbfd)en
©djlidjtfjeit ift baS Übertabene, an ©teile feiner 93efd)eibenl)eit — (Sitelfeit unb
pretentieufeS ©cbaljren, an ©teile feiner gielberoufcten Äritif — fritittofe £eid)tgläubig»
feit unb Cberflädjlidjleit, an ©teile feiner 3 uöer Iäffig!eit — Keigung jur Senbeitj,
eine förmliche Sudjt für Sbentifijierungen unb SBejieljungen jum 9lltertum foroie
für gelehrt flingenbe glunfereien, an ©teile feiner ©laubroürbigfett — ein £ang
ju (Srbidjtungen unb teid)tfinnigen Äombinationen fomie eine jfrupeltofe Sluffafjung
in bejug auf ©enauigfeit, Sidjertjeit unb Übereiuftimmung ber Kadjridjten getreten.
StllerbingS laffen fid), fogut mie bie namhaft gemalten erfreulichen StuSnafjmen
für bie neue Qtit, anbererfeitS für baS Mittelalter lübijdje ©eJd)id)tSquellen
anführen, bie eS an Unjuüerläffigfeit, miberfpred)enben Slngaben unb Mangel an
SBafjrljeitSliebe mit ben Marfdjalf unb ©enoffen faft aufnehmen: xij brause nur
^ermann fiorner ju ermähnen, ber übrigens für bie Don if)tn erlebte 3eit eine gute
Ouelle ift. Slber im allgemeinen finb bie mittelalterlichen Kad)rid)ten über Kamen,
Urfprung, Älter SübedS unb infonberljeit über Slltlübed, roie fid) aus ber bisherigen
Darlegung ergeben Ijaben roirb, mertöoKer unb jutreffenber als bie ber neuen 3 e ^
bis tief Ijinein ins 19. 3aljrf)unbert. ®ie lübifdje ©efd)id)tfd)reibung, bie unter
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§elmolb, Slrnolb, SRobe unb 2)etmar in ber borberften Steilje 9iorbbeutfdjlanb3
geftanben Ijatte, mar eben fett ber #errfdjaft be3 §umani3mu3 bebenflidj in3
Hintertreffen geraten. * 8 *)
3n feiner 1518 erfdjienenen Säuberung 3)eutfdjlanb8 füljrt Srenicu^ ben
Flamen 2obef auf Snea ©tjlüio jurütf, ber toon 1405 bis 1464 tcbte unb 1458 ate
*ßiu$ IL auf ben ©tuljl ^ßetri gelangte, fomie auf Äonrab SeltiS, melier ein IjalbeS
Saljrljunbert fpäter, 1459 — 1508, lebte unb toon to. SBegele als ber genialfte aller
beutfdjen #umaniften 182 ) f)ingeftellt wirb, fid} übrigens 1491 in fiübecf auffielt.
3renicu3 188 ) fjat bie ©eiooljnljett, Ijaufig am (Snbe eines ©afeeS eine Quelle für
benfelben im lejte anjufü^ren. ©o entnimmt er audj im 12. Shidje feiner
Germaniae exegeseos volumina duodecim folgenbe SSerfe bem Äonrab Seltte:
Inde urbs clara nitet de lumine nomine dicta
Et Lobicum Codani fama decusque sui.
Angulus haec landis dicta est urbs nomine prisco,
Angulum in hunc fertur fluvius Dravenna per aequor,
in benen aU eine Spielart für ben ÜWamen Sobef bie 5^tm fiobicum auftaucht.
SSoran ge^t biefem ßitat ein jmeiteS Qitat au£ Seltte unb au« Gnea ©ijltoio:
«Lubecum dictum, quasi angulus landis, Lobek, Celte et Aenea
testibusV 84 ) — ©eeborf fteDt über ben Kamen 2obef folgenbe Betrachtungen 186 )
an: „Db fie aber ÜofcStf, ba3 ift ein Ort be3 2obe3, öon ber Sieligion,
bie alle Qeit rein barin erhalten, ober audj 2übe<f, fo eine Ärone in Sßenbifcfyer
Spraye fyeifcet, toon iljren primat unb SBorjudj, ben fie für anbern Sßenbifdjen
<&täbten gehabt, genennet morben, ftelle id) be$ fieferS Subicio anljeim."
18 1 ) Sgl. audj ü. SBegcle, a. o., ©. 424: „Hamburg gegenüber tritt in biefer
Gpocfje Sübecf, ba£ üorbem in ©adjen ber ©efcf)icf)t3fcf)rcibung fo roeit toorauä toar,
$urücf. ÜRennenStoertea ift faum an^ufü^ren."
182 ) 81. o., ©. 36—43 unb 100—105, ferner allgemeine beutfdje SBiograpljie
93b. IV, ©. 82—88, 1876.
188 ) 3n ber toortrefflidjen fiübeder ©tabtbibliottjef, beren 9teicf)f)altigfeit immer
toon neuem überrafdjt, finbet ftd) fomoffl bie Originalausgabe be$ Srenicuä öon
1518, als bie fpätere toon 1567 unb toon 1728, bie übrigen« alle brei bie gleite
fieSart cBaccenat (©. CC XVI, ©. 400 unb ©. 397) enthalten. 3)ie f)ier aitierte
©teile ftetjt gleichfalls auf ber angeführten Seite. 83gL oben, 9fom. 158 auf ©. 60.
184 ) 3)ic erft 1496 erfdjienene Descriptio de ritu, situ, moribus et conditione
Germaniae, in ber idj bie angeführte ©teile beS Snea ©tjtüio toermute, mar mir
fo toenig tüte eine anbere Sdjrtft biefeS $umaniften augänglidj unb toon ben ©d)rtften
be$ SeltiS nur ber libellus de origine, situ, moribus et institutis Nürnberg«
öon 1492, in bem idj aber nichts über Sübecl ljabe finben fönnen.
186 ) «. o., © 1.
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813 SrgebniS biefer Darlegungen läjjt fid) etroa folgenbeS jufammenf äffen.
$ie tarnen für SUtlübecf unb Sübecf jerf allen in brei ©nippen:
1. in fotd)e, meldte ©rbtdjtungen il)r 2)afein berbanfen, roie fie im 3 e i ta ^ er
be£ Humanismus nidjt feiten roaren. ©te gelten 3 um gröfeten Xeile auf
ben Stofiocfer *ßrofeffor 3Karftf)alf, ben 3^tgenoffen toon Gilbert Stranj jurücf,
foroie auf Äabtubef unb fiorner. |)ierf)er gehören bie Sejeic^nungen: SufiuS,
Colonia Magna ober ©rofcburg, ©rofeen Soßen, grau SßeneriS 93erg unb
Sron be3 Jeutfcfjen Keid)e3;
2. in fotdje, meiere ber Sudjt nadj Sbentifiäierung SübecfS mit Kameu be3
flaffifdjen 2Htertum3 if)re Sntftefjung toerbanfen. |>ierljer gehören SirimiriS
unb Jreüa ober Iratoe. 3Me 3M8 e ber SSerrocdjfehing eines gtufcnamenS
mit einem Stabtnamen liegt audj öor in bem Kamen ©roartoum für
«Ulübecf;
3. in foldje, meiere cdjt finb ober ber 3lnäl)nlid)ung an erfjte Kamen ifjr X)afein
oerbanfen. Hierher gehören einerfeits Söucu unb bie flaüifdjen Raffungen
biefeS KamenS bis ju bem am meifteu frembartig flingenben 93ucgl)el)itje
foroie Sutfje unb SutribucuS, Saccena unb magna Colonia Lucanioruin,
anbererfeitS Seubice ober Subefe foroie Sobef, Angulus laudis, Lobicura.
35a3 Hauptergebnis aber biefer Untersuchungen ift ber KacfyroeiS:
1. baß bei einer Unftimmigfeit ätoifc^ett |>elmo(b unb anberen Duellen $elmo(b
3ugrunbejutegen ift;
2. bafe Subefe unb Sucu Kamen für jroei Orte geroefen finb, bie urjprünglid)
nidjtS miteinanber ju tun fyaben;
3. bafj Subefe unb SBucu in öerfd)icbenen Sänbern gelegen fyaben, bie burd) ben
©renjflujs Jra&e getrennt waren: Sucu am rechten Ufer ber Jraüe, jroijrfjen
Iratoe unb SBafenifc, im Sanbe ber *ßo(aben; Subefe h k Stunben nörblicfyer,
am (infen Ufer ber Xrabe, groifdjen Jratoe unb ©rfjroartau, im Sanbe ber
SBagrier;
4. ba& nadj ber ^erftörung SubefeS 1138 ber Käme Subefe 1143 auf baS
gleichfalls oerfatlene Sucu übertragen nmrbe;
5. bafc nunmehr für baS eigentliche, urfprünglidje Subefe allmäf)licf) ber Käme
vetua Lubika ober Olben-Subefe auffommt.
9fti<fftänbig bleibt ber KadjroeiS für bie Sage toon Subele ober vetus
Lubika: über bie Sage öon 93ucu fann fein ^roeifet beftefyen.
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«bfönttt IL
|>ic ^age von JtftCu6ei6.
Äopitel 1.
Sie geogrttyljifdje Sage »tttfibetfä.
2)ort, n?o bie ©djmartau in bie Xraöe münbet, in ber fiuftlinie fünf, auf bem
Sanbmege gute neun Kilometer 186 ) norbnorböftlidj öom £fibe<fer SRatljaufe entfernt,
liegt ber SurgroaH 3lltlübecf auf einer $albinfel ätoifdjen Jraöe unb ©djtoartau,
bte fid) öon Sttorbnorbioeft nadj ©übfüboft erftre<ft, immer fdjmaler mirb, ftc6
fdjlie&lidj genau nadj Dften loenbet unb ftdj auf biefer lefeten, 1250 9Keter langen
©tre<fe genau öon SBeften nad) Dften mie ein ©djtangenfopf jufpifet. 187 ) Stuf
biefer fdjlangenfopfarttgen ©Jri£e ber §afbinfel liegt ber SurgroaH, gegenüber einem
britten SBafferfaufe, ber SRebebef, bte ba3 maffer- unb grabenreidje niebrtge Sßiefen«,
93ufd^- unb äRoorgelänbe 188 ) jmifdjen Sübe<f, SBeSloe unb SfraelSborf enttoäffert
unb faft gegenüber ber ©djmartau in bie Xraöe öon ©üben Ijer münbet, mäljrenb
bte ©djmartau öon Sorben Ijer einfließt, ©o liegt biefe ^albjungenfjrifee am
Sufammenfluffe öon brei SBaff erlaufen: im Sftorboften öon ber ©djroartau, im
Dften, ©üben unb ©übmeften öon ber Ijier redjtnrinflig umbiegenben £raöe
umgeben, fo bafc ein 3ugang nur öon 9lorbtoeften Ijer möglich ift.
Sflan fann fiel) !aum etioaS 3tbgefcf>iebenere$ benfen, att bie einfame SBiefen«
lanbfdjaft um biefen 93urgroaH, ber feit 26 Sauren überhaupt ni^t meljr jugänglidj
186 ) So toett auf bem mett auSbiegenbem Sanbtoege, auf bem allein man ju
gufc öon Sübccf nadj Slltlübecf gelangen fann, einem SBege, ber burdj folgenbe
©trafeenjüge beaetcfjnet mirb: SBreitenftrage, ffofftmarft, |>otftenftraf}e, Stnbenplafc,
gaefenburger unb ©dfjtoartauer StHcc, ©cfjtoartauer Sanbftrafce, @ttjabett)ftra&e in
©dfjtoartau, gelbtoeg an ber $raöemünber SBafjn entlang, Überschreitung ber 93aljn,
SBtefenpfab.
187 ) Sicfe fcfjtangenlopf artige gtgur tft auf ber betgegebenen ff arte, bte im
übrigen öorjügttdfj gejetcfjnet tft, nidfjt genügenb fcfjarf jur ©rfdjetnung gelangt, fieljt
ötelme^r mie berffopf etneä Watt aus. Stuf bem aRefctifdjblatt ©djmartau (9lr. 661)
bagegen fommt biefcö fdfjlangenfopfartige Slufcfetjen beutlicf) jum SluSbrucf.
188 ) 3- ®- ba3 SBeStoer, SBiefen« ober ffutjbroof-SRoor, ben ehemaligen
Stittbrool, 3fettf)örn, ben ©djeHbrud), bie Xilgenfrugttriefen: man öergletdje bie
Sanbfarte!
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71
ift, ba ber ehemalige ctnjtgc 3 u 9 a "9 !89 ) & ur, $ M* * m Sorben ber #albinfef
fett 1882 entlang jieljenbe 2übe<f • Xrabemfinber Sifenbaljn abgefdEjnitten roorben
ift. Auf ber ganzen $afbinfel fteljt leine #ütte, !ein ©djuppen, nic^t einmal ein
SBaumober ©traudj; fein ©etreibe-, Jtlee- ober Sartoffetfelb, fo bafc baS abgelegene,
niebrige ©raSgelänbe, faft allfeitig toon SBafferflädjen umgeben, ein menig an bie
galligen ber ÜWorbfee erinnert: bie ©teile ber SBerfi ober SBarf, auf ber bie
£atligljäufer eng aneinanber gefdjart ftefyen, toertritt ber einfame SBurgmaD; f)ier
wie bort nrirb baS prächtige, t>om tiefblauen SBaffer umfäumte ©rün nur öon
SRinbern unb ©djafen belebt. Aber mäljrenb bie gallig öoWommen fyorijontal
tote eine Xifd)platte erfdfjeint, erblich ber SBanberer auf unferer #atbinfel
eine leife Sobenanfcfyroellung, bie, bem Auge faum maljrneljmbar, am redjten
Jraöeufer Ijinftreidjenb, geograpljifdj toon SBebeutung ift. ©ie ift eS, bie im weiten
Umfreife biefeS ehemaligen SBaffer-, ©um^f* unb ©djroemmlanbeS bie ältefte 2anb-
bilbung bejeid&net, bie fcfyon toorljanben mar, als öon ben Atluöionen, mit benen
Ijeute bie Jratoe« unb ©rfjmartaunieberung ausgefüllt ift, noefi ntcf)tö ejiftierte,
fonbem bie ganje ©egenb fidj bem Auge als ein unregelmäßiges feeartigeS ©ebilbe
barbot, baS etma mit bem auf ber Äarte grün gefärbten ©elänbe jufammenftel.
©ie trennte fcfyarf als eine ganj fdjmale, ganj niebrige fianbjunge bie beiben mett-
auSgebeljnten Sfiieberungen ber Jraöe unb ©cfyroartau bis ju beten 3ufammenfluj$
unb jmang bie ©djmartau, 350 2Reter toor ifjrer ÜKünbung, redjtminflig naiij
©üboften umjubiegen. ©eotogifdfj älter als iljre ganje Umgebung bot fie ben
SBerooljnem Altlübe<fS einen feften 8ugang bom Sanbe, innerhalb beS ShtrgmallS
feften ©augrunb für iljre ©ieblungen unb iljren Stingmall foroie am ©eftabe einen
feften Anfergrunb für iljre ©djiffe. ©o mar bie füböfttidEje ©pifee ber #atbinfel
für flatotfd)e ©ieblungen gerabeju ibeal gelegen: fomoljl für bie etenben Sßfafyt-
bauljütten eines roenbifd&en OfifdjerborfeS als audj für bie politiffybebeuiungStoolle
Anlage einer menbifdjen, ftar! burdj §oljbauten befeftigten civitas.
3)enn im ©egenfafc ju ben ©eutfdjen legten bie Abotriten ifyre ©ieblungen
unb namentlich iljre ©erbauten in ober am SBaffer an, menn möglich auf Qnfeln
ober auf fdjmalsugefpifcten 2anb3ungen, bie man burdj ©räben leidet ju Snfetn
,89 ) 2)urdfj bie Arbeiter ber Ausgrabungen toon 1906 unb biejenigen, toeld&e
biefe Ausgrabungen beftcfjtigt l)aben, ift in neuefter 3^it ber (Anm. 186) ermähnte
fBtefenpfab ausgetreten morben. 5)a bie unten erwähnte fdjmale 93 obenan Jdfjmellung
nur jtoei bis toier SDteter Ijodfj ift, fommt fie auf ber Äarte nidfjt jum AuSbrucf, in
ber aDeS Sanb grün gefärbt erfd^etnt, baS niebriger als fünf SKeter ift/ motjl aber
auf ber geotogifdjen Karte, bie ber Arbeit toon $rofeffor griebric^ betgefügt morben
ift. SBefonberS anfc^aultc^ erfd^eint baS Silutrium ber SRingburg auf bem Duerprofit.
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madjen fonnte: am tiebften redjt tief; mitten im SBaffer, SBiefe, 2)ioor unb ©umpf.
35a fonnte man ifynen nur bei fdjarfem $ ro ft beifommeu ober auf glotten, bie,
menigftenS im 93innenlanbe, faum ju befdjaffen maren. 3n ber Xat finb bie
häufigen Singriffe auf Slltlübecf unb bie Selagerungeu SlltlübecfS — fie finb, jafjl*
reifer als man annimmt, öon ben meerbef)errfcf)enben SRanen unb mm ben S)änen
fcerfudjt morben, mit unb oljne Srfotg — niemals ju Sanbe erfolgt, fonbern
auSfdjliefclid) buref) feinblidje Dftfeegefdfmaber.
Kapitel 2.
$ie «nftdjtcn über bie Sage »MübetfS.
a. S)ie ©cfyriftenliteratur.
$a meber 8lbam öon SBrcmen norf) §elmolb eS für geboten erachten, bie
geograpljifcfye Sage bon Subefe anjugeben, fo l)at fid} über bie geograpl)ifcf)e Sage
2lltlübe<f3 fd)on in ber SteformationSjeit ein ©treit erhoben, ber fyeute nodj nidjt
entfrf)ieben ift. (Sin ntc^t geringer Seil, nid)t blofc ber älteren, fonbern auef) ber
neueren, felbft ber neueften ©efd)idjtfcf)reiber, unterfdjeibet überhaupt nidjt jtmfdjen
Subefe unb SBucu, jttrifdjen Slttlübecf unb Sübetf; er meifc nicfjt einmal, mie aus
bem ganjen Senor feiner SluSfüljrungen Ijerüorgeljt, bafc eS mehrere Sübe<f gegeben
Ijat, fonbern nimmt eS afö felbftberftänbtid) an, bafc Sübecf niemals an anberer
©teile als an ber heutigen ejiftiert Ijat. 2Senn ein berartigeS SKifcgefcfjicf 1420
bem 1350 ju ®inbe<f geborenen 2)ietrid) (Sngelljufen paffiert, beffen Chronica
nova einer ber legten SluSläufer ber im SDJittetalter beliebten Sßeltdjronifen ift,
inbem er Slttlübecf als «civitas Imperialis» bejeidjnet, in ber fidj Saifer ^einridb V.
gerabe bamalS aufgehalten fyabe, als bie Stauen bie ©tabt jur «Seit beS Sßenben-
fönigS §einridj belagert Ratten, mit bem (Sngelljufen Saifer £einridj offenbar
bermecfifelt, 190 ) fo ftnbet fid) ber gleite Srrtum nid)t nur 1485 in bem
Chronicon Sclavicum parochi Suselensis, 1490 bei |)artmann ©cfyebel,
1511 bei Stapljael SSolaterranuS, 1518 bei SrenicuS unb üielen anberen, fonbern
autf) norf) 1900 bei ©eorg Sßegener unb 1903 bei einem ©elefyrten bon ber
S3ebeutung $aucf£. 35enn SBegener frfjreibt: 191 ) „Slbolf IL grünbet fte, narfjbem
eine Ijier frfjou früher befteljenbe Stabt fiiubice öon ben SBenbcu jerftört toar,
19 °) Chronicon M. Theodorici Engelhusii ab urbe condita usque ad a.
1420 edidit Joach. Joh. Maderus, #elmftäbt 1671, ©. 215.
191
) fceutfdje Oftfeefüfte, Stelefelb unb Setyjig 1900, ©. 86.
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im Saljre 1143", unb einliefe füljrt |>au<f 19 *) au3: „(Sbenfo fcidjtig mar bie
»teberfjerftettmtg SfibctfÄ aW rittet betttf^ett Stobt im Saljre 1143. s JJun
fonnte oljne ©efaljr biefer alte ijriftlidje SBorpoften afä SluSgangSpunft für bie
§eibenprebigt neu befefet werben." Slucfy au$ einer jmeiten ©teile ergibt fidj,
roenn man biefetbe mit ber eben angeführten jufammenljält, bafc Sttbert $aucf
2lttlübe<f unb fiübeef für ein unb biefelbe ©tabt Ijält: „3n 2übe<f, mo er (seil,
^einrirf), ©ottjdjatfS ©ofjn) 5umeift feinen ©ifc f)atte, gab e3 ein djriftlirfjeS
ftirtf)Iein." §au<f a^nt niefct, bafc er bie gunbamente biefer Sirdje nod) f)eute
erblirfen fann!
$)ie jafjlreicfyen Slutoren, bie öon 1420 big 1903, bon Sngelljufen bis |>aucf,
nur ein Sübe<f lernten, feien Ijier übergangen, ^ingemiefen fei nur auf bie jeltjame
Art, wie man fid) früher jumeiten ju Reifen fudjte, inbem man, bie ©djroartau
öermedjfelnb mit ber Sßafenifc, btö heutige fiübeef, baä allein man !annte, an ben
3ufammehflu| ber ©cfyroartau unb Irabe verlegte, manchmal fogar ©djroartau
unb SBafenifc ibentifijierenb. ©o fcfjreibt 1609 3Kattljäu3 2)refferu3 in feiner
1613 Veröffentlichten Isagoge historica: «Lubeca, Saxoniae urbs, Corona et
caput Wagriae, in littore Balthico, vetusta Slavorum sivi Henetorura
sedes ad Suarde et Drave confluentem» 198 ), unb biefe Angaben 35reffer3
mieberf}olt 1633 mörtlitf) 3of). SimnäuS, 194 ) inbem er burdj ben 3ufafe: « s * c clieta
quasi laudis angulus, lobecf, e(f befc lobs» ben legten gtoetfel nimmt, ba{$
et Ältlübecf unb Sübecf fojufagen in einen $oj>f nrirft. £>ie größte Sonfufion
aber richtet 93ern!jarb 1728 in ber fcfyon nueberfyott angeführten StuSgabe be$
SrenicuS an, inbem er bie relatiö richtige Slngabe be£ 3renicu3: c Bractusa (buref)
bie SBafenifc) et Travo fluminibus irriguat in feinen Slnmerfungen folgenber-
mafcen toerbeffert, bie ©rfiiuartau — Suarda — unb SBafenifc — Bractusa 195 ) —
ibentipjierenb: «sita est ad Suardae et Dravennae confluentes, hinc amne,
inde lacu Wagnissa, qui et Bractusa dicitur, irrigua».
Stobei fteDt bereits 1504 ein Sltbert Sranj bie nad) iljm 1104 öon Srito
gegrünbete Lubica nova ber Lubica vetus in loco Zuartow gegenüber 196 ) unb,
19t ) «. o. IV, ©. 603 unb ©. 596.
l98 ) 3m 5., «de praeeipuis Germaniae urbibus» überfdjriebenen ©udje.
194 ) Ius publicum imperii Romano-Germanici; Argentorati, 1633. Liber
"VII: «de civitatibus imperialibus. » Caput 30, @. 346.
195 ) 93gl. oben, ©. 57. ©emtjarb entnimmt biefen 3ufafc bem metjrfad)
girierten SBerf öon SBertiuS.
196 ) Ecciesiastica historia seu metropolis usque ad annum 1504; lib. VI,
&ap. 4, @. 166.
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iljm in langer Steige fotgenb, unterfdjeiben 1547 S3u3mann, 1579 $am3fort, 1607
©antmann, 1629 t>. Sßerbenljagen, 1643 SHarbuS, 1652 ©andmertl), 1677 ©eeborf,
1677 b. äRelle, 1740 to. ©eeten, 1748 SBiflebranbt, 1753 #erm. 3)ietr. Sfrol)n,
1753 §erm. Slbolf Sroijn, 1852 Älug, 1878 ©artori halb vetus Lubica unb
Neolubeca, halb „$ttten»£übecf" unb ÜWeuttibecf, balb bic ©martot>ifd)e ober
©martoManifrfje unb bic S3ucotoianifd)e Subeca.
Slnbere unterfijeiben jmar Sltttübecf unb Sübecf als jtüci ©täbte, bie ju
berfcfyiebenen 3 c ^ en u ^b an üerfrfjiebener ©teile ejiftiert Ijaben b%to. ejiftieren,
inbeffen oljne fid) um bie Sage Stltlübecfe ju fümmern, fo 1876 ©eorg SBaifc in
ber jmeiten Auflage ber 2lbam*@d)utau3gabe 197 ) unb neuerbingS ®arl Sampredjt
in feiner beutfdjen ©eftf>id)te.
Sine britte ©nippe geljt jmar auf bie Sage SHttübecfS ein, aber fo
flüchtig, baf$ fie fid) mit ber Slngabe „an ber ©cfymartau" begnögt. 9Jiit
einer fo oberflächlichen Orientierung ift aber nichts entfdjieben, ba nicf)t meniger
a(3 fünf ©teilen an ber ©djmartau für Slttlübecf in Stnfprudj genommen morben
ftnb. 198 )
197 ) Dbmot)l Sltttübecf bei 2lbam unb in ben ©djotien ju SIbam breimal
ermähnt ttrirb unb SBaife fonft berartige Drtöbejeidjnungen auf bie ©egenmart jurücf»
füljrt, 3. 93. beim limes Saxonicus, ©. 51, begnügt er fidj bejügticf) 2ltttübecf3, auf
bie Urfunbe SonrabS III. bom 5. Januar 1139 ^injumeifen (Stumpf 3384), aber
ofjne irgenb etroa§ über bie Sage 2lltlübecf£ bertauten &u taffen. gaft fdfjeint e3,
al£ ob SBaifc abficfjttid) bcrmieben §at, bamate, alfo 1876, feiner äReinung über
bie Sage bon SUttübecf SluSbrucf $u beriefen, obmofyl er in jüngeren Satjren,
1851, feine SInficfjt entfdjiebcn baffin geäußert tjatte, bafj 2Ilttübecf „am ,3ufammen«
fluft ber Sdjmartau unb Srabe" gelegen tjabe. (Stf)IeSttHg*4>olftein3 ©efdjidjte in
brci Südjern. ©öttingen 1851, 1, ©. 47.) «ielleid&t ift SBaifc burd) bie 1864
bon Sa3pet)re3 (bgt. ©. 16, 9Inm. 35) unb 1876 bon ©girren auSgefprodjenen
Söebenfen beeinflußt morben, menigftenS fo meit, bafc er e§ nid&t tuagte, feine
früher auSgefprod^ene äReinung ju ttriebertjoten, offne ben ganjen umfangreichen
Stoff grünblicf) geprüft ju fjaben. Qznn bie 93eben!en öon SaSpetjrcS mochten
if>m um fo fcfjtuerttriegenber erfdjetnen, aU SaSpetyreS in Sübecf lebte unb in-
äfoifdjen bie gunbamente ber 9lltlübccfer Strebe im Surgmaü an% XageStidjt
gefommen maren. SBenn trofcbem in Sübecf felbft Siebenten gegen bie Sage 2Ht-
lübedte an ber Statte be3 SBurgtoaltö erhoben mürben, fo fonnte e3 einem bor*
fidjtigen gorfdjer rätlidj erfcfjeinen, ju fc^meigen, bi« er Qtxt jur fixeren Drien-
tierung gefunben tyaben mürbe.
198 ) Irofcbem begnügen fic^ mit biefer Angabe 1547 Su^mann, 1549 §an^
Segfman ober Secfemann, üor 1552 ^eterfen, 1597 ©raf Stan^au, 1607 Santmann,
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(Sine feierte ©nippe enbtid) begnügt fidj mit her Angabe „an ber Jrabe"
ober „trabenaufmärtS" gelegen, obmoljt audj an ber Xrabe irier ©teilen QÖ
©tanbort StlttäbecfS bejeicfynet morben finb.
S)er erfte Slutor, ber SUtlübecf bei ber Sinmünbung ber ©djroartau in bie
Straöe fud)t, ift 1780 ber SWecflenburger SRubloff. SBenn SRubtoff ftd) auc$ nidjt
über bie Sage SUttübecfS äufcert, fo geljt borf) aus feinen Darlegungen Ijeröor, bajjj
er fid) ben Drt an ber ©pifce unferer ^atbinfet gelegen benft. SRubtoff jagt, 199 )
bie Stanen liefen „iljre ©djiffe auf ber $rabe üor Sübecf feljen". 2)a er gelegentlich
ber ©rünbung Sübecfö burdj Slbotf IL, ben Xatfacfyen entfprecfjenb, berietet, e3
nmrbe bamafä „Sübecf an einer neuen ©teile roieber erbaut", er atfo Stlttübecf
unb Sübecf, menn aud) nicf)t bem tarnen, fo boct) ber ©acfye nad) richtig unter«
fd^eibet unb beibe Orte richtig an bie Xrabe öertegt, an ber Iratoe aber für 2ttt*
lübeef ernftlid) nur jmei ©teilen in 93etrad)t fommen: bie be3 heutigen Sübecf unb
bie an ber ©pifec biefeS 9lbfd)nitte3 gefdjüberte, fo fann fid) SRubtoff Slltlübei
nur an ber ©djmartaumünbung gebaut Ijaben.
2lud) ber erfte Slutor, ber Sltttübccf auSbrüdlid) bei ber (Sinmünbung
ber ©djmartau in bie Xraöe fudjt, ift ein 3Ketflenburger: to. Süfcom- 00 ) fpridjt
e3 1827 unjmeibeutig aus, bafc Sübecf juerft „nidjt an ber heutigen ©teile,
fonbem ettoa eine ©tunbe nörblidjer, am ©influfc ber Sroartau in bie Irabe
gelegen mar".
b. 3>ie Sartenliteratur.
©(einseitig t>erfd)affte fid) aud) in Sübecf biefetbe SrfenntniS ©ettung, ju»
näc^ft aber nur auf Sanbfarten.
1643 »tarbuS, 1677 ©eeborf, 1691 3ob. 3ftoHer, 1740 t>. ©ceten, 1753 "bie
beiben »ruber Ärofjn, 1789 ©ebljarbi, 1819 ©rautoff, 1822 Sinter, 1840
Stahmann, 1844 3)eede, 1854 Sartfyolb. 3)iefe lange SRei^c üon 3^«gcn ift
infofem nidjt unmidjtig, aU burdj fie $mar nidjt bie Sage 8Uttübecf3 an ber
©teile beS 93urgmaH3 erhärtet ttrirb, iljre Drtebeaeidjmmg „9ln ber ©djtoartau
gelegen" aber ber Verlegung SltttübeäS an bie ©teile beS SSurgtoalte menigftenS
nidjt ttriberfpridjt.
199 ) $ragmatifd)e3 #anbbudj ber medlenburgifdjen ©efdjidjte, 93b. I, ©. 89,
105 u. 106.
* 00 ) Serfud) einer Pragmatiken ©efdjidjte üon 9RecfIenburg, SBerün 1827,
»b. I, ©. 104.
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3unäcf)ft finb l)ier fünf ältere Aorten 201 ) ju nennen, auf benen ber 33urgtoall
Slltlfibecf gejetc^net erfdjetnt, aber oljne irgenbeine 9?amen3beäeidjnung. — Qu
ben älteften aller mir befannt geworbenen, ba§ ©elänbe an ber ©cfjtoartau-
münbung barfteHenben fianbfarten gehört bie f)iftorifd) unb futturljiftoriftf) tnter-
effante Karte öon ©imon ©djneibcr aus bem 3af)re 1669, ein Kleinob be£
KatafteramteS, eine Karte öon }o großem SDlaßftabe, baß bie einzelnen Käufer in
ben Dörfern auf§ forgfattigfte gejeidjnet finb. Sluf iljr ift ber S3urgtoaH afe ein
großem Dual gejeic^net unb tuetft bie 93ejeid)nung „SBorrfjtoal" auf. gaft ebenfo
alt bürfte eine unbatierte, in ©djrift unb $axbt blaffe Karte be3 ©taat§arcf>iö3
fein in bem unfcl)ä£baren ©ammelfolianten öon 3ol). Sarol. $enric. Sretjer, ber
bie 2luffd)rift «Musaeum Lubecense» trögt. 202 ) Sie reicht Don „tröm&nöl",
20 1 ) Um in Srfatjrung ju bringen, toa3 in ßübeef an alten Karten über ba£
fragliche ©ebiet üortjanben ift, mußte icf) weitläufige Unterfucfjungen aufteilen, ba id)
nirgend üon einem SSerjetdjniS aller in Sübecf öorfyanbenen, alten Sübecfer Sanb*
farten etniaä ju erfunben öermodjte, ein foldfjeä SSer^eic^ni^ toofjl and) nirgenbs
befielt. 3$ Ijabe an fünf ©teilen: im 93auamte, in ber 93ibliotl)ef be£ 2RuJeum£
Sübetfifcfjer Kunft» unb Kulturgefdjidjte, im ©taatSarcfjiö, im Katafteramte unb in
ber ©tabtbibliot^ef ältere fiübeefer Karten burd)fef)cn bürfen, tote id? ju Shifc unb
grommen berer ertoä^ne, meiere ältere (übiföe Karten ftubieren tootten, folcfje aber
nur ba fudjen, too man fie junädjft unb naturgemäß fudjen toürbe: in ber Sübecfer
©tabtbibliotljef als bem gegebenen 3 e "tralpunft für alle Scfjäfce an Suchern, Karten
unb 21nfid£jten im lübifcfjen ©taate unb im Katafteramte, ba3 in Süberf gleichzeitig
getoiffermaßen bie ©teile einer SJSlanfammer vertritt.
20 *) 3n feinem trefflichen 8luffafc: „©efdjtdjtlidjer Überblicf über gorf jungen
jur öorgefdjidjtlicfjen 91ltertum$funbe in ßübeef" gebenft Ifjeobor £adj (fteftförift
^ur 28. SSerfammlung ber beutfdjen antfjropologifdjen ©efellfcfjaft, Sübecf, Sluguft 1897,
©. 21) einer toertoollen „©ammlung üon Karten, SRiffen, Kupferfticfjen unb 9lb»
bilbungen jur ©rläuterung ber lübecfifcfjen Sonographie, Altertümer unb ©cfcfjidjte"
be$ Kieler *ßrofeffor3 S<4 Karl #einrid) Sreger, ber „üon 1753 biä 1802 als
©tynbicuS in Sübecf" toirfte, betitelt: «Musaeum Lubecense» unb fügt ^inju:
„$er SSerbleib biefer ©ammlung — ift jefct letber nidjt mefjr nad^utoeifen". £adj
fjätte fid) au£ ber 3eitfdjrift beä 93erein3 für 2übecfijd)e ©efdjidjte unb Slltertumö*
funbe über ben SSerbleib biefer ©ammlung unterrichten fönnen, bie gegenwärtig im
©taateardjtö liegt, obtooljl man fie narf) ber angeführten ßeitfdjrtft nicfjt bort,
fonbern in ber ©tabtbibliot^ef fucfjen müßte. 9iatf) S)b. I, ©. 407 befaß ber
SSerein nod) im Safjre 1860 bie Kolleftion. SRac^ 93b. II, ©. 558 ift bann „bie
eigentliche EoHection mit Dre^er^ 93üd^ern auf bie ©tabtbibliotljef gefommen, unferer
©ammlung eine Kopie berfelben einverleibt" toorben. 9laä) 93b. VII, ©. 502 ift biefe
„toertüoße ©ammlung Don Karten unb Slbbtlbungen, fiübec! betreffenb, bem 9Serein im
Sa^re 1839 übertoiefen morben. 2)iefc Sammlung, Musaeum Lubecense genannt,
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bem heutigen JremS bei 93orroerf, bem „SßremeScenmole" bcr lübifdjen Urfunben, bis ju
bcn „giföerbuben", bem heutigen ©otljmunb unb bringt ben Stltlübccfer SBall tute
eine |>ügel» unb Sünentaubfcfyaft unter ber Sejeidfjnung „93urgroall" jur 5)ar-
ftetfung. als britteS Statt ift eine flüchtige £uftf)jeidjnung öon 1703 3U nennen,
©ie liegt als lofeS Statt im Musaeum Lubecense unb tragt auf iljrer SRücffcitc
ben SJermerf: „gehört ad vol. IV act. Epsc. Lubec. fasc. 1. Qu ben «Notariat
Instrument 28 x b 1703«. 2luf if)r ift ber SurgroaH felbft nidjt gejeidjnet, aber
an ber ©teile beSfelben fteljt baS 2Bort: „SBurgtoall". SS folgt ein gleichfalls im
Musaeum Lubecense (ofe tiegenbeS, anfe^einenb ebenfalls 9iotariatSaften entnommenes
Sartenblatt toom 22. Styril 1778, auf bem ber SBall als ein grofeeS Stedjtecf ge«
^eidjnet ift mit ber SBejeidjnung „Sllte ©djanfc", obrootyl bie im Sßeften anftofeenbe
SBiefenflur ben Warnen „2)er Sübeder S3urg SBall" trägt. 808 ) SDie fünfte biefer
älteren Sorten gefjört ber granjofenjeit an, ftammt Dom $aljre 1811 unb liegt auf
ber ©tabtbibliotljef. ©S ift ber fauber gezeichnete ^ßlan De La Baie de Lübeck
par Beautemps— Beauprö, publik en 1815. Sr enthält ben SBall als
fdjraffierteS Dbal, meift aber feine ^Benennung beSfelben auf. 804 )
fcermeljrte fid) im Saufe ber 3 e ^ bcfonberS burd) 2lnfid)ten älterer Saumerfe, bie
bem Slbbrudj jum Opfer fallen muftten" ufm. trifft es ju, ba§ 2)ret)erS Musaeum
Lubecense öom ©efd)td)tSöerein ber Stabtbibliotljef überliefen morben ift, fo toärc
eS in f)ot)em ©rabe ttmnfdjenStoert, ba& burdj 3 u riitffüf)rung beS Musaeum Lube-
cense aus bem ©taatSardfjtö in bie Stabtbibliottjef bie für bie Sübecfer 2opograpl)ie
unb filmftgefdjidjte ungemein mertüolle Sammlung ber allgemeinen SBenufcung toieber
erfdjloffen toürbe, ftatt im ©taatSard)iö für einen folgen Senner ber lübifdjen ftunft«
gefd£}id)te, toie Sljeobor £adfj, öerfd) ollen ju liegen.
,os ) 5)ieS intereffante SBlatt ift auef) infotoeit ttricfjtig, als eS eine 3)ireftit>e
für bie Sluffudfjung beS JoreingangeS bei ben SluSgrabungSarbeiten gibt, unb jtoar
an ber ©teile, an ber id) feine ©yiftenj öon Slnfang an oerfodjten Ijabe: im ©üben
beS SBafleS, gegenüber bem äu&erften nörbtidjen Ausläufer beS ^ötjenrüctenS am
regten Iraoeufer, ber fid) ununterbrochen 00m S)om in Sübecf bis ju biefer ©teile
3tet)t, auf welcher id? bie jtoeite föirdje bon Slltlübecf fucfje; man ogl. bie Karte
unb «nm. 226.
,04 ) Mufeer biefen fünf ffarten tjabe iä) nodj 11 Sartenjeic^nungen b^to. $täne
gefunben, bie bem 17. unb 18. 3al)rf)unbert angehören unb baS ©elänbe an ber
©djtoartaumünbung jur S)arfteHung bringen, aber toeber irgenbeine SRarfierung
nod) irgenbeine ^Benennung beS SBurgtoallS enthalten, benfelben öielmet)r ignorieren,
obwohl fte äße baS benachbarte Sattentjof aufmeifen. S)a eS an einem ©efamt«
t>erjetd)mS gebrid&t, füljre idfj im Sntereffe ljiftorifdj-geograpt)ifdjer Arbeiten biefe
Slätter an:
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3um erften 9Kate btreft auf Sltttübed bejogen mirb bct S3urgroall 1827
öon ©. 83eljren3, auf beffen trefflicher „topograpljifdjer Karte be$ ©ebtctS ber
freien ^mnfe-Stabt fiübed". §ier ift ber SBurgiuafif afö längltdjeS Döal fdjraffiert
1. ©ine gro&e, auf ßeineiuanb aufgejogene Karte öon 1620, bie ältefte aller
aud) baä ©ebiet an ber Sdjtüartaumünbung barfteflenben Karten: Incly-
tarum Lubecensis et Hamburgensis ditionum cum adiacentiura pro-
vinciarum finibus descriptio. ©taatSardjiö.
2. — 5. SSier Karten au£ ber „SRetoen fianbeäbefdjretbung ber jtoet} £erfcogtf)ümer
©djIeSttrid) u. £otftein" öon ©afper $)ancftüertt):
1. öon 1649, ©. 160, SRetoe fianbtcarte SSon bcm #erfcogtljumb #offtein;
2. öon 1650, ©. 240, fianbtcarte S5on bem 3fürftentf)umb ©tormarn;
3. öon 1650, ©. 214, fianbtcarte Uom ©überntyeit be3 SBagertanbeS, mit
Slbbitbungen öon „©utijn" öon 1648 unb beä ©egeberger SdjtofcbergeS
öon 1648. Sei Kaltefyoff füljrt eine SBrücfe über bie ©djtoartau;
4. öon 1651, ©. 194, fianbtcarte 9Son bem fianbe SBageren mit jnjei
Slbbilbungen öon Dlbenburg im ^ai)te 1320 unb im 3>af)re 1651.
6. ©ine Karte ber „3um Kalten £off gefjören^er börfer" öon 1693 öon
S5aniel ©abrief ©djneiber. ©taatäardjiö, Musaeum Lub.
7. ©ine unbatierte Karte aus bem 17. Satjrfjunbert: Inclitae Lubecensis
Ditionis cum adiacentium Provinciarum et Districtuum finibus deli-
neatio. StaatSardjiö, Mus. Lub.
8. $e£g(. Territorium Lubecense, fiübecfifdjt SanbhJefjre. ©taatöardjiü,
Mus. Lub.
9. $Ian öon ©cfytoartau öon 1775, ©taatäardjiö, Mus. Lub. unb im SRufeum
fiübecftfdjer Kunft« unb Kutturgefdjidjte.
10. ©arte öon ber Sübecfer Steebe öon 1781 öom Kapitän 9Kartin SBofyler*.
Sluf biefem *ßt)antafieftütf ift „Kaltenfyoff" als Kirdjborf öeraeidjnet, ebenfo
ttrie SRenfefelb unb „SRattfau" unb bie ©djtoartau in ber 9täf)e i^rer
äRünbung überbrütft. 3m äRufeum fiübetfifdjer Kunft» unb Kulturgefdjidjte.
11. ©fjarte ber fiübecfifdjen unb ©utiuifdjen ©rängen an ber Sraoe unb bei
2rem£ öon 1783 naä) ber ©tjarte öon ©reggenfjoffer. 3m SRufeum
ßübecfifdjer Kunft« unb Kulturgefdjidjte.
SBer eine erfdjöpfenbe Überfielt über bie alten Karten unb $Iäne be£ ©elönbed
an ber ©djtoartaumünbung gewinnen luiH, müfete nod) bie SMbliotljefen unb Slrdjiöe
ber ©djulen, Kirnen unb ber ^anbeläfammer in ßübeef, minbeftenS and) in 2lt)ren3«
bö!, ©utin, ©djönberg, Kiel, ©djtoerin, SBiSmar, ©egeberg, OlbeSloe unb £ambnrg
burdjfetyen, loo^u idj nid^t mefjr 3^it finben tonnte, ba bie Slrbeit bi£ jum September
1908 abgcfdjloffeu fein mufcte.
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unb trägt bie 33ejeid>nung „Sübed bor 1139". t05 ) 2)iefe Sejeidjnung fopiert
jroei 3a^rc f^ater 3- *>. SRoljben in fcijier „Äarte bcr nädjften Umgebungen t>on
fiübed" unb feitbem ift btc Sejeidjnung „SUtltibed" für ben SurgmoH in eine
Änjaljl Don fianbfarten, meift ©etegenljeitSfarten, übergegangen, aber nodj nirgenbS
in bie mafcgebenben Sartemoerfe. Somit erfdjeint ba3 Saljt 1827 als ba3 erfte,
in bem, eigentümlich genug, fomoljl in ber 83ud)« mie in ber Äartenliteratur bie
Sage SUtlübecfö, toie beroiefen merben roirb, richtig beftimmt toorben ift.
c. SBedjfel ber Stnfdjauungen feit ber richtigen (SrfenntniS.
Der erfte gorfdjer, ber Stlttübccf ju bem SurgroaH unb gleidjjeitig ju bem
1852 mitten im SBurgtoaH aufgefunbenen früfjromanifdjen Äirdjenfunbament in
Söejtefjung bringt, ift ber um bie Sllttübeder ©efdjidjtäforfdjung fyodjberbiente 206 )
^Jaftor Sart ßtug. 207 ) £en Ausführungen t>. fiüfcontf, S3ei>ren3' unb Älug3 fd)lofc
fid) eine Steige üon gorfdjern an: 1829 fiappenberg, 1837 ©djmibt, 1840 SDa^l-
mann, 1844 ©djafarif, 1849 »iernafefi, 1850 öart^olb (@efd)idjte ber beutfdjen
©täbte, I), öor 1850 Senfen, 1851 SBaifc, 1852 nochmals Sa^enberg, 1854
JBart^olb (@efd)id)tc ber beutföen £anfa), 1855 t>. ©gröber, 1856 SeöerfuS,
1868 Sßerfe, 1869 Sßeilanb, 1877 2>el)io, 1878 ©artori, 1883 ©eorg SRatQäi.
2)ann aber folgte man nidjt meljr Älug, fonbern SBitljetm Sre^mer, ber
Slltlübed an eine roeitabliegenbe ©teile öerlegte. iRur toereinjelt Ijaben SlugS
Ausführungen im lefeten SBierteljafyrfyunbert nodj Slnnaljme gefunben: 1893 bei
$aul £a3fe, 1895 bei SBe^rmann, 1897 bei 2^eobor £ad), 1900 bei Slbolf #otm,
1904 bei Äretfdjmer unb 1907 bei Äieffelbadj — obmoljl Älug nid)t nur ber
erfte, fonbern big auf ben heutigen lag ber einjige gorfc^er gemefen ift, ber auf
roiffenfdjaftlidier unb nid)t gar fo farger Unterlage, toie bie anbern, ba% Problem
ber fiage öon Slttlübed ju töfen gefudjt Ijat.
$ad) fällt einem ftarfen Sntum jum Opfer, toenn er e3 1897 als eine
latfadje IjinfteHt, ba% $lug „bie SBieberauffinbung ber bis baf)in bielumftrittenen
* 06 ) (£S Ijätte fjei&en muffen: „öor 1138".
f06 ) §aä), a. o., ©. 28—31.
* 07 ) 9ieue Siübetfifäe Slätter, 3a^rg. 18, 3. 305/9, 1852 unb ein toenig
fpater in ber 3*itfd)rift beS SeremS für Sübedifdje ©efdjidjte unb SlltertumSfunbe,
93b. I, ©. 221—248, 406 u. 416.
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80
Sage ber äftcften Slnfiebetung Sübed, bie Stätte ?Utlübed3 — in einer über«
jeugenben unb nod) anerfannten SCBcife" klargelegt f)abe. 208 ) ®erabe in Sübed
fctbft [tiefen S(ug3 Darlegungen auf SBiberfprud). Der Dber«9lWellation3gerid)terat
Sa3peljre3, ber allerbingS in feinem fjiftorifdjen Urteil nidjt fonberlid) glücfticf) ift
unb fid) mit SSorliebe einer berljängnfeöollen ©udjt jur $t#erfritif Eingibt, eröffnet
1864 ben 5^ä"9 ßegen ben iljm roeit überlegenen Slug, 209 ) inbem er fid) gleich-
zeitig auf Deede berief. 9iad)bem Slug in einer ©rnriberung 2a3peijre3 roiberlegt
Ijatte, 210 ) ftellte SBilljelm Srefjmer eine ganj neue £i)potl)e}e auf, in melier er bie
©tabt 9llttübed an eine ©teile toerlegte, bie in ber Suftlinie jtoar nur 3 1 /*, für
ben Sufegänger ober SReiter aber meiter afe 4 7* Kilometer nad) Sorben gelegen
ift. Sei ber Autorität, beren fief) SBre^mer infolge feiner ortögefdjidjtlidjen arbeiten
unb feiner fojialen Stellung in Sübed erfreute, foroie bei ben perf anliefen Sc-
hiebungen, bie er afe SJorfifcenber be3 #anfifd)en ©efdjidjfetoereinS mit ben erften
beutfdjen $iftorifern anfnüpfen fonnte, ift e3 ju begreifen, bafc ba3 ©rgebnfe feiner
Darlegungen ungeprüft jur $errfd)aft gelangte, fo in 3Battenbad)3 Sßonumental«
roerf, ja fogar in ben Steifen ber Monumenta Germaniae historica, inbem in
ber $elmolb • Überfefcung ber jmeiten ©efamtauSgabe ber ©efd)id)tfd)retber ber
beutfcfyen Soweit SBreljmerS meber burd) Quellennad)rid)ten nod) burdj SluSgrabungen
geftüfcte §t)pot^efe afe eine ermiefene Satfadje jum 9lu3brud gelangte.
2luffaflenber ift e£, bafe aud) fämtlidje gegenwärtig in Sübed lebenben
£iftorifer, foioeit fie Slltlübecfe Sage geftreift Ijaben: s Ma$ ^offmann, Qrriebrid)
33run£ unb |>erm. 3ul. Jpartmig, 33rel)mer3 S3e^auptung ofjne meitereS übernommen
Ijaben. (SSgl. 9lnm. 362 — 364.) Da fomit ÄlugS Darlegungen roeber allgemein
„überzeugt" Ijaben nod) „anerfannt" finb, in fo Ijoljem ©rabe fie beibe3 toerbient
Ratten; ba ferner 93rel)mer3 ^tjpotljefe biö auf ben heutigen Jag nod) nidjt
unterfudjt toorben ift; ba enblidj bie äßeinungen, meldje Slltlübecf an anberer
©tätte fudjen, afe e3 Slug unb Sretjmer tun, fo gut mie nod) gar nidjt geprüft
roorben finb, bebarf bie 3?rage nad) ber Sage Don Stltlübed einer umfaffenberen
Unterfudjung, afe fie bfefyer angefteDt morben ift: einer Uuterfudjung, für roeldje
ad)t ©teilen in 93etrad)t fommen.
208 ) 21. o., S. 30.
209 ) »efetjrung SlorbalbingienS, @. 2. Sgl. @. 16, 8lnm. 35.
210 ) 8eitfdjrift be$ SereinS für Sübedtfdje ©efdfjidjte unb «ItertumSfunbe,
S3b. II, ©. 358, 1867.
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81
Sapitel 3.
$ie toier an bct Staue für Slltltibtrf in Shttyrurf) genommenen Stellen.
A. Slftlübe<f am SKeere gelegen.
Diejenigen, bie Ältlfibed an ba3 ©eftabe ber Dftfee verlegen, !önnen natur-
gemäß nur an bie Iraöemünbung benfen, ba $elmolb (I, 36) gelegentlich ber
erfotglofen Belagerung Älttäbcdd burdj bie SRanen berietet: tsubvectique per
alveum Trabene urbem navibus circumdederuntt, fo ba& bie Sage an ber
©ee ate eine ber bier an ber Jrabe für <lübe<f in Änfprudj genommenen
©teilen angefeljen »erben mufe.
5)er erfte, ber «ttlübei am Dftfeegeftabe fudjt, ift 1543 ©ebaftian fünfter:
„fiübed — anfenglidj toon ^tfc^em bet) bem 9Keer an einem guten 3lnfal)r — ober
Öafen bemo^net". * 11 ) (Stroa 90 Saljre fpäter bertritt 3»oI). SlngeliuS t>. SBerbenljagen
1629 bie gleite Meinung, inbem er erjagt, ©raf «bolf II. fabe um 1140 Sübei
öom SKeere an einen weiter binnenmärtS gelegenen Drt berfegt.* 1 *) Sftod) 1897
ljulbigt Saftrom 118 ) biefer anfielt: „3n ben beftanbigen Sümpfen im ©laoenlanbe
mar an ber Sratoentfinbnng bie $afenftabt über ber narf) i^r benannten fifibeefer
Sudjt jerftört morben."
3)ie Slnftdjt, bafj Sübecf am Dftfeegeftabe gelegen Ijabe, ber übrigens 9Äünfter,
t>. SBerbenljagen, Saftrom im Saufe iljrer eigenen 3)arfteÖungen roiberfpredjen, 814 )
mirb fdjon burd) bie angeführte §elmolbftelle miberfegt. SBenn bie SRanenflotte
,11 ) 31. o., ©. 1192.
tir ) 91. o., ©. 246: tQuum Caerus (= Race) ex posteris Critonis
saepius eam infestaret arcem antiquam (seil. Slltlübecf), supervenit tandem
Adolphus II. — et circa 1140 eam plane a mari ad locum superiorem
transtulit».
,1S ) 3of^om unb SBinter, 3)eutfdje ©efdjidjte im S^italter ber ^o^enftaufen^
1125—1273, Stuttgart 1897, »b. I, ©. 370. 3la$ bem Sorfcort, ©. V, rüljrt
©. 1—314 ooUftänbtg öon 3aftrom l>er. $er SReft beS erften 83anbe3 „ift in
meinen leilentmürfen an SBinter übergeben unb oon biefem bruclfertig geftellt
toorben".
,14 ) 3afhrom fagt einmal — ®. 295 — jiemlid) richtig, SBucu Ijabe nngefätyr
an ber ©teile be3 heutigen Sübecf gelegen; fietjt an einer jmeiten ©tcÜfe —
8. 296 — in Sucu ben „©ift ber neuen $errfdjaft" (seil. (ErutoS); madjt ben
Ort an einer britten ©teße — ©. 370 — 5U einer §afenftabt an ber Iraoe*
3tWt. b. ». f. fi. ö. x, l. 6
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82
im SBette (per alveum) bet Stabe hinauffahren mufete (subvecti), fann SCttlübecf
nicfyt an her £tabemünbung gelegen fyaben.
B. «ttlübecf an bet ©tätte SübecfS.
3)ie jroeite füt SHttübed in Änfptudj genommene ©teÜe liegt aud) an bet
Stabe, abet 20 ÄHornetet* 16 ) roeitet flufeaufmättS, an bet ©teile bon SBucu, bem
heutigen Sübecf.
Slbgefeljen bon ben jaf}lteid)en Äutoten, bie nut ein Sfibed tennen, roitb ba$
nntet ©ottfd>alf ettoäljnte Seubice, b. I). Ättlfibecf, 1659 bon SBangett nad) bem
heutigen Sübecf beilegt: 116 ) «Godschalci, Obotritorum Reguli, pietas aut
prima urbi initia dedit, aut etiam, quod magis credo, ut illa innotesceret,
in causis fuit. — Atque hanc Lubecam eodem stetisse loco, quo haec
nostra impraesentiarum conspicitur, statuendam.» Qu bet gleichen anficht
betennt fid) Setbmj 1710 in feinet §eImolb-$lu3gabe.* 17 ) §iet etflätt et ge*
münbung übet bet nadj itjm benannten Sübecfet 33ud)t unb berichtet an einet bietten
©teÜe — ©. 370 — , Slbolf „baute ben Ott nid&t an betfelben ©teile auf". Über
eine fünfte ©teile bgl. unten, 2tnm. 263. Sltge SBetttnttung übet bie Sage «Itlübecfc
fjettfdjt audj bei anbeten jutjeit lebenben ©djttftfteHetn, namentlich bei $aupt
tlb ) SKad) $. Sterbet, „$ie baulid&e unb imttfdjafttid&e MuSgeftaltung unb
SRufcbatmadjung bet lübedifdjen £auptj$iffal)ttsftta6en'', Sübecl 1906, ©. 83 bettägt
„bie ganje Ufetlänge bet Itabe bom unteten Seehafen in Sübecl bis jut ©iedjen«
budjt in Itabemünbe nut tunb 17 000 SDtetet". Steinet man bon bet ©ted)enbud)t
big jum ©nflufj in3 SKeet jmet ßilometet — in SBitlttdjfeit ift bie ©ntfetnung
nocf) ettoaS gtöfjet — unb bom unteten ©eeljafen, bet untetfjalb bet ©ttucffäfjte
beginnt, bis jut 3)tef)btücfe 777 SDtetet (Sterbet, a. o., ©. 80) Ufetlänge, fo etljätt
man getabe jmanjig Äilometet füt bie Ufetlänge bon bet 3)teljbtücfe ju Sübecl bis
jum SHnflufi bet Zxatie ins SKeet.
,16 ) 81. o., ©. 137. Sföan bgt. audj Henrici Bangerti Origines Lubecenses,
§ 16, ©. 1197—1201 unb § 17, @. 1201—1204 b. SBeft^alen, a. o., leil I.
,17 ) Scriptorum Brunsvicensia illustrantium tomus II, ju §eImoIb I, 57,
©. 586. StatauS, bafj Seibnij a. o., ©. 749 bie fonfufe, abet ju feinet oben
jttietten Slnmetfung pajfenbe Stngabe ÄotnetS jum Raffte 1135 oljne jebe Stläutetung
ttriebetgtbt (bgl. 3lnm. 229), etgibt fid) gleichfalls, bafe Seibnij in ba$ heutige Sübecf bafc
butdj ben ©labenfönig $eintidj ettoeitette Subefe, bie 33utg unb bie Sitdje $einrid)£
betlegt, unb jioat nidjt btofj bie SRefibenj be3 SBenbenfönigS #einrid&, fonbetn aud) bie
be$ jäteten SBenbenfönigS ßnut Satoatb. — Seadjtet man ba3, toaä Seibnij a. o.,
©. 569 in ben Slnmetfungen h unb k bemetft, fo gelangt man ju bet Slnfidjt, bafc
Seibnij tote Sangett glaubte, Seubice Ijabe etft in SJucu, bann in 9ttttübed, bann
nriebetum in Sucu gelegen. 8Hein ftat auSgebtüdt ift eine foldje Anficht jtoat bei
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83
leQenttid) ber ©rünbung fiübedt^ burd) 3lbolf IL ben £elmolbfd)en äuSbrud:
*coepit illic aedificare» burd} bic Slnmerfung: treinstaurare civitatem, quam
Truto olim ibidem locaverat et Henricus Regulus ampliaverat. »
Dbfdjon t>. mUt, tl *) Seder ,19 ) unb ^eede" ) bie Sangertfdje Anficht als
unvereinbar mit benGueQen befämpft Ratten, öertegte bennod) nod) 1826 Ärufe" 1 )
nid)t blofc ba3 öon £einrid) bewohnte, fonbern aud) ba3 1138 öon ben Matten
jerftörte Slltlübed an bie ©tätte be$ heutigen Sübed. 3)er lefcte, bei bem idj
Ältlübed, roenigften3 teilroeife, an bie ©tätte be3 genügen Sübed berlegt ftnbe, ift
1884 SRidjarb §aupt. $anpt öermeibet e3 allerbingS, fid} im ^ufammen^ang
über bie Sage SlltlübedS auSjufpredjen, er bebient fid) trielmeljr auSfdjtiefelid) ber
Sform Eingeworfener Semerfungen, gelegentlicher (Simoürfe unb öon Sßarentfjefen,
beren Snfjalt aber trielfad) unflar unb berfdjieben ift. — $etmo(b ^jäljlt Ö e *
legentlid) eine« Überfalte bon Slltlübed burd) bie SRanen, ber jtoiföen 1127 unb
1129 erfolgte, batnate Ratten fid) bie Sßriefter gerettet, bie habitaverunt iu
ecclesia 8ita in colle, qui est e regione urbis trans flumen. feanpt befämpft
bie Deutung biefer ©teile burd) SeberfuS"*) unb gibt als richtige Deutung feine
fotgenbe ©rflärung an: „S$ Reifet aber ber SBurg gegenüber unb e3 fann redjt
©angert, aber mrgenbä bei Setbnij: jebenfaflS öerlegte 39angert ba$ Sübed ©Ott«
fdjalf« unb 8eibnt$ ba$ Sübed $einric$3 unb fönutg, alfo in beiben fallen Slltlübed,
in bad heutige Sübed.
* 18 ) Historia antiqua Lubecensis, %tna 1677, 93latt A4, § 13: tBangertus
6 naw conjicit, demum Henricum occiso Critoni successorem deserta vetere
Lubeca, ad fluvium Svartovv transtulisse urbem, quae iam pridem steterat
in Bucu. Ac 6ic omnino redit illa difficultas, tum Cruconem pro conditore
veteris Bucovianae Lubecae nou habendum, sed ad antiquiorem potius alium
abeundum: quod tarnen propter Helmoldum auetorem non ausim facere. Duo
igitur restant, quae dicamus, nempe, vel vel euneta, quae Bangertus
in Bucoviana Lubeca credit gesta, ad Lubecam Svartovianam pertinere.»
* 19 ) Umftönbltdje ©efd)idjte ber freien ©tabt Sübed, 1782, ©. 63/6.
**°) Sgl. bie ettoaS unHaren Sluäeinanberfefcungen ©. 193/201 in ber @efd)id)te
ber ©tabt Sübed, Sübed 1844.
,21 ) ,,©t. Ctcelin", «Itona 1826. ffrufe berietet auf ©. 41, burd) «bolf IL
feien „ Sübed unb anber in ©djutt liegenbe Öerter" toieber aufgebaut toorben unb
fügt ©. 73 P fjinju: „1137 ober 38 brannten bie SBenben bie fiirdje ab. ©ie
rourbe aber balb nadjtjer toieber in fireujform erbauet — aber nie auSgebauet —
unb abermals 1164 öon bem ©rjbifdjof #arttoig eingebettet."
"*) Die SiaeltnSfirdjen, Siel 1884, ©. 138, «nm. 1.
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wol)t eben auf bem ?ßtafee ber jefetgen ©tabt ber Drt ju fucfjen fein." — #temad)
öertegt $aupt ben „Drt", fei e$ ber Sirene, fei e3 ber ©tabt, fei e$ ber JBurg
aittübecf auf ben „?ßtafe ber jefetgen ©tabt", alfo naef) SBucu, womit eine fpätere
Angabe Raupte in berfetben Slnmerfung äbereinftimmt: „3to ben versus bagegen
wirb fdjeinbar fadjlid) ben SBorten £etmotb8 entfcfjtebenft beigeftimmt, roonadf)
$einrid) eine neue Sirdje in 83ucu, alfo SReuentübei, anlegte." §aupt legt Ijier
^etmolb Angaben unter, bie er nirgenbS gemalt §at SRidjt nur bafc ^elmolb
niemals öon einer Ätrdje £einrid)S in SBucu" 8 ) fernst, trennt er öielme^r fdjarf
unb ftar bie öon Sruto gegrünbete SefeftigungSantage in SBucu öon jenem fiubefe,
baS, wie bewiefen, in einem anberen fianbe atS SBucu lag, jumat jur Seit SrutoS:
öon fiubefe, in bem $emrid), S^entepotf, Äanut unb SßribijtauS reftbieren unb
iljre Sirdjen fei eS benufeen, fei eS weisen, fei eS befte^en laffen.
2W bie genannten Autoren: Sangert, ßeibnij, Ärufe unb $aupt, behaupten
nidjt, bafe SUttübed ju allen 3^ten bjm. mit allen" 4 ) feinen Äirdjen in SBucu
gelegen Ijabe; bann Ijätten fie ju ben ©djriftfteüern geregnet werben muffen, bie
,l8 ) 3)ie 2tnna^me einer folgen föird&e mufc gerabeju wiberfinnig erfdjeinen.
93ucu ejtftierte, wie unten bewiefen werben wirb, nur öorüberge^enb als eine
ScfeftigungSanlage unter jenem Eruto, ben ©elmolb I, 57 auSbrücflid) afö dei
tirannus bejeidjnet unb beffen nidfjt ju leugnenbe Sebeutung gerabe in feiner geinb*
fdjaft gegen baS ©tjriftentum unb ben fremben beutfd)en Sultureinflufe beruht. SRad)
©rutoS ©rmorbung oerfiel feine Surg, fo bafc fie 1143 ben ffitnbrucf einer urbs
desolata madjt, obwohl uon einer 3arf*örung SucuS nirgenbS aud) nur ein SBort
berlautet. SS waren eben, wie bewiefen werben Wirb, 1143 feit ErutoS ©rmorbung
minbeftenS 50 3aljre öerftridfjen unb in biefer 3*it mußte bie SefeftigungSanlage
um fo mefjr öerfaQen, als S9ucu unbewohnt war unb, entfpredjenb fonftigen
wenbifdjen 93ertetbigungSanlagen, jumal benen öon SHtlfibecf, tebiglid) au« grb-
werfen, 5ßfaf)l» unb ^Jaltfabenwerf beftanben Ijaben wirb. 2)ie civitas ber
$olaben ift niemals Sucu, Jonbern baS nalje Stafceburg gewefen. Über ben
SSegriff urbs im SBenbenlanbe $u jener 3*it ögl. man bie weiter unten gegebenen
Ausführungen.
,24 ) ftaupt fprid)t minbeftenS oon bret bis bier Sftrd)en HltlübecfS. 3unäd)ft
ift ber SurgwaH mit feinem nidjt wegjuleugnenben Äirdjenfunbament nad) t^m
„nidjtS anbereS als ein Opferplafc, in ben baS Sfjrtftentum feine Sirenen mitten
hinein pflanzte". (©. 167.) 3)ann fpridjt er in ber ermähnten SKnmerfung (©. 138)
öon einer JHrdje „auf bem ^ßlafce ber jeftigen ©tabt". 3)ie ©eftimmungen ber
Urfunbe ftönig ÄonrabS oon 1039 oeranlaffen Ujn ju ber eöentueDen Stnna^me
einer brüten ffirdje (@. 139): „Ober bie 8ln$at)t ber Äirc^en öerme^rt ftc^ weiter"
unb furg barauf entfteigt i^m ber ©togfeufjer: „Ober fdjon wieber eine neue?"
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überljaujrt nur ein fiübetf fennett. SBSä^rcnb aber §aupt ju feinem Strtum burdj
bie bereits roiberlegte Angabe" 6 ) ©iboS gelangt ift,* 26 ) finb JBangert unb fieibnij
burdj bie fatfdjen Angaben 3)etmar3 unb ÄornerS ju ü)ren eigentümlichen Be-
hauptungen öerantafct roorben. 2)a ift rool)l ju beachten, bafe bie beiben arbeiten
StobeS" 7 ) öon biefer irrigen Angabe, bafe fiübed erft in fflueu, bann in 2Uttübe(f,
bann roieber in JBucu gelegen l)abe, nodj frei finb. (Srft bie beiben foäteren
Stejenfionen DetmarS, bie öon 1105 big 1386 unb bie öon 1101 bis 1395,
bringen biefe SSerroirrung in ben JBeridjt 9tobe$, eine SBerroirrung, bie tyäter burdj
Äorner, entfpredjenb ber forglofen SBiöfür biefeS SßroteuS unter ben mittelaUertidjen
Autoren, roie tyn ©djroalm treff fieser bejeid&net," 8 ) berartig gefteigert roirb, bafc
ba3 lofjuroabofyu feiner bieäbejüglicfjen Angaben nirf)t nur unüberfefybar, fonbern
bireft unberftänbltd) erfdjeint:
,,B ) 93gt. oben, ®. 55.
"•) Sin jroeiter ©runb, ber #aupt ju feiner #l#otl)efe der leitet Ijat, ift bie
allerbingS fdjroterige ©teile, an ber #etmolb öon ber ecclesia sita in colle fpridjt,
que est e regione urbis trans flumen. 2)ie Srflärung biefer Stelle, bie bei roeitem
ba£ fdjroierigfte aller Probleme ber Httlübecfer ®efd)td)te fjeröorruft, totrb am Schlug
mm äbfdjnitt II gegeben roerben. 34 faffe fie roörtlid) fo auf, rote fie ber Seitgenoffe
unb rootjt and) Slugenjeuge $etmotb unjroeibeutig unb flar auäfpridjt, bafc ftd) gegenüber
üon Sttlübed am rechten Iraöeufer auf ber £öfje (roeldje ben nörblidjften 2lu3läufer
be$ StfluötalrüdenS Dorn 3)om $u öübed bis ju biefer ©teile be$eid)net) eine Sirene
erljob. 3)iefe bem genauen SBortlaute £elmolb$ gerecht roerbenbe 3)eutung tjat aßer-
bingS bie Hnnatjme öon jroei Sirenen ju Slltlüberf jur gotge, ba bie anbere inner«
fyalb be$ SBaßeS ebenfo eintoanbfrei burd) $etmolb rote burd) iljre nod) oorfjanbenen
gunbamente bezeugt ift 9itd)t ber SBorttaut £elmolb3 bereitet ©djroterigfeiten: ber
ift fo unjroeibeutig, rote man e8 nur roünfdjen fann, fonbern ber SBiberftanb ber
Tutoren, bie e3 für gan$ unmöglich Ratten, bafe Slltlübedt groet Strien gehabt tjabe,
unb bie beatjalb fünfiltd) in ben Haren SBorttaut eine SRenge öon ©djroierigfeiten
hineingetragen tjaben. (Sgl. and) bie ßanbfarte!) 9lud) roenn td) mit biefer
Deutung unrecht tjaben roürbe, fo bleibt bod) bie latfadje beftefyen, bafc e3 £etmotb$
Angaben au3fd)He&en, in S9ucu eine Äirdje ober irgenbeinen anberen XetI 2llttübecf3,
öollenbä gang Slttlübed an$unef)men. Wad) £elmolb t)at e3 öor SlbolfS ©tabt«
grünbung im Satire 1143 roeber öor, nod) gu, noc^ nac^ ber 3«t Sruto^ ein 8llt«
tübeef, flubefe, an ber ©teöe oon 93ucu gegeben.
,,T ) 83ei ffoppmann I, © 7 unb II, ©. 197 unb bementfpredjenb bie erfte
»ejenfton EetmarS, bie fic^ beeft mit II, 197.
,,s ) 3afob ©4roatm, bie Chronica novella be^ ^ermann fiorner. ©ötttngcn
1895, @. XXXVI, ogl ©. XVIIL
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86
Dritter 3)etmar,
b. Äoppmann I,
@. 206.
f8t) be3 feifer
§mrif e3 ttjben, — bo
wart begrepen (ge-
grünbct) — Subefe,
bc in befeme jare
lad) bt) bcr ©mar*
toroe, bat nod) DIbe
Subefe fyeet. Sorcn
Ijabbe je gelegen
titöfdjen ber Xtatten
unbe ber SBofemffe,
bar je nod) tid)t;
erft »art fe
begrtyen in ber
ftebe, bar je ttodj
lidjt; bar tta mart
fe oöerfettet bg ber
©martoroe, bat nod)
Dtben Subefe ^cct,
bar na wart fe up
ber erftcn ftebe glje»
butuet roebber.
fetter Sorner,
SRebaftion A, bi«
1420, b. ©djmalm
©.584; am SRanbe
öon f. 128.
1105— Lubeke
coustructa est in
loco iuxta Swarto-
we villam, qui ho-
dierna die anti-
qua Lubeke dici-
tur, que quidem
civitas perantea
sita fuerat inter
Trabenam etWo-
kenitz, ubi iam
iacet.
1106(Henricos)
— habitapionem
suam babuit cum
suis In eastro
Lubicensi. DU
eiyltatem condi-
dit idem Adolfus
anno — 1106
iuxta locum, qui
nunc Swartowe
appellatur.
Dritter Sorner, Stebaftion B, bte
1423, b. ©diwalm ©. 583; unten am
SRanbe öon f. 193.
1104 — urbs Lubicensis instau-
rata est a Trucone in loco iuxta
villam Swartow, qui in presenciarum
antiqua Lubic nuncupatur, et bene
edificata est ibidem et repleta
mercatoribus, sed non diu ibidem
perseveravit, quia destructa est a
Slavis non longe post et est posita
in loco, ubi prius posita fuerat, puta
inter Trabenam et Wokenitz.
1108 — que nunc vetus Lubika
dicitur — Que urbs primo constructa
est a Trucone — 1073. Quidam
voluntcivitatem hanc primo fundatam
esse in loco, ubi nunc villa Swartow
iacet, et postea translatam fuisse ad
situm bunc inter Trabenam et
Wokenitz, ubi modo condita est, sed
de eo auctenticum non inveni, nisi
solum vulgare dictum. Chronica
vero Slavorum — dicit, Truconem
predictum fundasse eam prima sua
fundacione prope castrum, quod in
eodem loco, ubi nunc sita est,
fundaverat, sed funditus destructam
per Sclavos, priusquam edificaretur
ab Adolfo comite Holtzacie — prout
patebit suo loco.
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gfinfter Äorner, SRebaftton D, bis
1435, b. ©diwalm ©. 583; aus
JBanb II, fol. 12.
©elfter Corner, SRebaftion H
(|>annoöerfd)e £anbfd)rift), beutfdje SBclt«
djronif bis 1438, b. ©djroatm @. 535.
1104. Civitas Lubicensis — fun-
datur per Trutonem — prope villam,
que Swartowe nuneupatur Sed in
hoc loco non diu perseveravit, quia —
destrueta fuit a Slavis non diu post
ipsius instauracionem — et fundata
fuit ibidem a predicto Trutone eo
anno, quo contra Buthue, filium
Godescbalci triumphaverat, qui fuit
annus d. 1073. Hoc autem presenti
anno fundata fertur in loco, ubi in
presenciaruin sita est, per eundem
Trutonem — et mercatoribus repleta.
Oastrum vero eidem urbi iunxit
solempne, in quo ipse cum suis se
locavit et ab eo inimicis suis restitit
1109. Locus vero prefatus
Bamberg est prope urbem ad parvum
spacium, ubi in presenciarum (eine
StebttngSroenbungÄornerS!) est situata.
Ex quo manifeste apparet, primam
fundacionem suam esse faetam a
Trutone in loco, ubi iam situata
existit, cum ante hec tempora non
legatur sub aliquo autentico crono-
grapho fuisse destrueta, sed pocius
post.
1104. 3n beffeme jare . roarb
gefristet unbe geburoet be ebbelc [tob
fiubefe uppe ber ftebe, bar fe nu jegen-
roarbid) fyfen Ud)t trotjSfdjen ben tmen
öteten Jraöena unbe SBafeniffa. 3)c
matt bar gljeburoet öan beme SBenbeS«
fc^en öorften Iruto genomet anber »erbe
(anberroeitig), alfo be cronifen ber
SBenben fprefen, »entc Ije fc erftett
gebumet Ijabbe uppt be ftebe, bar nu
lidjt bat t>oxp ©nmrtonto, unb bar
öorftoreben fe be SBenben, be bo fone
ögenbe toeren. — 33g beffe ftab Subele
buroebe be fufoe SBenbeSfdje ^ere en
t»aft flot unbe plarf) bar futben uppe
to monenbe, mente bat Ije bot g^eftagen
roart. — gob Ijeft öorfeen, bat fe roorben
iS en crone unbe en Rottet aQer §enfe»
ftebe.
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$)ie 2Bal)rnel)mung, bie ©djtoatm überjeugenb als bcr 2Birftid)!eit entfpredjenb
nadjgeroiefen §at, bafc ben Don Corner angeführten Quellen „faft ausnahmslos
feine Sebeutung betjutegen" ift, ba er Quellen als benufct anführt, bie mdjtS mit
benen ju Ijaben, bie er toirflid) benufet l)at, unb bo er ©teilen jttiert, bie in ben
betreffenben Duellen fid} nidjt öorfinben, brängt fid) aud) Ijier auf. ©o bringen
bie angeführten SRitteitungen ber britten Stejenfion ©teilen au« £etmott>, bie
nidjt bei ^cfmolb fielen. 3mnter^in ift bie SBerfidjerung KornerS in ber britten
SRebaftion ju beachten, ba% er über bie SBorgeföidjte fiübedS nichts 9fotl)entifd)eS
gefunben fjabe, nur öotfStümltdje Überlieferung bjto. fyerfömmlidjeS ©efdjtoäfc.
Aber aud) biefe Angabe, bie an unb für fid), fotoeit Corner bon £elmotb abroeidjt,
fid)er ber SBaljrljeit entfprid)t, roenbet ber fleißige, aber ffrupeltofe Äompilator
an falfdjer ©teQe an, gerabe ba, wo er ^elmolb autfjentifdje 9kdjrid)ten entnimmt,
gleidjbiel ob bireft, ob inbireft." 9 )
äur ©rflärung ber Äonfufion bei Detmar unb Korner trägt melleid)t einmal
bie 33erroirrung bei, bie bejüglid) beS wahren $Berl)ättniffeS ber Kamen fiubefe unb
SBucu fd)on früfoeitig, föon bei ©ibo, 9?obe unb 3)etmar um fid) gegriffen Ijat;
jtoeitenS bie Verlegung unb SRamenübertragung bon fiubefe nadj JBucu im Safyre
1143; enblid) bie fpäter nod) jroeimal erfolgte Verlegung beS je&igen fiübeef:
* 29 ) ©ine fünfte angäbe Körner« barüber, bafc bie SBenbenfönige #etnrid>
unb Kanut iljre SReftbcn^ im heutigen fiübeef gehabt Ratten unb ba& #einrid) im
heutigen Sübed eine 93urg unb Kirdje erbaut Ijätte unb Kanut biefelbe in honorem
Sancti Johannis fyätte meinen laffen, bringt fieibnij. ßeibnt^ beröffentltdjt a. o.,
©. 749, jutn 3af)re 1135 folgenbe ©teile au« Körner: bie urbs Lubeke fei gemefen
«Henrici — familiäre contubernium et mansio prineipaiiß, quia ipse eam,
iam per Trutonem fundatani, valde ampliaverat et emendaverat, et similiter
castrum eius. Ecolesiam autem Henricus in hac urbe aedifieaverat, sitam
in monte super Trabenam aquam, quae modo sancti Johannis in Harena
nominatur; quam postea Kanutus Obotritorum Regulus dedicari fecit in
honorem sancti Johannis Baptistae. 5)tefe ©teile finbet fid) nic^t bei ©d)toalm,
ba ©djtoalm au« ben SKitteilungen Körner« oor bem 3a^re 1200 letber nur mentge
Slusjüge veröffentlicht. 3dj fann baljer nidjt angeben, melier ber fed)S Körner*
arbeiten pe entftammt, öermuttid) ber fünften, ber Stejenfion D, ba aud) ein anbere«
3itat au« Korner bü fieibnt^ (a. o. ©. 748) au% D ftammen mufc. 3)emt biefe
$roeite Stelle (jum 3aljre 1104) bedt fid) bud)ftäblid) mit ber in ber obigen
3ufammenfteHung au« D toiebergegebenen ©teile jum 3aljre 1104.
S)te ättefte ber fed)« Sirbetten, bie 6td 1416 reicht, bie SRejenfion a, tyat nac^
Sdjtoalm (a. o., ©. 584 gum Safyre 1105) nidjt« oon biefen angaben aufjuroeifen,
roäjjrcnb in ber inerten Arbeit, ber SRejenfion C, bie 9tad)rid)ten erft üon 1396
an erhalten fiitb.
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einmal 1157 nadj ber fieroenftab, bann 1158 bie Stütf Verlegung aus bet fiemenftab
cm bie ©teile be3 heutigen fifibetf. Stimmt man baju nod) bie jmar Maren, aber
leiber aUjufurjen Mitteilungen £elmolb$ über bie JBefeftigungSanlage SrutoS in
93ucu foroie ben Umftanb, bafc bie Stätte SlltlübecfS früljjeitig üötfig öereinfamt
unb unbefannt mar (ögl. unten, ©. 121, 128 u. 137), fo finb trieüeidjt bic (Stemente
gefunben, au3 benen aümäljlicf) ein foldjeS unlösbares 3)urd)eiuanber entftanben
ift, mie e3 fid) bei Äorner finbet.
C. Slttlübecf füblid) öon ber JremS gelegen.
$aupt begnügt fid) nirf)t bamit, fidj gegen bie ©teile am ^ufammenflufc öon
Iraöe unb ©djroartau al8 ©tätte öon Sllttübed auSjufpredjen, fonbem er gibt
aud) einen Sßlafe a(3 bie richtige ©teile an, auf ben üor unb nai) i^m fonft niemanb
oerf allen ift: „3)a3 3)orf* 8u ) Slltenlübecf — liegt md)t an ber ©djmartaumünbung,
fonbem oberhalb ber SBiefen auf ben l&'dtyn, auf bem linfen Xraöenufer erljebfid)
näljer ber neuen ©tabt." 9tad) biefer ©efcfjreibung fudjt $aupt füblid) öon ber
ZremS, bie jroifcfjen ©djmartau unb bem heutigen ßübeef oon linfö Ijer in bie
2raöe münbet, bie ©tätte öon Slltlübecf. ®a bie JremS ©djmartau näfyer liegt
als Sübecf, bie <Btätte fcon 9lftlübe<f nad) §aupt aber „erljeblid) näljer" nad)
fiübeef ju liegt, mufc ba3 öon $aupt beftimmte 3l(tlübecf am linfen Iraoeufer
jroifdjen Jremä unb ber heutigen SBorftabt ©t. fiorenj liegen. S3 foll bort nidjt
auf ben SBiefen, fonbem „oberhalb ber SBiefen auf ben $öljen" liegen. Sin SJlicf
auf bie Sarte, meiere betjufS Älarfteüung biefer unb äfynfidjer Stoß«* namentlich
in l)t)i>fometrifd)er 93e3ieljung ungeroöljnfid) genau gejeidjnet ift, fo bafe bereite
£öljenunterfd)iebe öon 5 3Keter burd) öerfdjtebene garbentöne jur S)arfteHung
gelangen, bemeift, bafe nur jtuei ©teilen jmifc^en £rem3 unb ©t. Sorenj ben
33orau3fe&ungen Raupte entfpredjen, ba ba$ übrige ©ebiet am linfen ©djroartau»
ufer jroifdjen £rem3 unb ©t. fiorenj burd) ^fa&miefen eingenommen mirb, bie
fo niebrig liegen, ba6 fie bei jeber |>od)f!ut überfdjroemmt roerben.
SHein biefe ©teile at3 Btätk SlltlübecfS ansufeljen, ift ööllig unmöglich,
ba fie nidjt nur fämtlid)en £luellennad)rid)tcn, fonbem aud) ber Anlage roenbifd)er
Siebefungen, namentlich roenbifdjer Sefeftigungen burdjauS tuiberfprtdjt. SBie Ratten
femer bie SRanen jur Qext Äönig |)einrid)3 an biefer ©teile, etwa bem jefeigen
3Bitl)etm3f}öl)e, Slltlübecf mit itjren ©Riffen umfdjliefcen f ollen! Seine anbere ber
2S0 ) 8. o., 6. 111. Übrigen^ berichtet Weber eine mittelalterliche nod) eine
neuzeitliche Urfunbe, ©Ijronif, Sanbfarte ober fonftige Duelle ettuaS oon einem
fcorfe Slltlübecf.
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odjt DrtljWotljefen, nidjt einmal bic 93rel)merfd)e, ift fo auä ber Suft gegriffen,
wie btefe jeltfame SBeljauptung §au|)td
3)ie öiertc Iraoeftefle — bic richtige — beeft fid) mit ber fünften Schwartau«
ftette unb wirb am ©djluffe be3 nädjfien Äajritefe befprodjen werben.
Sagtet 4.
$ie fünf an ber ©djwartan für Slltlüberf in Sfotyrndj genommenen Stellen.
A. Stltlübed an ber ®tattt *>on ßaltenljof.
a. Sage unb Siteratur.
Sine öierte für 2tltlübed gettenb gemachte ©tötte, $altenl)of, liegt an ber
©djwartau, norbnorböftlid) öom SBurgmafl, öon il)tn burdj eine l 1 /* Äitometer
lange Uferftrede getrennt, aber unter anberen geograpfyfdjen unb 93erfel)r3öerl)ätt-
niffen: am (Snbe einer öon jeljer für ben Slderbau in Slnfprud) genommenen
3)iluöialplatte (wie jwar nid)t au3 ber beigegebenen Sarte ju erfeljen ift, ba
Äaltenljof unb biefe platte brei 9Reter l)od) liegt, bie Äarte aber nur ^öfjcn*
unterfdjiebe öon fünf SReter jum 9lu3brud bringt — moljl aber au3 bem SKefi*
tifdjblatt Schwartau unb öor jüglidj au3 ber ber arbeit öon ^ßrofeff or fjricbric^
beigefügten geologifdjen $arte), feitwärtS öon ber SBafferftrafee ber Sraöe.
3)er erfte, bei bem id) biefe ©tätte für bie ©teile fcon Slltffibed in
Slnfprudj genommen finbe, ift 1653 ber alte Dancfmertfj: „Sllten Sübed an ber
©djwartow — , wetdjeS in bem Sßindel, ben bie Iraöe unb ©djwartoro
madjen, bieffettS ber ©djmartow, wor anifeo ßolbenljoff lieget, belegen
gewefen" unb nodj an einer jweiten ©teile: „3ft bemnad) ber Uljrfprung be3
UtomenS Sübed betj ber ©djmartow, baran 81t Sübed in bem (Sd, wor anifco
fiolben^off lieget, ju fudjen."" 1 ) 3fyn folgt 1782 3ol). föub. »eder,"*)
,S1 ) «. o., @. 215 unb 216.
,81 ) 2t. o v I, ©. 3: „3)a3 jefcige Sübecf Ijat feine ^Benennung öon einer weit
älteren Stobt, weldje ehemals an ber weftlidjen Seite bed ffiinfluffeS ber ©wartau
in bie 2rawe, bafelbft, wo biefe begben glüffe bety iljrer Sereinigung einen fpifcen
SBinfel bilben, unb wo anifco ffiolbenljoff gelegen ift, txiatoct war. Stfefe führte
bereite ben 9iamen Sübed unb ift nad) iljrer S^rftö^rung ba$ alte ober ©wartauifdje
Sübed genannt worben."
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. 91
1819 ©rautoff," 3 ) 1822 31. £. «reiner, 234 ) 1842 «Sföenfelbt« 85 ) unb
1884 £aupt.* 8 «)
(Sine SBiberlegung biefer fo beljarrtid) betretenen Anficht ift nur burd) eine
Unterfudjung beS öorliegenbeu UrfunbenmaterialS möglid), ba über Äattenljof
roeber annatifttfe^ed nodj, mit geringen ausnahmen, djroniftifdjeS Quellenmaterial
üorliegt, bagegen ein um fo umfangreicheres Urfunbenmatertal, baS burd) bie
* 88 ) ^iftorifdöe ©Triften I, ®. 76, Sübed 1836: „3)ieS Sübed an ber
®d)nmrtau, auf Seibern beS eutinifd)en SJorroerfS ffaltenljof, in bem SBinfel, ben
bie ©djmartau mit ber 2raöe, in bie fie Ijier faßt, bilbet, ift nadjbem nidjt nrieber
entftanben."
* 84 ) 2t. o., Sanb II, ©. 135: „S)aS in einem großen Sogen ber ©martau,
bidjt öor iljrem Sinflufe in bie Iraöe, lag."
,85 ) ßübecfifdje Eljronif, ©. 13: „SBaS nun Sübed betrifft, fo mag in bem
SBinfel, mo bie ©djtoartau in bie Iraöe fällt unb tjeute fialten^of liegt, fcieQeid)t
fdjon früher einer jener, burd) natürliche Sage unb SJerfdjanjungen befeftigten Sßläfte
gemefen fein."
,86 ) Oben ift barauf ljutgenriefen morben, baß §aupt Slltlübed am linfen
Xraöeufer in ber SRätje bon SBtlljelmSljöije, eine Sirene «ItlübedS an ber ©tätte
beS heutigen ßübeds am regten Irabeufer fud)t. Demnach erfdjeint es unmöglich,
baß er Jlltlübed audj nodj nad) Äattentjof berlegt: benn eS mü&te fd>on eine
SRiOionenftabt fein, bie gleichzeitig baS ©elänbe bon Sübecf, 9Bilf)elm$f)öt)e unb bem
entfernten ffaltenljof etnjuneljmen bermöd)te. £aupt berlegt benn aud) 2lltlübed
nad) ffattenljof, ofjne eS au ttriffen. ®r meifc nidjt, bog baSjenige, maS er oon
bem »Itlübeder „©urgberg" berietet, fid) nidjt auf ben ©urgtoatt $u Slttlübed,
fonbem auf bie curia nova ju ffaltentjof be^ie^t, ttrie im folgenben bargelegt
toerben ttrirb, aber aud) bamals, als ftaupt fein angeführte« 83ud) fdjrieb, bon $lug
längft bargelegt morben mar: „S)er ©urgberg blieb bebaut, l)at Diel änDerungen
unb Scrftörungen an feinen Sauten erlebt, ift gulefct bon ben Sürgermeiftem ber-
toüftet unb tool)l gänjlid) abgetragen toorben (incendiis et ruinis funditus
destruxerunt et fundum spoliaverunt) ; 1298 fdjon ttwrb böflige Sertuüftung ber
öefeftigung berabrebet (lüb. Urf. 99. I, 380)." 5)iefe ganje ©teile au« £auptS
Ausführungen begießt fid) mit 8luSnal)me ber erften S^ <* u f bie nova curia
ober ffaltenljof; bie erfte &ilt pafct boflenbS meber auf bie nova curia nod)
auf Slltlübed, benn einen Serg tjat eS auf bem niebrigen, alle brei bis bier
Saljre öon ©turmfluten überfc^toemmten SBiefengelänbe 2lltlübedS nie gegeben,
fonbem nur einen ©urgtoaü. ©leic^fam als wollte er baS ©rftaunen feiner Sefer
nod) er^ö^en, fügt §aupt Ijinju:, „3)er SSeweiS üon einer SBanberung beS 9?amenS
^at nic^t geführt »erben fönnen; foßte aber baS nörblidje Sraöenufer auf eine fo
weite ©trede ^in auf ben Stamen ?lnfpruc^ machen fönnen, fo ift nur bettriefen,
ba& Sltlübed fe^r groß mar." ^auptS 2)urdjeinanber mirb gerabeju unbegreiflich,
toenn man bie auffallenbe ©ic^er^eit in ©etradjt jie^t, mit ber $aupt feine nriber«
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92
Arbeiten öon SMug unb Sßtüjelm Sre^ner* 87 ) jum großen Seil jufammengefteflt
roorben ift. Soll ber Überblitf, ben biefe Arbeit ju bieten fudjt, ein bollftänbiger
fein, fo ift eine Vorlegung biefer fomplijierten, fid) teittoeife föeinbat miber»
fpredjenben urfunbtidjen SRadjridjten nidjt ju umgeben, um fo weniger, at3 burdj
bie üerbienftöollen Darlegungen ÄlugS unb SBreljmerS über bie nova Curia, wie
§aupt3 angeführte SluSffiljrungen beroeifen, eine neue SBerroedjfetung entftanben ift,
bie öon Dlbenlubefe mit ber Curia nova ober Jfaltentyof, weil meber Älug
nod) JBre^mer biefe ^rage einge^enb genug befjanbelt fjaben. ©ine Unterfudjung
aller urfunbti^en 9Jad)rid)ten über Dlbenlubefe unb bie nova Curia gibt jubem
einen Slnljalt jur ©enrinnung eiltet Urteite über ben SBefifc ber SUtlfibeder Sirene
fomie be3 fiübeder SiStumS unmittelbar nadj feiner Segrünbung.
b. Die ©cfjicffale SUtlübecfS nad) ber ^erftörung *>on 1138 big 1225.
21(3 Slltlübed 1138 jerftört roorben mar, muffen oon bem Drte, ber bie
9tefibenj be$ SBcnbenfönigS |>einrid) unb ber SBenbenfürftcn Qtotnttpoldf unb
SßribiSfafc geroefen mar unb in bem ber sroeite SBenbenfönig, ben bie ©efdjidjte
fennt, ber Däne Änut fiaroarb, eine Sirene Ijatte weisen laffen, nid)t unbeträchtliche
Überrefte öorfyanben geroefen fein, roetdje einen guten Unterfd)fupf für gifdjer unb
ft>rud)t)oflen Darlegungen über ben 9lbfd)nitt „Slltlübeder SRefte" beginnt, um bar-
julegen, e8 fei eine Xorljett, an ber ©teile be3 ©urgroallä Slltlübed $u fuetyen:
,,©iel)t man ben $la$ fetbft an, fo fprtngt bie Unroirfltd)fett (!) jener 2lngaben in
bie 2tugen; betrachtet man ifyre Segrünbung, bie Unüoöfommen^ett berfelben. Der
gefdjidjtlidjen unb fadjlidjen ©djroierigfeiten, bie au3 ber Slnnaljme folgen, finb
un$äf)lige. Unb nidjtS $roingt, gerabe (!) btefen $lafc als ©tätte 2l(tenlübed$ $u
betrachten." Irofc fo ftarfer Dppofition bringt e3 $aupt fertig, eine tjalbe ©cite
fpäter eben biefen $la{j, ben er SSurgberg nennt, für SHtlübed in 2lnfprud) $u
nehmen unb auf ifjn bie ©djidfale öon — Saltenljof $u übertragen! SRan muß
bU auf ^ermann fforner aurütfgefjcn, um eine äfjnlidje SSermtrrung über bie Sage,
ben tarnen unb bie Sirenen SlltlübedS ju finben roie 1884 bei Jpaupt! $aupt fyätte
beffer getan, fid) ben roenig angebrachten #oljn über „bie Sübeder @efcfytd)t£forfd)er"
ju erfparen, für bie „eä äufcerft oerlodenb mar, barin (seil, in ber Sluffinbung ber
fiübeefer Sirdjenfunbamente) eine üofle Seftätigung aller ber 2lnnat)men ju feljen,
meiere f)ier bie ©eburtsftätte t&rer ©tabt fudjen." Übrigens fann oon fiübeefer
©efdjidjtsforfdjcrn, meiere bie unabroetebaren Folgerungen aus bem Sirdjenfunbament
gebogen Ijaben, nic^t bie 9tebe fein: ein einziger äutor ijat biefe Folgerungen ge-
bogen, ber $aftor Klug, unb jroar in einer fo rutjigen, fac^lic^en ffietfe, bafe $au^t3
unmottoierter Eingriff erfolglos geblieben ift, mie f4on Srefjmer betont (a. o. ©. 6).
237 ) „Über bie Sage oon ailtlübecf" in ber 3eitfdjrift be3 SSereind für
fiübeefifc^e ®t\d)\d)te unb 2Utertum3funbe 93b. V, ©. 1—13, ßübeef 1888.
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93
4pirtcn ju bieten geeignet waren, bie auf ber anfdjeinenb niemals anberS* 88 ) als
jur SSie^ju^t benufcten, graSreidjen §atbinfd bie befte SBeibe für iljr SBiel) ftnbcn
fonnten. ©owett bie ehemaligen, wenbifdjen 93ewol)ner beS DrtS nidjt burd) bie
brei binnen 3al)re3frift* 89 ) über fie Ijereingebrodjenen Sataftropljen baljingerafft
waren : burd) ben SRanenüberfall bom ©ommer 1138, burd) ben SRadjejug $einrid)S
fcon SBabemibe im SBinter 1138/39, fowie burd) ben SRaubjug ber $olfaten int
©ommer 1139, werben fie nad) biefen ©d)icffafefd)(ägen bod) woljl nad) ber alten
$eimat jurürfgefe^rt fein, bie iljnen burd} bie auSgebeljnten SBiefenfluren unb ben
fjifdjreidjtum in ben ringsumher gelegenen ©djilfgemäffern ein berljättniSmäßig
forgenlofeS 3)afein ermöglichte.
SRan wirb baljer ben Ort Slltlübed audj nad) feiner 3erftörung, wenn aud)
nur afe Sfifäer» unb $irtenfiebelung, afe meiterejiftierenb anjufeljen Ijaben, jumal
e^e ©raf Slbolf II. fünf Saljre fpäter ju 95ucu feine SKeugrünbung öornaljm.
©oweit man überhaupt an einen SBieberaufbau ber fd)on fo oft fcerljeerten ©tabt
gebaut Ijaben wirb, wirb man an biefen SBieberaufbau naturgemäß an ber ©teile
beS Sltlübeder SBurgwallS gebaut Ijaben 3)abei muß man fid) vergegenwärtigen,
wie unglaublich einfach bie Seljaufungen ber SBenbcn waren. 3)ie SßorfteKungen
über iljre §äufer unb Sßoljnungen finb aber oft ebenfo öerfeljrt, ja naio, wie bie
über ben Umfang iljrer 2Bof)npläfce, bie fid) biejenigen, welche fid) mit atttttbifdjer
®efdjid)te befaßt Ijaben, faft regelmäßig üiel 3U groß öorftellen, fo ber 2trjt
91. #. SBreljmer unb Sßilljetm SBreljmer, ©djmibt, $aupt u. a. — 2BaS ben
Sljarafter ber menbifdjen SBeljaufungen anbelangt, fo fei in biefer SBejie^ung auf
bie maßgebenbe ©djilberung beS beften ÄennerS ber SBenben Ijingewiefen. $elmolb
betont am (Snbe feiner ©laöendjronif, wie bie SRaubluft unb bie SBorliebe für
©eeunterneljmungen in fo Ijoljem ©rabe ©runbeigenfdjaften ber baftifdjen ©laöen
feien, ba^ fie ben Äderbau gänjlid) fyntanfefcten, um fid) jeber Qtxt iljrer Neigung
für SßtünberungSjüge Eingeben ju fönnen. $fyx größter 9?etd)tum beruhe baljer
288 ) 9luf feiner Sanbfarte, in feiner Eljronif ober fonftigen 3)arfteKung, in
feiner Urfunbe Wirb auf ber niebrigen £albinfel oon Slltlübed Sufdj, SBalb ober
Slderbau erwähnt: in f amtlichen arten oon OueQen ift auSfdjließttdj öon prata unb
©raSflädjen bie Siebe, bie ben Überfdjwemmungen auSgefefct waren. Slud) bei ben
ttrieberljolten äuSgrabungen finb niemals 93aumwur$eln gefunben Worten, fo jal)l«
reidj unb fo großartig bie gunbe an bearbeiteten ober für SefeftigungSanlagen ber-
toenbeten #öljern aud) gewefen finb. 3Rit 9ted)t behauptet aud) 83rel)mer (a. 0.,
S. 9) „ — bie ganje — gläc^e ift nachweisbar feit ben älteften 3*iten nic^t $um
Slderbau, fonbem als ewige SGBcibe benufct worben".
* 8e ) Sgl. unten am Schluß beS äbfdjnitteS : „$aS SUter oon «Itlüberf".
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94
auf il)ren ©Riffen, bie tynen wertvoller feien al8 t^re Käufer. Auf ifyre Seljau-
fungen legten fie fo geringen SBert, ba§ fie auf ben $<*u3bau überhaupt nicf}t
fonberlidje 2Wülje öermenbeten. 3f)te #ütten foHten .ifyten Ijauptfädjlidj gegen
©türm unb Siegen einen Unterfcfjlupf gewähren, unb aud> für biefen 3 mcc * nur
eben jur Slot: necessitati tantum consulentes. Sridjt ein $rieg au3, fo brefcfjen
fie it)r betreibe, bergen ba3 gebrofäene ©etreibe famt allen iljren ^abfeligfeiten,
©olb unb ©über in (Gruben, bringen SBeiber unb fi'inber in ifjre civitates 240 )
unb taffen bem geinbe nid)t3 afö tl)re leeren $ütten jurücf, bereu SScrtuft ifjnen
gleichgültig ift. Sei folgen ©erooljntjeiten ift e3 begreiflich, bafe fie ifyre $ütten
lebiglid) aus gled)twerf Ijerftellen. 2 * 1 )
Durcf) feinen SRingroaü, ju beffen Sefeftigung, wie bic SluSgrabungen ergeben
Ijaben, ganje ©idjemoälber berroenbet waren, bot Slltlübecf aud) naty feiner 3 er-
ftörung ben SBenben einen fo wiüfommenen Unterfdjlupf, wie fie itjn beffer ringsum
nidjt finben fonnten. ©ie brausten iljre elenben Ratten nur an bie innere ober
äujiere SBanb be3 9?ingwalle3 anjubauen, um nod) fäneller unb müljefofer ju neuen
3Bot)nftätten ju gelangen, als e$ ifjnen bei iljrer flüchtigen Sauart fo fdjon möglich
war. ÜberbieS mufeten bie burd) ben Sranb ber 3^ftörung öon 1138 nidjt ver-
tilgten, fonbern nur angefüllten Sidjenbalfen iljnen ein Saumaterial für i^re
anfj>rud)3lofen Seljaufungen geben, wie fie eä bequemer anberwärtS gar nidjt
erlangen fonnten. Sei ityrer Sorliebe für ©djiffaljrt, gifc^crei unb ©djiffbefifc
mußten fie in erfter Sinie bie 9Köglid)feit Ijaben, iljre ©djiffe unterbringen unb
ftfdjen ju fönnen, eine 9Jlögficf)feit, bie gleichfalls fie weit unb breit nirgenbS fo
gut fjaben fonnten wie in ber SBaffer«, ©ra3» unb ©djilfwilbniS üon Slltlübecf.
Sei folgen Serljältniffen unb ®ewoljnl)eiten mürbe man eine, wenn aud) nur
notbürftige Sefiebelung 2lltlübed3 aud) nad) ber 3* r ftörung öon 1138 felbft oljne
24 °) Über ben Segriff civitas ögl. unten, 2tnm. 356. £elmolb fpridjt t)ier
übrigen« nidjt üon civitates, fonbern üon munitiones.
24 x ) $elmolb II, 13: «Sclavi enim clandestinis ineursibus maxime
valent. Ünde etiam recenti adhuc etate latrocinalis hec consuetudo adeo
apud eos invaluit, ut omissis penitus agriculture commodis ad navales
excursus expeditas semper intenderint manus, unicam spem et divitiarum
8ummam in navibus habentes sitam. Sed nee in construendis edifieiis operosi
sunt, quin potius casas de virgultis contexunt, necessitati tantum consulentes
adversus tempestates et pluvias. Quotiens autem bellicus tumultus insonuerit,
omnem annonam paleis excussam, aurum quoque et argentum et preciosa
queque fossis abdunt, uxores et parvulos munitionibus vel certe silvis
contntant. Nee quiequam hostili patet direptioni nisi tuguria tantum, quorum
amissionem facillimam iudicant.»
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jcben DueHennadjtoeiS annehmen muffen, bod) fönntc man leiteten ötcQci^t in
ber etnjigen ©teile finben, ht ber ^ctmolb fief) be3 9Jamen3 «vetus Lubika»
bebient. ^clmolb fyit 1167 ober 1168 fein erfte3 93ud) boüenbet. DomaÖ,
fdjreibt er, gur Qtit be3 SßenbentönigS $etnrid), Ijätte e3 in universa Sclavia
feine anbere Ätrdje gegeben, nisi iu urbe tantum que nunc — alfo 1167 ober
1168 — vetus Lubika dicitur. SluS biefer ©teile fönnte man IjerauStefen,
bafj 1167 ober 1168 noef} eine ©tebetung vetus Lubika beftanb: aber jroingenb
ift biefe Sluffaffung ber ©teile nic^t.
c. Die ätteftc lübtfdje Urfunbe.
©inen ferneren, erljebtidf älteren folgen $inn>ei8 fönnte man in ber älteften
lübiföen Urfunbe erbtiefen, mit ber 1843 ba3 elfbänbige, fjeute nod) lange
nidjt abgesoffene £übecfifd)e Urfunbenbud) eröffnet ttmrbe. SlHerbingS ift bie
6d)tljeit biefeS 3)ij>Iom8 in 3^ c if c I Otogen toorben, wenn auefj ein jur Äritif fo
geneigter 3 roe tft cr wie ©djirren nod) 1876 betont, bafe ber SRac^mci^ ber gätfdjung
für biefe Urfunbe, „toeldje bisher allgemein afe edjt gegolten l)at", 242 ) fdjroieriger
fein bürfte. 248 ) Jrofcbem fudjt ©cfjirren bk Urfunbe ate unecht fjinjuftellen, er
mufj aber jugeben, bafj ba3 SßrotofoQ big auf eine Äteinigfeit „unanfechtbar unb
cbenfo unanfechtbar nad) ©til unb Snfjalt bie jweite §älfte ber 3)i3pofition" ift.
Dagegen Ijätt er bie jfoeite §älfte ber Di^ofition für „an gorm unb 3nljalt
mit l)inreid)enben SDierfmaten ber gfälfdmng behaftet". 3n biefer jtoeiten §älfte
übertoeift König ßonrab III. am 5. Sanuar 1139 — alfo ein falbes 244 ) &rf)r
nad) ber 3erftörung Sllttübcdö — SSicelin bie ßirdje ju Sttlübed.
@3 ift felbftoerftänblid), bafe bie fiirdje ju Sllttübecf, welche unter bem
©laöenfönig $einrid) mit Sßrieftern befefct, unter bem jmeiten ©taöenfönig Änut
fiamarb geweift, unter oier ©laöenfürften: ^einridj, 3 w *ntej>oId), Snut unb
Sßribtelatu mit ©eifttidjen öerfeljen unb öon bem grofjen ©adjfenfaifer fiotljar aufs
einbringlidjfte bem befonberen ©djufee öon Sßribiälaro empfohlen toorben war, 246 )
24 2 ) ©o nod) 1886 bei SBattenbad) in beffen Slbamüberfefcung ber feiten
©efamtauägabe ber ©efdjidjtfdjreiber ber beutfdjen SJorjeit, ©. 199, 2tnm. 8.
24 8 ) Seiträge jur Sritif älterer Ijolftemifdjer ©efdjidjtäquellen, ©. 223. 3Ran
ögL aud) #aurf, a. o., IV, ©. 602, 9lnm. 6.
244 ) «gl. unten ben «bfänitt über baS Sllter SllttübedS.
246 ) 1; 53, ©. 109. c Imperator — venit in terram Sclavorum ad locum
destinatum (nad) bem ©egeberger ftalfberge). Idem quoque fecit de
Lubicensi ecclesia, preeipiens Prlbizlavo sab obtentu gratie sue, ut memorati
sacerdotis vel qui vicem eius egissent, plenam gereret diligentiam.»
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and) 9Kittet für iljre ©giften} erhalten Ijaben mufcte. 3)iefe annähme wirb Ijier
urfunb(id) beftättgt. 3)ie beiben d)rifttid)en, au§ ber bänifdjen unb bcutfdjen ffultur-
f^ärc Ijeröorgegangenen ©laöenfönige fttintid) unb ftnut Ratten ftc mit villis et
omnibus ad eam pertinentibus auSgeftattet, mie fie ja and) öon 3)änemarf, öon
©djIeSmig unb öon SRorbatbingien Ijer an bie JBcbürfniffc unb Slnfprüdje neu
gegrünbeter Atrien gerooljnt fein mußten. SBenn 2lltlübed and) ein IjatbeS
3al)r öor ShiSfteÖung ber Urfunbe jerftört morben mar, fo mar bodf ber JBefifc
ber SUttübeder Ätrdje an ©runb unb SBoben ungefdjmälert befielen geblieben unb
fonnte Jomit nebft ben Privilegien ber Äirdje and) nadj beren 3 cr f*örung über-
tragen werben. 3)ie Sirdje fefbft Ijätte fid) um fo leichter mieber aufbauen
laffen, als iljre auSgebeljnten fteinernen gunbamente fid) nunmehr bereite big 1908
erhalten Ijaben. SBon einem SBieberaufbau be3 castrum Lubece burd) ben ®rafen
toon #olftein, ber fiel) 1138—39 bnxd) bie (im »bfdjnitt über ba3 Sllter SHtlübedS)
betyrodjenen 3^8* in ben ©efifc SBagrienS gefegt Ijatte, an anberer ©teile war
aber im Sanuar 1139 nodj feine 9?ebe, am menigften in 93ucu, ber eine SDiette
toeiter nad) ©üben, eine 9Keile meiter öon ber djriftlidjen Sinftufef^äre entfernt
unb bereite tiefer in bem rein l)eibni}d) gebliebenen ©taöentanbe gelegenen Öbftätte,
urbs desolata. ©o märe e3 mol)t öerftänbtid), menn $önig Äonrab III. im
3anuar 1139 ecclesiam in Castro Lubece cum villis ufm. an SJicelin bedienen
Ijätte, trofebem Ältlübed im ©ommer 1138 jerftört morben mar, mie ben Tutoren
gegenüber betont merben mufe, bie biefe ©djenfung für unedjt galten, meil bie
Äirdje bamalS gar nidjt meljr ejiftiert fyabe. 35er Seridjt £etmotb3 über bie
ermähnte (3lnm. 245) Verfügung Shifer öotljarS an ben gu 9Httübed refibierenben
Sßenbenfürften SßribiSlam ermedt ben Sinbrud, als Ijabe $etmotb audj an biefer
©teile, mie er häufiger ju tun pflegt, ben lejt einer Urfunbe ober fdjriftlid)en
2BiHen3funbgebung SotfjarS für feinen £ejt öermertet. SBenbungen mie «sub
obtentu gratie sue», «memorati sacerdotis», «velqui vicem eius egissent»,
t>ielleid}t and) ber 2lu3brud «de Lubicensi ecclesia» f deinen bie urfunblidje
SBorlage ju berraten. SBäre biefe Slnfidjt jutreffenb, fo mürbe Ijierburdj eine
äfjntidje Urfunbe über Ältlübed feitenS be3 ÄaiferS Sotljar nadjgemiefen morben
fein, mie fie ein paar 3>al)re fpäter in ber Ijier befprodjenen Urfunbe Äönig
ÄonrabS III. vorliegt. (Wlan bgl. audj bie oben, ©.31, SInm. 68 gegebenen
SluSfüljrungen über bie gäfygfeit SBicefinä, Urfunben auSjufteflen.)
gür bie l)ter in Setradjt fommenben ^tagen behält bie Urfunbe and) bann
üjren SBert, menn fie gefätjdjt fein foflte. 2)ie gälfdjung fann fic^ nur auf einen
£eü ber Donation, im fdjlimmften galle auf bie ganje ©c^enfung bejie^en, alfo
barauf, entroeber ba| bie Sir^e überhaupt übermiefen morben ift, ober bafy fte
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toon Äonrab III., ober ba$ fic an SBtcelin gefdjenft toorben ift, aber e3 märe
roiberfinnig, anjuueljmen, ba& in ber gefällten Ürfunbe etroaS öerfc&enft toorbcn
roäre, toa3 in 2Birflirf)feit gar nicfyt ejiftiert Ijätte, bafc e3 alfo toeber eine Sirene
ju SHtlfibecf noef} einen ©runbbefifc biefer Ätrdje gegeben Ijätte. SBielmeljr ift bie
Grroatynung be3 (SrunbbefifceS um fo unöerfängtidjer, afe bie Kamen ber einjelnen
^Dörfer nidt)t genannt werben. SBäre e$ eine Unma^eit, bafc bie Äirdje ju Sllt-
lübed mehrere Dörfer befeffen l)ätte unb fyattt bie gälf^ung ben 3 ro ecf gehabt,
ein Slnredjt ber Slltlübecfer Äirdje auf mehrere Dörfer ju fixieren, btö in SBirf«
Itdjfeit nid)t öor^anben mar, fo fyätten btefe Dörfer namentlich aufgeführt roerben
muffen.
d. Der Äönigtitet $einrid)3 unb ftnut$.
(Sbenfo ftefjt e3 mit bem öielbeftrittenen Sitel rex £einridj3, meldj lefeteren
©girren Jjöljnenb als ©laoenljeinrid) bejeiAnet, ja beffen Sjiftenj ganj ju leugnen
er nidjt Siebenten trägt. SDieineS @rad)ten3 toirb ber Äönigtitel $einridj3 nidjt
nur burd) jaljlreidje Quetlennad)rid)ten, fonbern namentlich burd) bie eintoanb«
freie unb beftimmte Angabe be3 Chrouicon Monasterii St 1 . Michaelis de
Saxoniae prineipibus gegen jeben 3 tDC ^f e ^ fidjergefteflt: tOccisus est etiam
Henricus rex Slauorum, cuius corpus delatum Lüneburg sepultumque in
ecclesia saneti Michaelis.» 246 ) SBer aud) biefeä unöerbäcf)tige 3 eu fl n ^ nic^t
gelten taffen rottt unb, tuie ^aöfe, 247 ) in £einridj nur einen flaoifdjen Änä3
crblicft, ber nrirb toenigftenS ba3 unjtoeibeutige, an SBert einer eckten öeurfunbung
flleidjfommenbe 3 eu 8 n ^ i cneT Cuelle gelten laffen muffen, bie für bie Sfjronologie
<2adjfen3 a(3 $auptquelle bejeidjnet werben mufe, be3 in djronologifdjer Sejieljung
unb für bie ®efd)id}te ber fäd)fifd)en Stynaften unfdjäfcbaren Necrologium
Monasterii S. Michaelis, belauf otge am 22. 3Kärj ftarb: «Heinricus rex
Sclauorum» 246 ) 3n fiüneburg, too $einrid)3 SBater ©ottfdjalf im 9Jlidjaeli3-
ftofter erjogen toorben mar unb ©ottfdjalfS Selber, ©obföalf oon 9?ammcl3toIj,
oorljer SMfdjof ju @!ara in ©d)toeben, bamalS 33orftef)er be3 ÄlofterS mar; 248 )
* 46 ) SBebeftnb, SRoten ju einigen OefdjidjtSfdjreibem be£ beutfdjen SOitttet*
alter« I, 6. 413, Hamburg 1823; fohrie 83b. III, ©. 22, Hamburg 1836.
* 47 ) 21. o, © 5.
24 8 ) SSgl. «bam II, 62: grjbiföof SibentiuS oon Hamburg (1029—1032)
fefcte Thorgato (bem SSifdjof ber ®oten) successorem de Ramsola Gote-
scalcum episcopum. 11,64: Der djriftlidje SBenbenfürft Uto, filius Mistiwoi, Ijatte
einen filium Gotescalcum, qui per idem tempus apud Luniburg, monasterium
ducis, litteralibus erudiebatur studiis, Gotescalco, Gothorum episcopo, eiusdem
8*ttr. b. 8. f. 8. «. x, l. 7
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in ßüneburg, moljin bie Seiche beS ermorbeten ©ottfd&alffoIjneS gebracht unb mo
fic beftatiet morben mar; am ©ifce ber fäd)fifcf)en 33iBunger$erjoge, bte mit bei
Sramilie ®ottfdjalfS unb §einrid}3 bcfrcunbct maren unb mit iljr bie gleiten
Sntereffen verfolgten, wirb unb muß man über biefe merfmfirbige menbifdje Surften*
familie beffer Sefdjeib gemußt Ijaben als irgenbmo anberS. 2)iefe jmiefadjen,
unanfechtbaren fiüneburger S^wflniRe betätigen bie Angabe ber Äonraburfunbe, baß
Hinricus rex Slauorum mar, ebenfo nrie baS 3 eu Ö n ^ $elmolbS, ©iboS u. a. m.
@S märe miberfinnig, anjuneljmen, baß bie Urfunbe, aud) menn fie gefälfcfjt
märe, bem fei eS berühmten, fei eS berüchtigten, {ebenfalls aber bamalS aflbefanntert
©laöenljeinricf) bie ^öd^fte irbifdje SBürbe jugefprodjen Ijaben mürbe, menn er fie
nid)t mit gug unb 9led)t, nidjt als if)m öom Äaifer ßottyar verliehenen amtlichen
Xitel geführt fyätte; oon £otf)ar, mit bem jufammen er 3 ü 9 e 9 e 9 en unbotmäßige
SEBenbenöölfer geführt Ijatte unb mit bem er furj öor fiotfjarS ÄönigSmaljl bis
nad) SRügen gebogen mar. 249 ) $)ie Urfunbe ift oom o. 3anuar 1139 batiert.
damals mar ftönig |>einrid) unb fein ganjeS ©efdjledjt längft ausgerottet morben,
fo baß nidjt abjufefjen märe, mem jutiebe ober juleibe ber Xitel $einricf)S Ijätte
gefälfdjt merben follen, falls ber ßönigtitel £einrid)S in biefer Urfunbe eine
gälfdjung märe, ©erabe falls bie Urfunbe unecht märe, müßten bie gälfdjer um
fo peinlicher barauf bebaut gemefen fein, einer aÜbefannten Sßerfönlidjfeit nid)t
einen Jitel beizulegen, beffen SRidjtejiftena ober Unmaljrljeit oon jebermann burdj»
fdjaut morben märe. S)ie Übereinftimmung ber Urfunbe, ber 2Rid)aelSdjronif, beS
s Jiefro(ogiumS unb £elmolbS, 260 ) öon anberen Quellen 261 ) ganj abgefeljen, muß
jeben $meifel barüber ausließen, baß $t\nnd) nid^t bloß ein ÄnäS mar, fonbern
coenobii curam agente. SRad) SBebefinb („3ur ©efdfjidfjte beS SalfbergeS unb beS
fflofterS ©. 3Rid)aeliS ju ßüneburg" a. o. 93b. II, 1835, SRote 59, ©. 327) ftarb
©ottfdjaif als 15. 2tbt beS filofterS © SRidjaeliS am 21. Dftober 1158.
249 ) ©elmolb I, 38, ©. 82: «Accitoque duce Liudero, proxima hieme,
que mare pervium reddidit, intravit terram Rugianorum cum magno Sclavorum
et Saxonum exercitu.»
26 °) ftelmotb I, 38, 46 ufm.
251 ) 3$ führe nur nodj SSicelinS unb #elmolbS 3«tgenoffen, ben Slofterpropft
©ibo öon SReumünfter an, ber fomofjl in ben versus de vita Vicelini (a. o ©. 161,
SSerS 88), bei beren 9lbfaffung er $elmolbS ©laüendjronif nod) ttid^t fannte, als in
feiner epistola (©. 176) £>einrid) als rex Slavorum bezeichnet: tAt rex Heinricus,
fidei non fictus amicus» fomie «mercatores mereimonia sua incolis deferentes
anchoras suas iecerant ad municionem Hinrici regis Slavorum.»
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mit 3fug unb SRedjt bcn Stiel rex Slavorum führte, mie fpäter fein SRadjfolger
£nut Samarb, bem gleichfalls ßotljar biefe SBürbe oerlieljen Ijatte. 262 )
3)ie Urfunbe Äönig ÄonrabS tft fomit für bie «Itlübecfer ®efd>id>te aud)
bann oon ljof)er SBebeutung, roenn fie unecht tft: gerabe bann mußte um fo größere
Sorgfalt auf bie wahrheitsgemäße SBtebergabe foldjer 2)inge unb SBerljältniffe
262 ) $>elmotb 1, 49: «Adiit igitur Lotharium imperatorem, emitque
multa peeunia regnoni Obotritorum, omnem scilieet potestatem qoa preditos
faerat Heinrieos. Et posuit imperator coronam in caput eius, ut esset rex
Obotritoram, reeepitque eum in hominem.i ©o mie #elmolbS SRadfjridjt über ben
Königtitel ©einridjS aufs befte burd) anbere Duetten beftätigt ttnrb, fo aud) feine
s Jlad)rid)t über baS flaoifdje Königtum StnutS. #etmotbS angäbe mirb als richtig
bemiefen burdj Albertus Stadensis ad annum 1133 unb eine gange Steige norbifdjer
3eugntffe, fo burd) bie um bie SRitte beS 12. 3atjrtjunbert$ oon bem fdjottifdjen
SBifctyof StobertuS (SlgenftS gefdjriebene vita divi Canuti iunioris regis Obotritorum,
bie fdjon burdj tyren Xitel Jtnut als rex Obotritorum beftätigt; bann burdj baS
mistige fiunbener necrologium, baS ßnut als gloriosus Slavorum rex be$eid)net
(tjg. oon SBaifc 1892 in ben MG. 88, 29, ®. 4); burd) Wilhelmi genealogia
Ingeburgis reginae (l>g. oon SBaifc, MG. 29; 165, 27): eiste Kanutus dux
fuit Danorum et rex Sclavorum», fomie burdj bie Oierte 2e!tion beS officium
Sancti Kanuti Ducis (MG. 29, 14 unb Ouettenfammtung IV, ©. 44): tTu,
inquid (ber 3)änenfönig SRilS ju finut), contra consuetudines terra nova quedam
induxisti, et in Sclavia contra me et regnum meum nomen regis tibi USUr-
pasti.» 3 U biefer angäbe beS DfficiumS ftimmt bie SRitteilung oon ©ajo ©ram«
maticuS (MG. 29; 74, 29 unb in ber oottftäubtgen . «uSgabe oon ©tepljanuS 3ol).
©tepfjaniuS — Saxonis Grammatici historiae Danicae libri XVI, Sorae 1644,
I, ©. 234), Knut fjabe feinem Raifer unb 2ef)nSf)errn öotfjar ein SRoß mit golbenen
#ufen gefdjenft, fomie ©ajroS ausführlichen SBeridjt über ben Streit jmifd^en 9WIS
unb ftnut megen beS oon Jtnut angenommenen ÄönigtttefS (MG. 29; 76 u. 77;
©tepljaniuS I, ©. 237). SRubolf Ufinger madjt 1875 barauf aufmerffam, baß in
©djleSmig eine ^od^angefe^ene ©übe „baS ©ebädjtnis an baS furje Königtum SnutS
über bie benachbarten ©laoen" erhalten fjabe, „baS freiließ für ©djleStoig, meines
auf foldje SBeife guerft mit einem großen Seil beS heutigen #olfteinS unter ©ine
§errfdjaft fam, Oon gang befonberer SBidjtigfeit fein mußte".
©o ift eS nidjt gu oerrounbern, baß audj bie barftettenbe ©efdjidjtfdjreibung
ftnut als ftönig ber ©laoen anertannt tyat ®S mitt groar nichts fagen, roenn ein
gabulator rote aRarfdjaft if)n als 37. (Annal. Vandalorum, a. o, ®. 235) ober
menn ifjn SDtarfdjalfS ©rgänger SBafmeifler als 40. SBenbenfömg bejeidjnet (Johannis
Bakmeieteri animadversiones Genealogico - Chronologico - Historicae in Mare-
scbalci libro8 VII b. SBeftpfjalen, a. o., I, ©. 503), ober menn ein ©djriftftefler
oon ber naioen ©läubigfeit ©eeborfS ergäbt: „9tad)bem nun Äönig EanutuS — eine
3eittang gu Sübetf (gemeint ift 9lltlübed) refibiret unb bie Sirenen mieber gebauet
unb einroeiljen laßen", aber bereits ber alte ©olbaft (Melchioris Goldasti ab
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gelegt werben, bie aßen ^Beteiligten bamalS nodj geläufig waren. 3dj entnehme
iljr bafjer jum minbeften brei mistige $)aten:
1. bafe in Sütlübed eine ecelesia lag,
2. bafe biefe ecelesia mit villis et oennibus ad eam pertineutibus auS-
geftattet mar,
3. bafc ber in 9lltlübed refibierenbe gürft $einridj nad) ber in ber beutfdjen
Äanjlei fjerrfdjenben 9?orm ben Sitel rex Slauorum trug.
Haiminsfeld Memoranda vetera Holsatica bei SBeftpljalen, a. o., I, ©. 903) trifft
ba£ {Richtige, wenn er üon 2otyar berichtet: „ — Ijat er #erfcog finutl)en ju
Schleswig, als getreuen 9teidjS-5ürften — $um fiömg ber SBenben erf>öf>et". 1840
1 f djreibt ein Kenner wie fcaljlmann (©efdjidjte üon Sänemarf, I, ©. 219) ungefähr
baSfelbe wie ©olbaft: „9hm erft bemühte ftdj iljr SlutSüerwanbter um baS 3teidj
unb erhielt baSfelbe öon fiaifer 2otyar, ber, als jugleidj #erjog t>on ©adtfen, feinen
SBert ju fdjäfcen wußte, für eine große Summe ©elbeS $u fielen, als ba| jefct gum
beutfäen SteidjSletyen warb, waS #einric§ als fädjfifdjeS fielen befeffen tyatte. Der
fiaifer frönte iljn mit eigener £anb jum fiönig ber Dbotriten, in feinem ßanbe aber
nannte man tfjn allgemein nad) angelfädrfifdjer Strt ben #laforb (2orb), baS ift: ben
#erm, unb fo nennen ilpt bie S)änen nod) freute gern finut 2awarb." Sludj ein fo
ausgezeichneter, twrfidjtiger, aber oon tjtjperfritifdjer 3tt>cifelfud^t freier firitifer
wie 3affe folgt biefen Stadjri^jten unbebingt unb gibt 1843 als baS Satyr, in bem
finut Dbotritenfönig würbe, wotyl mit Siecht 1128 an (©efdjidjte beS fceutfdjen
SReidjS unter 2ottyar bem Saufen, ©. 235 unb ©. 108). ©teidjjeitig erflärt ber
©rfetyrte, ber nebft fjriebrid^ SBigger wotyl als ber befte Kenner ber menbifdjen
©efdjtdjte bejeidjnet werben barf, 2ubwig ©iefebredjt (SBenbifdje ©efdjidjten aus ben
3atyren 780 bis 1182, ©erlin 1843, »b. II, ©. 217 unb 332 fowie 335), bie
KönigSfrönung ftnutS burdj Sot^ar mit bem S^icfpolt, in bem 2ottyar als Saufen«
fjerjog mit Jfaifer $einrid) V. geftanben tyatte. SSon geringerer SBebeutung ift, bafc
1869 ^ermann SRetd) („fittut Slawarb, £er$og Don Schleswig" im 2lrdjh> ber
©djleSwig'#oift.'2auenb. ©ef. für öaterlänb. ©efd)., »b. 21, ©. 218) in feiner
Sonographie gleichfalls für bie fiönigSWürbe ftnutS eintritt, ba SReidj ftdj Weber
fonberlidj fritifdj unb juüerläffig üeranlagt, nodj attju unterrichtet jeigt. SSon
jüngeren Slnfidjten fei nod) baS Urteil SBiltyelmS oon ©tefebredjt erwähnt, ber in
feiner ©efdjidjte ber beutfdjen Äaifer$eit 1875 Dom Obotritenfönig #einridj f priest
unb fpäter fortfährt: „finut galt feitbem als fiönig in ©laüien, Wie #einridj juöor"
(a. o. 93b. IV., ©. 49 unb 69), fowie baS Urteil oon SBatfc, ber in ben Hn-
merfungen ju feiner 2tuSgabe Oon SBittyelmS genealogia Ingeburgis reginae 1892
Sfnut dux Danorum et rex Sclavorum nennt (MG. 88. 29, ©. 165, 27), enblidj
bie Snftdjt ^anS ö. ©djuberte, ber in feiner foeben erfdjienenen fiirc^engefc^tc^te
Sc^leSwig-^olfteinS (S3b. I, ©. 118; ogl. auc^ Beilage 1) ^eröor^ebt: „finut führte
als fiönig fein ^erjogtum noc^ me^r im Stnf^lujl an 3)eutfc^lanb."
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e. 2)er Übergang SlltlübedS oom SiStum an bic ©tabt Sübed.
Die jmeite Urfunbe, in ber Slltlübed toorfommt, ift 86 Saljre jünger afö bie
erfte. SBifdjof SBertljolb fiberläfet 1225 bie mansio in loco, qui dicitur alden-
lubeke, be3 lieben ^eiebend miHen, menn aud) mit fidjtbarem SBiberftreben, an bie
©tabt ü&btd. 3>ic Scannen be3 SifdjofS auf biefer mansio, bie ftd} auf ber
Stätte SllttübedS befanb, «burgenses nostri», lagen mit ber Sifdjep unb Wirten-
beöölferung — cum pauperes civitatis ibidem tarn in piscatioue quam in
graminum messione necessaria vite conquirerent — in ftetem ©treite, in bem
fie offenbar ben fürgeren sogen. Slu&erbem mürben bie burgenses ber mansio
burd) ratione navium transeuncium beläftigt, eine SBenbung, bie bem roirflidjen,
bodj mofjl politifdjen ober öerfeljrSpotitifdjem SBeroeggrunbe fdjon näljer lommen
bürfte, jugleid) ein SBeioetd, ba& 9lltlübed auf, an ober in bem SBurgmaH an ber
Jraöe lag, benn in bem abgelegenen Sfaltenljof fyätte man nidjt burd) bie üorüber»
fa^renben Jraöefdjiffe beläftigt merben lönnen. ©elbft menn leitete bie
lVi— 2 Silometer big Äaltentjof, öon ber Xraöe au«, bie ©djmartau Ijinauf gefahren
mären, nur um bie bifd)öflid)e mansio ju beläftigen, fo Ratten fie in bem bei
Äaltenljof fdjon badjartig engen galjrroaffer nidjt menben tonnen!
gür fpätere Ausführungen fei Ijeröorgeljoben, bafe 1225 nur bie am Slnfang
biefeS 3lbfd)nitte3 gef Gilberte öftlidje £albinfel an Sübed abgetreten mürbe: baS
meiter mefttidj gelegene, auSgebefjnte ©ebiet jmifdjen JremS unb ©djmartau, bie
terminos iufra premezen et premezen supra et zuartowe et zuartowe
supra 263 ) behielt fid) ber SBifdjof öor. SDiefe Abtretung SllttübedS an Sübed
roirb 1234 Dom 93ifd)of Sodann I. unb bem 2)omfapitel beftätigt, bie iljr Stecht
in loco, qui dicitur aldenlubeke, zwartowe supra et pramezen supra, intra
aridam et paludem Sübed überroeifen. 264 ) Um aber ganj fidjer ju geljen, liefe
fid} Sübed ben Dom SiStum ermorbenen SBcftfe 1247 aud) öon ben fyolfteinifdjen
©rafen Sodann I. unb ©erwarb I. übermeifen: tOldenlubeke cum attineueiis
suis cum prato, quod est inter Oldenlubeke et Premece — item omnia,
que per aquarum inundacionem et alluiuonem conseuerunt oecupari».
2lu3 ben bisher angeführten öier Urfunben erbeut, ba& Slltlübed nad) feiner Sex*
ftörung erft in ben Seftfc SSicelinS, afäbann be3 SBeftfcnadjfolgerS 33icelin3, ber Sübeder
Äirdje gelommen mar, aber 1225 Dom SiStum an bie ©tabt Sübed abgetreten merben
258 ) @3 ift bieS bie ©egeub, beren Heinere, öftlidje $älfte fjeute öon ber
IremS bi$ jur ©djmartau burdj bie Sübed«6utiner Sanbftrafee burdj$ogen (man
t>gL bie ftarte!) unb burdj ben olbenburgifdjen gleden ©djmartau eingenommen mirb.
26 *) Urfunbenbud) ber ©tabt Sübed, 33b. I, ©. 36 = 9ir. 30 t>on 1225,
©. 67 = SRr. 59 Dorn 15. SRära 1234, ©. 122 = 9?r. 124 üom 22. gebruar 1247.
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mufcte, bodj nur jum $eit: fomeit ba3 ©ebiet öon SUtlübed an bcm linfen Ufer
ber Iraöe log, Don her SKünbung ber XremS big jur SWünbung ber ©djmartau,
unb jroar mürbe btefe für bic fiübeder ©djiffaljrt »tätige Uferflrede fo roch öom
Ufer au$ binnenmärte abgetreten, als bic Sturmfluten ber Dflfee imflanbe waren,
burd) bie breite Öffnung ber Iraöenieberung ba$ fianb ju überfdjmemmen: omnia,
que per aquarum inundacionem et alluuionem conseuernnt oecupari. @3
mürbe alfo ba§ niebrige SBiefengelänbe an ber Iraöe jmifdjen JremS unb
©djmartau abgetreten: geographica) auSgebrüdt, ba3 SlQuöium; politifd) auSgebrüdt,
ba& fianb öon ber Jraöe bis jur heutigen fianbeSgrenje jmiföen beut lübifdjen
unb otbenburgifdjen Staate. 3)enn ber Jeil be8 Ältlübeder SBefifceS, 265 ) ber
1225 an bie ©tabt fiübed lam, ifl big auf ben heutigen lag lübifdf) geblieben;
ber Jeil bagegen, ber bem fiübeder 83i3tum öerblieb, ifl mit bem übrigen Sefifc
bed S3i3tum§ an Olbenburg gefommen unb bilbet ljeute ba3 gfirßentum fiübed
be3 ®rof$erjogtum8 Dlbenburg.
3lu3 ben mitgeteilten urfunbtidjen ©teilen ifl aber nidjt nur erfidjtlid), ba&
SUtlübec! aud) nad} feiner 3erflörung bemoljnt mürbe, bafc e3 bem SBifdjof gehörte,
ba{s ber 95ifd)of bie $albinfel an bie ©tabt fiübed abtreten mu&te, fonbern aud)
bafe fidj ber SBtfdjof auf ober im SBurgmatt Sllttübed eine man9io ober villa
ober curia erbaut unb mit einer fleljenben SBefafcung t>on burgenses öerfeljeu
ftattc. $)iefe curia fann nidjt lange öor 1215 erbaut roorben fein. S)enn Sönig
SBalbemar Don JJänemar!, bem bamalS Hamburg unb fiübed gehörten, unb ber
fidj, lote fein aSotfafjt finut fiamatb, Rex slaaoram nennt, beflätigt bamate bem
fiübeder 93i3tum ben 83efifc ber curia nuper edifleata, que oldenlubeke dicitur.
Xa ba3 Dlbenburger SBiStum erfl jmifdjen 1160—1163 nad) fiübed öerlegt
mürbe, 256 ) fann bie curia oldenlubeke nur jmifdjen 1163—1215 exbant morben
2ßß ) ©etbfttoerftänbtidj reichte ber Umfang ber ehemaligen ©tabt 9l(tlübed
nidjt — - mie ©d(jmibt, Jörefjmer, #aupt annehmen — öon ber ©djmartau btö jur
SremS, fonbern befdjränfte fiefj auf bie im Slnfang biefeS SlbfcfjmtteS befdjriebene
Dftfpifce ber ©albtnfef jmifdjen Xrat>e unb ©djmartau. Unter bem SBeftfc ober
©ebietc oon SHtlübed üerfte^e id) t)ier unb in ben fotgenben 8lu3einanberfefcungen
nie ben Umfang ber urbs Slltlübed, fonbern ben urfprüngUcfjen Sefifc beä Sübeder
SBtetumS, ben biefeS, mie fiefj au3 ben brei noefj anjufüljrenben Urhinben ergibt unb
mie nod) bargelegt merben mirb, mafjrfdjeinlidj aud bem ehemaligen SBcfife ber Sirene
ju Stltlübed überfommen Ijatte, alfo ben SBefifc ber alten, oon ben SBenbenfönigen
#einridj unb Jhtut botierten Slltlübeder Sirene, ben ffönig fi'onrab III. am
5. 3anuar 1139 beflätigt fjatte. 3)en Umfang be£ t>om SMfdjof an bie ©tabt abgetretenen
UferflreifenS erfennt man am beften aus ber ©. 78 unter 11 angeführten „Sparte".
256 ) »gl. aud&: §aud, a. o., IV; ©. 620, 8lnm. 3.
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fein, unb ba fte 1216.afe nuper edificata bejeidjnet wirb, wirb man iljre (Srbauung
fdjmerlid) öor bem Safjre 1200 anfefcen bürfen. SWöglidjermeife ftef)t iljre
(Srbauung burdj ben JBifdjof um 1200 unb iljre erjmungene Abtretung 1225 an
Sübed mit bei banifdjen Dttupation im 3ufammenf)ang.
$a$ Saturn ging ebenfo öorfidjtig mie fpätcr bic ©tobt fiübecf ju SBerfe.
@3 liefe fid) ben SBefife öon Älttübed nidjt nur nod) in bemfelben Sa^re 1215
burdj ©raf 3lbotf öon $olftein betätigen: c Curia aldenlubike, de novo
edificata ^ — bieg de novo ift mbf)l eine SBejugna^me auf bie 77 3al)te juöor
erfolgte 3^ftörung — fonbern aud) öom Sßapfte £onoriu3 III, ber unter ben
fonftigen SBefifcungen be3 Sübeder Stufte Curiam oldenlubyke de novo
edificatam aufjäljtt. 267 ) — 3)afe Slltlübed nebft ber bifööflidjen mansio ober
curia an Sübed abgetreten mar, geljt aud) aus bem Sßräbenben • 33er jeidjniS
ber Sübeder $)omfird)e öon 1263 fjeröor. An erfter ©teile be3 ÄirdjenbefifceS
mirb Ijier gmar Villa que aldenlubeke uocatur aufgejagt, bann aber fort-
gefahren: olim pertinebat ad prebendam istam. cum — pratis et siiuis. —
pro quibus in presenti facta est coramutatio. 3n biefer Sejeidjnung SUtlübedS
als früheren (SigentumS unb in ber jögernben, fdjeinbar abfidjtlid) unflaren
©rmaljnung ber eingetretenen SSeränberung jeigt fid) ber SBert, ben man nodj
1263 auf ben ehemaligen Sefifc Stltlübcdtö legte.
3)ie ©tabt Sübed mar mit bem S8efi|j öon Slltlübed aud) in ben JBefife ber
auf ben Irümmern SlttlübedS erridjteten bifdjöflidjen mansio ober curia gelangt,
liefen fdjönen, für eine auSgebefynte SBieljjudjt gefdjaffenen Sefifc öerpacijtete fte,
unb aud ben Sßädjtern bilbete fidf) ein Sßatrigiergefdjledjt, ba3 nad) SEBtllebranbt
1748 ausgestorben gemefen fein mufc. SBiHebranbt meift barauf l)in, bafe biefeS
©efdjtedjt im Dber«@tabtbud)e genannt mirb, bemjufolge bereite 1248 bem ©ietridj
üon Dlbenhibefe bie insula (eine für bie SluSgrabungergebniffe midjtige angäbe!)
Olden Lubeke cum suis attinentiis pratis et aliis gegen einen Sßad)tjin3
vermietet mürbe. 268 )
267 ) aaSil^elm SeöerfuS, Urhmbenbudj be« »tetum« Sübed, Dlbenburg 1856;
»b. I, ©. 34 = 5Rr. 29 öom 29. Sutt 1215, ©. 35 = 5Rr. 30 öon 1215,
@. 37 = 5Rr. 31 Dom 24. SRoöember 1216, Str. 160 öon 1263.
268 ) #anfifd)e Etyronif aud beglaubigten SRacfjridjten jufammengetragen.
Sübed 1748, ©.21: „9hir ift ber bloffe, miemol ^eute ju läge aud(j bereite öer-
lofdjene Stamme, Olben Sübed eine 3ritlang baöon übrig geblieben, melden nidjt
allein berjenige Ort, mo bie ehemalige ©tabt geftanben, fonbern audj eine gemiffe,
öon bannen bürtige gamilie unfereS heutigen Sübed« öorbem getragen fyat, mie atö
bem heutigen Ober-Stabt-Budje ad. an. 1248 ju erfe^en ift, attmo gemelbet mirb,
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f. Der Umfang be3 urfprünglidjen Sltttübetfer SefifeeS
be8 ßübeder JBiStumS.
Der bei weitem größere Seit be3 fruchtbaren ©ebteteS öon Jltttübed mar
bem urfprüngtid)en Sefifcer, ber Domfirdje ju fiübei öerbtieben, bie bei i^rer
©rünbung mit bem t)errento3 gemorbenen ©ebiete ber Slltlübeder Äirdje auSguftatten
na^e lag. ©eminnt e3 bod^ ben Slnfdjein, als fei unter ben Königen $einricfy
unb Änut in SluSfidjt genommen geroefen, ba$ alte, öermaifte Dlbenburger SBiStum,
bie 2Ruttertird)e be3 ßübeder SBiStumS, nad) Slttlübed ju öerlegen, afe fei alfo
ber ber Sltttübeder ßirdje fibermiefene SBefife implicite fdjon für ba§ in3 3luge
gefaxte Stlttübcrfcr SBiätum beftimmt gemefen.
Sebenft man, bafe £elmotb allein für bie 12 3af>re öon 1126-1138 fünf
Sßriefter in 2ltttübed namhaft madjt: SRobotf, Subolf, SSolcmarb, £eriman unb
S3runo, 269 ) unb bafe au3 bem lenor feiner ^Mitteilungen tjeröorgefjt, bafc biefe
©eifttidjen nodj öon einem ©efotge nieberer Äterifer begleitet gemefen fein muffen,
fo fteHen fidj umfangreichere Dotationen für bie Ätttfibeder SHrdje als unbebingt
notmenbig ljerauS, mie e$ anbererfeitS fetbftocrftänblidj erfdjeint, bafc ber djriftlidje
©oljn be3 befannten ßljriftenfreunbeS ©ottfdjatf bie einjige Äirdje feinet 9teid)e$
gebüljrenb auSgeftattet f)aben urirb, bie burd) anbere ju öermefjren er nur burd>
ba3 ©djidfat feines SBaterS abgehalten fein ttrirb, ein ©djidfal, bem aud) er
jum Opfer gefallen ju fein fdjeint. Denn bafe feine Srmorbung 260 ) öon ber reat«
tionaren, attflamfd)en, Ijeibnifdjen Partei au£ erfolgt ift, im Äampfe mit ber er
jur ^errfc^aft gelangte 261 ) unb im Äampfe mit ber er fein gangeS SWanneSatter
Ijinburd) ftanb, bie er im SBerein mit Dänen unb ben fädjftfdjen £erjogen
befämpfte, ift in Ijoljem ©rabe roaljrfdjeintidj.
$etmotb ljebt ben freunblidjen ©mpfang SBicelinS unb feiner üRadjfolger ju
Ältlübed burd) ^einrid) unb §einrid)3 ©ofyt Qtocntcpolit) foroie burd} $nut
rüljmenb Ijeröor. 3Kan braudjt nid)t fo meit ju gelten, SBicetinS unb §etmolb3
3citgenoffen ©ibo unbebingten ©tauben ju fd)enfen, menn ©ibo in feinen versus
de vita Vicelini berietet, ßönig $einrid) Ijabe SSicelin ju Sltttübed eine Stellung
gef Raffen, bie auf eine bifd)öf tiefte hinauslaufen mürbe:
bafc ber Statt) einem fo gen. Tiderico de Olden Lübeke unb beffen ©ruber, insulam
Olden Lübeke, cum suis attinentiis pratis et aliis, auf brety 3at)re für 16 SRard
Pfenninge uermietfjet fjabe."
* 59 ) Lib. I, 46, 48 unb 54. ©. 109, 116 unb 125.
26 °) Sgl. Slnm. 246.
261 ) Sgl. ben Stbfdjnitt über baS Sllter 93ucu3.
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tAt rex Heinricus, fidei non fictus amicus,
Audit gratauter, que suaserat ille decenter,
Jureque regali Je causa spirituali,
Ut decuit, toti prefecit eurn regioni;
Idola destruere, fidei portas aperire.
In fidei verbis deponere colla superbis,
Ecciesias struere, perversos quosque docere.
His homo flrmatns, omni virtute probatus
Ecclesiam Bucue 262 ) veteri fundavit in urbe
Misit eo fratre9, missas reverenter ageutes,
Officiumque suum: Lindolfum, Brun, Herimannum.
Principe vivente pacem fratres habuere». 268 )
aber bafc bic öon #einrid) unb teifoeife oon feinen SRadjfolgern fo juöor-
fommenb empfangenen ^rieftet 2Rittel ju iljrem Unterhalt empfangen fjaben, bafj
bie ju ättlübed öorljanbenen Äirdjen — bereit« unter 3^^ntepol(^ waren e3 jroei
Stirnen — genfigenb botiert geroefen fein mufcten, baran fonn niemanb jroeifeln,
ber fid) mit ber SBorgefdjidjte unb ber ganjen gefdjidjtüdjen Stellung ber beiben
©laöenfönige öertraut gemalt Ijat, fo ba& nidjt ber minbefte ®runb öorliegt, ben
Angaben ber Urfunbe Dorn 5. 3anuar 1139 ju mißtrauen, benen jufolge ftönig
#einrid} bie Sllttfibecfer Äirdje mit mehreren Dörfern nebft allen Sßertinenjien
auSgeftattet unb Äönig Änut biefe Dotationen feineä SBorgängerS beftätigt fyrtte:
ecclesiam in Castro lubece in Slauonia concessimus, cum villis et omnibus
262 ) Über ben ®runb biefer Sertoedjfelung 2ubefe3 mit 83ucu ögl. oben, ©. 53
bis 55.
268 ) Versus de vita Vicelini, 88—99, a. o v ©. 161. SgL audj ben
Xitel pontifex magnus für SSicelin im 3atjre 1126 nadj fetner 3ufammenhinft
mit ftönig #einrid) in ben Origines Neomonasterienses, oben, ©. 29, fottrie ben
Sefeljt SottjarS, ben ber Äaifer Surft <ßrtbi$lau3 in «Itlübecf nad) ber E^ronif ber
norbelbifdjen ©aebfen (a. o., ©. 65) gab: „bat ^e uan ben gabeä beneren fdjolbe
fetten cnen bifdjop'. $te gleite Sßadjridjt bringt ba« öon SaSpegreS heraus-
gegebene Chronic. Slav. (a. o., ©. 49): «Similiter et Labicensem ei tradidit
(seil. 2otl)ariu$) ecclesiam, praeeipiens Praebezlav, fecitque Vicelinum
pontifleem magnum», eine Guellennadjridjt, bie ben Snljalt ber fiönigurtunbe
öom 5. Januar 1139 beftätigt. Sem^arbi (Sot^ar t>. ©upplinburg, Seidig 1879,
©. 408) meint, ffaifer Sotfjar fjabe t>ielleid)t 1131 bie «bfidjt gehabt, in »Itlübecf
ein Sifttum für bie ©taöen $u grünben. Sludj 3aftroto (a. o., ©. 343) fietjt in ber
SUtlübecfer fiirdje „ben erften Slnfafc $u bem nachmaligen SBiStum Sübedf", inbem er
audj tyier SUtlübecf an bie ©ee oerlegt.
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ad ea (ftatt eam) pertinentibus, ut quemadmodum Hinricus Slauorum rex
eandem ecclesiam sao Sacerdoti donauerat aut sicut kanutus Hinrici
snccessor eandem ecclesiam iam sepedicte yicelino presbitero con-
cesserat . . .* 6 *) 2lud) 2Bilf)elm t>. Sippen 265 ) jmeifelt }»ar an bcr bifdjöf»
(ic^en Stellung SBtccltnö ju Slltlfibed, nidjt ober an ber Dotation bet SUtlübeder
Äirdje „mit einigen Dörfern — , bie er (seil. SBicelin) bann freiließ nadj eigenem
ffirmefjen mit Pfarrern öerfeljen tonnte".
^ebenfalls lägt e3 ftd} nadjmeifen, bog ba3 Sübeder SBiätum fdjon bei fetner
©rünbung mit SUtlübeder ©ebiet ausgestattet morben ift, benn Sifdjof 9?ifolau3
©adjoro 266 ) bemerft um 1440, bafc bie eine §älfte beS Dorfes SRenfefelb jur
UrauSftattung ber Sübeder Äirdje gehört fjat: ex primeua fundatione ecclesie
fuit episcopi, unb btcfcö 2)orf madjt, wie aus ben folgenben Darlegungen
Ijeröorgeljen wirb, einen Seit beS Stltlfibeder ©ebieteS auS.
9?aturgemäfc behielt anfangt ber bem 93ifdjof verbliebene weftlidje #auptteil
beS Slltlübeder SefifceS ben tarnen Stltlübecf ebenfo tüte ber formale, an bie ©tafrt
abgetretene Uferftreifen jmifc^en JremS- unb ©djmartaumünbung. ©o Ijat man
feit ber Witte beS 13. 3taf)rI)unbertS ein boppelte^ Ältlübed ju unterfdjeiben, ben
{(einen, öftliäjen Seil beS ©ebieteS: baS Ufergelänbe mit bem SBurgmaB unb ber
um 1200 errid)teten bifdjöf lidjen curia ober mausio unb ben meitauSgebeljnten,
baS $ird)fpiel Sftenfefelb umfaffenben £auptteil öon Ältlübed, beffen öftlidjen, an
ben abgetretenen Sejirf angrenjenben leil f)eute ber gleden ©djmartau bilbet,
fo bafc bie brei öon Dften nad) SEBeften aufeinanberfolgenben ©tätten: SJurgmatl
Slltlübed, Schwartau unb SRenfefelb jufammen ben alten SBefifc ber civitas Lubeke
bjm. ber bort gegrünbeten Äird&e bejeidjnen, ber urfprünglid) in feiner ©efamtljeit
an ben bifdjöflidjen ©tuf)l gelommen mar, roie aus ber Urfunbe öom 29. 3uli
1215 Ijeröorgeljt, in melier fiönig SBalbemar uillam in buttiggeberthe cum
adiacente curia nuper edificata que oldenlubeke dicitur als SBcfife beS 93iS-
tumS beftätigt. $)enn baS genannte buttiggeberthe lag im äufcerften SEBeften, bie
curia oldenlubeke auf bem alten SurgtoaQ im äu&erften Dften beS 1215 auf»
gejagten bifdjöflidjen (SebieteS unb bod) roerben beibe Furien als adiacentes
2<u ) ©djleStt>ig'#olftein«Sauenburgifdje Stegeften unb Urtunben, herausgegeben
öon #aSfe, Hamburg 1886, 8b. I, <S. 32, oom 5. 3anuar 1139.
26ß ) ftritifdje Unterf Übungen über bie versus de vita Vicelini, Sübed 1868,
©. 25.
266 ) Urfunbenbuc^'beg SiStumS Sübed I, 3. 302.
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begegnet. 3)a£ bajroifdienliegenbe SRenfefelb, ba3 jum Urbefifc be3 33i3tum3
gehörte, mufc alfo jur curia oldenlubeke gehört f)aben, ba e3 l)ier nidjt genannt
wirb, obwohl e3 jur primeua fundatio be3 SBiStumS gehörte, 1177 fdjon öor«
Ijanben unb gmifdjen ben adiacentes buttiggeberthe unb oldenlubeke gelegen war.
SBreljmer 267 ) meift barauf f)in, bafe biefe urfunblid)e ©eftimmung „erfidjtlid) im
9fafd)luffe an eine ältere DrtSbeftimmung" erfolgt fei, unter ber man nadj
ben bargelegten SBerljältniffen minbeftenS eine gunbationSurfunbe be3 fiübeder
SBtetumS, möglidjerroeife aber gar bie gunbationSurfunben ber Slttlübetfer $ird>e
feitenS ber SBenbenfönige £einrid) unb Änut ober Saifer SotljarS mirb annehmen
bürfen.
3)iefe villa buttiggeberthe, bie Ijier mit ber curia nuper edificata olden-
lubeke, alfo mit ber um 1200 erbauten bifdjöflidjen curia ju Slltlübecf eng
Vereint unb nadjbarlid) jufammen^ängenb erfdjeint, wirb am 29. Suti 1215 jitm
erften 9Kale genannt. 3n ber 93eftätigung3urtunbe be3 ©rafen öon ^olftein öom
gleiten Safyre erfdjeint fie unter bem 9Jamen butingeberge unb in ber
93eftätigung3urfunbe be3 SßapfteS £onoriu3 III. Dom 24. SKoöember 1216 unter
bem tarnen SJuttiggeberge. 268 ) £unbert 3atyre fpäter erfdjeint if)r SRame öerein-
fadjt, ber erfte Jeil ift weggefallen: öon bem Suttige ober 99utinge-berge ift nur
berge übrig geblieben. Slm 8. September 1320 beftätigt ©raf äbolf öon £olftein,
bajs bie SBrüber t>. Sudjroalb öerfauft fyaben villam dietam berghe in parrochia
rensevelde sitam cum — molendino — ut nunc iacet villa. ?lm 6. Sluguft
1333 wirb bie curia berghe unb am 28. 3anuar 1334 nochmals bie Curia
berghe et Molen dinuin adiacens ibidem ermähnt, am 17. SÄärj 1344 bab
borp tljum Serge. 269 ) ^eute ift öon ber villa be$ 13., ber curia ober bem
Dorfe be$ 14. 3aljrljunbert3 nur noef) ein Heine« ©eljöft übrig geblieben, Serge-
brüd ober, wie e3 auf bem 2Refetifd)blatt Reifet, Sargebrücf. @3 liegt an ber
Sanbftrafee Don Sfibed nadj ÄfjrenSböf jttrifdjen ben Drtfdjaften ©toefeteborf unb
$of)n$borf, bie gleichfalls jum Äirdjfpiele Stenfefelb gehören bjro. gehörten, an
ber Sarger Hu ober, mie fie unterhalb öou Sargebrücf Ijeijjt, Gleöer Slu, meiere,
etwa 20 Sfleter Ijod), in ben ©umpfwiefen jwijdjen (Sct^orft unb Ärfrabe ent-
fptingt, bann bie jefcige SlljrenSböfer flanbftrafee bei SBargebrüd f^neibet an ber
26 7 ) «. o., ©. 6.
2Ö8 ) SeöerfuS 5Rr. 29 = ©. 34, SRr. 30 = @. 35, 9ir. 31 = ©. 37.
2Ö9 ) SeöerfuS 5Wr. 489 = ©. 599, 9tr. 581 = ©. 737, Str. 585 = ©. 742
unb Sübecfifdje« Urfunbenbudj II, 5Wr. 794 = @. 741.
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©teile, roofelbft jie eljemala nad) ben jitierten Urfunben eine SWüljle trieb, bie
fpäter in bie !ftad)barfd)aft ßleöeS öerlegt mürbe. 270 )
Äurj öor if)rer SRünbung bilbet bie für bie ehemalige SRttfjte ju $rem3
— bie trömS möl ober JrömpS 3Küf)fe ber älteften Sübeder fianbfarten — auf»
geftaute JremS einen großen Seid) öon SEBeften nad) Dften mit einem langen
3tyfet öon ©üben nad) Starben. 3n biefen Jremfer Seid) münben brei Sädje:
ber fürjefte in bie ©übmeftede beim lübifdjen 2)orfe SBortoerf; ber längfte, ber
fogenannte fianbgraben, reicht öon ber Jraöe bei ^amberge bis fyierljer unb fommt
öon ben olbenburgifdjen Dörfern ©teinrabe unb gadenburg fyer; ber wafferreidjfte
unb intereffantefte, jugleid) ber mit bem ftärfften ©efäfle, ber jroifdjen Sleöe unb
SRenfefelb ein tief eingefd)nittene8, malerifdjeS (SrofionStal bilbet, münbet öon Sorben
Ijer: ba3 ift bie ©arger bjro. Eleöer Slu, bie Sßremege ober Sßramege ber lübifd)en
Urfunben, bie ffiblid) öon SRenfefelb bereite einmal für 3Küf)lenjroede aufgeftaut
morben ift für ben Seid) bei ÄleinmüWen. 8lu8 ber gunbationSurfunbe be3
3?of)anni$flofter§ öon 1177 im Serein mit bem 93erid)t 9lrnolb3 unb ber öeftätigung
Snnocenj III. öon 1198 geljt fyeröor, bafc e§ bie Sßramece mar, bie jroifdjen Sleöe
unb SRenfefelb fliegt, benn e$ Reifet, ba3 ©ebiet auf ber einen ©eite ber $rem3,
roeldieS borfroärtS, alfo nad) SRenfefelb ju liege: quicquid a rivo prenominato
invenitur in agris eiusdem ville, foHe Ijalb bem SotjanniSflofter, Ijatb bem
SBifdjof gehören; roaS aber auf ber anberen ©eite ber SremS liege — Ceterum
quicquid trans rivum — foHe ganj bem Älofter gehören: ba3 eben ift bag
©ebiet öon Eleöe, mie ftc3& au§ Slrnolb öon fiübed ergibt. 8lrnolb 271 ) fagt,
SBifdjof £einrid) Ijabe jur 8lu3ftattung be$ öon ifjm gegrünbeten 3ol)anni$flofter8
hergegeben «dimidiam villam Ranzivelth et aliam villulam Cleve». 2)emnad)
gebührt öon ben brei in ben Iremfer leid) münbenben 93äd)en ber 9tame ^ßrameje
ober JremS bem nörblidjften, ber Ijeute brei tarnen Ijat: roeftlid) öon ber 9I!jren$-
böter SJanbftra&e ben tarnen Sarger 9fa, jmifdben Sargerbrüd unb Iremfer
Seid) ben Kamen ßleöer 8lu, jroifdjen Iremfer Jeid) unb Xraöe ben alten
Kamen Iremä.
27 °) Suljn bei ffotlmann, @. 349, ögl. 9lnm. 275. 9SgI. aud) bie »arte
am SRanbe!
271 ) Lib. II, Kap. 5 ber £anbau3gabe ber MG. öon Sappenberg, #annoöer
1868, ©. 41. Sgl. aud) bie S3eftätigung3urfunbe öon Snnocenj III. öon 1198:
«et dimidiam decimam in Ranzifeld et in Cleue totum», ©d)l *£)olft'.ß. Stegeft.
u. Urf. 8b. I, ©. 110, 9ir. 211.
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3)amit ift bic SluSbefynung be3 ©ebteteS bjm. bcr Äirdje ju 3Htlübcd, ba$
fpäter in feiner ©efamtljeit an ba3 93t3tum gongte, in feinen ^muptjügen urfunb-
lid) beftimmt. @3 reichte öon ©üben nad) Sorben minbeftenS öon ©todeteborf 272 )
272) ob ba$ ©todeteborfer ©ebiet fetbft noc§ au SHttübed bam. bem älteften
S3efifc be$ fiübeder 93i£tum3 gehörte, lögt fid) nic^t fo fidler beftimmen, mie e3 bei
SRenfefelb, Eleöe, Suttiggebertfje unb Sßuttefenborpe (ögt. 9lnm. 273) möglich ift.
dagegen fpridjt bie erfte (Ermahnung be3 Ort«, ber bereits um 1230 genannt ttrirb,
aber ööttig öereinaelt unb in fettfamem 3ufammenf)ange: ba3 ameite SRal fommt ber
Ort erft im 14. ga^r^unbert t>or. gm Stafceburger 3^ntenregifter Reifet e$ um
1230: Stochelestorp dimidiam deeimam habet Heinricus pincerna (2. U. 83. 1,
©. 80 = Str. 73). 2Ran begreift nidjt, ttrie bad nörbtidj öon Sübed gelegene
©todetöborf tjier in bem fübtid) öon flübeef gelegenen ffirdjfpiet Erumeffe aufgeführt
loerben fann, ba£ im Sßotabenlanbe lag, mäfjrenb ©todetSborf in SBagrien liegt,
fo bafe e$ toafjrfdjeinlid) ift, ba§ im SRafceburger 3^ntenregifter genannte ©todjeleStorp
beaiet)t fidj auf einen anbem Ort al$ unfer ©todetäborf. Sft biefe SJermutung
richtig, fo gehörte ba3 ©ebiet öon ©todeläborf im 12. 3af)rf)unbert nidjt au bem
ljeute lauenburgifdjen Srumeffe, fonbern a u bem fjeute olbenburgifdfjen fiirdjfpiet
Stenfefelb, in ba$ ©todetäborf tatfädjtid) eingepfarrt gemefen ift, bis infolge ber
anroadjfenben SJeoötferung 1899 in ©todeföborf eine eigene ftirdjengemeinbe
gegründet mürbe.
©todetöborf erfdjeint in ben älteften Urfunben faft immer in Serbinbung mit
93erglje, bem alten 83uttiggebertt)e. S)er 2In« unb SSerfauf be£ einen Sßtafceä f)at
aud) ben 9ln« unb 93erfauf be8 anberen aur Solge S)a nun bie villa Buttiggeberthe
ben Sern be3 911ttübeder 93efi^eö be§ fiübeder 93i3tum3 auämacfjte, fo wäre man
geneigt, and) ba3 öon i^r faft unaertrennlidje ©todetöborf au biefem SBefifc a u Jollen,
toenn nidjt 1320 bie villa dieta berghe in parrochia rensevelde sita unb bie
villa Stochelstorpe jtoax öon ein unb bemfetben ©melridj Sßape, aber öon
öerfdjiebenen S3erfäufern angefauft roorben mären (am 25. gebruar 1320, ögl 2üb.
Urt. 83. II, 5Wr. 384 = ©. 331 unb am 8. ©eptember 1320, ögt. 2eöerfu3
%c. 489 = ©. 599). 9(m 6. «uguft 1333, am 28. Januar 1334 unb faäter
erfdjeinen beibe Sßläfce abermaö öerbunben, bod) nodfj mit einem britten fünfte,
bem 9tigent)of bi Stodjetetorpe (SeöerfuS s Jlr. 581 = ©. 737 unb 9tr. 585 = ©. 742)
Sefcterer barf toeber mit SReuenborf bei Mxbtd (93ranbenbaum) noc^i mit bem
Sleuen^of bei 91ttlfibed (ftatten^of) oertoec^felt merben, ift üielmefjr mit bem {ewigen
$errenf)au3 SKori ibentifc^, ba« 1333 afc 9tigen^of, am 24. 3uni 1410 afö
SKurr^en beaeid^net nrirb — SRurrtjen, ©todel^torpe unbe Berg^en — unb am
1. gebruar 1411 auSbrücflid) mit Sftie^off ibentifiaiert nrirb: cVillam suam in
Stogelßtorpe, curiam in Morrien alias dietam Niehoff cum campimarchia to
dem Berge ac molendino dicto Bergermolen» (2. U. 93. 93b. V, 1877, Str. 323
= @. 357; SRr. 343 = ©. 372 üom 1. SRooember 1410 tStockelstorp, Murryen
et tom Berge» unb Str. 351 = ©. 380).
Hud(j bad ^eute noc^ a um Sürftentum Sübed ge^örenbe SWori mar nac^
Stenfefelb eingepfarrt. Ob aber ©todefeborf unb SKori noc^ a um urfprünglic^en
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bis furg öor ?ßof)n3borf 278 ) mit bem JBrfidfcnpunfte uilla in buttiggeberthe als
s JRittelpuntt, beljnte firf} oon Ijier auS bon SBeften nadj Dften aus über (Jleoe,
Stenfefelb, ©djtoartau bis ju feiner an ber äufcerften Dftfpifce gelegenen civitas,
bi^ jum ©urgioatl öon Sltlübedf: bie SEeftoftauSbeljnung Stargebrücf — 93urgtoall
betrögt in ber fiuftlinie genau 5 Kilometer, bie ©übnorbauSbeljnung ©tocfelSborf —
SßoljnSborf in ber fiuftlinie über 4 1 /* Kilometer. — SSon biefem frönen, frucht-
baren, reidjgeglieberten, bon ben SBafferläufen JremS, ©djtoartau unb Jraoe
benefetem ©ebiete Slltlfibecfö fdjenfte JBifc^of £einrid) I. ben fyodj in ber 3Ätttc
gelegenen, offenbar nad) 1139 oon 2)eutfcr)en befiebelten Jeil, bie $älfte be3
93efi| be$ ©tätum« Süberf gehörten, tüic ba3 ältefte ber brei oerbunben erfdjeinenben
Sörfer, loie Serge ober SButtiggebertlje, fann au£ ben angeführten Qaten nidjt flar»
geftettt toerben. 3m ^Bejahungsfälle toürbe ber fianbgraben bis ju feiner ©inmünbung
in ben Xremfer Xeid) bie ©übgrenje beS Slttlübeder 83efifce£ beS 93i3tum3 Sübetf
gebilbet Ijaben, wie er nodj ljeute bie ©renge jnrifdjen bem ©ebiete ber ©tabt Sübecf
unb beS gürftentumS fiübetf barfteßt.
278 ) 3^iWcn ©argerbrüd unb ?ßol)n3borf lag baS gleichfalls bem SiStum
gehörige, fpäter untergegangene 3)orf puttekendorpe, oon bem im 3lprtt 1259
©ifdjof 3°^ an " cg &• ®i e ft für 40 m& einige $ufen oerfaufte (SeoerfuS a. o.
5Rr. 140 = ®. 129). S)ieS 3)orf ift oieUetdjt baS SKutterborf oon *ßobnSborf
getoefen, benn loctyrenb puttekendorpe nur jioifd&en 1259 — 1334 nad&metSbar ift —
ber 1317 auf ben btfdjöflidjen ©tul)l gelangte §t\nx\d) II. SBodtjolt löft baS an
einige ^Bauern oerpfänbete putekendorpe im 17. ober 18. 3af)re feiner {Regierung
ttrieber ein (fieoerfuS, © 786 unb 789) — , ttnrb Sßonafctorpe gum erften SRale erft
1295 ermäbnt (SeoerfuS, 9ir. 339 = ©. 373) in einer Urfunbe ber ©rafen «bolf
unb 3ot)anne3 öon #olftem. 3)er um bie ortSgefdjidjtlidje ©rforfdjung ber ©egeub
oerbiente frühere ©utiner Sßrofeffor, jefcige olbenburgtfdje 2anbeSbtbliotf)efar 9lnton
fiütyn »eift bei ffoHmann (a. o., ©. IV unb ©. 332) nad), baß am ©übenbe beS
SßotjnSborfer gelbem „ber 9lame Sßütenort bis feilte an baS oergangene $)orf
erinnert". — Bereit« 1440 nrirb oon fflifdjof 3Hf. ©adjoto „^utenborp" als «olim
villa» bejeidjnet mit bem 3ufafce: «Hodie non est villa, sed agri eius iacent
ad villam Renseuelde» (SeoerfuS, ©. 789).
äuS ber Urfunbe t>on 1295 getjt tyeroor, bafe SßotjnSborf felbft urfprünglid)
nidjt jum SBtStum üübetf, alfo toof)l aud^ ntc^t ju bem ©ebtet oon Mltlübecf gehörte,
obfe^on ba3 S)orf bamal« noc^ lote tjeute in ba% benachbarte SRcnfefelb eingepfarrt
War, benn bie 3)omfirc^e tauft ^onafctorpe erft bantal« für 480 m# oon i^rem
vasallus Tymmo dictus de Bocwolde (93uc^Joalb). 3 mm ert)tn ift e« ntc^t unmög-
lich, ba& 5ßo^n«borf urfprünglic^ ^um ?lltlübedfer 93cfi^ be« Si^turn« gehört fyattt,
in 3^iten pefuniärer Sebrängni« oeräu&ert morben war unb 1295 nidjt gefauft,
fonbern jurüdgefauft »urbe, äfjnlidj mie 93ifdt)of 4)einric^ II. ba3 anftofeenbe
oerpfänbete putekendorpe toieber eingelöft ^atte. ©o läßt fid^ ©idjereä über bie
Jlorbgren^e be« Slltlübecfer Sefifte« ntefit ermitteln.
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3)orfe3 Stenfefetb: medietatem ville ranzeuelde, 274 ) an ba3 1177 öon if)m ju
fiübed iuxta fluvium, qui Wocnice dicitur, gegrünbete ©t. 3ol)anni3flofter, bodj
mit ber ©efdjränfung, ba3 öon ben gefdjenften 30 mansi 4 bcm £)om!at>itet,
4 mit bcr 2rem3 unb ber ecclesia eiusdem ville bcm JBifdjof felber öerbteiben
fottten. ©o ftanb bic nod) f)eute mit iljrer SlpfiS erhaltene, romanifdje, „ganj
au3 3^gelftcinen in reinem @i)t>3mörtel erbaute", ben SHärtyrern Ofabian unb
©ebaftian geweifte 276 ) SRenfefelber Äirdje bereite 1177 auf bem ©ebiete SlltlübedS,
49 3a^re nad) ber Störung 2Utlübed$. 2luf biefem, bem 3oI?anni$flofter
gefdjenften ©ebiete lag aud) ba3 3)orf ßleöe, nadj bem ermähnten 93eridjte be$
erften «bt3 be3 SoljanniSfloftera, be$ gortfefcer £elmotb3, SlrnolbS t>on fiübed.
g. Die nova curia ober Äaltenljof.
@3 ift natürlid), ba& ber S3ifd)of nadj bem SSerlufte feiner inansio auf ber
©tätte öon Slltlübed für ben tljm Verbliebenen £auptteil be3 Slltlübeder ©ebieteS
eine neue mansio erbaute unb ba§ für biefe neue mansio junädjft bie 93ejeidjnung
nova mansio ober curia angeroanbt ttmrbe. ©oft biefe neue mansio oon bem 1276
auf ben bifdjöftidjen ©tuf)l gelangten, angeblid) adjtjigjäljrigen 276 ) 93ifd)of 93urd)arb
o. Serien erbaut roorben unb im 9Körj 1284 fdjon borljanben mar, mirb burd)
93urd)arb fetbft bejeugt: ist« mansionem novam in aldeolubeke constituit. 277 )
93on biefer mansio episcopi ift audj in einer Urfunbe öom 7. Dejember 1298
bie SRebe: Item collem cireuinfossum, in quo nunc est mansio episcopi. 278 )
8uf bem collis circumfossus, ber nodj @rmäf)nung finben roirb, lag bie mansio
nova, ba3 bifdjöflidje ©ut Äaltenljof. 3fn bem rooljl fdjon öor 1284, {ebenfalls
nadj 1280 niebergefdjriebenen SBergeidjniS ber bifdjöf liefen Jafeleinfünfte nrirb
berichtet, beß bifdjöflidje SSorwerf — allodium, ober ber bifdjöflidje £>of —
curia 279 ) oldenlubeke umfaffe VIII mansos, bie fd)ledjt umgrenjt feien. 3lud)
274) © 6 C | ^a^jc, SRegeften unb Urfunben, 93b. I, ©. 71, ioäf)renb ber
ältere 2>rud im fiüb. Urf. ©. I, 6. 7 unb 9lrnolb öon fiübed bie gorm SRanjtoelb
auftoetfen.
27ß ) ff ottmann, ftatiftifdje 93efdjreibnng ber ©emetnben be3 gürftentumS fiübed,
Dlbenburg 1901, ©. 336 unb 332.
27e ) 3)ittmer, $er lübedifdje 93ifdjof 93urdjarb ö. ©erfen unb feine 3*it,
fiübed 1860, © 11, 9lnm. 1.
277 ) Seöerfuä, SRr. 290 = © 320.
278 ) Urfunbenfammlung ber ©djleStt>.«£olftein»fiauenburgifd)en ©ef. f. öater»
länbifc^e ©efd)., ffiel 1849, 93b 1, ©. 151 = *Rr. 134.
2 7 9) ß& cr allodium = 93ormerf unb curia = $of bgl. man ©. 535 unb
563 be3 SRegifterä öon 93b. I ber ©d)le$to «&olft.-fiauenb. Urf.«@ammlung.
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112
bort ber bifäöflidjen ßanbttrirtfdjaft in biefer curia nova ift bic 9?ebe: fitem
de industria agriculture in — Aldenlubeke, equis, iumentis, porcis, et aliis
animalibus et reliquis tu videto.»
2)iefe curia nova mürbe balb als Sllbenlubefe, balb als nova curia, batb
aU curia Nienhove, balb als curia Coldenhove, balb aU ftolbe bejeidjnet.
gür bie crfte ©ejeuftnung finben firfj in bcmfelben 93erjeid)ni$ bcr Üafeleinfünfte
bic formen Sllbenlubefe unb Dlbenlubefe ncbcncinanbcr; 280 ) für bie jtoeite bie
Tanten: nonc mansio episcopi, inansio nova, noua curia, Noua ciuitas,
Noua ciuitas Lubeke; 281 ) für bie britte bie ©djreibungen: curia Nienhoue,
«so) $ cr jj amc gilben* ober Olbenlubefe für bic curla nova pnbet fid) im
ganjen fünfmal, aber nur in einer einzigen Urfunbe, au3 ber 3«t aroifdjen 1280 — 1284:
1. bei Seöerfuä 1, ©. 296: «Rensuelde. Puttigkendorpe. Aldenlubeke.»
2. ©. 302: dtem in oldenlabeke allodium habens VIII mansos non bene
distincta.»
3. ©. 303: «Item in Renseuelde. et ibi attinent. Oldenlabeke. Puttekendorpe.
Molendinum in Zuarttowe et domus leprosorum. et villa Cleue.»
4. ©. 303: «Item in Zuartowe iuxta molendinum et circa curiam oldenlabeke
piscaria conueniens.»
5. ©. 304: «Item de industria agriculture — in Aldenlubeke tu videto.»
2 8i) j) er 9({ am e nova curia finbet fid) in biefer unb in ätjnlidjen S9ejeid>-
nungen, toie nova civitas, nova mansio, einmal aud) als nunc mansio episcopi,
im ganjen elfmal, t>on 1284 bi3 1341:
1. bei SeöerfuS ©. 320 = Str. 290, um 1284: «Iste mansionem novam in
aldenlubeke constituit».
2. in ber Urfunbenfammlung ber ©d)l «|>olft.»£auenb ©ef. f. toaterl. ©., I,
©. 144 = SRr. 130, öom 3a^re 1298: *Itein pratis — terminorum
distinctionibus, structuris in noaa curia».
3. im 2üb. U © I, 612 = 9tr. 680 oom 21. 3uni 1298: «Controversia
super structuris in noua curia».
4. in ber Urfunbenfammlung 83b. 1, ©. 151 = 9?r. 134, J, Dom 7. Sejember
1298: «Item collem circumfossum, in quo nunc est mansio episcopi».
5. im Süb. U. ©. I, ©. 645 == 9tr. 712, Dorn 3a^re 1299: «Locus vicinus
curie Episcopi, que nova Curia siue koldehof dicitur, de qua eciam
curia fit mencio».
6. in ber Urfunbenfammlung 8b. I, ©. 153—155 = 5Wr. 134, III, oom
12. SKärj 1299: «Deinde possessionem — quorundam edificiorum in
noua curia».
7. beSgl. I, ©. 165 = Str. 134, X, öom 3uni 1299: fCuriam nostram
nouam extra ciuitatem (außerhalb 2übecf3, $um Unterfdjieb Don ber bifdjöf-
liefen fiurie in ber ©tobt flüberf am $om) quandam partem eius ruina,
quandam vero incendio totaliter deuastatis».
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113
Nyenhoue, Nighenhof, Nighehof, Niehof, Nyehoef; 282 ) für bic inerte bte
Raffungen Coldenhoue, Koldenhoue, Koldehof unb Koldehoef; 288 ) unb roie
au3 Buttiggeberthe ober butiugeberge fd^tie^lic^ Berge geroorben ift, fo finbet
8. bei ßeüerfuS, @. 515 = Sir. 429, öom 6. 2)eaember 1308: cjioua curia
episcopi».
9. beSgt., ©. 831 = 9ir. 649, Dorn 30. 3uli 1341: «famulo in Noua curia».
10. ebenbafelbft: «Item de Uthin et Noua ciuitate missa fuerant 35 tremodia
siliginis (Steffel 3Bintertt>eijen3)".
11. ebenbafelbft: «Predicte de Noua ciuitate Lubeke deduete».
«8 2) 3)er 9lame curia Nienhove finbet fid) in fed^d verriebenen Schreibungen,
im ganjen fed)$mal, öon 1308 — 1440:
1. im Süb. U. 83. II, 6. 204 = 9tr. 237, furj öor bem 6. 3)ejcmber 1308:
«Preter hoc episcopus curiam, que dicitur Niehof, prope Zwartowe
destruetam reparandi et reedificandi sine plancis et muris liberam habeat
facultatem».
2. bei SeberfuS, 6. 516 = 9tr. 429, öom 6. »ejember 1308: «Dominus
episcopus curiam suam in Nienhoue prope Zwartowe destruetam
reparandi ac redificandi sine plancis et muris liberam potestatem
habebit».
3. bedgt., @. 547 = 9tr. 449, t>om 2. gebruar 1314: «Et nos episcopus ac
successores nostri liberam facultatem habemus curiam nostram in
Nyenhoue iuxta Zwartowe reedificandi».
4. beSgl., @. 787 = 9?r. 622, öom galjre 1336,: «Item dominus episcopus
omnia et singula in curia epiecopali dieta Nighenhof tarn edificia ipsius
curie quam equos» uftt).
5. ebenbafelbft: «Item in dieta curia Nighehof edificia ornata edificare
ineeperat (seil, ber 1317 auf ben bifdjöf liefen ©tuf)l gelangte £einrid> IL)."
6. bei SeöerfuS, ©. 516, Slnm. 1, in bem um 1440 öerfa&ten Repert. be3
93tfd)of3 9lic. ©adjott): «Curia episcopalis olim dieta Nyehoef, nunc vero
dieta de Koldehoef, prope Swartow».
Unter bem im Süb. U. 93. II, <5. 741 = 5Rr. 794, am 17. Star* 1344
ertoä^nten 9tigenl)of ift baä oben, in 9tnm. 273 befprodjene 9Mori bei ©toefeteborf
$u öerftetjen, ba3 unter bem Stauten Sftigentjof fdjon 1333 öorfommt.
2 8B) <$ n Warnt curia Coldenhove finbet fidj in öier öerfdjiebenen gaffungen,
im ganjen minbeftenä fiebenmal, öon 1298 — 1440:
1. in ber Urlunbenfammlung 93b. I, @. 144—146 = 9ir. 130, öom Satire
1298: t Curiam insuper in Koldenhoue Episcopus possideat, hoc
apposito, quod omnia edificia, que in colle circumfosso sunt sita,
— destruat et — coequet».
St^r. *. 8. f. 8. 9. X, 1. 8
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114
fidj für Koldehof bie SReftform Kolde. 284 ) 3n ben Reiten &** £umant$mu3
aber, in benen man fo gern mit ber Kenntnis be3 üateinifdjen prunfte, fdjeute
man nidjt baöor jurücf, aud) in Urfunben biefer ©udji ju fröfjnen unb machte
man nun aus ber curia Koldenhove eine — curia frigida! 286 )
3)ie neue mansio ober curia fjatte mithin brei Kamen: Slttlübecf, Sfteuenljof
unb Äaltenl)of. 3)ie 35ur<f>fidjt be3 in ben Slnmerfungen beigebrachten Urfunben«
materialS gibt eine (Srflärung für biefe junädjft befrembtid)e Jatfadje, meld)
leitete eine grofje 93ertt>irrung hervorgerufen l)at. 2ld)tet man auf bie 3*\t, in
melier bie Ijier natfygeroiefenen 5 + H 4-6 + 7 +2 = 31 Benennungen für
bie nova mausio üorfommen, fo roirb man ba(b IjerauSfinben, bafj ber SRame Slltlübecf
nur im aüererften Slnfang unb nur in einer einjigen Urfunbe jroifdjen 1280 — 1284;
ber 9iame SKeuenljof nur in ben erften 50—60 Sauren gebraust nmrbe, toon 1284
2. ebenbafelbft: «Assignamus eis Fundum molendini in flumine premze et
ius reedificandi uiolendinum cum — quatuor iugeribus lignorum versus
curiam ColdenllOUe mensurandis».
3. ebenbafelbft: «Super quam sita est curia, que dicitur Koldenhoue».
4. im 2üb. II. 83. I, ©. 645 = 5»r. 712, t>on 1299: lErat autem locus ille
— vicinus curie Episcopi, que noua Curia sine Koldehof dicitur, de
qua eciam curia fit mencio in arbitrio, quod edificia deponi et fossata
debeant coequari, sicut in sententia arbitrij, quam habetis, plenius est
expre8sum.
5. in ber Urtunbenjammlung SBb. I, ©. 166 = Sir. 134, XI, Dorn 10. $uli
1299: «Preterea casu inopinabili aeeidit, quod curia vestra extra
ciuitatem, que Koldehof dicitur, et similiter alia curia vestra in ciuitate,
cum aliis vestrorum canonicorum curiis — sunt confracte».
6. bei 2et>erfu3, ©. 516, 9tnm 1, am SRanbe be£ 1398 abgesoffenen jtoeiten
registrum Capituli (SeD. ©. XVIII) ftefft bei 9?ienfjoue ber SSermer!: t Hodie
coldenhoue».
7. beSgl., in bem um 1440 entftanbenen Repert. be$ 9tic. ©adjott): «Curia
episcopalis olim dieta Nyehoef, nunc vero dieta de Koldelioef prope
Swartow».
284 ) 3n fetner brüten Slrbeit f treibt 3)etmar aum 3al)re 1299 (b. ffoppmann L
©. 382, Slbfdjmtt 405): „3)at borbrodj be men^eit bet an ben öribad) na beme
negtjeften ptnjften, bo quemen fe to be* btecopeä fjoöe, be ftolbc fjeten i$, breg^ere
uie ber ftab unbe anber mene t>o(f, öufle brunfen, unbe branben ben fjof".
285) <g feei Seöerfu« ©. 139 = 9ir. 146, um 1548: Siföof «Baltazar
Rantzow, Nobilis hoJsatus, qui ex curia frigida per nobilem quendam
vasallum ex ducatu Magnopolensi captus — in vineulis obiit».
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115
bis 1341, ba3 Reifet fo lange, als bie Srinnerung an Slltlüberf noß fortlebte unb
burß bic ^miftigfeiten gmifßen ©tabt unb ©ifßof maßgehalten mürbe. SRaß
1341 tritt als alleiniger SKame bic ©egeißnung Äaltenljof auf, melße bie fiofalität
nißt nur big auf ben heutigen Jag behalten, fonbern aller ffiafjrfßeinlißfeit naß
al« urfprünglißen 9tomen geführt Ijat: finbet fiß boß biefer SWame gleiß im
Slnfang, naß Srbauung ber nova mansio, im 3af}re 1298!
SDer 9iame Slltlüberf für Äaltenljof tritt eingig unb allein in bem gmifßen
1280 unb 1284 abgefaßten SBergeißniS ber bifßöflißen lafeleinfänfte auf,
unb e$ ift in l)of)em ©rabe mafyrfßeinliß, baß er fiß in jenem SBergeißniS, in
bem er fiß fünfmal borfinbet, gar nißt auf ben SReubau begießt, ber gmar 1284
errißtet gemefen fein mufi, aber gur 3eit be« toielleißt fßon 1280 gefßriebenen
SBergeißniffeS noß gar nißt ejiftiert Ijaben mirb. 3n biefem pralle tenn ber
9iame Sllbenlubefe fiß nur auf ba3 bem SBifßof berbliebene ©ebiet Slltlüberf«,
auf ben ©runb unb ©oben, auf bie Sanbmirtfßaft, aber unmögliß auf bie erft
fpäter erbaute nova curia be3 ©ifßof« begießen. Slllein auß menn biefe nova
curia gur 3eit ber Slbfaffung be3 33ergeißniffe3 fßon erbaut gemefen märe, fßeint
fiß ber 9tame Sllbenlubefe, ber für biefen Neubau fo unpaffenb mie mögliß gemefen
märe, boß nur auf ben ©runbbefife gu begießen, benn e3 ift nirgenb« in bem
SergeißniS bon ©ebäuben bie SRebe, bielmeljr nur Don bem aßt §ufen umfaffenben
allodium, bon ber gtfßerei, ber Sluffißt de industria agriculture ufm.
SKaßbem Söifßof Söurßarb bie mansio nova erbaut Ijat, ift ber SKame
Slltlübed auß für ben bem 33ifßof berbliebenen Jeil be$ Slltlüberfer ©ebtete«
berfßmunben unb Ijat bem Üftamen SWeuenljof *ßlafe gemaßt. SBäfjrenb be3 gangen,
urfunbenreißen Streite« gmifßen Süberf unb 33ifßof fflurßarb ift unter Silben»
lubefe, ba3 überbieg feit (Srbauung ber nova curia nur noß in gmei gleißgeitigen
Urfunben borfommt, au3fßlief$liß bie ©tätte be$ eßten, alten, an Süberf 1225*
abgetretenen SUtlüberf gu berftef)en, mä^renb ber bem SBifßof berbliebene Jeil be3
Slltlüberfer Sanbgebiete« bon 1284 an auSfßlie&liß als SReueißof ober Äalten^of
begeißnet mirb.
h. SUtlüberf naß ber Srbauung ber nova curia:
ein SluSblid in bie SluSgrabungergebniffe.
35ie Segeißnung Slltlüberf für bie ©tätte be3 eßten SUtlüberf finbet fiß
naß bem Satpre 1263 meine« 2Biffen3 nur noß breimal, unb gmar nur in gmei
Urfunben bon 1298:
8*
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1. in bcr Urfunbenfammlung, ©. 144 = 9tr. 130: bic SRebe ift f}ier toon bcm
Streite «super Oldenlubeke et attinentiis eius». 3)er Jenor bet Urfunbe
beweift, baf$ l)ier unter Dlbenlubefe bie Stätte be3 eckten 9lltlübe<f ju
berfteljen ift.
2. ebenbafelbft, ©. 145: t>on biefer ©teile — ut Olden-Lubeke, cum omnibus
pratis, que — gilt ba% ©leidje roie Dörfer.
3. beSgl., ©. 151 = 9tr. 134, I, oom 7. ©egember 1298: «Item omnia
prata que sunt inter fluuios Zvartowe et Premze, Trauenam et
Aridam, supra quam sita est curia episcopi, excepto tarnen monte,
qui Oldenlubeke dicitur, ab antiquo, ut apparet, circumfosso, et pratis
et paseuis intra dictum fossatum dicto monticulo adherentibus
contentis. Item collem circumfossum, in quo nunc est mansio
episcopi, ibi et alibi ius edificandi ac edificatum retinendi ipsis
similiter intimetis (ntöget iljr befannt machen)».
3um gleiten 3af}re 1298 ermähnt bann Äorner nodj einmal Antiquum
Lubeke, bgl. unten, ©. 122, enblid) f priest 3)etmar nodj etroaS na<f> 1386 unb
1395 tum Olde Lubeke, ügl. unten, ©. 122.
93eibe Äurien, bie alte ju Stltlübecf, 1225 bom Jöifdjof an Sfibecf abgetretene
unb bie neue ju Saltenfyof, um 1284 erbaut, fteHten fid) mithin bem Sluge bar
erbaut auf 9lnljöljen, mons ober collis, bie ringsum umflogen waren; bei
Äaltentjof ringsum Don einem ©raben, bei Slltlübetf rooljl nur im SBeften toon
einem ©raben; im Korben, Dften unb ©üben toon ©djmartau unb Ürabe.
£ie julefet angeführte Urfunbe öom 7. 3)ejember 1298 ift Don grunblegenber
2Bidjtigteit für bie grage, ob bie Dftfoifee ber #albinfel »Itlübetf, alfo bie ©teile,
roofelbft ber SBurgmaH liegt, burd) einen ©raben, entforedjenb roenbifdjer (Gepflogenheit,
fünftlidj jur 3nfel gemalt roorben mar, fo bafc ein geinb nur nod) auf ©djiffen nad)
Sltlübecf gelangen tonnte. — 3)a man glaubte, ein ©raben fei auf ber ©pifee einer
fdjmalen §albinfel als ©efeftigungSelement unroafyrfdjeinlid), fo Ijatte id) bei ben
Ausgrabungen im Sluguft 1906 ©cfjroierigfeiten, e3 burdjjufefcen, bafc ber burdj ben
JBurgmaÜ toon innen nad) aufcen, an ber betreffenben ©teile öon Dften nad) SBeften
gejogene Ouerfdjnitt nadj SBeften fo roett öerlängert mürbe, bis man auf ben
©raben geftofcen mar, ber fidj afe fo breit ermieS, bajj id) iljn für ben in ben
Quellen mieberfjolt ermähnten portus SlltlübedS Ijalte, ber an biefer ©teile, im
SBeften bon Slltlübed, burtf) ben im Dften auf einer fünftlidjen 3fnfel gelegenen,
urfprünglid) fidjerlidj fjofjen SRingroall einen auägejeidjneten ©djufe gehabt fyätte
nid)t blojj gegen Dftftürme unb meljr nod) gegen bie allein öon Dften l)er an*
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117
ftürmenben ©turmfluten, 286 ) fonbern in erfter Sinie aud) gegen alle bon ©ee f)er
anlangenben Sfeinbe, bie, ebenfo mie bie ©turmfluten, nrie ein ffllicf auf bie Äarte
lefjrt, junädjft bon Often, SKorboften unb ©üboften f}er ben SBurgmaU bebroljten.
©o gab eS feine jmeite ©teile im 93ereid)e SlltfübetfS, an ber ein $afen gefdjüfeter
gemefen märe als f)ier im SBeften beS StingmalleS.
£afür, ba$ ber breite aufgefunbene ©raben im SBeften SlltlübedS, eins ber
mid)tigften ardjäologifdjen ©rgebniffe ber Ausgrabungen Don 1906, mirflid) ber
portus Lubeke mar, fprecfyen folgenbe ardjäologifdjen gunbe. Durd) bie 2luS-
grabungen Dorn Sluguft 1906 famen mofjlerljaltene, auSgebeljnte SRefte eines Ufer-
boHroerfS 287 ) aus unten etmaS jugefpifeten Sidjenplanfen gum SJorfc^cin, bei bem
fogar eiferne SRieten gefunben mürben, mie fie ©djudjljarbt bei feinen baljnbredjenben
Üitngmallunterfudjungen im alten ©adjfen gefunben fjat. Oftlid) toon biefem Soll-
merf, einem nötigen SBoljlenmerf, alfo nad) bem 93urgmaQ 311, mürbe ein ©tein«
pflafter 288 ) bloßgelegt, alfo mo^l eine ridjtige, menn aud) etmaS primitive #afen-
Kaianlage. 2luf baS ©teinpflafter, alfo nod) näljer nadj bem SurgroaH ju,
folgte brittenS eine großartige Rodung bon ©idjenftämmen, 289 ) auf meldje mir überaß
geftoßen finb, mo mir ben äußeren, unterften ©aum beS SBaHeS, fein äußeres
Qrunbament, bloßgelegt ^aben.
D)iefe auf einer ©trede bon runb ljunbert 290 ) 9Ketern ausgegrabene Sidjen-
Ijoljpadung fann mol)l nur einen mafferbautedjnifdjen, 291 ) fdjmerlid) einen fortt»
fifatorifdjen 3*bed gehabt fyaben. ©ie follte bei ^odjmaffer, boflenbS bei ©türm»
fluten ben bann bon allen ©etten Ijer umfpülteu SurgmafI, bis ju bem bei 9Jorboft*
2 8 6) © jp e g ( e | n ßufa^ baß bie ju ermäl)nenbe ©idjenbalfenparfung, meiere
ben Surgmall mot)l bor SBafferfdjäben gu fiesem beftimmt mar, an feiner jmeiten
Stelle beS SurgmaüS fo breit, fo bief, )o mächtig mar, mie gerabe im SRorboften
beS ©urgmalls, jobann im ©üboften, mä^renb fie genau im SBeften bei meitem am
fdjmalften, bünnften unb fd)mäd)ften mar, mie in bem SluSgrabungSberidjt burd)
genaue #al)lenbaten bemiefen merben mirb unb aus ben ^ßrofilanfic^ten unb Safein
Won jefet 5U erfefjen ift, bgt. Dafel V, VI, XIII— XIX, XXI— XXIII unb XXV
fomie bie Profile auf lafel III bei Schnitt II, V1I1— XI, Ia unb XVII.
28 7 ) SSgl. lafel XI u XII.
288 ) Sgl. lafel V u. VI.
289 ) «gl. lafel V, VI, XIII— XIX, XXI XXIII u. XXV.
29 °) Die genauen Daten finb mir im 3Roment ber enbgültigen Dejtfeftftellung,
bie außerhalb SübetfS erfolgt, nid)t jur $anb, merben aber foäter im 2luSgrabungS-
berieft veröffentlicht merben.
291 ) Den iftadjmetS für bie ^Berechtigung biefer 2lnfid)t gebenfe idj burd) 3tnaloga
anberer menbifdjer SRtngmaflanlagen, namentlich aus bem benachbarten SKecflenburg,
ju bringen.
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unb 9iorbftürmen bic Oftfeefluten gelangen tonnten, öor bem Unterfoültwerben
ober öor SluSwafdjungen fd)ü$en unb war an ber gefäfyrbetften ©teile, im Sftorb«
often, weiter oben auf bem StingwaU nod> öon einem auSgebefjnten gafdjinen-
werf ober 35ornent>erIjatf berftärft, wie aus jafjllofen fleinen, runben, bunfleren
©obenftellen in bem feueren SßaÜboben gefdjloffen werben fonnte. 292 ) 3)ie anberen
ard)äologifd)en gunbe, bie mid) beftimmen, in bem im SBeften aufgefunbenen
©raben ben ehemaligen portus Lubeke ju erbliden, muffen bem SluSgrabungS«
beriete Vorbehalten bleiben.
SlHerbingS wollte man fid) nid)t burdjmeg bon ber ©jiftenj beS ©rabenS
überzeugt galten, ba ber längft nid)t meljr oorljanbene ober äußerlid) irgenbwie
wahrnehmbare ©raben nur burd) bie in ^altern unb am SHmeS befolgte 2Retl>obe
fyatte aufgefunben werben tonnen: lebiglid) burdi ben Unterfdjieb gmifdjen ge*
wadjfenem unb bewegtem ©oben, alfo baburd), baß man ben bewegten ©oben fo
lange aushob, bis man auf ben gewadjfenen ©oben gelangt war. 3nbem ' ber
gemadjfene ©oben in einiger Entfernung weftlidj bom SRingwaH plöfclid) in ftarfer,
regelmäßiger 2lbfd)rägung nad) unten abfiel, fid) bann in ber erhaltenen Xiefe
Ijorijontal fortfefcte unb nod) weiter im SBeften wieber anftieg, Ijatten bie unter
ber auSgejeidjneten Seitung beS SßrofefforS ©djudjljarbt auswärts auSgebilbeten
lübifdjen Slrbeiter, auSgefud)t tüdjtige unb intelligente Seute, burd) baS borfidjtige
SluSljeben beS bewegten ©obenS bis auf ben gewad)fenen ©oben einen breiten
Sinfdjnitt bloßgelegt, weldjer einen 2)urdjfd)nitt burd) ben ehemaligen ©raben an-
zeigte. 2lud) Sßrofeffor ©d)ud)ljarbt, ber unfere Ausgrabungen zweimal befidjtigte,
fdjloß fid) biefer Sluffaffung ber SluSgrabungergebniffe unbebingt an, einer Stuf-
faffung, bie aud) burd) bie geologifdjen ©erljältniffe beftätigt wirb.
SBäl)renb nämlid) in ben tieferen, unterirbifdjen ©obenfd)id)ten baS im 2lnfang
biefeS SlbfdjnitteS erwähnte 35ilut>ium ununterbrochen bon SBeften nadj Cften
ftreidjt bis gum öftlidjften Jeil beS SöalleS, ift bie betriebene leidjte bilubiale
Slnfdjmellung an ber Oberfläche, welche bie Jraoe* unb ©djwartaunieberung trennt,
an ber ©teile beS aufgefunbenen ©rabenS auf eine weite ©trede burd) allubiale
©Übungen unterbrochen, unb jwar berartig, baß eS unferen Arbeitern nur an
wenigen ©teilen möglich war, Ijier ben geworfenen ©oben ju erreidjen, ba bie
292 ) Safel XXIV follte eine 9lbbilbung beS panter- ober leoparbenarttg gefletften
©obenS in bem SRunbfdjnitte geben, ber l)ier im 9iorboften beS SRingwaßS an beffen
äußerer Seite ausgehoben würbe: allein ber Stdjtbrurf ift in biefer ©ejietjung boH»
ftänbig berunglürft, fo fdjarf bie il)m jugrunbe liegenbe ^ßljotograpljie aud) ift,
Welche biefe jalrffofen balb gelleren, balb bunfleren SRunbfletfen im ©oben gut
erfennen läßt.
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119
jungen 33obenbilbungen fo tief nadj unten teilten, bafe bie Schnitte afebalb t>oS
(Srunbmaffer liefen, meldje angelegt mürben, um bie Sfortfefcung be$ aufgefunbenen
©rabenS im Korben unb ©üben ju fonftatieren. Sunge SRoorfdjidjtcn reiften
meit bis unter ben SftuHpunft, fo bafi bie Ausgrabungen l)ier mit ©djmierigfeiten
ju fämpfen Ratten, bie man im SBinnenlanbe nidjt fennt unb bie fid} fdjliefclidj
nadj modjenlang fortgefefcten 93erfud)en, fie ju überminben, als unbefiegbar IjerauS-
fteüten. ©eologifd) ift biefe nur an ber Dberjtädje 293 ) öorljanbene Unterbrechung ber
fdjmalen biluöialen Slnftfjmellung burd) aHuöiale SBilbungen jmifcfyen SurgmaQ unb
ber meftlid) gelegenen $atbinfel nur fo gu erflären, bajj fyier ba3 urfprünglidj
aud> an ber Oberfläche jufammenljängenbe 35iluüium burd} einen fünfttidjen, breiten
Sinfdjuitt, eben ben portus Lubeke, getrennt morben mar, ber ben Surgmall mit
feinet Umgebung jur 3nfel machte; bafe biefer breite unb tiefe ©infdjnitt fpäter
öertorfte unb burd) f)ineingefpülte§ unb l)ineingemel)te3 (Srbreidj mieber ausgefüllt
mürbe, §eute alfo als ein allumateS 9?eft mitten im SMlutnum erfdjeint.
3u biefem geologiföen 9iadjmei3 für ben portus Lubeke bringt nun ba£
gule&t angeführte Diplom bie f)iftorifd)e ©eurfunbung, gleichzeitig ben urfunblidjen
SftacfymeiS, bafc Slftlübed unb ber 33urgmaH ibentifdje Statten finb, mie lefetereS
fdjon 1856 SetoerfuS 29 *) erfannt l)at. Slber bie Urfunbe fagt meljr au$, als
i*eoerfuS aus iljr erfe^en l)at. 35ie ©teile oon ben tet pratis et paseuis intra
dictum fossatum dicto monticulo adherentibus» bemeift, bafe nidjt btofc ber
33urgmall burd) baS fossatum abgefdjnitten mürbe, benn beffen Snnenraum ift
iüd}t grofc genug, als bafe man burd) ein et nod) prata unb pascua auSbrüdlid)
hinzugefügt Ijaben mürbe: überbieS tann man innerhalb beS SBurgmaQs nur t>on
pascua, uid)t t>on prata fpredjen, ba e$ in bem 3)itumum beS 33urgmaHS, baS
gubem nod) allfettig im 9tegenfd)atten beS Ijoljen SSaHeS lag, für Sßiefen gu troefen
mar, fo bajj Ijier nur mm SBeiben bie 9tebe fein fann. $)ie fyier ermähnten prata
liegen öielmeljr aufcen um ben ©urgmaU fyerum: fie nehmen baS niebrige Slflutnum
ein, baS, fid) ringS um ben auf bem $)ilutuum ftefyenben öurgmall fynjieljenb, mit
bem Diluöium beS SurgmaflS gufammen ben fiopf ber $albinfel, ben fünftlid) jur
insula gemachten Seit berfelben, auSmadjt, ben id) in feiner gorm mit einem
genau nad) Dften gerichteten ©djlangentopf öerglidjen Ijabe. 2)aS fossatum be-
298 ) ®a biefe Untertreibung in ben tieferen Sdjidjten nidjt üor^anben ift,
fommt fie auf ber bem Sluffafc beS SßrofefforS griebric^ beigefügten öortrefflidjen
geologtfdjen ffarte nidjt jum SluSbrurf. 3)a3 burd) SuSfjeben beS breiten Sanatö
gemonnene ©rbreic^ mirb man für ben SingmaU benufct ^aben.
294 ) «. o v @. 320, 91nm. 3. 9luf bem Pane ber 21u«grabungWnitte öon
1906 unb 1908, 2afel II, finbet man ben portus genau neben bem oben gefdjttberten
^afenboHmer!, unmittelbar öor Schnitt III — VI.
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120
fltettjte alfo nidjt nur bcn Surgmall, fonbern trennte bie ganje öftlidjc ©pifce boit
ber übrigen £albinfel.
SDiefer ©raben falj 1298 anber« au« al« ba« um bie nova curia gejogene
fossatum, mie au« ber SBenbung «ab antiquo, ut apparet, circumfosso»
Ijertoorgeljt. 3unäd)ft föliefct bieg ut apparet eine fdjriftlidje ober münblitfye
Überlieferung für bie befunbete latfacfye au«. Sntfpredjenbe fcfjriftttc^c 9?adjrid)teit
finb in ben überfommenen Quellen nic$t entölten, aber aurfi inünblidie Über-
lieferungen für ba« «ab antiquo» fonnten 1298, 160 Saljre nad) ber 3erfiöruna
2lltlübe<f«, nidjt mefyr öorliegen, auefj menn bie Snfel bis 1225, uub mie ba£
SSorfommen be« Tidericus de Olden Lübeke im Dberftabtbutfie bemeift, aud)
nod) 1248 bemoljnt war. Somit fann bie SBenbung «ut apparet», mie e« ber
Sebeutung be« SBorte« entfpricf|t, nur befagen: mie e« ber Sugenfdjein lefyrt. 2Bie
aber fann ber Slugenfdjein ergeben, bafc ein ©raben «ab antiquo» üorfjanben
gemefen ift? 3)iefe Stltertümlidjfeit fann man iljm borfj moljl nur baburd) anfeljen r
bafe er einen redjt berfallenen ©inbruef mac^t. 3m ©egenfafc ju bem für bie
jmifdjen 1280 unb 1284 erbaute nova mansio frifd) aufgehobenen ©raben Ijatte
biefer alte ©raben unbeftimmte, üermafdjene Ufer.
3n ben 160 Sauren feit ber gerftörung Slltlübetf« F>atte ber alte ©raben,
ber einft fo breit gemefen mar, bafc man ifyn at« portus Ijatte brausen fönnen,
junädjft tüdfjl buxd) SSertorfung einen großen Seil feine« ehemaligen Umfang«
eingebüßt, jumal nad) ber ©djmartau Ijin, mofetbft bie ©nfa^rt in ben $afen
gelegen ^aben mufe, ba ber ©raben nad) ben (Srgebniffen ber Ausgrabung öon 1906
nad) ber Jraöe ju fdjmäler, nad) ber ©djmartau ju immer breiter mürbe (man
ögl. bie Partei). $lad) ber ©tfjmartau ju ift bie SSertorfung berartig ftarf ein-
getreten, ba§ mir l)ier barauf berjidjteu mujjten, bie §lu«münbung be« ©raben«
in bie ©djmartau nadjjumeifen, meit bie tief aufgehobenen 83obenau«fdjniite un«
al«balb „erf offen", mie ber bergbautedjnifdje 9lu«brucf lautet, fo bafi ba« ©iluöium
Ijier burtf} ©rabungen nidjt erreichbar mar. 296 ) — ®in gmeiter gfaftor, ber
au«füHenb unb auf bie Uferränber jerftörenb mirfte, maren bie ©turmfluten.
Scbe« $od)maffer jog ben Uferranb Ijinab in« Sfanalbett; mirfte ba, mo fianb
unb Sßaffer jufammenftiefeen, au«füüenb unb berfladjenb. ®ie ©turmfluten
2 9 6) yiad) ber ermähnten geologifdjen ftarte liegt gerabe an ber ©teile, mo
ber ©raben in bie ©djmartau münben mufcte, jmifdjen bem S)iluöium unb ber
©djmartau eine berljältni«mäfjig breite 2lfluöial}one, amifdjen SBurgmaH im ©üben
unb ©ifenbaffnbamm im Sorben!
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12 1
formten in biefem ritten ©raben ungeftört iljre ©infftoffe ablagern. §11$
brilter gaftor roirfte bie Srofion be$ benachbarten Surgmattö burd) Siegen,
Jaunmffer unb SSinb. Seber Oftroinb führte toon ben burdj Stegen unb Üautoetter
angenagten ©teilen be3 SBalleS ©taubmengen in ben ©raben, jeber ©turjgufc
fpfilte leite be3 SBalleS Ijinab in ben ©raben. ©o nmrbe ber 33urgu>aII, ber
Ijeute niebrig ift, aber nad) ber 33reite feines gunbamentS unb nad) ber Sinologie
menbifdjer SBurgmäHe in SRedlenburg eiuft eine ftattlidje |>öl)e aufgeroiefen fyabm
mufe, immer niebriger, ber ©raben immer fladjer. @al) lefcterer fcfyon 1298 fo
verfallen au3, bafe man fdjreiben fonnte tmonte ab antiquo, ut apparet,
circumfosso«, fo [teilt er fidj oollenbs l)eute bem Stuge als eine faftige, bei
jebem $oc§maffer überfpülte, nur roenig ben 9iullpunft überragenbe SBiefe bar,
beren Slnblid bie 33eljauj>tung junädjft als eine Sßljantafie erjdjeinen läfet, l)ier
fyibe einft ber portus toon Subefe gelegen, ©nblid) fam nod) ein trierter ^altor
l)inju, ber ben bereite aufgefüllten Äanal nod) übertäte, baS finb bie unauS*
gefegten SluSbaggerungen ber Sraöe, bie früher beginnen als man gemeiniglich
annimmt unb beren SRaterial früher auf baS linfe Iraöeufer, auf bie füblicfye
©eite ber |>albinfel gefdjüttet mürbe, ein bie Ausgrabungen erfdjroerenber Umftanb:
man mufj fidj fjfiten, ©egenftänbe, bie biefem jungen Saggermaterial angehören
tonnen unb mit ber 3eit in tiefere ©djidjten gefunfen finb, für mittel-
alterliche Dbjefte anjufpredjen. ©o folgen Ijeuie bie @d)id)ten im ehemaligen
portus Lubeke t>on oben nai) unten alfo aufeinanber: ju oberft aufgefdjütteteS
SBaggermaterial, barunter baS burd) ©rofion bem ©urgroall entriffene SRaterial,
barunter unb bajmifc^en bie ©infftoffe ber ©turmfluten, barunter unb am
mädjtigften bie üppigem SßflanjenmudjS entftammenben, torfartigen ©toffe unb
9Koorbilbungen.
3)ie Jatfadje, bafc bie Oftf^ifee ber #albinfel mit bem Surgmaö Slltlübed
burdj einen breiten ©raben fünftlid) Don ber übrigen ^albinfet getrennt mar, läjjt
fid) aber nicf)t nur arcfyäofogifd), geologifd) unb urfunblid), fonbem audj djronifiifdj
nadjmeifen. 3tt ber meifterljaften ©djilberung ber Belagerung SlltlüberfS burd) bie
Stauen, einer ber ©tanjpartien ber ©labencfyronif, berichtet £elmolb, bie Stauen
Ratten bie urbs Lubeke auf allen ©eiten mit ifjren ©Riffen eingefd) (offen: urbem
navibus circumdederunt, nad)bem fie bie Irabe hinaufgefahren feien: «sub-
vectique per alveum Trabene». (I, 36.) @ine berartige allfeitige Umzingelung
SlttlübedS fefct borauS, bafj ber Drt fünftlid) jur Snfel gemadjt morben mar.
Sludj im übrigen pafct bie an ©injelljeiten reidje, lebhafte unb anfdjaulidje
©djilbening ber minbeftenS viertägigen Sinfölie&ung unb ber großen SntfafeungS-
fd)tad)t Quq für 3ug nidjt nur barauf, bafc Slltlübed nur an biefer ©teile gelegen
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122
Ijaben farnt, fonbcrn au<$ barauf, bafc fiubefe eine Snfel mar, fein §afen bafjer
im SBeften lag.
3)er lefete ^rneifel baran, bafj SHtlübcd jur 3nfel gemalt morben mar, wirb
burdj bie bereits ernannte Slngabe be3 Dberftabtbud)e3 in fiübed jum Saljre 1248
befeitigt, berjufolge ber SRat öon fiübeef insulara Olden Lübeke cum suis
attinentiis pratis et aliis auf brei 3afyre für 16 9Karf Pfennige an Tidericus
de Oldeu Lübeke unb an beffen 33ruber toerpadjtet fjatte. (SSiflebranbt, a. o.,
©. 21.)
©djliefclid) öerrät ber 2lu$bru<f inons, bafe 1298 bie eigentliche SWatur
ber ©rtyöfjung in Sergeffenljeit geraten fein mochte. 2Ran falj bie Srl)öljung,
merfte aber nid)t, bajj biefe ©rfjöljung eine fünftlidje mar, fonft würbe man bie
Slnljölje mol)l als «borchwal» bejeidjnet l>aben, mie man bieS in anberen Urfunben
jener Qext unb ©egenb getan l>at. 296 ) ©o ift ber SluSbrucf mons öielleicfjt
einmal ein 2lnjeicf)en, bafj bamalS ber SRingmaU Slltlübed Ijöljer mar, unb jmeitenS
ein Slnjeidjen bafür, bafc Slltlübed 1298 nid)t meljr bemoljnt mar, eine Slnnaljme,
für bie and) ber Umftanb ju fprerfjen fdjeint, bafe bie einft in ©fcronifen mie in
Urfunben fo Oxet genannte ©tätte feit 1263 nur nod) in einem einjigen 3af)re, in
ben beiben Urfunben Don 1298 unb aujjerbem breimal öon ben ©Ijroniften genannt
mirb: in feiner jmeiteu unb brüten Slrbeit, alfo etmaS nad) 1386 unb 1395, fagt
Setmar: „bat norf) Orte JJnbcfc Ijetlj", b. Soppmann I, 125 u. I, 206 (bgl. oben,
©. 86). Slu&erbem ermähnt Äorner 1420, in feiner jmeiten Raffung, A: «Antiquuni
Lübeke», aber gelegentlich be3 ©treiteö üon 1298: «Gravis controversia orta
est — propter Antiquum Lübeke» bei ©cfymalm, ©. 32 9Jr. 291 (448). S)er
diät tum Sübed Ijatte feine SSeranlaffung, biefe (Sntmicflung ber SSer^ältniffe ju
Ijinbern ober auef) nur ju bebauern.
i. 35ie SRamen 9huenljof unb Saltenljof.
2lu3 bem beigebrachten Urfunbenmaterial ift ju erfefjen, bafj etma ein fyalbeS
3af)rl)unbert lang, öom @nbe be3 13. bis gur 9Kitte be3 14. 3aljrfjunbert3, bie
Flamen 9teuenl)of unb Saltenfjof nebeneinanber ejiftierten, bajj aber fdjon SKittc
beS 14. 3al)rl)unbert3 ber 9?ame SReuenljof gu fdjminben begann, ber SKame Saltenljof
fomit afleinfyerrfdjenb geroorben mar. S)a nidjt angenommen merben fann, bafj einem
296 ) Sgl meiter unten ben ©djlufj be$ 2lbfd)nitte$ über ba3 2llter üon
Slltlübecf fomie bie auf 6. 76 angeführte S9ejeid)nung „Sordjmal" auf ben älteften
Sanbfarten beS «Itlübecfer ®etänbe3.
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123
neuen #errenfifce gteid^jettig jmei ganj oerfdjiebene neue dornen gegeben würben,
fo mufj man ju bem ©djlufj gelangen, bajj Äallen^of ber urfprüngttdje Kante be8
©elanbeS mar, bereits bebor Sauten auf iljm vorgenommen roorben waren, alfo
nod) t>or ber Grbauung ber nova curia: mit anberen SBorten, bafj ber ganje,
wie wir faljen, Stttlübect im engften ©inne, Kenfefelb, Siebe, Suttiggebertlje,
^ßuttefenborpe umfaffenbe Sejirt, 2lltlübe<f l)iefj, bafe bagegen biefer norböftlidje
£eit be3 Sllttübeder SefifceS ben Kamen Saltenfjof trug. (Segen biefe 3lnfid)t
fpridjt baS in bem tarnen Saltenljof ftecfenbe Sßort |)of, benn wenn bie ©teile
Äaltenfyof gereiften Ijaben foH, elje ein §of — ber Keuenfjof — auf ifjr erbaut
worben mar, fo begreift man nidjt, wa§ ba§ SBort £of ba foH, wo ein $of fid)
nid)t befinbet. SWein id) bin ber Überzeugung, bafc in bem Kamen Äaltenljof
nid&t ba3 Sßort $of, fonbem ber Segriff Slue ftedt, bafj atfo Äaltenfyof 297 ) eine
SSerbaK^omifierung be$ KamenS Äaltenau für ba3 anmutige SBiefengetänbe an
ber ©djmartau, ja be3 KamenS für bie ©djmartau felbft war.
2öie fpäter ber Ort ©djwartau feinen Kamen t>on ber Schwartau empfing,
fo fyattc borljer ba3 ©elänbe Äaltenau feinen Kamen bon ber Äaltenau erhalten.
2ltterbing3 müßten aisbann jwei Kamen für bie ©djroartau angenommen werben:
Sattenau unb Schwartau, aber Ijat nidjt audj bie biet fürjere, benachbarte £rem3
mehrere, fogar brei Kamen: Sarger 8lu, Steuer 9tu unb JremS? $aben nidjt
aud) nod^ Ijeute eine grofee Slnjaljt fleiner unb fleinfter ©eroäffer in ber Umgebung
Slübetfe unb Hamburgs mehrere Kamen, ja ift ber ®ebraud) mehrerer Kamen für
297 ) Übrigen« täfet fid) ber Käme ®altenfjof minbeftenS nod) biermal nörblid)
bon ber Elbe nadjmetfen:
1. ein föolbenfjoue lag früher „bei ber 93ramf)orft, auf bem jefctgen 93ar3befer
Schlage Solbergfjof" nad) einer Urfunbe Dom 19. Kobember 1383 (©d)Ie3m.'
£olft..ßauenb. Urf -Sammlung, 93b. I, Kr. 75, ©. 263);
2. eine villa Coldenhof, Coldehof ober Koldenhove gehörte $u Keuttofter in
SKedlenburg (SKecHenburgiföea Urf. 93ud> 93b. II, Schwerin 1864, Kr. 1215,
©. 401, Dom 25. Januar 1271; 93b. IV, Schwerin 1867, Kr. 2518, ©. 75,
bom 18. September 1298; 93b. V, Schwerin 1869, Kr. 3079, ©. 267, bom
4 — 10. Wprit 1306; 93b. V, Schwerin 1869, Kr. 3500, ©. 606, üom
14. $eaembcr 1311);
3. ein viertel SJotbeljoue finbet fidj im Sirdjfpiet Sßrofefen bei SBtemar (a. o.,
93b. VII, 1872, Kr. 4402, ©. 76);
4. ein fünfte« ffaltenfjof liegt auf ber Snfet <ßö( bei 933temar (a. o., 93b. IX,
1875, Kr. 5882, ©. 129, 9lnm.).
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124
ein fliefeenbeS ©emäffer nicfyt überall baS Urforünglid)e, in Stfrifa unb Stficn fo
gut wie in 3)eutfä)lanb? ©o allein f)at ber SKame aud) ©inn. Ober min man
annehmen, bafc ein Sifdjof einem neu öon tf)m erbauten ©ifce ben tarnen Saltenljof
geben mirb? SBet mirb mit bem ^Begriff be3 eigenen $eim3, mit bem mir bie
anmutenben begriffe anljeimelnb, fjeimifd), fyeimlicft berbinben, ben Jobfeinb beS
Slnljeimelnben: ben ©egriff be§ groftigen öerbinben wollen? 3ubem ^9 bie curia
Äaltenljof relatib gefrfjüfeter afö ba3 allem SBinb unb Sßetter auSgefefcte Slltlübecf:
eine curia frigida märe ein fcfjledjter (SrljolungSort für bie bejahrten Ferren auf
bem fiübeefer ©tuljte gemefen, Don benen ber metgenannte unb mit ber @efd)itf|te
Äaltenl)of3 am engften öerbunbene 93ifc^of öurdjarb, ber tooüe öierjig 3aljre bem
ffltetum öorftanb unb im Sitter Don adjtjig Sauren jum 2Mfd)of gemäljlt morben
mar, ber ©rünber ft'altenfjofS, 120 3al)re bollenbet Ijaben foll. 298 ) Die ©cfjmartau
entfpringt relatib Ijorf), §at infolgebeffen ein merfbareä ©efälle: fie fonnte in iljrem
oberen Saufe, in bem fie ba3 lieblidje ©rofion&al oom Sölocföberg bei *ßan3borf
bis jum SRiefebufdj bilbet, paffenb genug Saltenau Ijei&en; in .itjrem unterften
Saufe, in bem fie in bie fdjmarjgrunbigen SüJoormiefen bor iljrer 9Künbung tritt,
nidjt minber paffenb ©djroartau, ein SWame, ber für ben bei meitem größten Jeil
be3 munter ptätfcfyernben 33arfje3 fd)led)terbing3 nidjt pafy. Üäfet fid) ber glu&name
Äaltenau in ber nieberbeutfdjen gorm bo<$ andf fonft in 9tieberfad)fen nadjmeifen.
3n ber ©tiftungSurfunbe ÄarlS be3 ©rofeen für Bremen 299 ) finbet fid) biefelbe
95ejei(f)nung mie unfer Äaltenljof: Satbf)oroa, für eine 3lu, bie falte 2lu, meiere bei
©rafenburg in bie SBefer flie&t, unb DieS Salbljoma entfpridjt unferem Solbenfyome.
@o unmaljrfcfjeinlidj e$ ift, bafj bie nova mansio erft 9 f ieuenl)of / alSbann
Äaltenljof gereiften Ijaben follte, eine Annahme, bie fdjon burd) ba3 gleichseitige
SBorfommen beiber SRamen miberlegt mirb; fo unbegreiflich e3 märe, falls beibe
Slamen gleichzeitig für biefelbe SJteugrünbung entftanben mären, fo oerftänblicfy
mürbe e3 fein, bajj ber Sßlafc üor ber Srbauung ber nova mansio bie Äaltenau
Ijiefe natf) ber bei U)m toorüberfliefcenben falten Slue unb fpäter, naef) ©rbauung
ber nova curia, auc§ SReuenfjof genannt mürbe. Site bann bie alte curia in
Sllttübecf eingegangen mar, fidj fd)liefjtid) moljl and) bie (Srinnerung an biefe alte
curia öertoren fyatte, bie ©tätte öon ?lltlübe<f meber bebaut noef) bemo^nt mar,
bie 3nfel Slltlfibecf eine 3 e ^tang überhaupt nic^t anber$ afö burd^ Ää^ne
jugänglic^ mar, öerlor fic^ aueft ber SKame 9leuenl)of unb ber urfprünglic^e, aller»
bing^ öerborbene 9iame — houe au3 2lue roie j. 33. ba3 tfaten in ^oltjaten ju
298 ) Sittmer, a. o., S. 11.
2 ") ^amburgtf^ Urf. Sud) 93b I, @. 6, Hamburg 1842.
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ftcin öerborben rourbe — , ber im SBolfömunbe roofjl immer gebraucht fein wirb,
wie ba$ gleich nad) Srbauung ber nova curia auftaudjenbe curia Coldenhoue
t>errät, rourbe roieber atteinljerrfdjenb.
©o ift ju unterf Reiben bie ältefte btfdjöftidje curia ober mansio an ber
«Stätte toon Älttübcrf unb bie oon SBifcf>of SBurdjarb in bem allodium Aldenlubeke
1 Vi Kilometer flufcaufroärtS errichtete curia nova Koldeuhoue.
k. S)ie ©renjftreitigfeiten jroifdjen Slltfübed unb ÄaItcnl)of.
35ie angeführten UrfunbenfteQen beroeifen, bafc Äatten^of eine ganje 2lnjaljl
t>on ©ebäuben umfaßte unb bafc ber 1317 jur Regierung gelangte $einrtd) II.
biefe ©ebäube auSjufdjmüden begann, fei e3 ardjiteftonifd), fei e3 burdj 2Ralereien.
Sud) fpätertyn muffen fid) bie 83ifd)öfe gern in biefer anmutigen Sanbfdjaft auf-
gehalten tyaben, in ber bei Äattenljof ba$ ©etänbe fid) abroccfyfelnber ju geftatten
beginnt. 35e^nt ficf> unterhalb öon Äaltenfjof auSfdjliejjlidj eine niebrige, ben
3Keere$fjriegel laum um 1 — 3 SReter überragenbe SWuoialuieberung au%, fo
beginnt gleidj oberhalb biefeS ^ßlafceS bie ©djroartau ein anmutiges Xäl ju bilben,
beffen Abgänge auf ber tinfen, Äaltenljof gegenüber liegenben, ©eerefcer Seite
bereite ins Äuge fallen. §ier rourbe am borgen be3 27. Sluguft 1546 ber
SMfäof ©altfjafai; SRanfeau überfallen unb in bie ©efangenfdjaft geführt, in ber
er brei 3taljte fpäter in vineulis feinen lob fanb.
Sftad) bem lobe be3 1341 beworbenen S3ifd)of3 £einrid) IL, Hinricus
de ßocholte ober Hinricus Bukholt de Lubeke, 800 ) rourbe eine ganje 9tnjaljt
3lngef)öriger biefeS ftattfidjen 83ifd)of3fifce8, anfdjeinenb be3 SieblingSaufentljatteS
£einrid)3, teftamentarifrf) bebaut: 801 ) alles Slnjeirfjen, bafc bie Sübeder 33ifd)öfe
nad) bem Sßerlufte iljrer älteften curia auf ber ©tätte SUtlübedS an bem SBefifc
ifjrer neuen curia um fo fefter gelten, änton Äüfjn 802 ) roeift barauf Ijin, baf$
bie ad)t#ufen be3 bem SBifdjofe 1225 öerbliebenen SSorroerfeg Dlbeulubefe biefelben
finb, bie 83ifrf>of £einrid) I. 1177 bei ber ©rünbung be3 ©t. SdjanniSflofterS
ju Sübed öon bem abgetretenen SRenfefelber ©ebiete fid} unb bem 35ome referöicrt
Ijatte. S)a aber bie ©renken jroifdjen bem 1225 abgetretenen Sllttübed unb
so °) »ei SeücrfuS I, 6. 136.
80 1 ) ©o Olricus famulus in Nova curia, Tymmo famulus ibidem*
Petrus pastor ibidem, Yde ancilla ibidem.
802 ) Sei Sfollmann, a. o., ©. 337/338.
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Äaltenljof nidjt flar gejogen maren, fo tarn eS ju einer langen Steige üon ©renj«
ftreitigfeiten groifdjen ©tabt unb SBiStum fiüberf, bie gleich nad) ber Abtretung
StttlfibecfS an Sübecf begannen unb erft 1804 iljre enbgültige Srlebigung fanben.
3m 3faf)re 1847 mürbe ber an Dlbenburg übergegangene bifcf)öflicf)e ©utSljof
Äaltenljof niebergefegt. „3)ie SSererbpadjtung feiner fiänbereien Ijalf bem glecfen
©djmartau ju einer eigenen fjlur, öon ber bis baljin nur in allerbefdjränfteftem
SKafce bie Siebe fein fonnte." #eute ift bie raansio nova beS fampf froren
©urdjarb t>. ©erfen nur als ringsum öon einem breiten ©raben umfloffene
@rl)öl)ung erfennbar, ber blofc am ehemaligen 3 u 9 an 8 * m SRorbroeften, nadj
©cfjroartau ju, unterbrochen ift. Ausgrabungen finb Ijier nodj nie angefteüt roorben
unb !önnen auefy für bie SBenbenjeit nidjt in 93etrad)t fommen: ©djerbenrefte finb
aber aud) l)ier unfdjroer ju finben.
3u ben taugen unb heftigen ©renjftreitigfeiten jmifcfjen ©tabt unb 33ifd)of
!am als ein jtoeiter ©runb ju 3Ki^eHig!eiten bie ftarte unb nirfjt unberechtigte
83eforgniS ber fiübeefer, bie mausio ober curia nova fönnte aflmäf)lidj ju einer
bifdjöflidjen fjefte ausgebaut merben. 2Bic bie Hamburger öon jefyer barauf bebaut
geroefen finb, baS 3faf)rroaffer ber Siorberelbe unter iljren (Sinflufe ju bringen, fo
fjaben bie fiübeefer ju allen $eiten baS grö&te @eroid)t auf ben 33efifc ber Jraöe
gelegt. 3to bem ©runb- unb ©efftein ber lübifrfjen Autonomie, ber Urfunbe
Äaifer gfrtebrid)S IL bom 3uni 1226, Ratten fie burduufefcen gemußt: ut nulla
persona, alta uel humilis, eccleeiastica uel secularis, presumat ullo tempore
munitionem hedificare uel Castrum uxta flumen Trauene — ex utraque
parte usque ad miliaria duo unb ba bie mansio nova 83ifd)of 93urtf)arbS
gerabe am Snbe biefer ermirften ,3meifilometer-3one, aber nod) innerhalb berfelben,
lag, fo mürbe fcfjon in bem erften ©djiebSfprudje t>om 21. 3uni 1298 beftimmt,
bafc 33urdjarb feine curia in Coldenhoue jmar behalten fofle, aber nur unter
ber Sebingung: tquod omnia edificia, que in colle circumfosso sunt sita,
infra sex menses a die presenti destruat et collem cum fossatis coequet». 803 )
gallS aber Surdjarb ober feine SRarfjfolger nadj Abbruch ber mansio unb Sinebnung
beS £ügelS in loco predicto uel consimili ein castrum uel muuitio errieten
mürben, {olle ber Sübecfer SRat befugt fein, ju jerftören, quidquid superedificatuui
fuerit, aufjerbem foHe alSbann baS ganje ©ut cum omnibus attineneiis in
perpetuum Eigentum SübecfS merben. ®iefer ©djiebSfprud) fcfyien SBurdjarb
unannehmbar: im Verlaufe beS neu entbrannten ©treiteS Derfjängte er baS Snterbift
80S ) 2üb U. 93. I, 3?r 680, ®. 613.
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127
über Sübecf, 80 *) mit bcm er am 29. 2Körj 1299 bie ©tobt bebroljt Ijatte. «fe
maljrenb biefeö StoifteS bic consules ber ©tobt auf i|r SUtlübetfer ©ebiet 806 )
quasdam leues personas, videlicet portitores siue latores et consiiniles, qui
esaent multi, 80e ) emiserunt, 807 ) um iterato, ut prius fecerant, 3)orngebüfd)
austoben gur (Erleichterung ber beborftefyenben Heuernte: u * rubeta de nostris
pratis et locis palustribus resecarent unb ol3 fie biefen Acuten ad bibendum
bonam seruisiam emiserunt, fom e$ jrotf^cn btefen Arbeitern unb bem ©efinbe
ber benachbarten bifdjöftiefjen Äuria jum ©treite, in beffen SSerlouf bie fieute be$
SRateS in bie nova curia einbrongen unb ebrietate perfusi, eandem curiam
destruxerunt. — SKun nafjm ber ©treit an Erbitterung no<$ ju: erft 1317 nmrbe
ba$ Qnterbüt burd) ?ßapft Sodann XXII. aufgehoben. 808 ) ÄQerbingS mar man
bereit« 1308 ju einem 93ergleid>e gelangt, 809 ) ben ober ^5apft Element V. nid)t
anerfannt fyatte, ber inbeffen, fomeit e3 fi<f> um SUttübed Ijanbelte, 1314 annähme
fanb. 810 ) Sfibecf mu&te gmar an ben <ßa|>ft 5000 ©olbgutben 811 ) unb an btn
SBifdjof 4000 2Warf jaulen, 812 ) aufcerbem jugeben, bafe ber 33ifdjof curiam suam
in Nienhoue prope zwartowe destruetam toieber aufbauen burfte, allein e$
f)atte trog ^ßapft unb Sifcfjof bie ©rengen feine« Slttlfibecfer ©ebieteS ju magren
unb bie SSeftimmung burdjjufefcen öerftanben, bafe ber SReubau nur sine plancis
unb muris erfolgen bürfe unb ba^ Weber ber SBifdjof noc§ feine ÜWadjfoIger
804 ) ©$le3to.'£olft..Sauenb. Urfunbenfammtung, 83b. I, SKr. 134 IV unb V,
©. 155—157.
806 ) 9lu3 bem Bufanimentjang erhellt, bafc e3 fid) t)ier nid)t um ben 93urgtt>att
Sltlübecf, bie insula SHtlübecf fjanbelt, fonbern um bid)t an ber ©renje tiegenbe
©ebiete, too bie auSgefdjicften Seute, tote in früheren 3a^ren, bie Dornen befettigen füllten.
808 ) Süb. U. 33. I, 3?r. 711, üon 1299, ©. 641.
80 7 ) Süb. U. 83. I, 9ir. 712, Don 1299, ©. 645.
808 ) SeOerfuS, 5Rr. 460, oom 21. 3Rai 1317, ©. 561 fotoie SeoerfuS,
9Jr. 456, öom 23. ©eptember 1316, ©. 555.
8 9) geoerfu«, Wr. 429, öom 6. Sejember 1308, ©. 515/516. Seöerfuä,
9lr. 435, Dom 21. a»är$ 1310, @. 527. SeöerfuS, Sir. 436, Dom 23. STOära 1310,
©. 529.
810 ) SeOerfu$, 9ir. 447, öom 6. Januar 1314, ©.543. SeoerfuS, Str. 449,
üom 2. gebruar 1314, ©. 547. SeoerfuS, 9lx 450, öom 2. gebruar 1314, ©. 549.
81 1 ) Süb. U. 93. II, 9fr. 342, oom 29. ©eptember 1316, © 294. Süb.
U. 93. II, 9lr. 345, oom 21. 3Rat 1317, ©. 299. Sgl and) ©. 205.
812 ) Süb. U. 93. II, 3lr. 340, Oom 27. Oftober 1317, ©. 304.
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128
castrum, municionem aut fortalicium erbauen folitett. 818 ) 3n bem faft ein
URenfcfjenalter roä^renben Streite ^atte fid) bie ©tabt bie unbebingte ^errfdjaft
über bie Jraöe ju magren geroufet. Dagegen ift öon ber 1298 beftimmten ©in-
ebnung be3 |)ügel3 nidjt me^r bie Siebe, melmeljr erhoben fid) auf iljm mehrere
©ebäube, bie nad) ben angeführten Urfunbenfteflen jum Seil audj eine reifere
SluSftattung aufgeroiefen f)aben muffen. — allein nod) (Snbe bed 16. 3(af)r{)unbert3
ift Sübed bemüht, öon neuem toorforglid) ju öer^üten, bafc au3 Äalten^of eine
Sfeftung erroädjft. @in 1576 gefdjtoffener SUergleidj befdjränft bie ©röfee be3
$aufe3, bie Sreite be3 ©rabenS unb bie §ölje ber Sruftme^r unb fdjreibt für
einen ÜReubau gadjroerf öor bis auf ba$ untere ©toefroerf, ba$ jtoet (Sflen fyodj
au3 ©tein erbaut fein burftc. 814 )
Slber audj Sübed mufjte fid) SBefdjränfungen auferlegen laffen. S)ie eigen-
tümliche Jatfadje, bafc nod) Ijeute auf bem ganjen tübifdjen Uferftreifen öon ber
HRünbung ber JremS bis ju berjenigen ber ©djmartau fid) nidjt ein einziges
©ebäube ober ein einziger ©djuppen befinbet mit alleiniger ausnähme be3 in
jüngfter 3 e ^* a » & cr SlnlegefteHe ber fjfäljrbampfer erbauten §otjpaöilIon§, 816 ) ift
auf eine Urtunbe 23ifd)of £einrid)3 II. t>om 1. 2tyril 1319 jurürfjufü^ren, 816 )
meiere ben 93au t>on 2Boljn{)äufern auf bem abgegrenjten ©ebiete unterfagt: «Iteru
nulla habitacula debent fieri in prenotatis distinetionibus, videlicet inter
Preraescen et Swartowe.» SBenngteid) audj biefe Seftimmung ju ©treitig!eiten
führte, in benen „regelmäßig" eine „entgegengefefete Suffaffung" ber Srage fid)
geltenb mad)te, „roem ju gute" biefe Sefdjränfung getroffen morben fei, „auf
melden ©runb unb Soben baljer ba3 betreffenbe SSerbot anroenbbar fei", 817 ) fo
roirb man bodj rooljt biefe Seftimmung öon 1319 als ben ©djlufctermin auf f äffen
bürfen für btö SBorljanbenfein irgenbeiner 93aulid)feit auf ben Ürümmern öom
ed)ten Slltlübed, öon bem im ganjen 14. ^aljrljunbert nirgenbS meljr bie JRebe ift,
aufgenommen bie jroei ©etmarfteflen tttotö nad) 1386 unb 1395.
818 ) SeüerluS, 9tr. 429, öom 6. ^ejember 1308, 8. 516. Süb. U. 83. II,
SRr. 237, öom 6. Xejember 1308, ©. 204.
81 *) «ü^n b. ÄoUmann, a. o, @. 337.
3 15) (g e (6p baS SBa^n^ofgebäube „3Balbf)alIe" ber 2rat>emünber 83a^n liegt
auf olbenburgtfd&em ©ebiete.
816 ) SeüerfuS, 9lr. 480, @. 584/585.
817 ) ftüljn b. ÄoHmann, a. o., @. 338. 9lad) einer brieflichen Mitteilung
^ßrofcffor fiüljna öom 22. 3uni 1908 liegen bie Sitten über bie (Streitigfeiten jnnfdjen
©tabt unb 93ifd^of, bie fid) früher in Eutin befanben, jefct in Dlbenburg, in beffen
@roj$eräoglidje$ ^au^« unb 3cntralard^it> bie Seftänbe be^ ßübeefer 3)omarc^iö^
überführt toorben finb.
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129
3>ie lefetc Srroäljnung öon Sautidjfeiten auf ober im SRingmall finbet fidj 1248
in ber meljrfad) angeführten Angabe beS DberftabtbucfyeS. ^mifclien 1248 unb 1319
muf$ audj bie bamalS oerpadjtete alte curia im SurgmaH jugrunbe gegangen fein,
t>a fonft 1319 eine Seftimmung, mie bie angeführte, unmöglich Ijätte getroffen
werben fönnen, jum minbeften bie alte curia ju oldenlubeke als AuSnaljme
auSbrüilicf} $ätte genannt roerben muffen.
3)er ganje, bem Jöifc^of verbliebene Seil AltlübecfS wirb auf ben angeführten,
älteften fianbfarten immer nadj Äattenljof genannt, }. 95. bei Stoncfmertl). Sluf ber
jitierten 818 ) ÄapitänSfarte erfdjeint Äatten^of fogar als ßirdjborf! ®ie meiften
btefer Äarten finb fo flüchtig tyngemorfen, bajj Äalten^of irrtümlidjerroeife gemöljnlicl)
am linfen ©cfjtoartauufer, auf ©eerefcer ©ebiet, öerjeidjnet fteljt.
©o fomptijiert bie Darlegung biefeS ©acfyöerljaltS loar, fo leicht ift nad)
biefen Ausführungen bie SBibertegung berer, roeldje bie ©tätte toon Slltlübetf an
bie ©tätte öon Äaltenljof toerlegen: fie ift burd) bie SluSeinanberfefcungen biefeS
SapitelS bereite erfolgt. SWod) meljr: aud) ber SJetoeiS für bie fiage SlltlübetfS an
ber ©tätte beS SurgroallS ift burd) biefeS Kapitel geliefert, infonberljeit burd) bie
einge^enb befprocfyene Urlunbe öon 1298.
B. Sttlübecf an ber ©tätte beS älteften ©d)toartau.
Sreljmer 819 ) fagt, fid) auf fietoerfuS bejieljenb: ber Qfleden ©djtuartau „ift
erft nad) ber SKitte beS 17. 3fal)rIjunbertS entftanben, ba bis baljin nur bie an
ber ©djroartau erbaute äRüljle nebft einem ju il)r gehörigen Ärugljaufe, baS
baneben errichtete ©iedjenljauS unb ein an ber SJrüde ftefyenbeS $auS öor^anben
waren". S)iefe Angaben treffen jtuar nidjt ganj ben @adjöerl)alt, finb aber ber
^auptfadje nad) richtig, inbeffen öermifjt man einen ^intoeiS barauf, bajj 3Hfil)le,
©ied>enljauS unb $rug nidjt nur älter finb, fonbem, roenigftenS loaS bie ehemalige
HKüljle anbelangt, gerabeju ju ben älteften beutfdjen ©ieblungen im SiStum fiübed
gehören, ©cfyon in ben älteften Urlunben über ben 93efife beS SiStumS, ben brei
meljrfad) ermähnten ©tylomen öon 1215 unb 1216, wirb bie 3Hüljle an ber
818 ) Sgl. oben, ©. 78, 9tr. 10.
8le ) «. o., ©. 5.
3tWr. b. ». f. 8. &. X, 1.
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130
©d)ioartau genannt, bic fdjfaerlid) jünger als bie SRenfefelber Äircfye geroefen feilt
bürfte, loäf)renb baS ©ied)enf)auS fcfyon in einer Urfunbe tum 1258 320 ) öorfommt:
äRfiljle tuie ©iedjenfjauS merben in bem früher genannten £afelgütert>erjeid)mS au&
ber 3eit um 1280 genannt. Wai) 3)etmar 821 ) baute ber 9tat ju Sübed 1384
bafclbft eine jtueite 2Kül)le mit fianbtoeljr, beren Somer als eines ©cfyufceS gegen
Überfälle ber £otften unb ®änen gebenft. SReimar Äocf unterfdjeibet eine SBalf*
unb eine Papiermühle, meld) lefetere 1544 öon einem Sübeder Sürger erbaut
roorben fei; 822 ) als Sanbmeljr bejeicfynet er einen gemauerten Jurm.
Die ältefte ber ©cfyroartauer äRüljlen, bie fpäter an Sübecf öerfaufte bifdjöf*
lid)e 9)iüf}le, erfdjeint 1330 mit einem Shuge toerbunben, ber bereits 1633 einen
Janjfaal für ©aftereien unb §od)jeiten erhalten Ijatte. Sind) in ©djroartau fam
eS ju langen ©ebietSftreitigfeiten über ben Umfang beS ftäbtifdjen unb bifdjöfticfyen
SefifceS: fiübed erfannte an, bajj baS Dorf ©djroartau bem SiStum # jugcl)öre,
nafjm aber für fid) baS SBaffer, bie 93rüde, bie SKüljle, baS ©iedjenl^auS, baS
bamals ^äuftg als SlrmenfjauS bejeidjnet mirb, unb ben Ärug in Slnfprud}. 823 )
SSon ben genannten Sauten ftefyt nodj jefet bie malerifcfye gotifdje Äapelle beS el)e»
maligen ©ied)enf)aufeS. Stile bie genannten ©ebäube: bie 2Küf)Ien, baS ©iedjen-
IjauS, ber Ärug, bie 2anbroef)r befanben fid} an ber tiefften ©teile beS fyeute fo
lebhaft aufblüljenben fyiedenö, ba roo bie ©utiner Sanbftrafee auf einer Srüde bie
t)ier bereits ein auSgebeljnteS, malerifdjeS $al bilbenbe ©djmartau überfdjreitet
(t>gl. bie ffiarte!).
SWad) biefer toeit t>om SUtlübeder SurgmaH unb mehrere Kilometer oberhalb
öon Äaltenljof, an ber ©djioartau liegenben Stätte, über bie ein genauer DrtS«
unb ©renjptan beS bifcfyöftidjen unb ftäbtifdjen SefifeeS auS bem 18. '3al)rfjunbert
öorljanben ift, 324 ) öerlegt eine nid)t geringe Slnja^l öon Quellen unb 3)arfteüungen
bie urbs Lubeke $elmolbS. Qutxft finbe id) biefe Stngabe in ber öon ©girren
öeröffentlidjten ©d)rift De B. Vicelino et duobus martyribus, bie nad) ©girren
einer bänifcfyen SSorlage entnommen ift, meld} tefetere auf einem älteren, tateinifdjen
$e# beruht; einer ©cfyrift, beren 2lbfaffung „tool)l erft ins 15. 3af}rfjunbert
32 °) ®tyn b. Sollmann, a. o., @. 337.
321 ) 93. Soppmann I, ©. 183, 18: „$n beme jare Srifti 1384 bo buiocbe
be rab to fiubefe be lanttoere mtjt ber molen tor ©tüartoume."
322 ) Sgl. aud& unten, ©. 132, fflnm. 336.
828 ) m$n b. SoUmann, a. o., ©. 338/339.
824 ) Sgl. oben/©. 78, 9.
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fällt", 325 ) fobann 1423 in ber britten Sornerarbeit, bct SRebaftion B, 826 ) 1438
in bcr fechten Sornerarbeit, bcr SRebaftion H, 827 ) 1448 im Chronicon Holtzatiae
des Presbyter Bremensis 828 ) Qu btefcn CucÜenangaben fommt eine Slnja^l
öon entfpredjenben üRitteilungen au3 bem 16. Sa^unbert: 1514 Aquilonipolensis
ober £einrid) 93ifdjer öon 9iort^eim; 829 ) ber 1517 toerftorbene Sllbert Sranfc in
feincT ecclesiastica historia seu metropolis ad annum 1504 380 ) forote in
feiner 1520 5U Äöln erfdjienenen Saxonia; 881 ) 2Karfd)al! in feinen 1522
erfdjienenen deflorationes, 882 ) 1539 ber Sübeder ©üperintenbent ^ermann SBonnuS
in feiner 1634 erfdjienenen Chronica ber fürnemften ©efefttc^te unb $änbel ber
820 ) 3tfä. b. ©efeUfd). f. Stf)le$tt)..£otft 'Saueub. ©, 93b. VIII, S. 318/319
unb ©. 302: «Comes — alff — pacem composuit cum Wandalorum rege
Henrico, tum habitante in vetere Lubeca sita in Swartoulh».
82e ) 2t. 0., ©. 584, ad annum 1108: «Quidam volunt civitatem hanc
primo fundatam esse in loco, ubi nunc villa Swartow iacet, et postea trans-
latam fuisse».
327 ) 8. 0., ©. 535/536, ad annum 1104: „$c ttmrt bor gljebutuet öon
beme 2Benbe3fd)en oorften Iruto genomet anber toeröe, atfo be cronifen ber SBenben
fprefen, mente fje fe erften gebumet fjabbe uppe be ftebe, bar nu fidjt bat borp
©tnartoum, unb bar öorftoreben fe be SBenben, be bo tyne ötjenbe meren".
828 ) 3t. 0., ©. 25, $ap. 12: «qui (seil. Henricus) primo fundauit
ciuitatem et castrum Lubeke in loco Swartouw».
820 ) Über Sifd)er ögl. SBeilanb, fäc^ftfe^c 2Bettd>ronif, ©annoüer 1877,
©. 611, 42 = MG., beutföe (^ronifen be* aRtttelalter*, 93b. IL Henrici
Aquilonipolensis poetae de primordiis Lubicanae urbis Caesareae bei |)einricf)
äWeibom, rerum Germanicarum tomi III, 93b. I, ©. 605, $etmftebt 1688:
«Lubica Trithone Sclavorum ab principe magno Pagum ad Suertovium
in8tructa priore loco. Destructa a Sclavis post et aliunde locata».
830 ) 3t. o, 93afet 1568, ©. 166; Lib VI, 4: «Nam Crito — Lubicam
novam in eo quo nunc manet loco, communivit, anni Christi 4 post 1100,
sed tarnen veterem tanquam munitionem in loco Zuartow non omisit».
881 ) 8t. 0., Lib. V, Aap. 26: «Misit (seil. Vicelinus) predicatores ex suis
in veterem urbem Lubicam, in loco qui nunc dicitur Zwartow».
882 ) Nicolai Marescalci Thurii Deflorationes antiquitatum ab origine
mundi usque ad annum 1522 bei SBeftpfjalen, a. 0., I, ©. 1472, Lib. V:
«Colonia dieta magna, ob plurimos videlicet, qui subito confluxerant, quum
sita ante esset, ubi vicus Svartous, circiter annum 1073».
9»
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ßetfertidjen ©tobt Sübecf, 888 ) 1543 ©ebaftian 3Hünfter, 88 *) 1549 SReimar ßotf, 886 )
1552 ber Sübetfer SReltor Sßetr. SBincentiuS in feiner elegia de origine,
incrementis et laudibus Lubecae 886 ) unb ofe ebenfo fpäte mie roerttofe Angabe
bie 3Hitteilung ber bis 1665 reitfjenben Origines Neomonasterienses et Bordes-
holmenses. 387 )
liefet langen Steige öon Quellenangaben entftmcfyt eine SReilje öon 2)ar«
ftetfungen. SKod) mitten im Zeitalter be3 breifeigiäljrigen Krieges toertegt 93ertiu3
Stltlübcrf nad) ©cfymartau, unb jmar nennt er Sllttüberf nitfjt fiubefe, fonbern
©roartoum. 838 ) SWodj ein jmeiter ©ctjriftfteHer öerfefct in biefem 3eitatter, neun
Saljre naef} S3ertiu3, Sttttübei nud) ©cfytoartau: 1641 SBerben^agen in feinem
traetatus de Rebus Publicis Hanseaticis. 889 ) Stucf} öier anbere Slutoren be£
888 ) 9t. o., Statt A 3: „Sübecf ift jum ©rften an ber ©djtoartatoe angefangen
ju 93att)en — : e$ fjat aber bie ©tobt Sübecf in biefem Orte an ber ©djtoartatoc
gelegen", — eine Stngabe, bie tfvax roafyrfdjeinlid), aber nidjt unbebingt auf
©d&martau $u bejieljen ift, üon SBiUcbraubt aber (a. o., ©. 14, ögl. unten, 2tnm. 343)
mit aller ©idjerfjeit auf ©djttmrtau belogen nrirb.
884 ) Mo,©. 1192: „Sübecf — gelegen in ber ©djtoartatt) im Sanbe
SBagern".
3 8 5) <B c i äBWcbranbt, a. o., ©. 14: „2ljom erften i$ ibt gettriffe, bat ©tabt
Sübecf erften fjefft gelegen up be ©tebe an ber Xraöen, be ba Ijet ©toartoto, öon
bem toater, bat bar fyer in be Iraöen flütl) utlj bem Sanbe #otften, toelcf man nu
t^or £ibt ijet be Oufoe".
886 ) 2t. o., ©. XII: «Imo aequata solo tandem, ut nil inde supersit
quam casa chartaceae Swartoviana molae» (einer Papiermühle).
88 7 ) Sei 2Beftpf)alen, a. o., II, ©. 2355, § 18: «Nulla — templa
nullique — ministri aderant praeter illam veteris Lubecae in Swartovia
aedem, quae trans fluvium in monte prope Travam exstrueta erat atque a —
Henrico D. concessa Vicelino».
888 ) «gl. oben,©. 66 unb Munt. 180. — 2t o., ©. 593: «Ortum habuisse
creditur partim a Cimbris, partim ab oppidulo Swartow, quod mari est
vicinius, conditum circa annum Christi 1040 a Godschalco Principe Obotritorum.
Nam quum Swartoum Rugij bellis perpetuo fatigarent, nee possent industrii
cives destituti opibus adversus tarn potentem hostem se defendere, fertur
ipsis auetor fuisse Adolphus II. — ut mutatis sedibus subducerent se longius
a mari, in locum, quem Cimbri olim urbi destinarant, ubi collem ambiunt
Wagnissa et Dravenna».
889 ) 21. o., Pars III, cap. 12, de Lubeca, ©. 246: «Olim autem sita
fuit in Schwartaw in optimo maris portu, et a piscatoribus et negociatoribus
inhabitata, quam Gotschalkus ille — circa Annum Chr. 1040 inchoasse
dicitur, et extrueta in eo Burgo sive arce aut castello nomine Filii Butham
appellasse».
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17. SafrfymbertS öerlegen SUtlübecf nad> ©tfjroartau: SHrtfjrtng unb SRfiller, 840 )
bei treffliche Safob ö. SKefle 841 ) unb Sefermann; 842 ) nid)t mtnber bret ©Triften
be3 18. Sa^unbcrtg: 3ol). ^eter äBillebranbt in feinet #anfiftf}en (Sljrontf 843 )
84 °) Compendium historiae Lubecensis, Hamburg 1677, ©. 2: „Sßann
aber am aUererften unb an ttrtldjem Drtl) bie ©tobt Sübecf eigentlich erbauet, ba«
tft ungetoijj, unb finb bie l)ieöon fdjreibenben Autores unter fidj ntdjt einig, bi§ ift
aber getoifj, ba§ ned)ft t>or ber legten Srbauung ber ©tabt Sübecf an ben Ortty,
ba e3 je|o fteljet, biefe ©tabt ift an bem unterhalb Sübecf in bie Draöen fliejjenben
Sadje ©toartau genanbt roofetbft nod) jefco ein Dorff *U 9Meil öon jefcigen Sübecf
unb jum Sübifd&en ©tifft gehörig gelegen unb nod) je^o ben Kannten ©roartau l)at,
öorJjin erbauet geroefen ift. — — Demnad) aber bie ^eijbnifdjen Suginaer bie
©tabt Sübecf, roeil fie iljrem Abgott ©toantottrifc nid)t opfern rooHen, an biefem Ort!)
öerftö^ret, ift nadjgefjenb Sübecf an bem Drtf), ba es je|o fteljet, lieber angefangen
roorben, öon roem e$ eigentlich gefd)ef)en, ift ungeroi§, bie meiften ftimmen bafjin,
bajj eä öon ben 93ürgern unb ©intoof)nern felber gefdjel)en feg, Ijat aber bod) feinen
redeten gortgang fyaben toollen, roeil ber ©§rifttid)e gürft ©ottfdjald in #olftein
oon beut braunem Eriton übertoältiget, big enbtid) ©raff Slbolff oon ©djauenburg
— 1140 bie ©tabt Sübecf red)t förmlich erbauet ijat."
84 1 ) „©runbtidje 9Gad)rid)t öon ber fiaiferl. Sretjen u. b. £eil. SRömifd).
Seid?« ©tabt Sübecf", ©. 4: Die ©tabt Sübecf lag — „üom anfange — an bem-
jenigen Orte, roeldjer ifciger ßeit öon bein bafelbft borbetjftiefjenben SBaffer ©roartoro
genannt roirb. Dafelbft roarb fie öor Dielen fjunbert Qa^ren öon ben ehemaligen
SBenben erbauet. Deren Könige unb Ferren ac^t SKeilen t>on bannen, nemlid) ju
©tarigarb ober Dlbenburg ifjre SRefiben^ Ratten, ©ie fieng nidjt nur an burdj
Äaufmannfdjaft unb £anbtung berühmt ju roerben, fonbern aud) julefct bem c^rift-
liefen ©tauben beizupflichten".
2lu3 einem älteren SBerfe ö. SReHeS, ber bereits 1677 herausgegebenen historia
antiqua Lubecensis, § XVI, Slatt B 1, erficht man, bajj bie oben (2lnm. 329)
angeführte Angabe öon Strang ö. 9KeHe£ Cuelle ift: Atque sie ut sentiam,
imprimis Kranizii auetoritate moveor, qui Critonem ait Lubicam novam in
eo quo nunc monet loco communivisse, a. Chr. IV post 1000. Sed tarnen
veterem tanquam munitionem in loco Zvartovo non omisisse. Ubi disertis
Svartovianara urbem verbis exprimit iam Cruconis temporibus floruisse, quam
tarnen, Cl ßangertus occieo Crucone ab Henrico demum coeptam asserit.
Krantzio id non excidisset, credo, nisi antiquiorem quendam eius sententiae
certura habuisset ducem: biefe öon Safob ö. ÜReHe öorau3gefc&te Duelle öon
Rranfc fdjeint Storner geroefen $u fein, ögl. oben, 91nm. 327.
84 2 ) „Die beglücfte unb gefdjmüdte ©tabt Sübecf", Sübecf 1697, ©. 2:
,,8ud) nid)t öiel SRebenä machen öon bem uralten Sübecf, ob e3 suerft an biefem
Ort!) ober ju ©djroartau gelegen''.
84 8 ) 81. o., 1748, ©. 14: „Sübetfä ©rbauung ift aHererft geilen an eben
bemfelbigen Orte, ba Ijeute ju Sage biefe ©tabt lieget, nemlidj aroifdjen ber Draüe
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unb bcr fpötere Sübetfer Sürgermeifter §erm. 2>ietritf} Äro^n in jroei Stuffäfeen^
beren erfter 1753 erfdjien, in bcm Saljre, in bem $roljn at£ Abiturient ba3 Sfibecfer
ftatf)arineum öertiefc, 844 ) beren jmeiter 3c^n 3aljre fpäter ljerauäfam, 345 ) at£
Srofjn bereits Secretarius rei public. Lub. geroorben mar.
3n ber £at mar breieinljalb Sa^unbertc fyinijurd), etroa öon 1423 — 1763,
bic wenn aucij nic^t allein, fo bodj öormiegenb fjerrftfjenbe Slnft^t über bie Sage
3lltlübe<f3 bie, bafc ber Ort im alten ©cfymartau, alfo an ber gefdjitberten niebrig-
ften ©teile be3 heutigen ©djronrtau, beim Übergang über bie Xraöe gelegen Ijabe.
unb 3Bacfeni$. Mein, meil e3 bafelbft mit bem Wan nidjt fortgcmollt, ober, meil
üietteidjt bie Urheber beffelben, iljn ju öoHenben, burdO Srieg unb fetnbtid&en Überfall
öerfiinbert morben; fo tjaben fie balb barauf eine anbere ©teile ftd) erfeljen, ba fie
bie ©tabt Sübecf angeleget, nemlid) eine Ijalbe SReile batoon gegen Sorben, unb
^mar an bemjenigen Orte, melier, öon bem bafelbft öorbe^flieffenbem SBaffer,
©martome genennet mirb". SBiHebranbt fomie ö. aKelle, ber befte aller lübifdjen
£iftoriograpljen bc§ 17. unb 18 ^aWunbertS, fütjrt Hermann 93onnu3 (ügl.
2Inm. 333) unb Weimar Socf (ögl. s 21nm. 335) als feine Duellen an
84 4 ) 35ie 93rüber ^ermann 3)ietrid) unb |>einrid) Slbolf Krofjn üertiejjen
Dftern 1753 ba3 ffattjarineum unb gelten bei biefer ©clegenfjeit am 10. unb
16 Slprit je eine latcinifdje 2lbfdjiebrebe «De Lubeca veteri» unb «De Lubeca
nova», beren Sejt in ber Sübecfer ©tabtbibtiotfjef (Lub. fol. äRappe 1) l)anbfd)riftlid)
erhalten ift. 9Son biefen beiben Abiturienten, beren trefflidEjeä Satein bemerfenSmcrt
ift, bie aber fidjcrltdj üon tfjrem Selber, bem befannten SReltor t>. ©eelen beeinflußt
fein merben, öermieb e£ ^ermann 2)ietricf), fidO über bie Sage Slltlübecfä anberS
au^ufpredjen, al£ bajj ber Ort iuxta amnem illum Schwarte Aue angelegt
morben fei: eine fefjr unbeftimmte Angabe, ber aber fein ©ruber ©einriß Slbolplj
in feiner oratio De Lubeca nova mörtlidj) folgt: «De veteri Lubeca iuxta flumen
Schwartau sita — egit frater». ^ermann 3)ietrid) liefe ben Hauptinhalt feiner
SRebe gleichzeitig in beutfdjcr Sprache erfdjeinen in einem anonymen Slrtifel ber
„ Sübecf ifd)en Slnjeigen", 1753, ©tücf 19—23. 3n biefer ^metten Arbeit fpradf)
er fid) fdjon im Xitel barüber an$, bajs er 2lltlübecf nadj ©djmartau öerfefee:
„SKacfjricfjt öon bcm alten Sübecf, meldjeS ehemals ju ©cljmartau gelegen".
84 6 ) «Schedion de Lubeca Svartoviana ejusque nomine, origine,
incrementis et excidio» bei 3°§- Earl #einr. 5)rct)er, Sammlung öermifdjter
9tbljanblungen jur ©rläuterung ber teutfdjen 9ted£)te unb Altertümer, 93b. III,
SRoftocf 1763, ©. 1359: «deinde, ubi ad Travam fluvium ventum esset (fobalb
als man auf bem ©eemege bis jur Iraöemünbung gelangt mar: unter biefem 3Kan
finb bie SBiljen $u öerfte^en, als fie mä^renb ber ftarolingerjeit, im 93unbe mit
ben 3)änen, bie Slbotriten öon SBeften ^er angriffen, obgleich fie im Dften unb
©üben ber Slbotriten mo^nten) ad amnem usque Suarte-Oue navigasse, et
illo quidem sinu, quo vicus hodie Svartau situs est, admodum opportuno,
castra posuisse haud immerito colligimus».
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63 war baljer ©itte geworben, nidjt Slltlübecf unb Sübecf einanber gegenüber-
stellen, fonbern baS fwartoöianifdje unb baS bufot>ianifd)e Sübecf. Mein Don
all ben genannten Slutoren fönnen ernftlicf} boef} nur $ranj unb o. SRetle, atteu-
falls nod) äBiüebranbt unb Ärofyn in Setradjt lommen. 2öie nadjgewiefen, berufen
t). 50icDLc^ SJiitteilungen auf Äranj, Äranj felbft lann aber für biefe grage nid)t
ins ©ewitfjt fallen, ba er fid) felbft wiberfpridjt. ®enn wäfyrenb er in feiner
©ajonia unb feiner 9JietropoliS Slltlübecf nad) Schwartau üerlegt, gewinnt eS ben
3lnfd)ein, als laffe er in feiner gleichfalls nad) feinem Jobe 1519 ju Äöln
erfdjienenen äBanbalia Slltlübecf jwar gleichfalls in Schwartau, gteid^eitig aber
an ber Jratoe 346 ) gelegen fein, jwei ^Behauptungen, bie fid) fdjledjterbingS auS-
fdjliejjen. 2)enn Schwartau reicht nirgenbS bis an bie Sraöe, ift üielmeljr, wie
beS näheren in bem 2lbfd)nitte über Äaltenfjof bargelegt worben ift, überall öon
ber Jraöe burd) ber ©tabt fiübeef feit 1225 abgetretenes ©ebiet getrennt. SSotlenbS
twm 13. bis jum Seginn beS 18. 3a^unbertS lag ber Ort weit öon ber Jraoe
entfernt, fo bajj Schwartau um 1500 ber Jraüe nod) erfjebtid) ferner lag
als Ijeutjutage. SBenn baljer ftranj 2lltlübecf gleichzeitig in Schwartau unb an
ber Iraöe gelegen fein läjjt, fo beweift er, bafe er öon ber Sofalität beS DrteS
ganj unflare SJorfteHungen befafe. 2Rir fdjeint eS ebenfo möglich, bafe Äranj in
feiner SBanbalia überhaupt nidjt an ben Ort ©djwartau benft, benn er nennt
nitfjt metyr, wie in feiner ©ajonia unb ^Metropolis, ben locus Schwartau, fonbern
nur 3wrctow, öieüeid)t alfo nur ben fjlufe, an bem ©djwartau ebenfogut liegt wie
ftalten^of unb Slltlübei. 3<*, eS wäre nid)t unmöglid), bafe Sranj fyier bie waljre
Sage 2HttübecfS im Sluge t)ätte, ba er in feiner SBanbalia Slltlübecf öielleidjt fowofjl
an ber ©djwartau wie an ber Iraöe gelegen fein läfjt. SBäre bem fo, fo wäre biefe
©teile 3afob ö. 2tfetle unb anberen feiner Senufcer unbelannt ober unöerftanben
geblieben, ©oweit Äranj aber Sllttübecf in Schwartau fud)t, folgt er ^ermann
Äorner, ber, wie nadjgewiefen, für jene 3 e ^ en / a ff° für Slltlübecf, überhaupt nid)t
in 93etrad)t !ommen !ann infolge feiner Verwirrung unb Unjuöerläffigfeit. 847 )
SBiUebranbt begießt fid} auf SonnuS unb Äocf. SBonnuS fpridjt ebenfowenig wie
Üranj in feiner SBanbalia Dorn locus Schwartau, fann alfo nirf)t als SeweiS für
846 ) 3« ber granffurter Ausgabe öon 1575, ©. 65, Lib. III, Aap 18:
«Hie veteri Lubica ad Zuartow postbabita». ©. 78, Lib. IV, ffap. 1:
Lubicamque de ZuartOW cum nomine transtulit in 9uperiora (seil. Slbolf II.)
Apellavitque Lübeck, translato nomine de oppido, quod in eadem fluminis
ripa, intUS ad mare Henricue quondam Wagiiae prineeps firmavit et
inhabitavit.
** 7 ) Sgl. oben, ©. 85 u. 88.
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Slltlübed« Sage in ©djmartau öermertet merben unb $od begebt mirflid) bic
Äonfufiori, bic bei Sranj nur bann öorfymben fein mürbe, falte er aud) in feiner
Sßanbalia ftd) Slltlübed in ©djmartau gelegen öorftellen fottte. ®enn $£od läfct
Slltlübed gelegen fein „up be ©tebe an ber Jratoen, be ba f)et ©martom". Sei
fotd) offenbarer Unfenntni« ber Sofalität f Reibet audj Äod au« ber SReilje ber
Duetten au«, bie für Slltlübed« Sage in ©djmartau angeführt merben fönnen, unb
fo bleiben nur bie ©d)rift De B. Vicelino, ber Presbyter Bremensis unb bie
ß^ronil ber norteluifd>en ©äffen übrig, ba Slquilonipolenfi«, SRünfter unb
SSincentiu« al« mirflicfye Duellen nidjt in Betraft fommen fönnen unb mit
2Karfd)alf unb ben Origines e« äfynlidj fteljt mie mit Corner.
Slttein aud) bie Slngaben ber brei genannten Duetten fönnen gegenüber ben
SKitteilungen ber brei älteften Duetten: Slbam«, §elmotb«, ©ibo« fomie bem Jejte ber
angeführten Urfunben gegenüber nidjt befielen. 2)er mons ab antiquo ut apparet
circumfossus ber SJurdjarbfdjen Urfunbe öom 7. 2)ejember 1298 ift meber in
biefem nodj in irgenbeinem anbern Seile ©djmartau« öorljanben. (Sbenfomenig
mürben auf ein in ©djmartau gelegene« Slltlübed bie 3)aten ber 33ertf)otbfd)en
Urfunbe fcon 1225 belogen werben fönnen, ba bie |wnbet«}d)iffe, meldte bie Jraöe
hinauf nad) Sübed fuhren, unmöglich ein in ©djmartau gelegene« Slltlübed beun-
ruhigen tonnten. ©nbtid) fpridjt ba« ganje befprodjene Urfunbenmaterial gegen
bie 9Kögtid)feit, Slltlübed nad) ©djroartau ju toerfefcen, ba meber in irgenbeiner
ber jaljlreidjen Urfunben nod) fonftigen Duetten fid) aud) nur bie leifefte 9(nbeutung
öon einer mansio ober curia in ©djroartau befinbet. ©o au«gejeid)net bie
Sejiefjung ber älteften bifdjöf liefen curia ju Slltlübed auf ben 2t(tlübeder 33urg*
matt pafct, fo unmöglich ift bie 33ejieljung biefer curia fomie be« ganzen Slltlübeder
©renjftreite« auf ©djmartau: in ©d>martau gibt e« fein Slttuöium, ba« ben
alljährlichen Überfdjmemmungen ber SEraöe au«gefefct märe unb ber gang fdjmale
SSiefenftreifen, ber fid) in ber ©egenb be« älteften ©djmartau nod) ju beiben
©eiten ber ©djmartau Ijinjieljt, mar nidjt 1225 an bie ©tabt Sübed abgetreten
morben, fonbern gehörte bem S3ifd)of, aud) menn bie« ©elänbe mirflid) einmal
burd) eine ungemöljnlid) f)of)e ©turmflut in SJiitteibenfdjaft gejogen morben märe!
9ftan fann mit 53eftimmtf)eit behaupten: mürben bie 1843 unb 1856 im Sübeder
Urfunbenbud) unb bei Seoerfu« fomie in ber fd)le«m.«f)olft. Urfunbenfammlung
veröffentlichten Diplome fdjon feit 1500 befannt gemefen fein, fo mürben 2Känner
mie Sranj, Sonnu«, Äod, t>. 9Kette, SBittebranbt unb Sro^n nie baran Qebadbt
l)aben, Slltlübed nad) ©djmartau ju oerlegen, trofc ber gegenteiligen Slngaben Corner«.
©pridjt fomit biete« gegen bie SJiöglidjfeit, bafc Slltlübed in ©djmartau
gelegen tjabe, fo gibt e« anbererfeit« nidjt«, ma« für biefe Stnnafyne fprädje: feine
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mfinblidje Itabitton, fein arcfjäologifcfjer gtonb, roeber bic geologifäen noä) bic
geograpljifc^en 33erljältniffe, feine SBaljrneljmung irgenbmettfyer Srt, ntd^tö afe bie
Angaben ber nad) ber 93efpred)ung nod) übrig gebliebenen brei Quellen, bie aber
hinter ben angaben ber Urfunben, 2lbam3, |>elmotb$, ©tboS unbebingt jurücffteljen
muffen.
2)afe e3 aber faft öier 3al)rf)unberte möglid) fear, Sllttübecf nad) ©cfjroartau
ju öerlegen, beroeift am beften, toie gänjlicf} öerfcfyoCen unb öergeffen bie ©tätte
2lltlfibecf3 fcfjon ju ben Griten ÄornerS toar. S)er größte Jeit ber aufgejagten
Duellen unb StarfteKungen rüljrt öon Sflbecfern Ijer, unter benen fid} bie beflen
Äenner tübifcfjer ©efdjidjte unb lübifcfjer Sonographie bepnben: idj brause nur
auf Safob ö. SReKe, bann aber auef} auf 93onnu3, SReimar Äocf, äBillebranbt unb
Äroljn fyinjuroeifen. deiner öon biefen SJfirgermeiftern, Senioren, SReftoren,
Sßrofefforen unb ^Jaftoren Ijat eine SUjnung öon bem magren @adjöetf)alt, ja aud)
nur öon ber (Sjiftenj be3 ?lttlübeder 93urgtoatt3l ©in neuer, menn aud) nur
inbirefter 23etoei3 für bie infulare, unjugängtidie Sage Slttlübecfö. Auf bie infulare
©pifee ber ferner jugängtidjen |>albtnfel, auf ber niemanb etma3 ju fucfyen Ijatte,
einfache |)trten unb fjif^er aufgenommen, führte eben niemanben fein SSeg; bie
Urfunben unb ©ibo fannte man nid)t; Sfoam unb ^elmolb fpredien ficf> bireft
nidjt aus über bie geograjrf)ifd)e Sage: tooljer atfo füllte man triff en, bafe bort
einft Subefe lag?
C. Slltlübed an ber Statte be3 jüngeren ©djroartau.
(Sine fedjfte ©teile, bie für Slltlübecf in Slnfprud) genommen roorben ift, liegt
öon ber gefdjilberten 848 ) ©tätte be3 älteften ©djroartau einen Ijalben Kilometer
f üblich : e3 ift ber SDiarftplafc öon ©djtoartau nebft Umgebung. 840 ) 35er fdjon
oben 860 ) ermähnte Slrjt 3)r. SKicolauS £einridj 93ref}mer behauptete in einer SReitje
öon SBotlefungen, bie er 1817 unb 1818 ju Sübetf Ijielt, bie ©tätte ber eigent-
»e
348 ) Sgl. oben, ©. 129.
84 9 ) Sluf ber Starte fte^t biefe fedjfte ©teile für «Itlübetf nieftt mit Warnen öer«
jeid&nct. ©te befinbet fid) füblid) öom ©iedjenfjauS, ba too ber toeifce garbenton, ber ba3
5)iluöium öon fünf bis jeljn SReter bejeidjnet, in ben hellbraunen Son übergegangen
ift, ber bie #öljenlage öon aetjn bte fünfjeljn SReter angibt. 5)a3 ©übenbe be£
SKarftplafceä liegt ba, tt>o bie auf eine fur^e ©treefe nadj ©üboft gerichtete Sanbftrafje
ttneber fdjarf nadj ©üben umbiegt.
86 °) Sgl. oben, ©. 65, ffap. 7, ferner SBcfjrmann: „#einridj 93reljmer,
b. ». S)r., ©enator ber freien £anfeftabt Sübetf" t. b. 3tfd>. b. 83. f. 2üb. ©. 93b. III,
1876, ©. 490.
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liefen urbs Slltlübecf fei auf bein SDtorftplafc t>on Schwartau unb feiner nörbtidjen
Umgebung ju futfjcn. 861 ) Slßein Sftacfyroeife für biefe feine SBefjauptung l>at ber
burd) fein gemeimtüjjigeS Sßirfen, 862 ) ober feine3roeg3 burdfj feine Ijiftorifdje
gorfcfyungen l)od)üerbiente Slrjt ebenforoenig gebracht als für feine |)k)potljefe,
Stttlübetf fei mit bem „Sirimirte ber ttjrifcfyen Sparte" ibentifdj. 3lfle3, roaS gegen
baä ättefte ©djroartau als ©tätte toon Sllttübecf angeführt roorben ift, läfet fid) in
toerftärftem Sßafje gegen biefe ©teile gettenb machen, bie für altroenbifdje ©ieblungen
fdjou beSfjalb nid)t in grage tommt, roeil fie l)od) auf bem ©ituöium liegt, ma^renb
bie äBenben fid) mit Vorliebe im 2lfluüium anfiebetten unb afle Duellen barin
einig finb, bajs Slttlübecf an einem gluffe gelegen ljabe. 2)er 15 ÜDieter Ijodj
gelegene ÜJiarftytafc liegt bagegen öon ber ©djroartau einen Ijalben Silometer, öon
ber Jratoe einen Kilometer entfernt.
2)amit märe and) biefe $tjpotljefe erlebigt, menn Sre^mer nid)t nodj eine
jtoeite öeljauptung aufgeftettt l)ätte, beren 3bee fein 3^unb ©. ?ß. ©tfjmibt unb
fein Snfet äBilljelm Sretjmer aufgenommen unb roeitergefüfyrt fjaben. 9ticolau3
Srefjmer toerlegt jroar bie urbs Slltlübetf auf ben ©djroartauer s JKarftylafc unb
feine Umgebung, aber bie Surg Slltlübccf nad) Saltenljof unb ben |)afen Slltlübecf
an bie ©tefle be3 93urgroatle3. — Sfjnlid) Söilljelm Srefyner, ber ben £afen
gleichfalls an bie ©tätte beS SurgroaUS öerfe&t, unb jroar als eine abgefonberte
Utieberlaffung beutfdjer Saufleute; oppidum cum castro Slltlüberf bagegen in
einer ©egenb annimmt, an bie aufeer it)m noef) niemanb gebaut fjat, in bem gegen-
über toom olbenburgifäen S)orfe ©ro&^ßarin gelegenen Seile beS SRifebuftf}. 368 )
©in britter, ber 3lltlübecf auf öerfdjiebene ©teilen verteilt, ift, roie bereite bargelegt,
SRidjarb $aupt, 864 ) ber eine Sircfye Slltlübccf^ in baS heutige Sübecf üerlegt; bie
urbs an eine ©teße, bie ettoa bem heutigen 2Bilt)elmSl)öf)e entfpridjt; fidj um ben
$afen überhaupt nidjt !ümmert unb etroaigen ßinroänben mit ber 93ef}auptung
851 ) SBilfjelm Srefjmer, „Über bie Sage öon Wltäübcd", i. b. 3tfd). b. SB. f.
Öüb. @. SBb. V, 1888, ©. 1—2, unb befonberS SrcfjmerS Quelle: fflug, „Sllttüberf'',
i b. 3tfd). b. S. f. 2üb. ©. 93b. I, 1860, ©. 282/283
862 ) Sludj Ausgrabungen fjat 9McolauS ©refjmer oorgenommen, rote fein greunb
©djmtbt bezeugt, inbem er üon Sreljmer rüfynt: „ber (eine Nachgrabungen freute"
(„SüberfS aßerältefte ©cfdjidjte betreffenb" im Staatsbürgerlichen aWaga^in, fyerauS«
gegeben üon 31. galrf, VI, ©djlcStoig 1826, ©. 53). 35iefe ard)äologtfd?e Xätigfeit
SrefymerS ift $ad) entgangen in feinem „©efdjidjtlidjen Überblirf über gorfdjungen
$ur üorgcjdjidjtltdjcn SlltertumSfunbe in Sübcrf": bie öon ©c^mtbt ermähnten 2luö*
grabungen Sre^merö muffen aroifdjen 1818 — 1826. ftattgefunben f)abcn.
868 ) 21. o., ©. 8—10.
864 ) 91. o., ©. 138—140, 111. Sgl. oben, ©. 84 u. »nm. 236.
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begegnet: „©oftte aber baS nörblidje Jraöenufer auf eine fo weite ©trede t)in
auf ben Tanten (seil Slltlübed) Slnfprud) machen fönnen, }o ift nur bemiefen, bafe
Slltlübed feljr grofc mar." 2)ie größte StuSbefjnung mirb aber Slltlübed burd) ben
Slltonaer Suftijrat 35r. ©d)mibt gegeben, ber bie Slltlübeder Äirdje mit ber SRenfe»
fetber ibentifijiert, 865 ) eine jmeite Slltlübeder Äirdje an ber ©tätte be$ heutigen
fiäbetf annimmt; 866 ) bie ©tabt felbft aber an bie richtige ©teile beim Sinflujj
ber ©cfyroartau in bie Sratoe öerlegt 867 ) SWein biefe Behauptungen toon 9iicolau3
93ref)mer, ©djmibt, £aupt unb SBBil^elm Srefjmer finb roißfürlid), benn in feiner
ber jafjlreidjen Ouellen ober Urfunben ftnbet fidj eine Slngabe, ba% ©tabt, 23urg,
£afen ober Sirenen toon Slltlübed öoneinanber getrennt gemefen feien unb an öer-
fdjiebenen $Iäfcen gelegen Ratten. $Wid)t einmal bie Mitteilung |)elmolb3, ba$ bie
eine Äirdje SlltlübedS außerhalb ber ©tabt jenfeitö be3 f^luffc^ gelegen Ijabe, täjjt
für biefe $ird)e eine ganj anbere ©egenb, fonbern nur ba3 Slltlübed gegenüber-
liegenbe rechte Iraöeufer öorauSfefeen, ba3 aber öou ber urbs burd) nidjtS afe
burd) bie Sraöc getrennt mar. 35enn f>elmolb3 (Srjäljlungen toon ben ^Belagerungen
unb Überfällen Slltlübecf^ bemeifen flar genug, baß castrum, urbs, portus unb
fiirdjen SllttfibedS fo eng jufammen lagen, bafc burd) ben Überfall be3 einen Seil«
gleidjjeitig aud) alle anberen Seile, aud) bie ecclesia e regioue urbis trans
flumen sita in colle, betroffen mürben.
8öft ) „3)ic erfte Sirene in 2übed", 9teue£ ftaatSbürgerlidjeS ÜRagasin VI,
$eft 2, SdjleSmig 1837, ©. 345: „SRenjefelb liegt etma 600 Stritte mefttid) t>on
©djmartau (t)ielmel)r liegt bie SRenfefelbcr Kirche 1300 9Keter meftlid) öom ©djmartauer
SRarftplafc!) unb f}at bamalä ofjne allen 3^etfcl ju bem SBeidjiulb üon Slltlübed
gehört. 5Biefe Sirene l)at bafjer (I) bis ^um 3af)re 1139, mo ©tabt unb ftirdje
$erftört mürben, fdjledjterbingä bie Strebe ju fiübetf, nadjljer Stlt-fiübecf, gefjeiffen.
©rft nadjbem felbige miebertjergefteflt morben ift, fjeijjt fie Sirene ju SRanjioelt unb
fommt unter biefer Benennung juerft in ber ®e)'d)id)te öor 1177."
866 ) 81. o., ©. 345: „Dieje erfte Sirdje in Slltlübed ift aber feineSmegS au
t>ermed)feln mit berjenigen ffirdje, meldte ^etttridj 20 3a^re fpäter (!) unter SBicelinS
Seiftanb, in SBufom ober bem jefcigen Sübed erbauen ließ unb meldte aUerbmgS bie
erfte Sirene in SReu-Öübed ift."
86T ) 31. o., neues ftaatSbürgerlidjeä 9Ragajin, VI, £eft 2, ©. 342: „£einridj
erhielt eine ©trede öanbeS, moju aud) bie ©egenb um bie Sdjmartan am littten
Sra&enufer gehörte. Eruto bettelt ben Steft, moju aud) bie ©egenb ber SBatfenifc
am rechten Iraoenufer gehörte; benn beibe Seile mottten im ©efifc be3 Xraöen-
ffromeä bleiben. 93eibe Seile erbauten fofort eine ©tabt nebft Surg Ijtcr am
liufen, bort am regten Sraöcnufer. 35ie beiben riöalifierenben ©täbte lagen nur
eine Steile ttotteinattber, unb bie SSer^ältniffe tonnten nidjt freunbfdjaftlid) fe^n. w
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140
3mmerljin bliebe bie Annahme übrig, baß jmar bie Stirnen an ber ©djmartau*
münbung, in JRenfefelb ober 93ucu; bte ©tabt jmar an ber ©cfjmartaumünbung,
auf bem ©djmartauer 9JJarlt ober im SRifebufdj; bie 93urg jmar in Äattenljof;
ber §afen jmar an ber ©djmartaumünbung lagen, aber nidjt als mehrere Kilometer
öoneinanber getrennte ©onberanfieblungen, fonbem als jufammentjängenbe Seile
ein unb beweiben großen ©anjen. 3)ie fcfyon jitierte Äußerung öon $aupt:
„ — fo ift nur bemiefen, baß Slltlübecf fe^r groß mar" 868 ) räumt eine foldje
SRöglitfjfeit auSbrücflid) ein. Mein eine foltfje SInnaljme geljt bon SorauSfefcungen
bejüglidj ber ©röße menbifdjer ©ieblungen au3, bie ben gefd)id)tlicf}en 3 u Pänben
nid)t geregt werben unb mobeme SSerljättniffe auf frühmittelalterliche &nttn über-
tragen, in benen bie ©täbte faum größer waren al3 unfere jefeigen Dörfer. 2lud)
im fpäteren SÄittelalter unb in ber 9ieujeit wirb bie Sinmoljnerjaljl ber ©täbte
immer nodj ftar! überfdjäfct. Obwohl ßübeef borübergefjenb eine ber größten ©täbte
3)eutfdjtanb3 mar, l)at e3 big jum 19 ^a^unbert nur brei- bjm. fünfmal bie
Satjl oon 25000 ©inmofynern erreicht bjro. Übertritten unb mit 31068 ßin-
mofynern in ben S^ren fcon 1641 bis 1661 feine 9Kajimalja^l erreicht; 869 ) erft
nad) 1857 mürbe biefe Qafy überfdjritten. 860 ) 3m früheren 9Kittelalter, afe e$
erft menig ©täbte gab, unb in ber SBenbenjeit um 1100 roaren biefe an unb für
fiel) Keinen 3aljten naturgemäß nodj unverhältnismäßig Keiner: abgefeljen öon Salin
unb ^Jrag bürfte e£ fdjroerlid) eine ©laöenftabt im fpäteren 2)eutfdjlanb gegeben
Ijaben, beren Sinmo^nerga^l in Unebenheiten bie Qaijl Jaufenb erljebtid) über«
fdjritten fjätte.
2)ie menbifdjen ©ieblungen jerfielen lebiglid) in jmei Slrten: ^Dörfer ober
villae unb ©täbte ober urbes unb civitates; ©iitäetgeljöfte fannte ber Söenbe
nidjt. 2)ie 3)örfer merben jmifcfyen Slbe unb Ober nur feiten bie ©inroo^nerjalil
fjunbert Übertritten l)aben, bie civitates merben im ^rieben meiftenä nid)t fefyr
biet größer gemefen fein: nur im ftriege, bei geften unb ©ericfjtätagen faljen fie
eine größere SJienfdjenmenge innerhalb unb außerhalb iljrer JRingmätle, burd) bie
fie fid) äußer(id) öon ben Dörfern untergeben. 861 ) ©o ift e3 auSgefdjlofjen, für
8ß8 ) 8ief)e oben, ©. 91, «nm. 236.
86 °) Sgl. $artmig, $5tc JBeoölferung 2übe<f3 bis jur ©egenmart, Öübecfifäe
Slätter, 3a^rgang 47, 1905, ©. 658 — 660.
8 6 0) 2gij^ gtetSner, Xie ©inmo^ncrga^l beutfdjer ©täbte in früheren %ai}v
fjunberten, 3ena 1903, ©. 113.
861 ) 5Rad) ©d)afarrt (a. o., 93b II W @. 674, 2lnm. 1) bebeutete Civitas bei
ben SBenben nidjt nur fotriet mie ®an (Zupa, mir), fonbern audj mie baS alt«
fla&ifäe grad, baS ruffifdje gorod, baS gotifäe baürgs, ba£ attbeutfdje puruc, ba£
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141
Ättlübecf bie 3tu3beljnung aud) nur einer beutfdjen Äleinftobt anjuneljmen, forote
man ftd) in bie attroenbifdien Äulturöerljättniffe Ijineinöerfefet. Ältlübed rourbe erft
ongelföc^ftfc^e byrig; baä ftanbinaüifdje borg, gardhr; ba3 mittelalterliche urbs,
oppidum. 3nfjattreid)er finb bie ffirgebntffe ber neuen gorfdjungen ®nüH3 (93obo
Änütt, £iftorifd)e ©eograp^ie $eutfd)lanb3 im SRittelalter. Sreälau 1903, ©. 77):
„Stets mar ber civitas ein beftimmter Sejirf jugemiefen, au« bem bie SetooJjner
fidj in 3ritcn ber ©efafjr in fie hinein flüchteten. 3)iefe8 mar fo regelmäßig ber
Sali, baß fogar öon ben @d)riftfteHem anbertn befefrigten $l<tyen ber Statten,
bie etma aujjerbem angelegt maren, uidjt ber Warne civitas gegeben torirb. 3)a«
ganje ftamfd&e 2anb mar in fotd)e 93e$irfe mit befeftigten 9Rittelpunften eingeteilt
unb biefe, an ber ©aale unb ©Ibe flumeift SBurgmarbe genannt, bienten bann aud)
anberen S^den, befonberS ber @erid)t$berfaffung unb SJermaltung." ©. 140: „3n
ben e^emal« flaüifd&en Sänbern Reibet ber Sinaelljof ganj au« bem SBettbemerb
au«, inbem bie (Blatten überall in S)eutfd)lanb$ üRacfybarfdjaft nur villae, b. t).
5)örfer, unb jmar nur foldje tmn geringer ©röfee befafcen unb baneben civitates
ober urbes. @3 ift aber fraglich, menn mir biefe ©eaefdjnungen ber CueHen mit
©tabt überfefeen bürfen; überall auf bem flatrifdjen ©oben mar eine 2ln$af)l Dörfer,
Don $mölf etma beginnenb bis über breifcig, um eine foldje civitas ober urbs
gruppiert. $ie ledere mar befeftigt unb in 3*iten oon ®rieg$gefaf)r flüchteten fid)
bie SBemoljner ber Dörfer in biefelbe, um fid) Ijier gemeinfam $u üerteibtgen.
3)em batyrifdjen ©eograpfjen aber mufc bie Stuffaffung, bafi bie civitates nur um«
moDte ©djufcftätten finb, ganj geläufig fein, ba er üon ben Vulgarii behauptet, baß
fie megen iljrer großen Solf3$al)l feine civitates nötig Ratten." „dine genauere
Unterfudjung beS ©pradjgebraudjS ber über bie ©lauen beridjtenben beutfcfyen ©djrift-
fteller jeigt uns nun aud), baß biefelben jene lateiuifdjen Benennungen überhaupt
jeber größeren ummauerten ober ummaHten ©tätte gaben oljne 9tüdftd)t barauf, ob
biefelben ftäbtifdjen Kljarafter Ratten ober and) nur bctooljnt mar." ©o nennt
Dietmar „bie breitorige Sefeftigung ber SRebaricr, bie nur einen lempcl enthielt,
eine urbs unb ©ajo ©rammaticuä ebenfo bie unbewohnte 3ufM)teftätte 2lrfoua auf
föügen". ©. 79/80: ffnüU nimmt für Me flatotfdjen Dörfer amifdjen ©aale, ßlbe
unb ©rjgebirge minbeftcnS je 80 $erfonen an unb über 80 ©urgmarbe (= civitates).
3für ba3 ©ebiet amifdjen ©aale, ©Ibe unb Ober, aber ofjne ©djlefien, nimmt Snütt
etma 300 93urgmarbe ober 93ejirfe an, eine 3^1, bie fid) nad) iljm bte $um
12. Saljrljunbert nidjt mef entließ geänbert Ijat. ,,$od) jaulten f)ier bie 93ejirte im
allgemeinen nidjt bie gleiche f)of)e Änjafjl öon Dörfern mie linfö ber @lbe, fonbem
oft nur 12 big 15." $er 93urgmarb $argun umfaßte 27 Dörfer, aber 992 bietet
Otto III. für jmei Surgmarbe 21 Dörfer. SnüH fdjäfet ©. 80 bie ßinmo^nerja^l
eine« folgen SurgmarbS ober einer civitas jmifdjcn ©Ibe unb Ober bor ber ®in»
manberung ber S)eutfd)en auf etma 1500 Söpfe, mithin bie be« ganjen ©ebiete^
auf 300 x 1500, „gegen eine f)albe SKittion". (SSgl. audj ©. 104.) hiermit
ftimmt im mef entließen überein ©djafarif (a. o. II, ©. 674): „3)a$ polnifc^e unb
ejee^tfe^e miasto, mesto (©tabt, foöiel mie mjsto = Ort) ift nac^ bem beutfdjen
©tabt (foöiel mie ©tätte, locus) gebilbet morben. Sei ben alten Ijeibnifdjen ©laöen
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unter Sönig |>etntitf) eine civitas öon bet einem Surgwarb ober SBejirf ju-
fommenben Sebeutung. 55ie altf)iftorifcl)en civitates, ©aue, Surgwarbe, Spanien
ober Sejirfe ber S^ac^barfc^aft waren Dlbenburg, Sßtön, Sfitjenburg, OlbeSloe,
SRafceburg: 862 ) für fotdje urbs ober civitas öon ber befprodjenen potitifdjen,
militärtfcf)en unb futtureüen öebeutung war a6er auf ber Dftfpifce ber ?llt*
lübeefer |>atbinfel, im unb um ben SRingwatl, geniigenb ^ßlafe toorljanbcn: alle
£tjpotf)efen, meiere ben Sßlafc ber £atbinfel für unjureicf|enb Ijalten, beWeifen, bafc
if)ren Urhebern bie Sfultur«, infonberf)eit bie ©iebtung8öerl)ättniffe ber bamatigen
SBenben unbefannt finb.
D. Slltlüberf im föifebufd).
Sßityetm 93ref»ner toerlegt bie SBenbenftabt SHttübei in ben SRifebufd), 868 )
$ird)e unb $afen SUtlübecf an bie ©cfjWartaumtinbung. 3f)m folgen 1888 bie
jweite Auflage ber ©efcfjidjtfdjreiber ber beutfdjen SSorjeit in ifyrer ^elmolb-
überfefeung, 864 ) 1894 Sßattenbad) in ber {elften 2tuflagc feinet allbefannten
gab e§ blofi $wci Slrten beS 3 u fo mme "Wo^nen^: selo ober wes (2)orf) im offenen
freien gelbe, unb grad. brad, ein mit ©raben unb tjöläerner SKauer um$ogener,
fefter Ort. Stuf ber ©runbfage ber befefttgten ©rabe beruhte boö gefamte fojiale
Seben ber alten ©la&cn: in ben ©raben wofjnten bie Häuptlinge beS S3olfe3 (starosta,
knjze, angelfödjfifd) cynig), in ben ©raben öerteibigte man fid) jur 3^it frember
©tnfäfle unb im Sriege; in ben ©raben würben SReid^tage, anbere gufammenfünfte,
Cpferungen, SKärfte ufw. abgehalten."
86 2 ) Sgl. bie oben, ©. 47 angeführte Stelle #elmolb3, welche auf3äl)lt: bie
terra Plunensis, Lutilenburgeüsis unb Aldenburgensis; fowie bie ©. 49 auS ber
ßfjronif ber norteluifd&en Soffen angeführte ©teile, welche aufaäfylt: bat lant umme
$(one unbe OlbeSlo, bat lant umme fiutfenbord), Dlbenborrf); fowie bie ©. 47 an»
geführte, 2lbam öon 93remen entnommene Stelle £clmolb3, bie SRactSburg aU t>it
civitas ber ^ßolaben, Dlbenburg al$ bie civitas ber SBagiren be$cid)net.
368 ) 9t. o, ©. 9—13. Sgl. oben, S. 80 unb S. 138. Stuf ber Sorte ift
ber oon Sre^mer für Sltttübecf in 2lnfprud) genommene SRtngwaß im SRifebufdj mit A
beseidjnet. 35ie fyiftorifdj nötige ©djrcibweife ift bie otjne e, alfo nidjt SRifebufdj,
Wie SSrefjmer fdjreibt. Storner erjäfjlt gelegentlich) ber berühmten Serfdjwörung am
SambertuSabenb 1385 in feiner brüten (B) unb fünften (D) gaffung, a. o., S. 318:
«iam venisse prope civitatera et latitasse in parva dumo Risebusch dieta,
ubi de mane visi fuerunt a rusticis ligna venalia ad urbem deferentibus.»
864 ) @. 84, 9lnm. 1: 2)ie urbs 911M8ubifo „liegt nadj ber Unterfud)ung öon
£r. SB. 93ref>mer — am. Unten Ufer ber Schwartau in bem jefct SRiefebufdj genannten
SBalbe".
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SBerfeS, 365 ) 1899 9Kd)arb Sßagncr, 366 ) 1907 £an3 ü. ©Hubert 867 ) unb, roa§
noef) auffallenber ift, alle jurjett in Sübecf Icbcnbcn £iftorifer, meldje bte Qfrage
nacf> bet Sage SlltlübedS geftreift Ijaben: 1889 9Äaj #offmann, 868 ) 1901 ftriebrid)
SBrunS, 869 ) 1906 #artmig. 870 ) 2Ber bte Sofalität unb bte fdjon fo oft jitierte
^elmolbftefle üon ber ecclesia sita in colle, qui est e regione urbis trans
fluraen gü Dergleichen in ber Sage ift, roirb jugeben, baß bie Sretjmerfcfje £t)potl}efe
mit biefer Stelle vereinbar ift. 5)er SRingmaU im SRifebufcfj liegt üon bem SRing«
matt an ber ©djmartaumfinbung in ber Suftlinie 3 7», auf für Sfußgänger ober
366 ) 3)eutfd)lanba ©efdjtdjtSqueden, 93b. II, ©. 338, 2(nm. 1: „Über bte
Sage üon SUt'ßübecf fief>c 93reljmer".
866 ) SRecftenburgifdje ©efdjtdjte in ©inaelbarftellungen, Serltn, $eft II, bie
SBenbengeit, © 126: „3)aS ioenbtfdje Sübecf lag am linfen Ufer ber ©djtoartau in
bem jefet SRieSbufd) genannten SBalbe" unb ©.191, Slnm. 27: „Sage üon 2llt*Sübecf
f. Sreljmer, Scitfc^r b. SS. f. 8. ©. V, l".
867 ) ©Triften be$ ». f. fc^ledtu.-^olft. ßtrdjengefd). 1 Steige, 3. #eft,
fitel 1907, ©. 128: „in «It-Sübecf, baS #einridj am Unten Ufer ber ©djluartau
erbaut Ijatte" unb ©. 144, 9lnm. 4: „Über bie Sage üon 2llt»8übecf ügt. Srefjmer,
Seitfär. f 8. ©. 1886, ©. 1 ff, £offmamt, ©efd). o. Süb I, 15, «nm. 1". Stber
o. ©djubert berichtigt btefe feine auf 93ret)mer unb #offmamt fußenbe S(nfid)t in ben
Seridjtigungen unb ßufäfeen, ©. XV, $u ©unften ber ©teile an ber Schwartau«
münbung, nad^bem er mein üorläufigeä StuSgrabungSreferat in ben „Süb. Snjeigen"
o. 31. San., 9 u. 10 gebr. 1907 fennen gelernt tjatte.
868 ) ©efdjtdjte ber freien unb £anfeftabt Sübecf, Sübecf 1889, 1. #ätfte,
©. 13, Slnm. 2: „Sßenn bie ©tabt 9llt-Sübecf, luie au« ber ©djttberung be3 Überfalls
ber SRanen im 3al)re 1112 bei £elmolb §u entnehmen ift (SB. 93ret)mer, 3eitför. f.
8. ®. V, 2), auf bem Itnfen Ufer ber ©c^ioartau lag, fo toar bie djriftlidje 2ln-
fieblung auf bem rechten".
8 6») ®cr anonym erfdjtenene 9Iuffafc „3um 50 jährigen 3)oftorjubtläum beä
$errn 93ürgermeifter$ $r. Srefjmer", Sübecfifdje Slätter, 3at)rg. 43, ©. 652—655
rüljrt üon Srunä t)er: „®r (seil 93ret)tner) erbringt ben tiberjeugenben 9tatfjtoei£,
baß, mä^renb bte ältefte Slnfiebelung beutfdjer Saufleute an ber Xraüe redjtS ber
SKünbung ber ©djroartau auf ber Sllt*8übecf benannten ©tätte gelegen war, wo
bte gunbamente einer fleinen ftirdje blo&gelegt finb, bie gleichnamige toenbiftfje SJurg
unb ©tabt auf bem fid) am Itnfen Ufer ber ©d^martau ^tnjielienben £öt)enrücfen
im SRieSbufd) $u fudjen ift''.
87 °) 8übecfifd)e Slätter, 3af)rg. 48, ©. 53. 3n einer auSfüfjrltdjen 53e-
fpredjung be$ ©djluarfcfd)en 93ud)e3 „Silber au3 SübecfS 33ergangenf)eit" üerljängt
Hartwig folgenben label über ben SBerfaffer: „$a3 Kapitel über 2llt*Sübecf enthält
%xofft Srrtüntcr." 911« einige« Setfpiel biefer großen Sntfimer bringt Hartwig
folgenben Saft: „©djmarfc meiß nic^t« baoon, baß bie SBenbenftabt linf« oon ber
©djmartau lag unb bie ftrd)ltd)en gunbamente auf bem rechten Ufer ©puren einer
beutfdjen 8lnfieblung finb\
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Steifer gangbarem Sßege 4 1 /* km entfernt. 3 ro ifd)en beiben SRtngroäHen ober
bielmeljr bon bem SRingmaQ im SRorben im SRifebufd) bis ju bem SRingmatt im
©üben an ber ©djroartaumünbung fliefct bie ©d)toartau, unb jtoar fo, bafe ber
SRifebufdjroatt am linfen, an jener ©teile öftlidjen, ber SRingmatt an ber 2ftfinbung
am regten, an btefer ©teile fübmefttidjen Ufer ber ©d)roartau liegt (bgl. bie Äarte!).
Sag oppidum et castrum Lubeke im SRifebufdj, bie ßirdje unb bie Slnfieblung
ber beutfrfjrn Saufleute an ber ©djroartaumünbung, fo mar baljer bie ecclesia
tatfädjlid) e regione urbis trans flumeu gelegen unb gerabe an btefer ©teile
liegen bie ftirdjenfunbamente. 3)a3 ift aber aud} alles, roa3 fidj für bie öreljmerfdje
93ef}auptung anführen täfet. 3n allen übrigen Sejieljungen ift biefe 8lnfid)t un»
begrünbet; fie oermag fidj roeber auf irgenbeine ber jaljtreidjen Sljronifenftellen
ober auf eine ber Urfunben über Slltlübed ju ftttfeen, roiberfpridjt anbererfeitö
bireft ben Slngaben ber ßfjronifen unb Urfunben, ben ardjäotogifdjen gunben an
ber ©djroartaumünbung unb in unvereinbarer SBeife ber ganjen Slrt ber roenbifdjen
Äultur, infonberljeit ber roenbifdjen ©ieblungSroeife. 371 ) Sreljmer mifet benn aud) nur
ber jitierten £elmolbftetle „entfdjeibenbe Sebeutung" für feine öeljauptung bei SlHein
er überfielt, bafe nidjt einmal bie 9iadjrid)ten über biefe Slltlübeder Sirene e$ erlauben,
bie SBenbenftabt in ben SRifebufdj ju öerlegen, benn ba$ ©otteSljauS ju Slltlübed
wirb nidjt erft t>on §etmolb, fonbem bereit« Don Slbam bon Sremen ermähnt
jur $t\t Don £etnrid)3 SBater ©oitfdjalf, unter bem öon einer Slnfieblung beutfdjer
Saufleute ju Slltlübed nidjt bie SRebe ift: «Tunc etiam per singulas urbes
coenobia fiebant sanotorum virorum canonice viventium, item monachorum
atque sanetimonialium, sicut testantur hü qui in Leubice — et in aliis
civitatibus singulas viderunt » 872 ) 2)a| biefe Slnfieblung beutfdjer Älerifer ju
Slltlübed nur als eine in ber SBenbenftabt gelegene gu benfen ift bebarf feiner
»eiteren SluSeinanberfejjung. ©ie Ijatte nur unter ber SBorauSfefeung ©inn, bafe
fie ber 3J?iffion unter ben Sßenben gemeint mar, bie nie borfjer unb nadjljer mit
foldjem Feuereifer betrieben roorben ift, roie unter unb öon gfirft ©ottfdjatf. ©o
ift ba3 coenobium Leubice nur in ber SBenbenftabt benfbar. (Sin fotdje«
coenobium als 3Rittelpunft ber Don ®ottfd)alf fo ftarf begünftigten äRiffion roirb
otjne ÄapeQe nid)t anjune^men fein: gerabe ber in bie ©inne faKenbe ©otteSbienfi
ber fatljolifdjen SHrdje mar ba$ befte Sftittel, (Sinbrud ju madjen, meljr al3 ba3
ben ©laben unüerftänbtidje Satein ber blofeen SRebe unb Sßrebigt. 9iid)t3 mürbe
871 ) 33gl. oben, ©. 71, ©. 93/94, Slnm. 241 unb 361 foroie ©. 140—142.
872 ) Slbam III, 19; a. o., ©. 110. 3lud> 9tob. Seife öertritt bie Slnfidjt,
ba% eä 5U Slbam« Reiten feine anberen Seepläfee jttrifdjen ©djlei unb Ober gegeben
ijabe alä <3djlc3roig, Dlbenburg, 3)emmin unb 3ulin („SBenbifd^e Slltertümer", i. b.
Safjrb. b. 35. f. mecH. ©. 93. 58, ©. 177, 1893).
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145
gegen bie annähme fprcdjen, bafe bie an ber ©cfjtoartaumünbung gefunbenen Qfun«
bamente bereit« bet ^rifHt^en ÄultuSftätte unter ©ottfdjatf angehören. Allein
aud) roenn bte gunbamente ein paar -Sal^efynte jünger roären, mürben bie
URitteitungen §elmotb$ beroeifen, bafc bie Äird)e in ber Sßenbenftabt ober im
castrum Lubeke lag, nidjt 4 1 /* km aufeerljalb beSfetben. 35enn bie 9Utlübeder
Äirdje mar gar nidjt für bie beutfcfjen Äaufleute beftimmt, fonbern, wenn nid)t
für bie SKiffion, fo bodj für bie ÄönigSfamilie, mie ^elrnolb jtoeimal Ijer&ortjebt:
«Porro in universa Sclavia needum erat ecclesia vel sacerdo9, nisi in
urbe tantum que nunc vetus Lubika dicitur, eo quod Heinricas cum
familia sua sepius illic moraretur , unb: «In diebus illis non erat ecclesia
vel sacerdos in universa gente Luticiorum, Obotritorum sive Wagirorum,
nisi tantum in urbe Lubeke, eo quod illic fuerit Heinrici familiäre
contuberninm». 878 )
diejenigen toon ben ©lauen, bie juerft ba3 Sljriftentum annehmen, finb oiel»
fad) bie dürften; fei e$, ba| ftc fidj toon Politiken Srroägungen leiten liefeen, fei
e£, bafe e3 ifjnen unjertrennbar mit ber Ijöljeren, glänjenberen roeftlidjen Stöilifation
öerbunben ju fein fdjien, naef) ber bie anfprudjS&ofleren unb etjrgeijigeren unter
iljnen Verlangen gehabt Ijaben merben unb oft genug nachweisbar gehabt ljaben. ®enug
Seifpiete für biefe SBortiebe fönnen angeführt werben: ber $ürje falber fei nur
auf ben SBenbenfürft in SBranbenburg fjingenriefen, ber feinen flabiföen Tanten
tßribijlaro mit bem beutfcfrcfjriftlidjen Warnen £einrid) oertaufdjt Ijatte unb bei bem
ber $rcf)ipre3bt)ter Ulrich als §au$geiftfid)er be3 dürften berroeilte, mäljrenb bie
©tabt unb ba3 ganje SSotf nod) fjeibnifd) waren; auf biefen SßribiSlaro^einridj,
ber in capella sua Brandenburgensi in Castro — est sepultus. 874 ) ^elmolb
878 ) £elmolb I, 34; a. o. ©. 74 unb I, 41; a. o. ©. 89.
874 ) ©urfdjmann, S)te 3)iö$efe Sranbenburg, Seidig 1906,3.84. Surfdjmann
mad)t auf bie üon ben ©laüenfürften oft begünftigten 3amilienbejiel)ungen ju bem
beutfdjen £odjabel als auf einen SBemeggrunb für bie SBenbenfürften auf-
merffam, ba« (Et)riftentum an$unel)men. ©. 56: „8um nidjt geringen Seile als eine
golge foldjer gamiltenbe^te^ungen tft eä mo^l aufeufaffen, bafe fid), audj nadjbem
bie ©lauen ba3 beutfdje 3od) abgefdjüttelt Ratten, bei ben tyerrfdjenben gamilien eine
genriffe Hinneigung $um Sljriftentum beobachten lögt, ©o blieb ein 2fürftengejdjled)t
ber Sbobriten (Surfdjmann beutet fjier auf bie gamilie eben be3 $u 9lltlübed
refibierenben ©einriß l)in!) burdj oier (Generationen djriftlidj in ber SRitte eines
fjeibnifdjen S3olfe3. — Wut fftr fid) unb feine gamilic unterhielt ^einririj ju 3Üt*
lübetf bie einjige djriftlidje ftHrdje im Sanbe". ©. 57 : „Sin mettered 3«c^en für
bie Stellung ber fyerrfdjenben gamilien unter ben glbflaoen jur beutfdjen ffultur
fann man in ifjrer unüerfenn baren Sorliebe für beutfdje SHamen fet)en. @d brücft
8tf(^c. b. 8. f. ß. ©. x, i. 10
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fclbft erääljlt bon einem magrifdien Qfürften Sßribijlaro, ber am ©ifc beä Olben»
bürget SifdjofS ©erolb gang allein mit feinem £ofgefinbe bet 2Reffe in ber Äirdje
beiwohnte, mäljrenb fein ganjeS SSolf nod) im ftarren £eibentum berljarrte, unb
ba8 gefdjal? 29 Saljre nad} bem lobe Dom ©labenfönig §einricf) in SBagrien ju
ben 3 e üen §einricl>$ be3 Sömen: um mieoiel ifolierter mufe ba% djriftlidje 93efenntni$
£einricl>3 unb feiner gamilie ein IjalbeS 3tal)rf}unbert bor bem Sönuar 1156
geroefen fein! 876 )
©leicfybiel, ob bie Slltlübecfer $irdje nod) auf bie SBenbenmiffion unter
©ottfdjalf jurücfging ober ob fie erft bem sßribatgebraudje ber fürftlidjen gamitie
ifjre (Sntfteljung berbanft, tote bie 33ranbenburger: in jebem galle irrt fid) SBreljmer,
wenn er biefe Äirdje niefit in bie SBenbenftabt berlegt, fonbern in bie beutfdje 2ln»
fieblung. ©ie ftanb bietmel)r mitten in bem SBenbenfaftrum, ba fie, fei e3 für
bie SBenbenmiffion unter ©ottfdjalf, fei e3 für ben ©ebraud) ber fürft»
lidjen gamilie erbaut mar, aufeer ber e$ beim SBeginn ber Regierung $einrid}3
überhaupt feine Stiften in Slltlübecf gab. Site SBtcetin im £erbft 1126 Äönig
^einridj in Slltlübecf auffudjte, fanb er biefe Sirdje bereits bor: Repertum igitur
in urbe Lubecensi prineipem Heinricum convenerunt — . Qui — viros
dignissimos coram gente sua magnis honoribus extulit, deditque eis
ecclesiam Lubeke, ubi tuta secum statione possent consistere et agere que
Dei sunt 876 ) Slud) bie ©teile coram gente sua fprid)t bafür, bafe bie $ird)e
ni<f)t 4 1 /« km bon ber SBenbenftabt unb SRefibeng £einrid)3 entfernt lag. SSicelin
fidj hierin beutlidj bie SBeiuunberung unb Slnerfennung beutfdjen SBefenS au« unb
5ugleidj ba« Seftreben, ben beutfdjen ©tanbeSgenoffen roenigftenS in biefer Äußer»
lidjfeit 5U gleiten. ©emifi t)ing biefe Kamengebung jum Seil nyt bem
Übertritt ifyrer Sräger jum ©fyriftentum gufammen, man tyelt ben nationalen Kamen
ntdjt met)r für luürbig unb änberte it)n bei ber Saufe". Slnm. 4: „@o tjanbelte
bietteidjt audj ber Slbobrite Uto, atö beffen flabifdjer Käme uns ^Jri^tgnctü überliefert
ift". ©. 58: „®3 ift fein 3ufaH, baß in ber fjerrfdjenben Familie ber Sbobriten
in brei ©enerationen fiefj beutfdje Kamen folgen: Uto, ©ottfdjalf, £>einrid), unb baft
ju ber Stit, als nadjeutanber brei #einrid}3 in 5)eutfdjlanb fjerrfdjten, audj jmei
flabifdje gürften biefen Kamen führten".
87ß ) I, 82; a. o. ©. 162: «IUic (seil, in ber fiapeDe ju Clbenburg) in
asperrimo frigore inter cumulos nivis officium peregimus. Auditores BUlli
de Sclavis preter PriMzlaum et paueos admodum. Expletis misteriis sacris,
rogavit Pribizlaus ut diverteremur in domum suam; que erat in oppido
remotiori. Et suseepit nos cum multa alacritate, (muftert)aft anfdjaulidj!)
fecitque nobis convivium lautum. Mensam nobis appositam viginti fercula
cumularunt».
876 ) I, 46; a. o., ©. 96.
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fyitte $>einrid) gefugt unb gefunben, 877 ) alfo mo^l überrafdjt: nrie Ijätte ba ber
Äönig in ber 4 72 km entfernten beutfcfjen ftaufmannSanfieblung SSiceltn coram
gente sua magnis hoooribns auSjeicfjnen fönnen! SRein, bie öon ©reimet Ijeran«
gezogene Äircfjenfragc fpridjt nid)t bagegen, ba| bie SBenbenftabt unb bie SRefibenj
|>einrid)3 an ber ©djroartaumünbung lag, fonbern bagegen, bafe fie 4 1 /* km bon
ber Sftrdje an ber ©cfyroartaumünbung entfernt im SHfebufrfje, gegenüber mm ®ro&«
Sßarin gelegen mar! Sitte angriffe, (Sroberungen unb Sßlünberungen Slltlübette
finb burdj bänifcfje unb fla&ifdje ©eeflotten, meiftenS burd) flotten ber SRanen
erfolgt, eine Jatfadje, meiere bie (Sjiftenj einer SBenbenftabt im Stifebufdje aus-
fd)lie|t. SBie fotten bie Rotten ber meerbefjerrfdjenben SRanen, bie öon SRügen bi3
9Jormegen fuhren, bie ©djtoartau big ©roJ3«*ßarin Ijaben hinauffahren fönnen; bie
©djmartau, bie üom gfeefen ©djmartau an lebiglicf) ein 93adj ift. ©djon bis
Saltenljof Ratten folcfje flotten ntdjt gelangen fönnen, gefcfjroeige benn nad)
©djroartau!
211« im $al)re 1138 gürft ^ribijtam in Slltlübecf refibiert, mufe ber an ber
Slltlübecfcr Äirdje ftationierte Sßriefter e3 mit anfeljen, roie bie gefangeneu Gfyriften in
bie Snrg eingebracht, mit geffeln belaben unb gemartert werben. SBie ift ba3
möglief), roenn bie ßirdje, an ber er ftationiert ift, 4 1 /* km öon ber 93urg entfernt
liegt! $)ie SJanenflotte überfällt 1138 Sllttübecf, weil bie Stauen ifyren geinb
^ribijlam bort ju finben hoffen. SBie fönnen bie SRanen ^offen, an ber Irnbe
^ribijlaro mit Schiffen ju überrafdjen. menn feine SRejibenj 4 7* km binnenroärtö
öon ber Jraüe liegt! SBie fdjon im legten "Jeile erwähnt, roerben oppidum, castrum,
portus unb ecclesia immer jufammen öou ben ©reigniffen betroffen: nad) ber
ganzen Srjäfjlung ift e3 auSgefdjloffen, bafe ein Seil Stltlübecf^ 4 V* km Dom anbern
getrennt geioefen fei! Sei ber erften (Srumfjnung (I, 20) nrirb bie civitas Lubeke
unb baä cenobium sanetorum virorum canonice viventium jufammen genannt;
bei ber jmeiteu (I, 34) bie urbs unb bie ecclesia; bei ber brüten (I, 36) bie
urbs unb ba3 castrum; bei ber öierten (I, 41) bie urbs unb -bie ecclesia; bei
ber fünften (I, 46) bie urbs unb bie ecclesia; bei ber fedjften (I, 48) bie urbs,
bie non parva colonia mercatorum, bie ecclesia e regione urbis, ba8 castrum;
bei ber fiebenten (I, 49) bie ecclesia unb ber locus; bei ber achten (I, 53) bie
ecclesia Lubicensis; bei ber neunten (I, 55) baS castrum Pribizlavi unb bie
arundineta; bei ber jeljnten (I, 57) ber portus unb bie civitas: mie ift e3 ba
möglief), ba£ castrum unb bie urbs 4 1 /* km nörblicf) t>on ben arundiueta, ber
377 ) Sgl. Slnm. 66, 6. 31.
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ecclesia, bem portus, ber coloiria mercatorum, bcr ecclesia e regione urbis
ju berlegen?
(Snblid) oertaufdjt Sreljmer in böfligem 93erfennen bet menbifdjen Äuttur»
berljältniffe bic SRoÖe bcr 3)eutfd)en unb bet Sßenben: bie 3)eutfcf)en, meldte eine
troefene, roenn möglich Ijolje Sage beoorjugten, rnadjt er ju Setoofjnern mooriger
9tafenflä<f)en, bie fid) einen SReter über ben Spiegel ber Dftfee ergeben; bie SBenben
bagegen, bamalS ausgemalte SBafferratten, tote übrigeng nodj fyeute im ©preetoatbe,
mad)t er 51t SBalb* unb £öljenbemoljnern! SBie ber SRingroaQ an ber ©djtoartau«
münbung juftanbe gefommen fein mag, menn Ijter feine SBenbenanfieblung, fonbern
auSfdjliefctid) eine colonia beutfcfjer Äaufleute beftanben \)at, mirb nicfjt näljer
unterfucfyt; Sreljmer begnügt fid) mit ber Slnbeutung, 878 ) bafe biefer SRingtoaQ bon
ben — beutfdjen Äaufleuten erridjtet fein fönne! 2)abei ift biefer SBatt mit feinen
getoaltigen £otjfubfonftruftionen fo ttjpifdj flabifd), als eS nur möglich ift!
9iad) folgen 3ßaljrnef)mungen !ann man nicfjt umfjin, ber SBreljmerfdjen
£i#ott)efe noefj weniger ^Berechtigung jujugefteljen als ben Snfidjten, bie Slltlübecf
ins alte, niebrige ©djtoartau; inS fpätere, relatiö hochgelegene ©djroartau; nad)
Äaltenljof, bem heutigen Sübecf, füblidj oon ber JremS ober bireft an bie ©eefüfte
an ber Xratoemünbung oerlegen.
E. Slltlübecf an ber ©d)toartaumünbung.
•Jiadjbem im Saufe ber bisherigen Unterfucfjungen burd) Srmä^nung ber
ardjäologifdjen gunbe, ber geologifdjen SBertyältniffe, ber Urfunben unb aud) ber
Sljronifen fdjon mieberljolt berSeroeiS geführt toorben ift, ba&Slttlübed: oppidum,
castrum, ecclesia unb portus an ber öftlidjen ©pifee ber §albinfet jroifdjeu
©djmartau unb Irat>e, im, bjm. am unb um ben nod) erhaltenen SBurgtoafl
gelegen f)at, in beffen 3J?itte nod) Ijeute bie mächtigen ©ranitfunbamente beu alten,
romanifd)en ftapeüe liegen, bleibt nur eine 33efpred)ung ber ©rünbe übrig, bie man
gegen bie Sttöglidjfeit einer folgen Sage jefet unb früher inS gelb geführt Ijat.
©ie befd)ränfen fidj ber £auptfadje nad) auf bie allen benjenigen unlösbare
878 ) 93ret)mer fdjreibt (a. 0., © 6): „3)a bie SEaufleute Sübecf (gemeint ift
Slltlübecf) nur ^um Aufenthaltsort erforen ^aben, um öon Ijier aus ^anbelSbegie^ungen
ju ben norbifdjen Sänbern $u unterhalten, fo rnu&te ifjr Slugenmerf oor allem barauf
gerietet fein, für iljre Slnfieblung einen $lafc auszumästen, an bem fie mit ben
©djiffen in unmittelbaren SSerfe^r treten fonnten. SIm geeignetften l)ierju mufjte
iljnen baS 3)retecf erfdjeinen, meines burdj bie ©inmünbung ber ©djloartau in bie
Iraoe gebilbet mirb and) ließ fid) ^ier als 3ufludjtSort bei broljenben
©efa^ren ein Snrgftatt errieten, ber, an brei ©eiten fidj ben glüffen anfdjlie&enb,
einem lanbroärtS üorbringenben geinbe nur eine fdjmale Singriff Sfront barbot".
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9tötfel aufgebenbe ©teile §elmolb3, bie e3 für auSgefdjloffen galten, ba| Slttlübed
jmei Sirdjeu gehabt Ijat. 3d| roerbe im jmeiten Jeil biefer Sinleitung in bte
lübifdje ©efd)id)te ausführlicher ben SRadjmeiS liefern, bafc Slltlübed jmei Äirdjen
befeffen Ijat: einmal bie alte SBurgfapeÖe, beren gunbamente nod) erhallen finb,
mitten im S5urgmaD; 879 ) ba3 ift bie Sirdje, bie SSicelin toorfanb, afe er Äönig
^einridj im $erbft 1126 auffud)te, unb bie iljm bon ^einridj als tuta statio
übernriefen mürbe; jtoeitenS bie jüngere unb moljl größere ecclesia sita in colle,
qui est e regioue urbis trans flumen. 2)a3 ift bie Äirdje, Don ber anföeinenb
ntc^td meljr erhalten ift, bie ältlübed gegenüber am redjten Jraöenufer lag auf ber
ftattlidjen £ölje ber Jeerljofinfel, bem nörblidjften SluSläuf er be$ Jamalen 3)ilut>ialrüden3,
ber ftd) üom 3)om ju ft&bed ununterbrochen in einer Sänge öon 5 1 /* km bis Ijierljer
jieljt, 400 id entfernt Dom ©übranbe beS 93urgroaH$ unb Don ifjm nur burdj bie Jraoe
getrennt. 880 ) Sßäljrenb bie erfte $ird)e nidjt tum §einrid) Ijerjurüljren föeint, fdjeint bie
jroeite Äirdje mit bem 93au ibentifd) ju fein, Don bem £elmolb erjäljlt, £einridj Ijätte
i^n beranlafet (construxerat) unb Äönig Snut Ijätte iljn meinen laffen. 88 1 ) 35afe e$ fidj
879 ) Sgl. bie «arte unb 2afel IL
880 ) #eute ift btefer lange 3)iluuialrütfen burd) jmet fünftlidje (Eingriffe
burdjfdjnitten: einmal an fetner fdjmalften ©teile nörblidj Dom SBurgtor burdj ben
6lbe«iraoe'Sanal — auf ber ff arte liegt biefer erfte 3)urd)fdjnitt genau nörbltdj an
ber urbs Crutonis — , jmeitenS fübltd) Don fetner f)öd)ften ©teile, eben ber ftattlidjen
2lnt)öf)e auf ber fog leertjoftnfel, bte man im ^tntergrunb üom Schnitt VIII ber
Ausgrabungen auf Safel XIII erblicft. |>ter mürbe 1882 eine ftarfe Shirue ber
Jraoe burdj einen $urdjftid) abgef dritten, ben fog. 3)urd)ftid) s Jlu6bufd)«9tltlübed
ber Srabeforreftion: er erfdjetnt auf ber fiarte punftiert, auf ber geologifdjen ff arte
bargeftellt $te £>öf)e, auf ber f}ter bte Sirene angenommen roirb, beträgt $mar nur
35—55 gufc, tommt aber trofcbem in ber gan$ ntebrigen Umgebung ftattltdj jur ©eltung.
Siegt bodj ber SBafferfptegel ber Sraoe, ber bei feiner Stnmünbung in bie Oftfee an
ber 9?orbermole 19 cm unter bem SKormalnullpunft beS ^eutfdjen Steige* liegt, an
ber ©^martaumüubung bereite 16 em unter biefem 9ionttalmtltynnft. Sgl.
B. 368 — 373 einer leiber nod) nid)t üeröffentlidjten „ s 2lbl)anblung" beS Oberbau-
bireftorS Selber „über bte ©etuäffer", bie urfprüngltdj alö gortfefeung ber üübeder
SanbeSfunbe üou 1890 gebaut mar 3)odj ift eS nidjt unmöglich, baß infolge beä
neuen SrabeburdjfttdjS bd ber £>errenbrüde unb ber unauSgefefcten Vertiefung ber
Iraöe feit 1890 nodj eine geringe Vertiefung beS 3Safferftanbe£ eingetreten ift.
88 1 ) 1,49; a. o., ©. 102: «Veniens (seil, fianutuö) ergo Lubeke, dedicari
fecit ecclesiam quam construxerat Heinricus» fomie I, 48; a o., ©. 100: Im-
petratoque prineipis (btefer prineeps ift ber ältefte ©ofyn Stönig ^etnric^«, 3ürft
3loentepolc^) favore, misit (seil. Stceltnu^ nad^ |>eturtd)3 ßrmorbung) iu urbeui
Lubeke venerabiles sacerdotes Ludolfum et Volcwardum, qui $?alutem populi
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Ijier tatfädjlid) um gtuct Sirenen in SHtlübecf Ijanbelt, läfct fiefy urfunblidj au3
einem 2)iplom erhärten, ba3, für bie ©efdjicfjte ber Ältlübecfer $ird)e bisher un*
beamtet geblieben, Don ©girren ate jtueifettoS td)t herausgegeben morben ift. 882 )
©3 Ijanbelt fiefj um „eine perfönlidje ßeljntenübertragung" be3 (SrjbifdjofS Slbalbero
Don SBremen (1123—1148, ögl. §aud IV, ©. 927) „an «icelin, Subolf unb
biejenigen ©efäfyrten, meldte Hon Qt. 8. Stbalbero mit ber 9Rtffton in Sübetf
betraut toaren". 3)a bog heutige Sübecf erft 1143 gegrtinbet mürbe, fo Ijanbelt
e3 fidj bei biefem 3)ij)tom Don 1141 um eine Urfunbe über Stltlübetf, bie jmeit*
ältefte, ober, falte bie König ÄonrabS III. Dom 5. Januar 1139 gefällt ift,
bie ältefte aller crimen Süberfer Urfunbeu. 3lu3 biefer Urfunbe geljt Ijerbor, bog
SSicelin im auftrage unb auf Soften be3 SrjbifdjofS Stbalbero — nostro sumptu
— in SUtlübecf eine Äirdje erbauen foQte, unb jmar etma nidjt erft 1141, fonbern
bamatö, afe iljn Slbalbero jum erftenmal nadi) Sltlübed fanbte, mte jmar nidjt
auSbrüdlidj toermerft mirb, nrie e$ aber au3 bem lenor be3 JejteS Ijerüorgeljt:
«Eg(> — quam — debitor divinae laudis in mea dioecesi amplificandae
dilect09 fratres nostros Viceliuum praepositum et filium eius Ludolphum,
commilitonesque eoruin, ad locum capitalem Slaviae, Lubike videlicet
direxi, ut ipsi, qui ex nostra commissione in illa parte nostri episcopatus
verbi Dei praedicandi legationem suseeperunt, ibi etiam Ecclesiam nostro
snmptn aedificarent.» SSicctin unb feine ©enoffen Ratten alfo ben erjbifdjöflidjen
curarent. Receptique sunt benigne a mercatoribus, quorum non parvam
coloniara Heinrici prineipis fides et pietas ibidem conseiverat. Habitaveruntque
in ecciesia sita in colle, qui (fo, nidjt que, lautet nadj gütiger STOitteilung
©d)meibler£ bie richtige 2e3art) est e regione urbis trans flumen. S33ie angefidjta
biefer au^brütflid) üon #elmolb bejeugten favor gürft 3totntepold)% Srefjmer be-
haupten fann (a. o, @. 8), „bie ©öfjne be8 ffönigö ^einrid)" feien bem ßf)riftentum
abljolb gemefen unb mürben „in unmittelbarer 9lä^e tfjrer S3e^aufung eine djriftlidje
Äirdje" nitfjt gebulbet f)aben, ift unbegreiflich, menn man nid)t annimmt, bafe
Srefymer biefe ©teile ber ©labendjronif entgangen mar unb baft er in biefer 93e»
ijauptung lebiglidj feine Sßljantafie malten läßt.
88 2 ) 3ettfd)rift ber ©efetlfdjaft für ©d)le$m.«£olft..2auenb. ©efd), 53b. VIII,
©. 307/308, t>gl. © 321, Stiel 1878. ©girren fagt: „3)ie Urfunbe ift bisher
unbefannt gemefen. Einige Sebenfen, meldje fid) ergeben fönnten, finben auäreidjenbeS
©egengemidjt — . Sin ber Datierung ift nidjtö auSjufefcen; fie geftattet, bie Urfunöe
mit ©idjer&ett ber jmeiten Hälfte be8 Satire« 1141 $uaufdjreiben. Sludj gegen bie
3eugen rietet fid) fein 33erbad)t. SBoüenbS einfad) unb unangreifbar ift ba*
Sßrotofott. 3)ie Urfunbe mtrb um fo etyer für ed)t gelten bürfen Sfce 93c-
beutung liegt bann, audj abgefeljen Don ber S)t3pofitton, barin, bafj fie 1) ein ertrag«
lid)e3 SBetfpiel unberbädjtiger Urfunben Stbalberoä bietet" ufm.
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Sluftrag jur Srbauung einer Strebe in Slltlübecf bereite 1126 ermatten, nidjt erft
1141, als ba$ 1138 jerftörte SUttübecf nid)t meljr ejiftierte.
3)a nun naef) bem ebenfo einmanbfreien 3 eu 9 n ^ ^elmolb^ SSicelin beim
SBeginn feiner magrifdjen 3Kiffion im ©pätfommer 1126, aü er junäcf)ft Äönig
§einrtd) in Sltlübecf auffülle, in ältlübeef eine Äirdje bereits antraf, bie iljm
t>on $einrid) ate tuta statio jugenriefen mürbe, finb nunmehr jmei Äirdjen ju
Stltlüberf nadjgemiefen, beren eine SSicelin 1126 borfanb, beren anbere er jmifdjen
1126—1138 im Muftrage unb auf Soften feinet (SrjbiföofS erbaute: ba3 finb bie
ecclesia lapidea infra vallum ©ibo§ unb bie ecclesia e regione urbis trans
flumen sita in colle $elmolb3. Slud) ber ®runb, meSljalb ber (Srjbifdjof eine
jmeite Sfirdje ju SUtlübecf erbaut miffen moHte, ift au3 bem lejt ber Urfunbe
tton 1141 erfidjtlid): ut — Ecclesiam nostro sumptu aedificareut, in qua
divina mysteria celebrantes ad fidem catholicam et christiauam religionem
divina annuente dementia incredulos informarent. @3 Ijanbelte fief) alfo
um eine im großen geplante, ftjftematifdje SÄiffion in Sßagrien, für bie SSicelin
junt Scgat ernannt morben mar. 2U3 midjtigften ^Begleiter 9Sicelin3 nennen bie
Urfunbe wie audf) .f)elmolb (gleich beim erften Sefucfje im $erbft 1126) ben
fiubolf nebft einem gangen ©efolge t)on Älerifern: commilitonesque eorum. 2)en
3Jiittetyunft für ba$ fo forgfältig geplante Unternehmen, für beffen ©elingen bie
Wlafy unb btö djriftlidje 93efenntni3 forote bie mofylrootlenbe Slufnaljme Äönig
£>einriclj3 bie erfreulidjften Sßerfpeftiben eröffneten, follte bie nun auf eigene Soften
be§ ©rjbifdjofS ju erbauenbe Sirene in Stltlübecf abgeben. $)er Sefife fold) eigener
Äirdje mochte bem ©rjbifc^of fdjon beSfjalb münfdjenSmert erfdjeinen, um öon bem
©labenfönig unabhängiger ju fein, als e3 in beffen Surgfapefle ber gaU fein
fonnte. £e3t)alb, ber größeren Unabljängigfeit falber, baute man bie neue Äircfye
auef) e regione urbis trans flumen, anbererfeitS bodj nod) im ©ebiete t>on 8llt-
lübec! unb ber gürftenburg, bem Slltlübecfer JRingmaü fo nalje, bafe Äönig ^einrief)
ben 9ieubau ftetS erblicfen unb fdjüfcen fonnte. ©3 entfpradj ferner ben SBünfdjen
unb Sinfprüdjen ber triumpljierenben Sircfje, menn biefe Sirene auf ber tjödjften
©teile ber meiten, fruchtbaren 9Ueberung erbaut mürbe. Sßie ein ©iegegjeidjen
be$ aüüberminbenben EljriftentumS erglänjte fie tjoef) oben roeitljin in bie fianbe,
jum £rofe ber großen ßfyriftenberfolgung Dom 3al)re 1066, gur Hoffnung für eine
ftegberljei&enbe 3 u t un ft- ^ U( *> anbermeitig im ©labenlanbe baute man bamatS
neue Sirdjen auf ben §öljen, fobalb fid) fixere 8lu^firf)t auf eine glücföer^eifeenbe
Sufunft eröffnete.
SBar bie alte Slltlübecfer Äirdje bie ältefte im ganjen ©latoenlanbe (#elmolb
I, 34 unb I, 41), fo gehörte bie jmeitältefte $ird)e im SBenbengebiete ber SDiöjefe
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SBranbenburg an. $ier Ijatte jroifdjen 1109—1111 93ifd)of £artbert eine £otjfird)e
in bem adjt Kilometer öftlid) öon ber Slbe gelegenen Seifefou txbaut, bie ältefte
unb bamalS einjige ©otteSftätte ber ganzen 2)iöjefe. Dbmofjl btefe £oljfirdje
fdjon 1113—1114 burd) eine ©teinfirdje erfefet morben mar, mürbe bereits 1155
oben auf ber £öf)e aufcerljalb beS JBereidjeS ber untenfteljenben alten SßeterSfirdje
eine neue JBrudtfteinbafilifa mit bo^eltärmiger Slnlage erbaut, in bejug auf bie
£öf)enlage genau fo mie borfyer bei ber nod) älteren Äirdje ju SHttübecf. 383 )
93eroeifenb ift biefe urfunblid)e -Jiadjridjt aber nodj nid)t: eS märe benfbar,
bafe 93icelin ben Auftrag jum Äirdjenbau jmar empfangen, aber nidjt ausgeführt
Ijätte. Mein irgenbmie maljrfdjeinlid) ift eine fold)e 9iidjtauSfüf)rung beS iljm
gemorbenen SluftrageS um fo meniger, als SSicelim eine befonbere Sorliebe für bie
Srbauung t)on Stirnen in SBagrien betätigt Ijat: man lefe nur $auj>tS „SJicelinS-
fircfjen" £aupt jäfyft ©. 167 breije^n SJicelinSfirdjen auS gelbfteinen unb fedjS
SSicelinSfirdjen auS Riegeln auf. 2)ie 2lltlübetfer Äirdje mürbe mithin bie 3maujigfte
SBicelinSfirdje in SBagrien fein. Sei foldjer S5autätig!eit ift eS fd)merlid) an*
junefjmen baft SSiceltn gerabe in 9lltlübed, baS in ber Urfunbe oon 1141 auS«
brütflid) als locus, capitalis Slaviae bejeidjuet roirb unb baS ben SluSgangSpunft
feiner ganjen SKiffionStätigfeit bilbete, baS bie SRefibenj beS menbifdjen ÄönigS mar
unb mo eine Sirdje ju erbauen SSicelin auSbrütflid) beauftragt morben mar, bajj
SSicelin gerabe in Slltlübecf feine $trd)e gebaut, fonbern fid) mit ber fleinen SBurg-
fapelle begnügt Ijaben follte: fyat er bod) fo grofce unb ftattlidje ßirdjen erridjtet,
wie bie ju ©utin, Dlbenburg, Sßlön, OfbeStoe, 9leumünfter unb bor allem bie
fdjöne romanifdje Sirdje ju Segeberg, nebft bem 2)om ju Sübed, „baS größte unb
fdjönfte romanifdje Saumerf SßagrienS", ein Urteil $auptS, bem id) burdjauS bei-
ftimme. (|wupt, ©. 47.) ®eine ber neunjeljn SicelinSfirdjen ift annäljernb fo
flein unb einfad) im ©runbrifc, roie bie in ber SönigSrefibenj, falls man in ber
SBurgfapefle ben 35iccltnbau fefyen moHte. ©elbft bie Sirene im benachbarten
83ojau, bie ^ßfarrftrdje ^elmolbS, bie 93iceliu jmifdjeu 1152—1154 erbaut fjat,
ift ungleid) gröfeer unb ftattlidjer als bie minjige Slltlübeder SBurgfapelle. 9Jein,
bie SicelinSfirdje ju Slltlübed, bem locus capitalis Slaviae, beren ©runbbefig,
38 3 ) Gurfdjmann, Stoffe Sranbenburg, Seidig 1906, S. 74—76, 101,
108 — HO. gaft in bemjelben ^aljre 1155, in bem bie jmeite, bie $ügelfirdje $u
£eifcfau erbaut mürbe, mirb bie jmeite ^Sfarrfirc^e im SMStum 33ranbenburg ermähnt.
3für ben 3nl)alt ber angenommenen, Derloreneit Urfunbe 2otf)arS für Slltlübecf (ügl.
oben, 5. 96) ift ea intereffant unb uiefleidjt ein ginger^eig, bafe bie 33eftimmungen für
bie ältefte Seifcfauer fttrd)e, bie oon 1 109, „tfjre 21nerfennung als einige ^farrfirdje ber
^iö^efe unb Mater aller fünftig ju erric^tenben Sir^cn in fid) fd>Ioffcn". ( x Jl.o., S. 76.)
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153
mie tdj ma^rfc^etnltd^ ju madjen gefugt Ijabe, 884 ) einen nid)t geringen leil be3
UrbefifceS be3 fiübeefer 33i3tum3 ausmachte, muffen mit uns nad) bem Sbenbitb
ber genannten gro&en umgriffen Sürdjen gebaut benfen, eine Stnnaljme, ju ber
audj biefer urfunbli^e SRadjmete brängt, bafe fie auf Soften beS ©rjbifd)of8 fetbft
erbaut werben foHtc. 886 )
Sicelin $at biefe $ird)e mirflidj erbaut nidjt blofe erbauen fotlen. S)enn
SBicelinS unb §elmolb§ S c ^9^nofje unb Ätofterbruber ©ibo, ber fpätere Sßropft
be3 SReumünfterer SlofterS, erjäljtt auSbrüdlidj: Ecclesiam Bucue veteri fun-
davit in urbe unb id? Ijabe nadjgemiefen, 886 ) bafe Ijier unter Bucue Slltlttbed
ju berfteljen ift. gafct man bie Angaben $elmotb3 über bie ecclesia trans
flumen, bie finntoS mären unb nod) oon niemanbem Ijaben erflärt merben
fönnen, menn man nur eine Sirene ju Stltlübetf annimmt, ferner bie Slngaben
ber Urfunbe oon 1141 unb bie jmeifelloS ätttxeffenbe Mitteilung ©ibo3 ju»
fammen, fo lann e§ feinem 3 tt>c ^f e t unterliegen, ba$ 93icelin ben Auftrag feinet
SrjbifäofS erfüllt unb ju Slltlübecf eine Äirdje erbaut fyit. 3)a aber SJicetin
fdjon eine Äirdje bei feiner Slnfunft oorfanb, mufe eS bemnarf) jmei Äirdjen in
Slltlübecf gegeben Ijaben. S)a ferner bie neue Äirdje, sita in colle, fdjon
unter #einrid)3 ©oljn Smentepotd) t>on Sßrieftern bemofjnt mar unb Qtotnttpold)
jroifdjen 1127 unb 1129 ober 1128 887 ) ermorbet morben fein mufc, fo erhält
884 ) Sgl. oben, S. 104—110.
886 ) Slud) fonft ift biefe Urfunbe für bie Slltlübetfer SWiffion bemerfenSmert.
Sie bemeift, bafc äße biejenigen irren, meldje behaupten, Sßicelin fei burdj ©rabifdjof
Norbert oon SKagbeburg gur ©laoenmiffion berufen morben; fie beftätigt Slngaben
£elmolb$ über Kamen unb SRifjgefdjid ber Sßrtefter in Slltlübecf; betont fie bodj,
ba& bie ^rieftet $u Slltlübecf «saepe fere omnibos araissis quasi nudi inde
profugerunt», baft fie in barbarica regione pericula et temporalia dam na
erbulbeten, bafe fie trofc allebem in negotio pro Domino suseepto perseverantes
subsisterent; bafe ber Hamburger Srgbifdjof 1141 Slltlübecf ntdjt ju ber längft ein»
gegangenen Olbenburger, fonbern $u feiner 3)iö§efe rechnete u. bgl. met)r.
886 ) «gl. oben, ©. 53—55.
38 7 ) 34 fomme 511 biefer 3at)l, ^eil fiönig £einrid) am 22 9Rära 1127
ermorbet morben mar. 5)er 9iad)folger feinet fpäter gleichfalls ermorbeten ©ofjneS
3mentepoldj mar fiönig fimit. 3113 fiaifer 2ott)ar ba$ ©laoenreid) mit ber fiönigfrone
an finut oerlte^en fjatte, ftarb ©raf Slbolf ü. £olftetn (£elmolb I, 49). $a Slbolf am
13. SRooember 1129 ftarb, mu& 3mentepold) t>om 22. 3Hära 1127 bi* fyäteftenS 1129
regiert Ijaben. SSityelm S3ernf)arbi fdjetnt ben ^Regierungsantritt finutS als fiönigS be£
Slaoenreidjeä r/ frül)cftcn^ " in ba3 3at|r 1 128 ju oevlegen (Sot^ar ü.Supplinburg, ©. 397),
eine Datierung, bie $u meinem „fpäteftenS 1129" gut ftimmt. 3°ff^ f^fet ben StegierungS*
antritt SnutS att rex Slavorum im 3a^r 1128, ügl. oben, S. 100, Slnm. 252.
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man als bie Seit, in ber bie jmeite, bie 9Sicelin3firdje ju Slltlübed, erbaut morben
ift, bie Saljre t>on 1126—1129 ober 1128. £ierju pafet ausgezeichnet bie Sttacfjridjt
£>elmolb8, bte S?ird)e fei unter 3mentepolcf}3 9ladjfolger, Äönig Sfctut, gemeint
morben. SHIcrbingö fagt #elmolb nieftt, bafe ©rjbifdjof Slbalbero, fonbern bafc
$önig ^einrirf) biefe $ird)e erbaut Ijabe, aber e§ tft benfbar, bäfe aud) §einrid)
jum Sau ber neuen, ftattltcfjeren Sirene in feiner SRefibenj beigetragen Ijat, roa^r-
fcljeinlicf) ben größeren leil ber Soften, benn bie frönen ©olbfunbe ju 2tltlübecf
unb ©a£0§ @rjäf)tungen über ba8 bänifdje (Srbe £einrid)g machen e3 mafjrfcfjeinlidj,
bafe $euirid), ber jubem früher manche SBifingerfafjrt ausgeführt Ijatte, über reiche
SRittel gebot, ©o mürben fomoljl §elntolb mie bie Urfunbe ber SBaljrljeit geregt
merben.
2)afe man fid) biefe jtoeite Stlttäberfcr Sirdje als einen größeren 93au öor-
aufteilen tyat, gefjt nidjt nur aus ben bargelegten ©rünben fjertoor, fonbern and)
aus ber Slngabe ^elmolbS, bajj bie, roie mir gefeljen l)aben, an $ßerfonenjaf)l nitftt
ju geringe ©eiftlicfyfeit in biefer ^ügelfirdje moljnte, eine Sftöglidjfeit, bie bei ber
flehten SurgfapeUe auSgefdjloffen mar. 9Kan mirb fiefj biefe ^rieftermoljnungen
als 2lnne;re jur Sirene ju benfen fjaben, roie fie ftd) in Älofter- ober jumeilen auef)
in Jtoflegiatfirdjen finben. 9lud) bie Mitteilung ^elmolbS, bafe fid) bie sacerdotes
incliti burd) eine jmeite Äirdjentür gerettet Ratten, als bie SRanen burd) bie anbere
in bie Äirdje fyineinbrangen, 888 ) fprid)t für einen nidjt all juf leinen 95au: bie JBurg*
888 ) $>elmolb 1, 48: «Habitaveruntque in ecclesia sita in colle, qui est e
regione urbis trans flumen. Nee longum tempus effluxit, et ecce Rugiani
urbem vacuam navibus offendentes, oppidum cum Castro demoliti sunt.
Sacerdotes incliti, barbaris unam ecciesie ianuam irrumpentibus, per aliam
elapsi, beneficio vicini nemoris salvati sunt». 5)ie Sfjronif ber norbelbifdjen
Sadjfen berichtet über biefe Vorgänge (a. o., ©. 60): „3)e prefter moneben bt ber
ferfen, bebe lad) up beme berge, be iS ouer be Irauene. Silicat lange t\)t barna
bo quemen be kutaner unbe anuedjteben be ftat Subefe, be bo lebbidj maS, unbe
uorftoreben to fdjepe bat mifbelbe nt^b ber bordj. 3)e erbaren prefter, alfe be
utgenbe quemen in be ferfen, ut ber anberen bore ulogen fe in ben bufdj." 3>m
Chronicon Slavicum, quod vulgo dicitur parochi Suselensis, herausgegeben toon
SaSpetyreS, fiübeef 1865, ©rite 47, Ijetfct eS in pars 1, Sap. 17: «Habitaveruntque
Ludolphus et Volchardus in ecclesia sita in colle, quae est trans flumen.
Non longe post Rani urbem Lubic cum oppido demoliti sunt, navibus
properantes: sacerdotes evaserunt, in nemoribus se oecultantes». 3)a3
Chronicon Holtzatiae, auetore Presbytero Bremensi, berichtet fiap. 13 (a o.
©. 27): « — constituit sanetos viros Ludolphum et Wolehardum, qui salutem
populi procurarent. Tarnen ob barbarorum furiam, non diu post urbem
antiquam Lubeke cum Castro destruentes, antedicti sacerdotes Dci Faldore,
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fapefle befafe, anfdjeinenb nur einen Gingang, unb jmar an ber rituell
öorgefdjriebenen Stelle, im Sßeften. <3cf)tie§ltd) bemeift aud) bie Mitteilung,
bie Sßriefter Ratten fid) burd) bie jmeite Äirdjentür in ben benachbarten
SBalb gerettet, bafe e§ fid) ^ter unmöglich um bie SurgfapeDe tjanbeln fann.
®enn ber 9tingmall, innerhalb beffen bie SBurgtapeHe lag, befanb fid), mie nad)-
gemiefen, 880 ) auf einer 3nfel, bon ber fid) bie Sßriefter um fo meniger burd) ba3
beneficium vicini nemoris Ratten retten fönnen, als ber nädjfte Sßatb eine gute
SSiertelftunbe entfernt liegt, ba bie ganje $albinfel, mie bargelegt morben ift, 390 )
nur üon Sßeiben unb SBtcfcn eingenommen mürbe Ratten fid) alfo aud) bie s J$riefter
burd) einen Äaljn ober mie ifyr s Ämt3bruDer in ben -Nibelungen, „ber arme pfaffe,"
burd) ©djmimmen auf bie lange Jamale $albinfel smifdjen £raöe unb ©djmartau
gerettet, fo mürben fie bod) beim Saufe über bie lange SBeibenftrede t>on ben
naturgemäß fdjnelleren Kriegern eingeholt morben fein, bie e3 gerabe auf iljr Seben
abgefeljen Ratten: sacerdotes a piratis quesiti, ut interficerentur. 3)er lange
3)ilutrialrüden bagegen, ber Don ber $ügelfird)e bis ju ber ©teile beS fpäteren
Sübecfer $)om3 t)inftreid)t, mar bamate jmeifelloS bemalbet, mie er e3 nod) Ijeute
gerabe an ber ©teile ift, mo idj bie §ügelfird)e fudje, fo bafe fid) bie erfdjrodencn
^ßriefter unmittelbar au3 ber ^ügelfirdje in fein fdjfifeenbeS 3)idid)t flüchten fonnten.
S3eim britten Stanenüberfall im Satjre 1138 fd)einen bie SJaneu ben SHrdjenljüget
an einer anberen Stelle erflommen ju Ijaben, fo bafc fie fid) ber Sirdje öon Often
ober gar ©üboften näherten unb bie Sßriefter nunmehr nidjt nad) ©üben in ben
SBalb, fonbern nad) Sßeften In ba% ©d)ilfbidid)t flüchteten, in bem fie fid) nad)
©ibo big an bie Oljren im Sßaffer verbargen, bis bie 9ianen abgejogen maren
9Wit biefer §ügetfird)e mirb bie non parva colonia beutfdjer Äaufleute öer-
bunben gemefen fein, meiere fid) jmar neben bem öurgmall, aber bod) abgefonbert 391 )
t>on ben ©laöen befunben fcaben mirb, ma3 am beften erreidjt mürbe, menn bie
Nouum monasterium reuiserunt». £elmolb$ 3 e itgenoffe ©ibo enblid) gibt in fetner
epistola f olgenbe anfdjaulidje ©djilberung, bie atterbingä nid)t gang auf biefen jmeiten,
fonbern tetlmeife erft auf ben britten Stanenüberfall öom 3afjre 1138 pafct, bei bem
fid) bie Sßriefter im Schilf Derbargen, bie batjer ©in^eljüge aud bem jmeiten unb britten
Überfall vermengt ju tjaben fdjeint, a. o, @. 176: «Sacerdotes a piratis Lubeke
quesiti, ut interficerentur, declinantes interitum, in densitate arundineti mersi
in aquis usque ad aures delituerunt et post discessum latronum venientes
Bishorst (eine abfidjtüd) falfdje Angabe SiboS!) salvati sunt».
88 9 ) Sgl. oben, @. 116—121.
89 °) Sgl. oben, ©. 71 unb © 93, 2lnm 238.
891 ) «bgefonbert au« ben ©rünben, meldje Sßifyelm Sreljmer übergeugenb
geltenb madjt, a. o., ©. 7 — 8.
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beutfdje Äolonie am rechten Jratoeufer gelegen Ijätte. 392 ) S33ar e3 äljnlid) boefj
and) urfprünglid) im benachbarten SKecflenburg: in ffiiSmar, ©üftroro unb SRoftocf
geroefen, cbenfo im benachbarten SBagrien, wo Slltenfrempe nörblid), 9teuenfrempe,
ba3 heutige Sfteuftabt, füblicf) üon ber breiten Sremper 2tu liegt. 893 ) 3)emnad>
wirb man fid) bie ©ieblung Slltlübecf etwa alfo ju benlen Ijaben: im JBurgwaH
ba3 Castrum, weftlid) toom JBurgmall ber portus, weftlidj Dorn portus auf ber
langen 3)itubiaUjalbinfel ba§ eigentliche oppidum, bie SBenbenftabt, bie ftdj nad)
SBeften unbegrenzt ausbeizen fonnte unb füblidj Dom Surgmall, auf bem redjten
392 ) ©djon 1840 fudjt 3)at)lmann (©efdjtdjte öou $äuemarf I, ©. 207) bie
non parva colonia in „ber nädjften 9iäf)e ber feften 3fürftenburg". 5)ret 3af)re
fpäter üerlegt aud) ein foldjer Senner ber menbtfdjen iäefdjidjte wie Submig ©iefebredjt
(II, ©. 211) bie Slnfieblung ber beutfdjen Saufleute bidjt neben bie SBenbenftabt:
„bie fidj unter ben SBenben nieberliefcen". SlbermalS fieben Safjre fpäter fpridjt
SBarttjolb, ber überhaupt mand) treffliche SBafjrneljmung gemacht fyat, e$ bireft aus,
baft bie „Slnfieblung beutfdjer Saufleute auf bem $>ügel jenfeitö beS Sluffed wofjntc",
(®efd)id)te ber beutfdjen ©täbte, Seipjig 1850, 93. I, S. 229): ber cinjige Slutor,
bei bem idj biefe Ortsangabe gefunben fjabe.
898 ) 9Iud) bie übrigen Duellen beweif eu, ba§ bie beutfdje Solonie unb bie
SSenbenftabt nidjt, wie Sreljmer behauptet, mehrere Silometer öoneinanber getrennt
waren, fonbern unmittelbar nebeneinanber lagen.. Sieben £>elmolb maftgebenb ift
aud) fjier ber 93erid)t feinet 3eitgenoffen ©ibo, ber in feiner epistola (a. o, @. 176)
fdjreibt, bie Saufleute Ratten ifjrc 9lnfer unmittelbar neben bem 9?ingwall geworfen:
mercatores mereimonia sua incolis deferentes anchoras suas jeeerant ad
municionem Henrici regis Slavorum. 9lud) a\\& Saxo Grammaticus geljt t)er-
üor, bafc 2lltlüberf tetneSwegä bloft au£ bem castrum beftanb, fonbern aus mehreren
©cftanbteilen fidj aufammenfefete. $>elmolb jäf)lt nebeneinanber auf: bie urbs mit
bem familiäre contubernium be£ Sönigä (I, 41, © 89), bie urbs mit ber non
parva colonia üon Saufleuten (I, 48, ©. 100), in bemfelben Sapitel läßt er bie urbs:
oppidum cum Castro umfaffen. SBieberum an anberer ©teile (I, 55, ©. 111)
untertreibet er castrum et circumiacentia fowie bie arundineta. fd)tieglic^ (I, 57,
©. 118) bie civitas et portus. ©ibo nennt (a. o, ©. 176) bie municio Hinrici
regis mit einem SBaU unb einer ecclesia lapidea infra vallum, ber Presbyter
Bremensis (a. o., 3. 27) bie urbs antiqua cum Castro, ba£ Chronicon
Sclavicum parochi Suselensis: bie urbs cum oppido, bie Sfjronif ber norbelbifdjen
©adjfen läßt be ftat Subefe umfaffen „bat wifbelbe rnqb ber bord)" (a. o, ©. 60).
yiadt) biefen Duellenangaben t)at fid) bie ©tabt 9lltlübetf, bie urbs ober civitas
Lubeke, au% öier |>auptteilen aufammengefefct, bie an ber ©djmartaumünbung
lagen, am rechten Ufer ber Schwartau, ferner am linfen Unb rechten Ufer ber 2raüe:
1. au$ bem Castrum auf ber fünftlid) (ügl. oben, © 116 — 121) jur 3>nfel gemachten
Cftfpifce ber |>albinfel awifdjen Sraoe unb Schwartau, beftefyenb au3 einem
SRingWaU, ber in fid) fd)lofj t>a£ familiäre contubernium be^ gürften^aufeö
unb eine 83urgfapelle, bie ecclesia lapidea Sibo^;
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Jraüeufer, möglidjermeife mit ifym burd) eine £o(jbrücfe t>erbunben, bie non
parva colonia ber beutfd^en ftaufleute mit iljrer ecclesia e regione urbis trans
flumen sita in colle. 2)ann märe ber SRingroall im ©üben unb SBeften öon
©iebtungen umringt gemefen. 3)er 9luSgrabungSberitf)t mirb beroeifen, bafc fomotyt
jenfeite ber £rat>e im ©üben beS SurgmaüS als aud) bieSfeitS ber Srabe im
SBejien beS SBurgmaKS jaljlreidje unb mannigfache gunbe gemalt roorben finb.
©egenftänbe, bie unbebingt einer beutfdjen Kolonie Ratten jugemiefen merben muffen,
finb atlerbingS nidjt gefunben morben: begreif lid) genug, bei bem furjen Stlter
biefer Kolonie! dagegen finb ftarfe Ijöljerne Sßfäfyle, bie in langer Sieilje in reget*
mäfngen 3lbftänben tief unten gefunben mürben, als ber ermähnte 2)urdjftid)
9?ufjbufd)»9lttlübecf ausgegraben mürbe, berfdjiebenerfeitS für Überrefte ber ermähnten
Srücfe gehalten morben. 894 ) 9tudj bann, menn meine 33emeiSfüljrung, SUtlübecf
2. aus bem portus, meftlid) Dom SRingmatl, einem Äanal jroiföen Sdjmartau unb
Sraüe, ber bie Dftfpifce ber £albmfel tünftlid) aur 3nfel machte. Slufcer ben
®. 116—117 für bie elften} beS portus im SBeften beS SurgmallS geltenb
gemachten ®rünbe fei auf bie Slnfidjt SBillj SernfjarbiS Ijingemiefen (3at)rbüdjer
ber beutfdjen ©efdjidjte, 2ott)ar ü. ©upplinburg, Seidig 1879, @. 542, 2lnm.
39), bog berufen SUtlübecf* tiieüeic^t 1134 in einer Urfunbe 2otf)arS ermähnt
morben fei. SBenn bagegen Lerbeke (Hermanni De Lerbeke Monachi
Dominicani domus S. Pauli Mindensis Chronicon comitum Schauven-
burgensium, tjg. tmn #einr. SReibom, Francofurti 1620, S. 13) vetus portus
et civitas Lubeke ermähnt, fo fcfjreibt er nur §elmolb budjftäblid) ab. Slu&er-
bem merben $um portus gehört fyaben bie beiben Sraüeufer füblid) üom Stingmatl;
3. aus bem oppidum, ber eigentlichen SBenbenftabt, meftlid) oom Sanal, gleidj«
falls $mifd)en Sra&e unb ©djmartau;
4. auS ber non parva colonia ber beutfc^en Äaufleute am rechten Iraüeufer
mit ber ftattlidjen $ügelfirdje;
5. bietteidjt aus einer £ol$brücfe, bie baS rechte unb linfe Sraöeufer üerbanb,
füblid) tmm 9tingmaH.
3)ie ©jiftenj foldjer berfdjiebenen Seftanb« ober Stabttetle fdjeint bie ermähnte
Angabe bon ©ajro ©rammaticuS $u berraten, ber gelegentlich eines bänifdjen Über-
falles burdj ffnut baS castrum unb bie bemotjnten ©tabtteile, culta ceterae regionis
unterfdjeibet (MG. XXIX, @. 73, 3*ile 50): «Kanutue — ad Henrici munitionem
pervenit. Ille tarn subitae irruptionis incautus, nee arma capere nee se presidio
tueri parat, sed protinus vicinum menibus flumen equo attemptans, unico
aquae interstitio hostem fefellit, laetatusque est, quod salutem suam amni
quam oppido credere maluisset Tunc Kanutus prios castrum, deinde
ceterae regionis culta vastavit».
894 ) ®a eS nod) lange bauern fann, et)e ber ben 9luSgrabungSberidjt entfyaltenbe
jroeite leil ber ©inleitung erfdjeinen fann, fid) eS jubem im folgenben t)ter um einen
fd)on veröffentlichten 33erid)t, ben Seridjt «rnbtS tmn 1882 Rubelt (3tfd)r. b. 25.
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Ijabe eine öor unb eine öon SSicelin erbaute Äirdje befeffen, erftere fei bie Keine
93urgfaj)elle, le&tere bie ecclesia traus fluinen, als nid)t gelungen angefeljeu werben
jollte, fo ift eS bodj, wie bargetegt (ögl. oben, ©. 144 — 148), nadj ben Queflen«
nad)rid)ten nid)t jufäffig, SBenbenftabt unb castrum in einer anberen ©egenb
anjunefjmen als ba, mo nod) fjeute bie Äirdjeufunbamente mitten im Söurgmafle
erhalten ftnb: als an ber ©djmartautnünbung.
Slnbere Sinroänbe gegen bie itoge ber SBenbenftabt Slttlübed an ber
©cfymartaumünbung als bie |)elmolbftelle über bie ecclesia trans flumen finb
niemals geltenb gemalt morben, aufgenommen bie bereits ttriberlegte SBefyauptung,
für eine SBenbenftabt Ijabe ber Sßlafc auf ber £albinfel nid)t gelangt, eine SBefjaup'
tung, bie oon irrigen Slnfidjten über ben Umfang unb bie Sebeutung einer
f. ß ©efd). IV, @. 156), fo feien bie mid)ttgften, ba« red)te £rat>eufer bei »lt*
liibetf betreff enben Stellen biefeS Sendete« mieberfjolt: „ßunädjft bem fjtuffe mar
ein auSgebefynteS, etma 200 m breites fumpfartigeS SBiefenterrain, bem fid^ bann
bie bebeutenben £ö^cn (15,5 m Ijöfjer als ber SBafferftanb ber Sraoe) anfdjloffen.
SBäfjrenb bei ben arbeiten in ben fanbigen £>öf)en aud) nid)t baS ©eringfte gefunben
marb, bot baS SBiefenterrain beS ^ntereffanten befto me^r. SBie auf ber betgegebenen
Sorte laf. I erfidjtlidj, ge^t eine gan$e fftei^e ^ßfäfyte F bis G üom feften Ufer
in ber Stiftung auf Slltlübecf $u bis an bie Xraoe, fo bafj biefelbeu jn einer
Srürfe gehört Ijaben fönnen. 9lfle Sßfäl)Ie Ratten eine mit fdjjarfen Snftrumenteu
fjergefteUte ©pifce unb maren oben angebrannt; fie beftanben aus SBirfen*, Suchen«,
©rlen», Jttfjten« unb @idjenf)ol5, meld) teueres nidjt runb, mie baS übrige, fonbern
nur feitfid) behauen mar. 2)ie ^ßfäfjle famen unter einer 75 cm biefen SRoorfdjidjt
gum Sorfdjein unb ftefjen nod) etma 2 m tief im 9Koor. Weben unb $mijd)en ben
^fäfjlen lag eine äRenge fdjmädjereS §01$ unb SReifig. teils oerfofjlt, teits ftarf oer»
fault 2tn Dielen ©teilen fanben fid) reidjlidje Äofylenmaffen $mifdjen Sefjm unb
fauftgrofcen, geflogenen ©ranitfteinen. 2Bir Ijaben f)ier alfo bie ^perbfteßen öon
SBoljnungen. Set bem fünfte H fommen fet)r öiete Stnodjen, namentlich öom ©djmcin, öor,
fotoie ©oljfpäne, fjartgebrannte Sefymbroden öon SBanbbemurf, $atj(reid)e Stbfäüe
Hon feinem £eber, ftafelnußfdjalen unb ©gerben öou £öpfergcftf)irr mit ber
Cmameutif Hon Slltlübecf. 21udj fanben fid) $mei Ijalbüerbrannte ^öl^erne
runbe ©egalen, ein {ferner ©riff mit eingeritten SSerjierungen, ein $ammbrettftein
unb eine bünne bronzene Heine ©djale, bie burdjj bie ^>t^e beS geuerS fjalb auf«
gerollt mar. 2(m redjten Ufer bcS neuen $urd)ftid)S bei J, ba mo bie lorfmiefen
aufhören unb ber fefte ©anbboben beginnt, mürben ebenfalls mehrere ^erbftätten
gefunben, auS einer Unterlage öon fauftgroßen ©ranitfteinen beftefjenb, über meldjen
erft eine ©cbidjt Sohlen, bann eine 30 cm bide Sage fiefjm, jule&t abermals eine
©djidjt ©teine lag. 3 n ber 5Wäf)e mürben brei ^anbmü^lfteine öon etma 50 cm
®urd^meffer gefunben. 9lm linfen Ufer beS neuen 3>urd)ftidjS, etma ber oorermei^nten
©teile gegenüber, fanben fid) bie ©gerben einer ttrue mit ben Cntamenten Hon
SUtltibetf, fomic eine Sltttt an& jmei &tftätn, beren ©lieber aus gemunbenem
©ifen mit Öfen an bem 6nbe beftanben; an bem einen ©nbe ber ffette maren
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roenbifdjen urbs ober civitas auägeljt, 395 ) unb aufgenommen einige (Sinmenbungen
93reljmer3, bie fid) als brei ©egengrünbe jufammenfaffen tafjcit.
Stemmer behauptet, ba3 Sßiefengelänbe an einer SBafferftrafje fjabe nid)t für
bie SBenben jur änfteblung gepafet. „3Me SBenben", fagt er, „mußten einen
mitten im fianbe — gefdjfifcten $öljenrüden beoorjugen." Sie mufften, „ba fie
fid) oorneljmtid) tum Sltferbau ernährten, barauf 33ebad)t nehmen, bafi ber Drt
iljrer SWiebertaffung nadj allen Seiten tum 2ldern — umgeben fei". #ätte ©refjmer
redjt, fo mürbe allerbingS Slttlübed an ber ©cfcmartau unmöglich fein. Allein
Sreljmer folgt aud) f)ier lebiglidj feiner Sßljantafie anftatt ben Quellen, bie ba3
©egenteit fagen. @& ift fd)on bargetegt roorben, mie nad) $elmolb3 eigenen
SBorten bie battifd)en SBenben ben Slderbau gänjtid) üernadjläffigten, um jeberäeit
iljrer Steigung für ©djiffaljrt unb Seeraub frören gu fönnen, unb mie fie nidjt
auf üjren ©runbbefifc, fonbern ehtjig nnb allein auf iljren Sefife an ©djiffen
SBert legten: «ut omissis penitus agriculture comuiodis ad navules excursus
expeditas semper intenderint manus, ankam spem et divitiarum summam
in navibus haben tes sitain». 896 ) Sbenfo ift bargelegt morben, bafi bie SBenben
nid)t |>öljenrool)ner, fonbern ©umpf* unb SEBafferanrooljner roaren, bafe fie ben
#öljen unb SBälbem gerabeju au3 bem SBege gingen. 3n Söljmen unb ©d)lefien
mie im ganjen 33ereid)e be3 battifdjen §öf)enrüden3 öermieben fie burdjroeg bie
£figet, Kochplatten unb SBälber nnb fiebelten fid) au3fd)liefjlid) in ben tiefften
SRieberungen, an gtüffen, ©^n unb Sümpfen an. iRodjmate fei auf bie tefeten
beutfdjen SBenben, bie in ber Saufifc unb im ©preemalbe, fjingeroiefen! 897 )
offene $afen, unb üon ber anbern Seite ein flauer SRing mit eiuent £od) jur
Sefeftigung an einem £0(3. Sieben ber Urne t)atte ein ©felett gelegen."
896 ) Sgl. oben, ©. 140—142. ©elbft 3of). ö.Sdjröber (t>. ©gröber unb #erm.
Siernafcfi, Xopograpljie ber Herzogtümer ^olfteiu unb Sauenburg, beä gürftentumä
Sübetf unb beS ©ebteteS ber freien unb #anfeftäbte Hamburg unb Sübed I, ©. 163,
1855), ber bie Sage 2lltlüberf£ richtig angibt, oermag fid} nidjt frei öon bem Saturn
ju galten, beutfdje ©tabtberfyältniffe auf eine alte SBenbenftabt $u übertragen, inbem er
fagt: „63 fann auf btefer ®rt)öf)ung (ber roefttidjen £>albinfel) fdjmerlid) meljr alä eine
Straße Sßlafc gehabt tjaben". Slud) l)ier trifft SBartljolb ba« SRidjttge, menn er öon ben
„geringen SBoljnftätten" 8lltlüberf3 fpridjt (©efdjidjte ber beutfdjen £anfa, Seipjig 1854,
t ©. 118). Übrigens mürben auf biefer $albtnfel mehrere ©tragen s #la& gehabt fyaben.
896 ) Sgl. oben. ©. 93/94 unb Slnm. 241. S)te angeführte ©inmenbung
93reljmer3 ftcfjt a. 0., ©. 8.
397 ) Siet)e oben, ©. 10 unb 71. — 3Ran ögl. Knüll, a 0, ©. 81: „$iefe
beiben ©ö^enjüge (Knüll fprtdjt 00m battifdjen unb farpattjifdjen Sanbrüden) fteHen
bie ^auptgruppen beö oon ben ©laoen unbefiebelt gelaffenen 33oben£ bar unb bon
i^nen am erftreden fic^ bann ober e3 finb i^nen abgefonbert borgelagert meitere
unbeftebelte ^ö^en jmifc^en ben glu&tälern beS benachbarten SanbeS. 2)tefe £8Ier
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93on bem ^weiten (Sinwanb fflreljmerS ift fdjon nadjgcwiefen worben, bafc
aucf) fyer gerabe ba3 ©cgcntcit üon bcm bei ^elmotb fteljt, tüa^ 33reljmer behauptet,
©refjmer fagt, bic ©öfyne Äönig §einrid)3 fjätten ftd) unfreunblid) gegen ba3
ßljriftentum üerljatten. £elmolb rüfjrnt bagegen ben favor 3mentepold}3 gegenüber
bem Sljriftentum unb bic moljlwollenbe Aufnahme ber Sßriefter gu Slttlüberf wäljrenb
ber furjen SRegierung ,3wentepold)3. 898 ) SBenn 33reljmer fagt: „Wuif) ift e3 nid)t
anjunefjmen, bafe bie ©öljne be3 ÄönigS $einrid|" ber Äirdje „fogar bie üornefymfte
©teÜe in ber 9Kitte ber 93urg belaffen Ijaben werben", fo möchte idj gegen ©reljmer
einmenben, bafc e3 ftd) bei ber unter gwentepold) ben ^ßrieftern eingeräumten Stirere
niebt um bie alte 93urgfapelle, fonbern um bie neue Äirc^e trans flumen fjaubelt,
forote ba$ bie alte SBurgfapefle als ein Sinnes ber gürftenburg in Ältlübecf
angefeljen werben mu&: waren boef) Qrventtpold)^ SSater |>einricf) unb fein ©rofj«
fcater @ottfcf)all öon Sugenb an im ©ljrtftentum auferjogen worben! SBenn
.ßwentepold) ber alten SBurgfapelle nidjt „bie oorneljmfte ©tefle in ber 3Kitte ber
S3urg belaffen" wollte, fyätte er fie nieberreifeen laffen muffen. (Sine foldje
^anblungSmeife l)ätte aber nidjt nur ju ben Srabitionen feinet £aufe$ in unoer«
einbarem 3Biberfprud)e geftanben, fonbern ifym aud) bie Unterftüfcung burd) bie Äirdje,
bie l)olfteinifd)en ©rafen unb bie fäcfjfifdjen £erjoge entzogen: auf bie Unterftüfcung
biefer brei gaftoren fyat fid) aber ba3 ju Slttlübed refibierenbe gürftenfjauS
3wentepold)$ immer befonbcrS eifrig bebadjt gejeigt!
©nblidj behauptet SBrefjmer: l)ätte ficf> bie ®ird)e im castrum befunben, „fo
war innerhalb ber Umwallung fein SRaum üorfyanben, auf bem ba3 |)au3 be3
menbifdjen ÄönigS mit feinen jweifelSoljne auSgebeljuten Stauungen unb SBirt*
fd)aft3gebäuben \)ätte fteljen fönnen". 2lber aud) mit biefem ©nwanb gefjt Öre^mer
feljl! ©inmal überträgt er aud) fyier irrtümlich bie SJorftellung beutfdjer aBerljält*
niffe ol)ne weiteres auf bie ©lauen, aber mit Unrecht! |>elmolb erwähnt fo ein
menbifdjeS gürftenfyeim, unb jwar bagjenige in ber alten ^auptftabt SßagrienS, ju
bagegen ftnb entweber bie einjigen bewohnten Webtete ober, häufiger, bie S^ntren
ber Sefiebelung. demgemäß fonjentrteren fidj nörbltd) beä balttfdjen ^ö^enjugeä
bie Drtföaften um bic Safer ber $raöc, ©tepenitj, Sfabegaft, ba$ Xalbetfen be£
©djwertner 6ee£ unb feine nörbltdje gortfefcung, baS ber Sßarnow, unteren SRccfmJ,
Sartre, Irebel, ^ßeene, Udter unb unteren Ober. Snütl fyätte nod) tjinjufügen fotlen:
ber Soffau (bei Sütjenburg), ber Sremper 91u (bei ifteuftabt), be« fogenannten Dlben-
burger ©rabenS (bei Dlbenburg in SBagrien), be3 planer ©eeö. 3fe^t wirb e£ auc^
flar, weö^alb Sablube! unb ©ogudjwal gerabe in ber Kenntnis ber glüffe unb
SSäd^e fo brillieren (ogl. oben, © 11); weätjalb fic^ bie flaoifc^en ©tämme fo über«
rafc^enb t)äufig gerabe nadj ben ©ewäffern nannten (ügl. oben, ©. 10)!
898 ) Sgl. oben, 2lnm. 381, ©. 149.
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Dlbenburg. @r folgt perfönlidj mit feinem ©ifdjof ©erolb einer (Sintabung be3
1156 ju Dtbenburg refibietenben gö^fan SßribiSlam am (SpipljaniaSfefte unb ba
begegnet er ben alten flabifdjen ^firftenft^ be3 regulus (I, 83) Pribizlaus nur
aU bie domus sua, que erat in oppido lemotiori (I, 82) S3eibe genießen
jroei Sage unb jmei 9iäd)te bie ©aftfreunbfdjaft be3 regulus, bie |>etmolb nid)t
genug rüljmen !ann. Slber ber einzige Sup$, ben er im $aufe be$ dürften finbet,
ift mdjt bie ©eljaufung unb iljre ©röfce ober SluSftattung ober ber Umfang i^rer
SBirtfdjaftSräume, fonbern bie reid)lid)e ©efefcung ber Jafel: 20 ©erid)te
cumularunt mensaml 9Son ben üppigen Üafetfreuben ber ©laben ljören mir aud)
fonft nodj: bieSBenben maren eben ftar! auSgebilbete SWaterialiften, bie eine öofle lafel
einem mol)ntid)en |>eim üorjogen, mie fid) nod) Ijeute jeber überzeugen fann, ber
in Söljmen beutfdje unb cjedjifdje ^Häufungen ju dergleichen in ber Sage gemefen
ift, unb gerabe fo fteljt eS nodj Ijeute in Sßolen! SlHein fetbft menn ber ftürftenfyof
ju Ättlübed nidjt blofc, mie mafyrfdjeinlid), au3 einer fdjtidjten domus beftanben
Ijätte, fonbern, mie SBreljmer behauptet, „sroeifelaoljne auSgcbeljnte Stallungen unb
SBirtfdjaftSgebäube" umfafct Ijätte, fo mürbe bod) jmifdjen ßtrdje unb SBurgmaH
meljr als genügenber Staunt für foldje (Stallungen unb SEBirtfdjaftSgebäube
imrljanben gemefen fein, Sag bod) bie eigentliche Sßenbenftabt, ber portus unb
bie beutfdje colonia aufierljalb be3 SRingmalleS, ber alfo nur ben gürftenljof, feine
SBirtfdjaftMume unb bie ÄapeHe foroie bie fteljenbe 33efa|jung aufjuneljmen f)atte,
bie mir bort bei ber SRanenbelagerung antreffen; enbtid) bie ©efangenen, bie mir
bort unter SßribijtauS öorfinben fomie in ÄriegSjeiten bie SBemofjner beä oppidum
unb ber colonia: für alle biefe groeefe reifte ber befte^enbe SBurgmall au$.
©o fjält leine ber 33reljmerfd)en (Sinmenbungen einer Unterfudjung ftanbl
Utadjbem alle gegen bie Sage an ber ©djmartaumünbung geltenb gemalten Söebenfen
mibertegt morben finb, mögen jum ©djtufc bie fieben «ßeugniffe für biefe Sage
jufammengeftellt merben, öon benen mit Ausnahme beS feierten jebeS einzelne für
bie Sage ÄltlübedS an ber ©cfyroartaumünbung bemeiSfräftig ift, alle fieben
#if ammengenommen biefe Sage aber über jeben .ßmeifel W cr ftetten:
1. Die ältefte aller lübifdjen ©efdjidjtSquetlen, Slbam b. ^Bremen, ift bisher für
bie Sage SlltlübedS nid)t oermertet morben, meit man nie an eine SBenufeuug
ber ©djolien ju 2lbam gebaut Ijat, bie bod), fomeit fie Slltlübed betreffen,
gleichfalls öon 8lbam Ijerrfiljren. 899 ) 2lbam ermähnt Slltlübed breimal:
a) 3m ©emotion 13, ba$ bem berühmten Kapitel über ben limes Saxoniae II,
15 b (a. o., ©. 51) hinzugefügt ift: «Travenna fluinen est, quod per
8 ") ©ielje oben, ©. 56, «nm. 139.
8tfär. *. 8. f. 8.8.X,!, 11
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Waigros currit in mare Barbarum, iuxta quem fluvium mons
unicus est Albere et civitas Liubice.
b) III, 19 (a. o., ©. 110): «Tunc etiam per singulas urbes coenobia
fiebant sanctorum virorum canonice viventium, item mcmachorum
atque sanctimonialium, sicut testantur hü qui in Leubice — et
in aliis civitatibas singulas viderunt.
c) 3m ©emotion 95 ju ber berühmten descriptio insularum aquilonis
IV, 1 (a. o., ©. 153). 2)ie3 ©djotion Ijanbett öott ber SluSbeljnung be3
riefigen SBalbeS Sfarnfyo, ber fid) bamatS, atfo nid)t lange nad) 1075/ 00 )
t>on ber ©djlei bte nad) Sllttübetf erftredte, ba$ fc^r bemerfenSmerter
SEBeife fdjted)tl)in ote bie ©tabt ber ©ftatoen bejeidjnet roirb. 2)ie3 ftolje
©pitfyeton Stttffibecfe wirb urfunblid) betätigt burd) bog toon ©girren
herausgegebene, ec^te 3)iptom toon 1141, in roeldjetn, 401 ) ber Angabe
SlbamS toöKig entfpredjenb, SKtfübed = fiubtle, als locus capitalis
Slaviae bejeidjnet mirb. 9lbam fdjrieb feine ©efdjidjte um 1075.
SBann er bte« für Slltlübed mafegebenbe ©djolion fcfcrieb, läfet fid) teiber
nidjt beftimmen, um fo weniger, ba fein Xobe3jol)r unbefannt ift. 3)a
9lbam ber zitierten ©inleitung jufotge erft um 1040 geboren mürbe, fo
fönnte bieS ©djolion erft 1100 ober nod) fpäter, alfo toaljrenb ber
^Regierung be$ SßenbenWnigS |>eiuridj gefdjrieben fein, wofür ju
fpredjen fdjeint, bafe man nad) einem fo au3jeid)nenben Attribute, aU
toefdjeS fid) ber 93einame „bie ©tabt ber ©Hauen" jtoeifelloS befunbet,
im eigentlichen Sejt ein SKeljrereS oon biefem fiiubice ju erfahren
erroartet, j'umal in einer ©djrift, meiere un£ über bie ©eograpfjte be3
Balticums unterrichten ttriH. SEBenn trofebem in bem ganjen SEBerfe SlbamS,
in bem fonft mit SBorliebe bie civitates ber ftabifdjen ©tämme ermähnt unb
djarafterifiert werben, öon Slltlübed gar nid)t ober nur einmal, unb jtoar
nebenbei bie SRebe ift fo möchte id) mid) ju bem ©djlufe für berechtigt
erachten, bafc Slltlübed 1075 nod) oljne ©ebeutung mar, bafe bagegen
400 ) S3gf. fiappenbergS Stntettung, abgebrutft in ber ^weiten ©efamtau£ga&e
ber ©efdjidjtfdjreiber ber beutfdjen Sorbett, in ber Überfefcung SlbamS öon SBatten«
badj, Seidig 1886, ©. XI unb IX $)te geograpljifdj unb fulturgefdjitfjtlid) gleich
ttndjtige äRttteilung be3 Sdjoltoitö über ben SRiefentoalb Sfarn^o mirb oon £elmolb
beftättgt. |)elmolb berichtet 1, 12 (S. 30) oon ber silvn, que ab urbe Lutilenburg
per longissinios tractus Sleswich usque protahitur, cuius vasta solitudo et
vix penetrabilis inter maxima silvarum robora.
401 ) Sgl oben, 3. 150 u. Sinnt. 382.
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bamalS, als biefeS 95. ©emotion gefc^rteben würbe, Slltlübect bereit« ju
einer ©ebeutung gelangt mar, unb jroar ju ber Ijofyen 93ebeutung ber
§auptftabt be$ ganjen ©IlaöenreidjeS. 3** tö*fa 33ebeutung ift SUtlübei
tatfäcfiticf) gelangt unter bem SBenbenfönige feindet), roie beß SDiptom
öon 1141 urfunblid) bemeift unb mie mir aud) au$ $etmolb unb ©ibo
roiffen. Snbireft beiDcift bieS ©emotion in SSerbinbung mit ber Urfunbe
öon 1141 aud) bie öielangejioeifelte Slngabe £etmotb3 als richtig, bafj
ßönig £einrid) ba3 ganje ©laöenlanb bis an bie polnifdje ©renje
bel)errf d)t Ijabe. 3)a3 95. ©emotion lautet: «Saltus Isarnho a stagno
ineipit Danorum, quöd Slia dicitur, et pertingit usque ad (bis ju ber)
civitatem Sclavornm, quae dicitur Linbicen, et flamen Travennam».
SBeibe ©djotien 2lbam3 beroeifen, ba§ Slltlfibed an ber Xraöe lag.
3)a mir au« SDetmar 402 ) troffen, bafi eS aud) an ber ©djioartau lag, mu&
e$ an beiben pfiffen, alfo an ber SKünbung ber ©djroartau in bie Jraöe
gelegen Ijaben.
2. £elmolb erjä^lt öon brei Überrumpelungen SlltlübedS burd) ©eeflotten ber
öon SRügen bafjerfegelnben SRanen: I; 36, 48 unb 55. 3Rit einer ©eeflotte
fann man nidjt bie ©djioartau hinauf fahren. ®a ferner bie Jraöe als
Snfaljrtlinie ber SRanen auSbrüdlid) ermähnt ttrirb: subvectique per alveum
Trabeno urbem navibus circumdederunt unb mir burd) SDetmar nriffen,
ba% Slltlübecf aud) an ber ©djtoartau lag, fo gibt bie 3Jerbinbung £elmolbS
mit S)etmar benfelben vollgültigen SeroeiS für bie Sage SlltlübedS an ber
©djroartaumünbung, wie bie SSerbinbung SlbamS mit S)etmar. $)urd) ben
©elagerungSring, ben bie SRanen mit iljrer fjlotte um Slltlübecf jogen, wirb
femer baS Sor^anbenfein beS ©djmartau-Jraöe'ÄanalS, alfo beS portus, 403 )
jur 3 C ^ Äönig £einrid)3 beriefen.
3. SßJie bie ättefte unb jmeitältefte, fo fdjilbert aud) bie brittältefte fämttidjer
fiübeder ©ejd)id)tSqueflen, ©ibo, bie Sage SlltlübedS ridjtig, unb jttmr am
genaueren öon allen mittelalterlichen Quellen ©ibo fdjreibt in feiner
epistola: 404 ) «Sacerdotes tres — Lubike missi sunt et quia — merca-
tores mereimonia sua incolis delerentes anchoras suas jeeerant ad
municionem Hiorici regis Slavorum, abi est eonflaencia aquarum,
et fluvius Swartow defluit in Travenam, ad eos diverterunt, et
402 ) dritter $etmar b. Äoppmann I, @. 206: „Subefe, be in befeme jare
lad) bt) ber ©toartotoe, bat noc§ Olbe üubefe Ijeet."
408 ) Sgl. oben, 8. 116—121.
404 ) «. o., ©. 176. Sgl. oben, ©. 53—55.
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quia infra 406 ) vallum muuicionis ecclesia lapidea inventa est, illuc
convenientibus divina celebraverunt. Sine in jeber Scjtc^ung anfdjau-
lidje, jutreffenbe — iber aHe in 5 ra 9 c fommcnben Streitfragen fennt, rotrb
fagen mufterfyafte — ©djilberung, bie mit einem ©djlage ba« Vertrauen ju
bem melgefijmaljten ©ibo roieberljerffeflt, fomeit er niijt |>etmoU> roiberfprtdjt.
4. 2)aüib Äo^afe ober Chytraeus, 406 ) ber fjortfefcer öon Sllbert Äranj,
fcfyreibt 1596 im [elften Söudje feiner Saxonia, ba« er ben Sübecfer §errcn
* 06 ) #aupt fc^reibt, q. o., @. 138, 9lnm. 1: „SBenn nadj ©ibo bie 1128
öorfjanbene, ben ©enoffen SMcelin« juftänbige fietnerne Sirene infra munitionem
log, fo fiimmt ba« toieber mit feiner ber onberen SKadjridjten überein, unb e« fdjeint
gewogt, fidj bie ©adje fo gu benfen, bafe bie Kirche in urbe, b. f). in ber feften
Surg £einridj«, ober bodj infra munitionem, b. f). om gufie be« ©djlofcfjügel« (!)
gelegen Ijaben fönne. SJielmeljr Ijat ©ibo überhaupt mofjl fein Rare« 33ilb bon ber
©ac^e, nnb fyat ba« „Unter bem ©djufce ber SBefeftigungen" mi&berfiänblidj fo ge«
geben; mog er nnn bie in urbe, mag er bie e regione urbis belegene Kirche, bie
beibe feit 50 Saljren »ergangen maren, meinen. 3fn ben versus bagegen ttrirb
fdjeinbar fadjlidj .ben SBorten §etmolb« entfdjiebenft beigeftimmt, mornadj ^einric^
eine neue Sirdje in Sufu, alfo ifteuenlübeef, anlegte: ecclesiam Bucue veteri
fundavit in urbe; aber öermutltdj fyat ber SSerfaffer fetbft nidjt genau Sefdjeib
gemußt unter ben berfdjiebenen Sirenen." S« trifft nidjt $u, bai feine „ber anbeten
SJtadjttditen" mit ©ibo« angäbe oon ber Sage ber JHrdje übereinftimmt/ trielmeljr
tann e« ftdj prüften« um eine einzige abmetdjenbe SKadfjridjt Ijanbetn, nämtid) um
£elmolb« öielbefprodjene ecclesia e regione urbis trans flumen. aber aud) biefe
Angabe £efmolb« fteljt, mie idj beroiefen fjabe, nidjt im SBiberfprudj ju ©ibo, ba
fie, roie §aupt fetber glaubt, beffen irrtümliche ©efjauptung batyer um fo unbegreif«
lidjer ift, fid) gar ntdfjt auf bie ecclesia in urbe, fonbem auf bie jmette Slltlübecfer
Äirdje, bie ecclesia e regione urbis bejiefjt. @« trifft nidfjt %\\, bafj e« SBorte
$elmolb« feien, „roornadj £einricf) eine Kirche in SJufu anlegte", genau ba« ©egenteil
ift ber gaH, ügl. oben, ©. 84, Stnm. 223. ®« trifft nic^t ju, bafe ©ibo „unter
ben üerfdjiebenen Stireren " nidfjt Sefdjeib gemußt Ijabe. ©ibo fennt oielmefjr forooljl
bie oon SJicelin ju Stltlübecf erbaute ffirdje (ögl. oben, ©. 53 — 55) al« aud& bie
bor SJicelin« Slnfunft öorfjanbene ältere unb Heinere Äirdje mitten im SHngroaUe.
9lud> ba« «infra vallum» entfpridjt genau ber Sage: benn bie alte Slltlübecfer ftirdje,
bie ©urgfapeHe £einridj«, b$to. ber mit bem coenobium 9lbam« berbunbene alte
Rapeflenbau lag niebt oben auf bem SBaHe, fonbem unterhalb be«felben, unb jroar
im 3nnern be« SBaHe«, mo ba« ©elänbe ebenfo niebrig tote auf ber gangen $atb*
infel ift, fid> nur ein bi« jtoei SKeter über SlormalnuH ergebt, alfo nic^t supra,
fonbern eben infra vallum. 6« trifft enblid) nic^t ju. menn £aupt öon einem
|)ügel fpric^t. (Sin SRingmaH, innerhalb beffen ber Soben ein bi^ gmei SKeter über
<Rormalnull liegt, ift fein #ügel, öoHenb« nit^t ein ©c^lo^ügel.
406 ) Sgl. oben, ©. 60 u. 64, «nm. 167. Die Ijier jitierte ©tette finbet
fic^ a. o, ©. 145, Lib. VI.
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Herrn, a Dorn, Theodoro Brömse, Gothardo ab Hövelen unb Herrn.
Wannbuechio roibmet, quod ab inclytae urbis Lubecae origine et rebus
gestis initium ducit: «Lubeca: olira exiguum oppidum, ad Soartae et
Dravae confluentem, veterum vvagriae domiuoruru gentis Henetae
sedes», eine Angabe, bic burd) ifjren auffaflenb jutreffenben Snljalt fidj
unter bem ©djroulft, Unsinn unb ber gabelet ber 9iad)rid)ten be3 16. unb
17. 3af)rf)unbert3 rote ein mctjser SRabe ausnimmt.
5. Die Urfunbe SBifdjof SBertolbS bom So^re 1225, berjufolge 2llttübed fo
gelegen fein mufjte, bafi man in feiner Umgebung lebiglid) in piscatione
quam in graminum messione necessaria vite conquirerent foroie ba&
man ratione navium transeuncium beläftigt roerben fonnte, roeift gleich-
falls auf bie ©djroartaumünbung Ijin, benn lefctereS roar nur an ber Sraöe
möglid). 2)ie jal)lret(^en Urfunben, bie infolge biefer Abtretung unb beS
burd) fie fyröorgerufenen Streitet jroifdjen ©tabt unb SiStum fiübed not«
roenbig mürben, foroie bie Darlegung 407 ) biefcS ©treiteS felbft unb feiner
(Sntfdjeibung fynben bann beroiefen, bafj öon bem an ber Sraöe jroifd)en
tljrer SJtünbung unb bem heutigen fiübed gelegenen Ufergelänbe für jene
SBiefen- unb SBeibenlanbfdjaft nur bie ^albinfef an ber ©djroartaumünbung
in 33ctrad)t !ommen fann. 9tamentlid) bie Urfunbe Sifdjof 33urd)arb3 öom
7. 35ejember 1298, roefdje bie ©rroäljnung be3 mons ab autiquo ut
apparet circumfossus bringt ift in ber langen SReilje ber erroäfjnten
3)iplome ju beachten. SJlan braucht nur oier SBeftimmungen auS au biefen
Urfunben ju abbieren, um allein au£ ben Urlunben ben SWadjroeiS erbringen
ju fönnen, bafy 2lltlübed an ber ©djroartaumünbung lag:
a) bie (Sntfdjeibung, bafe ber Uferftreifen an ber Jraoe jroifdjen $rem3 unb
©djroartau mit SUtlübed an fiübeef fallen foHte; •
b) ben Umftanb, bafc bie ju 2llt(übed gelegene alte bifd)öflid)e curia burd)
bie borüberfafjrenben ©djiffe beläftigt rourbe;
c) bie Jatfadje, bat* biefe curia ju Slltlübetf auf einem mons ab antiquo
ut apparet circumfossus lag;
d) bie Slngabe ber älteften öon biefen Urfunben, bnfc fid) in ber unmittel-
baren Umgebung SlltlübedS Ijauptfädjtid) Sßaffer unb SBeiben befanben.
3a eS genügt fdjon a -f c, benn jroifdjen $rem3 unb ©djroartau
gibt eS am Jraöeufer feine jroeite ©teile, bie man als mons circumfossus
bejeidjnen fönnte, als ben Slltlübeder 83urgroall an ber ©djroartaumünbung.
* 07 ) Sgl. oben, S. 101—103, 115—128.
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6. 3)ie Xatfadje, ba& mitten im ©urgroall bie breiten gunbamente einer
romanifdjen Sapelle mit StyfiS au3 getbfteinen liegen, beroeift allein toofl-
gültig bie Sage SlltlübecfS an ber ©cfjmartaumünbung. SBären biefe ^Junba*
mente oljne ben SRingitmtt ermatten, fo fönnte man trieHeidjt jtoeifeln, roenn-
fdjon bei genauer SenntniS ber 2ofa(gefd}icf)te unb ber Sofalität auef) bann
nicf)t. Slber eine fteinerne djriftlidie Äirdfje mitten in einem tvenbifc^en
SRingroaUe an ber Sraüe gelegen entfpricfyt afljugenau ber ecclesia lapidea
infra vallum municionis, ubi fluvius Swartow defluit in Travenam,
als ba& ein mit allen biefen Angaben vertrauter ftoxfätx einen 3roeifet an
ber Sage SHttüöecte nodj für möglid) Ratten fönnte.
7. (Snbtidj beroeifen bie arcbäologifdjen gunbe, bie im jroeiten Seite biefer
©inleitung bargelegt merben foKen, für fidj allein, bafe Slttlübecf an feiner
anberen ©teile gelegen Ijaben fann als am 3ufammenflu& tum ©djroartau
unb Jraöe.
(Ergebnis.
1. SWadj bem einftimmigen 3 c ugni3 ^ et älteften unb gugteief) beften, allerbingS
Ijier äum erften 9Kale bollftänbig jufammengeftellten Sübecfer ©efd)id)t3quellen
fjat Slltlüberf fo ficfjer am 3 u f a ^menflufe t>on Srabe unb ©djroartau gelegen,
bafc jeber fernere änwfd über bie Sage 2lltlübe(f3 au$gefd)loffen ift.
2. Sllttübecf mürbe unter Äönig £>etnrid) nad) 1 100 bie ^auptftabt be3 gan jen
©laöenreidjeS.
3. 2>ie civitas ober urbs Slltlübecf beftanb minbeftenS au$ öier nebeneinanber
liegenben Seilen:
a) bem castrum, einem SRingroatl mit bem contubemium familiäre ^ein*
rid)3; ber unter einem prineeps militie ober prefectus urbis fteljenben
©efafcung £einrid)$; einer ecclesia lapidea infra vallum;
b) bem portus toefttid) öom castrum, befteljenb and ben Sffafiufern, in«
fonberfjeit aber au3 einem $anat jnrifcfyen ©djroartau unb Sraöe mit ber
©infaljrt öon ber ©djroartau auS;
c) bem oppidum n>eftlid) öon biefem als £afen bienenben breiten ©raben,
auf ber nad) Sßeften ju immer breiter merbenben §albinfet jnrifdjen
Schwartau unb Sratoe;
d) ber non parva colonia beutfdjer Äaufleute, roaljrfcfieinltd) am regten
Srabeufer, möglidjerroeife mit bem linfen burd) eine §oljbrü(fe öerbunben.
3u iljr gehörte bie ecclesia e regione urbis trans flumen, sita in
colle, bie Sicelin im auftrage unb auf Äoften feine« ©remer SrjbiföofS
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2tbalbero erbaut fjatte. Sie mar rooljl etroaS größer als bie ältere,
ftcincmc ßirdje im Surgmafl unb umfdilofj bic Sßriefterrooljnungen, fjatte
minbeftenS jroei Jüren unb lag nalje an einem SBalbe, maljrenb \\d) am
3fufe beS ^ügelg roette ©<f>i(fbicfid)te ausbreiteten. 3ljre (Srbauung fällt
jttnfd>en 1126-1129.
4. $)er altefte unb nridjtigfte Seil ber ©tabt «Itlübecf, äugleid) bie 3uflud>t
ber Umgegenb in SfriegSnöten; ber Sßlat} für ©eridjte, (Smpfänge, ©otteS-
bienfte; baS ©eroafyrfam öon ©efangenen: baS castrum, mar burd) ben als
portus bienenben Äanal fünftlid) jur insula gemacht roorben.
5. ©orooljl ^einric^ als Änut Saroarb Ratten, roaljrfdjemlicl) öom Äaifer Sotfjar,
ben Jitel eines ÄönigS ber ©laöen erhalten.
6. 6S ift roaljrfdieinlid), bafe forooljl ffaifer Sotljar als bie SBenbenlönige $einrid)
unb Änut S3icelin Urfunben auSgefteßt Ijaben über ben ©efifc ber Sit»
lübecfer Sirdje.
7. 3)ie Stlttübecfer Sirenen waren mit ©örfern, ^ßertinenjien unb Privilegien
botiert .roorben.
8. SRadj ber 3erftörung WtlübecfS 1 138 gingen 33efifc unb <ßriöitegien ber «ttlübeefer
$irdjen roof)t an baS jroijc^en 1160 — 1163 errichtete fiübeder SBiStum über.
9. 3** bem Urbefifc beS Sfibeder ©iStumS gehörte baS roeitauSgebeljnte Slltlübeder
©ebiet, ju bem fidjer Sltttübcrf, ©djroartau, SRenfefelb, ßleöe; roal)rfd)ein[td)
aud) ©uttiggebertlje unb ^ßuttelenborpe, möglidjerroeife fogar ©todelSborf
unb SRori gu rechnen finb.
10. SBo^t aus potitifcfjen ober öerfeljrSpolitifdjen ©rttnben mufcte baS SBiStum
1225 anfiübed baS SWuöium am Knien Iraöeufer abtreten jtmfdjen ©djroartau
unb SremS mit ber 2)iluöial-|)albinfel jroifdjen ©djroartau unb Jraöe.
11. SRan Ijat ju unterf Reiben bie alte, rooljt um 1200 errichtete, 1225 an Sübei
abgetretene bifdjöflidje curia Slltlübed unb bie neue, jtuifd)en 1180 — 1184
an ber ©djroartau auf einem Keinen £ügel errichtete bifdjfffttdje curia Slllübed.
12. Slltlübed mar and) nadj feiner Störung befiebelt, junädjft öon gifdjern
unb |>irten, fpater aud} öon 9Kannen, burgenses, beS ©ifdjofS; nad) 1225
öon lübifdjen ^ßädjtern, aus benen fiel) ein ^ßatrijiergefd)Ied>t bilbete. Um
bie Qtxt öon 1300 aber fdjeint biefe 33efteblung aufhören unb Älttübed
aßmäljUd) in Sergeffenfjeit ju geraten, bis fetbft ber Üftame öerfdjoflen mar
unb niemanb me^r fieser mufete, roo Ättlttbed gelegen Ijatte.
13. ©rft im 19. Safjrljunbert gelangte man roieber jur ÄenntniS beS magren
©adjöerljaltS: auf Sanbfarten unb als Qflurname ftnbet ftd) aber roenigftenS
ber SRame SöurgroaH fdjon im 17. 3tal)Tf)unbert.
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14. 3)ie jtoifd)en 1180 — 1184 erbaute neue curia Slttlfibed Ijei&t fo nur im
erften Anfang, in einer einzigen Urlunbe jmifdjen 1180—1184, bann junädjft
curia nova, aber nur öon 1284 — 1341, dorn 14. ftaljrljunbert an SWeuenljof,
aber nur big jur SKitte be3 14. SaljrljunbertS. Dagegen ftnbet fid) für fie
öon Slnfang an big auf ben heutigen lag ber ÜRame Äaltenljof.
15. Diefer SWame ßolbenljoue ift maljrfdjeinlid) eine SBerbalUjornifierung auZ
Saltenau, urfprünglid) rooljl einem gleiten Flamen für bie ©djmartau, ber
auf ba$ anliegenbe ©elänbe übertragen roorben mar.
16. SSon ben brei in ben Iremfer Seid) münbenben ©eroäffern gebührt bem
nikblidjen ber ÜRame SremS, bie für iljren Meinen Sauf brei 9iamen aufroeift.
17. SBenn bie in mehreren Quellen überlieferte iWadjridjt, bajs SSicelin bereite
bei feiner «nfunft ju Slltlübed im £erbft 1126 eine Slrt bifdjöflidjer Stellung
öerlie^en roorben fei, ani) übertrieben fein wirb, fo fdjeint e$ bod), als Ijabe
ffiaifer fiotfjar für 3lltlübed bie Srridjtung eines S3i3tum3 geplant an ©teile
beS eingegangenen Dlbenburger 93i3tum3.
18. S)ie Slngaben ber Urlunbe SonrabS III. öom 5 3anuar 1139, gleidjmel ob
biefe Äönigurfunbe tfy ober gefälfdjt ift, werben, foioeit fie fid) auf Ältlüberf
begießen, auSnaljmloS burdj anbere Quellen als jutreffenb bejeugt, finb baljer
in ber angebeuteten 33efdjränfung als ber 2BaIjrf)eit entfpredjenb ju bewerten.
19. SBie überall in 9iorbbeutfd)lanb mo^nten aud) in SBagrien bie SBenben Ijaupt*
fädjlid) in ben Sftieberungen an glüffen unb ©een.
20. Die fünf alten civitates ber SBagrier unb Sßolaben finb Olbenburg, Sßlön,
ßütjenburg, OlbeSloe unb SRafceburg.
21. s Jlad) ber Ijeibnifdjen SReaftion öon 1066 nahmen oft nur bie flabifdjen Surften
unb iljre gamilien baS ß^riftentum ein, unb jroar geroöfjnlid) aus anberen
als aus religiöfen ©rünben, toäfjrenb iljr SBotf ljeibnifdj blieb.
Slbfdjnitt IQ.
Pas Jtfter *ott Jtftfü6e<fi.
Äapitel 1.
Sie 9tadjrid}te» über eine ©rünbung SUtlübetfS öor 1043.
2Ber nadj ben Ausführungen über bie Kamen SübedS erroartet, bafc bie bem ©influjj
ber^umaniften unterliegenbe#iftoriograpljie aud) bei ben Slngaben über baSSllter SübedS
SBißlür unb Sßfjantafie malten läfct, roirb feine ^Befürchtungen nur ju gut beftätigt ftnben.
Saum ju überbieten ift in btefer Sejieljung eine 1677 öon #einrid) ©eeborf
übermittelte SBefjauptung, berjufolge Sübed bor S^rifti ©eburt „erbauet" morben
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ift, aber nid)t cttua toon ©ermanen, fonbern öon ©laben, „toon bcm n>enbifd)en
dürften Äitto". an ©teile ber SBenbenfürften feftt 1607 §einrid) ©antmann 408 )
bic prineipes Vandalorum Kitto et Truto, unter benen er ober nidjt Slbotrtten-
fürften berfteljt, fonbern 3 c i*9 en ^ff en ber Simbern, melden er fpäter ben SBenben-
fürften ©ottfdjalf ate rex Obotritarum seu Megapolensium gegenüberfteßt. —
3n beiben göQen Ijanbelt e3 fidj offenbar um eine 33ermed)flung mit bem
Slbotritenfürften Eruto, ber nad) §etmolb (I, 34 unb 57) am ©nbe be$ 11. 3a^r*
IjunbertS in S3ucu eine urbs erbaut Ijatte. SDer SKame biefeS unmittelbaren
SBorgangerS t>om SBenbenlönig ^eintieft ift in befonberS ftarlem ©rabe ber
©ntfteflung auSgefefct gemefen: e3 ftnben fid} bie ^rmen Srito, Xrito, Jritfyo;
Sruto, Jruto, £ruba; $rufo, ®itto unb $gto, fo bafi ©antmann, abgefeilt öon
feinem ungeheuerlichen Anachronismus, oerfdjiebene ^formen ein unb beSfetben
SRamenS für SKamen öerfdjtebener Sßerfönlidjleiten gehalten Ijat. 3)enn aud) ber
SRame Äitto finbet fid) für Sruto, unb jmar 1518 bei SrenicuS, ber einen prineeps
Kitto gleichfalls mit ber Srbauung ober öielme^r SBergrö&erung SübedS in
SBejieljung bringt, 409 ) allerbingS erft für ba3 3aljr 1104, 1200 Saljre fpäter afe
©antmann unb ©eeborf. Site SluSgangSpunlt für biefe angaben öon StenicuS,
©antmann unb ©eeborf roirb bie bielgelefene unb öon unferen beften $otjfd)nitt»
fünftlem ifluftrierte 2Beltd)ronit ©djebetS Dom 3aljre 1490 an jufeljen fein, über
bie IjmauS id) ben Slamen Äitto nidjt nadjjuroeifen öermag. 3)er 1440 gu
Nürnberg geborene ©djebel, ber ein 3aljr öor bem Sobe be3 ©nea ©gfoio Italien
jroedS tjumaniftifdjer ©tubien auf gefugt, ber tijeologifdjen, juriftifdjen unb
mebijimfdjen gafuttät angehört fyatte, ein $umanift, beffen SrbeitSfraft, ©eleljrfam-
feit unb gorfdjergeift ö. SEBegele rüljmenb fjerüorfjebt, 410 ) fdjreibt: „Sübed ift —
burd) ben grimmigen dürften fäjto ober Sruto im iar Sljrifti lliiij (=1104)
geouffet roorben". 411 ) ©djebel fdjeint bie Quelle für SrenicuS geroefen ju fein unb
wirb felbft feine 9tad)rid)t einer ber fed)3 teitroeife jitierten 412 ) Sorner»SRejenfionen
entnommen Ijaben. SluS ©djebel unb 3renicu3 ift bann bic SJornerfdje Angabe
nad) melen «Snrifdjeninftanjen fdjlie&lid) in ber oben roiebergegebenen, öerball«
Ijornifierten ©eftalt ju ©antmann unb ©eeborf gelangt, inbem fie, ein leljrreidjeS
408 ) «. o. ; Slatt E 2.
40 °) 81. o, Lib. XII, Statt CCXV1.
410 ) «. o., ©. 48—60.
411 ) ©c^ebefö äBeltdjromf ttmrbe 1493 ins ©eutfdje überfefet unb biefe beutfdje
gaffung 1556 neu herausgegeben. $a£ obige 3itat entftammt SSlatt 266 biefer
neuen 2luflage.
41 *) Sgl. oben, @. 86—87.
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©eifpiel, immer unmaljrer unb pljantaftifdjer tourbe, je meiter fic fief) öon tfyrem
urfprüngtidjen 3lu3gang$punfte entfernte.
(Sine jtoeite, unöertyiltniSmä&ig umfangreichere ©ruppe Ijumaniftifdj'gebilbeter
©ef^i^tfe^reiber füfjrt bie ©rünbung SübecfS teilroeife jroar audj auf bie 3 e ^
öor Eljrifti ©eburt jurücf, aber nidjt auf einen ©taöenfürften ftitto, fonbem auf
einen ©ermanenfürften SBifbolb. Site ©rttnber ßttbeiS erf feinen Ijier balb bie
©mbern, balb bie Süten (Judlandi). ©eeborf felber läfct fid), roie folgt, auS: 418 )
„efclidje, bie meinen, bie ftabt feg öor G^rifti gebührt öon einen roenbifdjen fürften
Äitto erbauet u: a. c. 151 öon Sßtfbob sc. Sßitid) ber 3imber $er$og
erweitert". £einrid) SRanjau füfjrt 1597 414 ) in feiner öielgelefenen Cimbricae
Chereonesi descriptio nova eine 93el)auptung an, berjufolge gleichfalls ba3 3a§r
151 nadj ßljrifti ©eburt als ©rünbungSjaljr SttbecfS anjufeljen fei. — Sitte
©efdjidjtfdjrciber biefer ©ruppe ftimmen barin überein, bafe biefer Eimbernfürft, ber
©rünber fiübeiS: SBiibob, SBitidj, 93icbolb, SBicfjolb, ÜRifbob gereiften Ijabe; einige
bejeidjnen if)n mit bem Doppelnamen SBicbobuS SitiguS unb 3of)ann SKngelicuS
ö. SBerben^agen (1581 — 1652) toeifc 1629 fogar ju berieten, bafc bamate, ate
©raf Slbolf ö. ©Naumburg ba3 tjeutige Sübecf gegrünbet fjabe, bie gunbamente
ber alten Simbernftabt jum 9Sorfd)ein gelommen feien: 415 ) nichts ate eine nad)
Slrt ber |mmaniften aufgepufcte Stoffung ber alten, eckten ÜRadjridjt bei ^elmolb,
bafe SIbolf nodj ben UmfaffungSnmll urbis desolate öorgefunben Ijabe, quam
edifieaverat Cruto.
Slud) biefe ©rünbungSnadjridjt, roeldje fdjon ber 1552 ju Olbenburg in
SBagrien ate ^ßaftor öerftorbene Qofjann Sßeterfen mit berfelben Sbentifi^ierung
ber 3üten unb Kimbern bringt, 416 ) nrie fpäter ö. Sßerbenljagen, finbet fid) bereits
bei ©cfyebel unb SrenicuS, nid)t minber bei Sllbert Äranj, au3 beffen SBanbalia 417 )
fie ö. 28erbenl)agen bireft ober inbireft entnommen Ijaben roirb. — ©djebet, ber
415 ) 3. o, ©. 7.
414 ) ©injige abgäbe bei SBeftpljalen, a. o, I, Öetpaig 1739, @. 19.
416 ) De Rebus Publicis Hanseaticis traetatus. granffurt a. 9R. 1641,
Pars III, cap. 12, de Lubeca, ©. 246: tDum vero ponit fundamenta, invenit
rudera priora, ubi Cymbri olim ut putatur urbem coostruere sategerant.
Sed neque Cymber, neque Vandalus illa sua molitione id perficere potue-
runt, . Servatum fuit hoc decus Adolpho, huic, qui — tertius ista funda-
menta — cepit iacere».
4le ) Chronica ober 3 e itbudj ber Sanbe $u £olftein, ©tormarn, $itmarfd)en
unb SBagrien. gür unfere 3ett lesbar gemadjt öon Ärufe, 9lltona 1827, ©. 67.
417 ) Wandalia, Köln 1519. SRir lag bie 1575 $u granffurt crfdjienene
«uflage öor; Lib. III, ffap. 18, ©. 65.
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ottefte ber bisher genannten .§iftoriograpl)en, madjt 418 ) ben SBiibolb SitigiuS ju
einem ©adjfenljerjog. — 3)ie Quelle biefer jroeiten ©rünbungSnadjridjt ift noc§
ein IjatbeS Saljrljunbert älter als baS chronicon chronicorum ©cfyebelä; e3 ift
naä) bem 3eugni3 be3 SrenicuS berfelbe (Snea ©Qlöio, auf melden bereite ber
Kante Sobef jurüiging. 419 ) SHIerbingS ge^t aus bem Sejte be3 3renicu3 nidjt
flar Ijertoor, ob e3 ©tjhrio ober Sonrab SeltiS ift bem SrenicuS bie SRadjridjt ent-
nimmt, ba& SSicboIb ober SBufjolb Sübecf gegrünbet Ijabe. — 2)afc biefe jroeite
(Sruppe öon ©eljauptungen, roeldje bie ®rünbung Sübecf« einem ©imbern-, Süttänber-,
©acfyfen- ober 3)änenfürften 490 ) SSicboIb gufdjreibt, ebenfo wirb bie erfte um ben
©laben- ober Simberfürftcn Äitto friftallifierte ©ruppe auf nichts als eine 9Ser-
toecfyflung mit bem SKbotriten ßruto, alfo im legten ©runbe auf §elmolb3 oben
angeführte Mitteilung äuräijufü^ren ift, fdjeint au8 ber ätteften, ber Iateinifc^en
Raffung ber ©djebelfdjen chronica chronicorum ljerborjugeljen §ier fc^reibt
©djebel 1490: «Lubeca — a Nikbodo — edificata in eo loco, quem Venedes
qui et vandali, adhuc saxonie partem tenentes Buccouiam dixere.» 3)iefe
Angabe ©djebelS 421 ) toirb fäon 2i Saljre fpäter faft roörtlicf) öon SRapljael
SBolaterranuS roieberljolt, 422 ) nur bafc Solaterran ben SWifbob oberSSicbob ©djebelS —
«Umbodus Vitigus» nennt. 5)ie beiben 3)aten: Sübed Reifte Bucconia unb e3
feien bie Venedes, adhuc saxonie partem tenentes, roeldje Lubeca alfo nennen,
geben bie gäfjrte für bie richtige Verfolgung ber ©pur. ©leicfjmel, ob bireft ober
inbireft, !ann biefe 9?ac^rtrf)t nur auf bie oben angeführten pofnifdjen Sljronifen
öon SBogudjmat ober 3)lugofd) jurücfgeljen, ober, toenigftenS iljrem Äerninljalte nadj —
toaljrfdjeinlid) njtrb man audj Ijier ein 3roifd)englieb annehmen muffen — auf
418 ) 3)eutfdje Raffung be£ chronicon Chronicorum, Stuflage b. 1556,
„Slat" 266: „Sübecf ift urfprünglidj bon SBicbolbo ötttgio bem ©edjftfdjen fjerfcogen . .
erpamt".
419 ) 31. o, Lib. XII, Statt CCXVI: »Est autem urbs haec tribus regnis
contraria, seeundum Aeneam, a Vicboldo duce condita».
420 ) 813 SJänen bejeidjnet Sangert in feiner §elmotbau$gabe, I, 57, <S. 138
ben SSicboIb ; SBangert, ber in feinen Origines Lubecenses, bei SBeftpljaten. a. o.,
I, ©. 1161/1162 allen ©rnfteS behauptet, bie ©anboten, bie älteften Setoofjner
Sübecte, feien in tljre ©ifce an ber Oftfee bereits $u — 9?oa3 Stittn eingerücft:
«Et quidem primos generis auetores, huc non ita diu post diluviam intrasse,
historia filiorum ac nepotum Noae haud obscure indicat».
491 ) 9Kir jugängtidj bloß burdj eine tjanbfdjrtftlidje SKotij Sretjerä in bem
oben (togt ®. 76, 3lnm. 202) ermahnten Musaeum Lubecense, ba bie tateinifdje
gaffung ©djebete in Sübecf nidjt toorfjanben ift.
422 ) «. o. Lib. VII, Fo. 71. »gl. oben, ©. 61.
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SRobe« ©tabe«d)romf üon 1347, beffer nod) auf eine ber brei 3)etmar-Slrbeitett
bjm. beten Quelle. 2)iefelbe SRad)rid)t lautet in ber — au«gug«meife in ber fog. SRufu«-
cfyronil erhaltenen — ©tabe^ronif SRobe«: 428 ) „ — Srito, — be erften Ijabbe
bumet ene bord) in ber ftebe, bar nu be ftab i«, be in SBenbefdjer tunglje bo Ijete
93ucu". Die Urquelle SRobe« für jene #eit ift aber £elmolb.
3)iefe ©rllärung roirb nod) öerftärft burtf) bie Söe^auptung t> Sßegele«: 424 )
©djebet tjabe im Saufe ber Saljre bie bereite 1459 bei iljm burdjgebrotfjene Neigung,
alle« abzutreiben unb ju feinem (Sigentum ju machen, ma« an fjanbfdjrifttidien
Dingen in feine £änbe fiel unb fein 3?ntereffe ermedte, ju einer bemunberung«-
mürbigen unb einjigen $ölje au«gebilbet. ®el)en fomit bie ©rünbunggefd)id)ten
ber jroeiten ©ruppe in ifjrem legten ©runbe auf ^elmolb jurücf, fo fcfjeint bodj
ber SSater ber fjumaniftifdjen Srabition, bie au« einem ©tabennamen einen ©oten-
namen, 425 ) au« einem ßruto einen SSitigiu« ober SSicbolb madjt, $aj)ft s $iu« IL
ober Äonrab Selti« geroefen ju fein, ©ine 9iad)rid)t, bie toöllig öereinjelt bafteljt,
ftnbet fid) in ben Annales Polonorum be« ©tani«lau« ©arniciu« (Lib. IV, Aap. 23
in ber 9tu«gabe be« Dfugofdj, 93b. II, ©. 1015 A, Seidig 1712). ©arniciu«
fagt allerbing« nid)t« öon Sübei, jäljlt aber ben gleich ju erroäfjnenben rex Liuba
at« ©otenfönig jum Saljre 565 in — Spanien auf.
(Sine britte ©ruppe oon ©rünbungnad)rid)ten Ijat fid) oon ber ©udjt ber
$umaniften freigemacht, alle« ^eröorragenbe in 93ejief)ung jum Altertum 5U
bringen, unb beginnt ftd) einer meljr fjiftorifdjen S8etracf)tung«meife ju nähern.
Sereit« 1677 menbet fidj ein fo echter @elef)rter wie 3afob ö. SKelle gegen bie
3lnfid)t, fiübeef fei öon bem Eimber Sicbolb gegränbet morben. ©r meint, 4 2 ")
man mürbe au« allen Koten über bie Srage, mer Sübecf gegrünbet Ijabe, fyerau«
fein, menn e« gelingen mürbe, einen SBenbenfürften Siuba nadjjutueifen. — Scfy
übergebe bie ©agen öom gifcfjer fiuba unb menbe mid) gleich ju biefem ®önig
fiiubi), ber roirftid) nad)mei«bar ift unb bei ben bie ©rünbung fiübed« erörternben
#iftoritem be« 18. unb 19. Safyrljunbert« eine gio&e SRofle fpiett. Äeine geringere
Ouefle al« bie Annales regni Francorum uon 741 — 829 ermähnen einen
aöiljenfönig Siubi, ber im ftampfe mit ben öftfidjen 2lbotriten gefallen mar unb beffen
428 ) Sei ffoppmann II, 8. 197, 3eilc 13—16.
424 ) «. 0., ®. 52.
426 ) 9Ran erinnere fid} be« Dftgotenfönig« SJUtge«, ber at« SBttttdj in ber
beutfdjen §elbenfage bi« an ba« ©nbe be« 9Rittelalter« fortgelebt tyat.
426 ) Historia antiqua Lubicensis, 3ena 1677, § 7, ©latt A 3: «Ex hac
gente, si qui nobis eo tempore regulum quendam Liubam, vel gemino nomine
insignem haberent demonstrare, esset forsan, in quo quiesceremus.
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173
©öljne SKilegaft unb Sealabrag auf bem 9?eid^Stagc ju granffurt im 9Äai 823
eifdjieneu waren, um t^rc Jljronftreitigfeiten burrf) einen Sdjtebfprud) Äaifer Subroig«
entf Rieben ju feljen. 427 ) 3)iefe auttjentifdie 9iad)rid)t wirb betätigt burcfj eine
entfprecfyenbe SKadjricfyt ber vita Hludowici imperatoris: 428 ) nur bafj t)ier bie
©öfjnc Sölilequaft unb Sebeabrag ^eifecn.
Stu« ber Srmäljnung Siubi« burd) bie Annales rerum Francorum folgert
|>erm. 3)ietridj Shofyi bie (Srünbung Jlltlübctf« burd) biefen Siubi: 429 ) bie äBi^en
Ratten um fo meljr eine« ©tüfcpunfte« an ber Iraöe in tfjrem gemeinfam mit bem
®änen!önig gefüljrteu Äampfc gegen bie Slbotriten beburft, als fie narf) ben
Slnnalen Sinljarb« bie Slbotriten jroar im SBeften angegriffen Ratten, aber ifyre
SBofjnfifce nid)t roeftlid), fonbern öfttief) oon ben Slbotriten gehabt Ijätten. 35ie
Singriffe be« 2Bil5enfönig« Siubi gegen bie Slbotriten müfcten baljer Dom SWeere
au$ erfolgt fein. Siubi fei bie Iraoe hinaufgefahren, tjabe al« ©tüfcpunft für
feine Singriffe gegen bie Slbotriten Siubef gegrünbet. 3113 fpäter bie SBiljen au«
SBagrien toieber oertrieben roorben feien, Ratten fid) bie Slbotriten in ben Söefifc
be« SBi^en-ffafteÜ« an ber Iraoe gefegt: «in dies eundem amplifieaverunt,
omnibusque urbium ornamentis instruxerunt tantamque fecerunt, qui
possit regum esse sedes, regiouisque propugnaculum». SSon all biefen Be-
hauptungen ift ^iftortfrf) nur ber im herein mit ben S)änen geführte Ärieg ber
SBiljen gegen bie Slbotriten unb bie Sßerfönlidjfeit Siubi*, alle« anbere ift au«»
fdjliefclidf ^ß^antafie. 480 ) Obwohl bereit« 36 Saljre nadj ber Sntfte^ung ber
427 ) 3n ber Sdjulau«gabe ber MG, SS, 2. Slufl, herausgegeben öon griebr.
fiurje, #annoöer 1895, ©. 160.
428 ) MG., SS, II, ©. 627, 1829.
4 2 ö ) De Lubeca veteri 1793, #anbfdjriftLub.fol. «Kappe 1 berStabtbibliotl)ef,itt«
5)eutfcfte übertragen in ber „Siadjridjt Don bem alten Süberf, toeldje« ehemals juSdjtoartau
gelegen" in ben Süberfifdjen Sinnigen 1753, Stürf 19— 23, namentlich S. 77/78 u. 81/82.
480 ) Sgl. oben, ©. 134, 8lnm.343u.344. ßlug« Slnfidjt, bafc bie Schrift Jhrotjn«,
bie jefjn 3af)re nadj iljrer ©ntftefjung al« «Schedion de Lubeca Svartoviana eiusque
nomine, origine, incrementis et excidio in 3ofj. Sari $einr. 'SJretjer« Sammlung
toermifdjter Slbtjanbtungen jur ©rläuterung ber beutfdjen {Rechte unb Slltertümer,
33b. III, SRoftod 1763, S. 1347—1372 überging, üou bem Steftor be« ffatfjarineum«,
|>etnr. o. Seelen, beeinflußt toorben fei, erfdjcint um fo toatjrfdjeinlidjer, al« o. Seelen
1740 in ber Sdjrift «Jubilaeum Lubecense», bie er in ba« Oetoanb eine« ©riefe«
an 3afob ö. 2Refle fleibet, fidj mit ber ©rünbung Süberf« befdjäftigt fjatte, unb al«
er am 26. Slpril 1755 gelegentlich eine« öffentlichen Slftu« be« Äatfjarineum« bie
1552 »erfaßte ©legie eine« feiner Slmt«oorgänger, be« ^ßetru« SSincentiu«, de origine
Lubecae tjerau«gab, biefer Slu«gabe Stnmerfungen Ijinjufügte unb fid> in biefen Sin-
merfungen (c, S. X) fefjr toarm bafür au«fprid)t, baß Siubt) ßubice gegrünbet
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ftTofynftfjen §Qpot^efe biefelbe öon bem frfjon nrieberljott unb mit Sichtung ermähnten
Subemig $Ubretf)t ©ebljarbi at$ bereitet ^ingefteDt mürbe, 4 8l ) l)at man bodj an
ifjr bis in bie muefte 3eit festgehalten: fo nodj 1852 ber bcrbiente Slug, 482 )
1887 SBiUjelm »reljmer, 4 8 8 ) 1893 ^rofeffor ©gli in 3üric^ 484 )
Sine trierte Slnfidjt l>at als iljre Vertreter nur iljren Urheber aufjumeifen,
atterbing« feinen geringeren ate SUbert Ärans. Äranj behauptet, 486 ) unter Otto
bem ©rofcen Ijabe e« nodj nidjt bie berühmten ©eeftäbte gegeben, nisi quod iam
dudum Lubecensis extulit caput, viris, opibus, armis, eultu et omni
civilitate praestans. 9Kan follte meinen, ba& fidj Äwnj über bie ©efdjtrfjte
SübedS befonber« gut unterrichtet jeigen mürbe, bet er t>on i486— 1491 486 )
©tynbitu« ber ©tabt Sübecf mar. Mein ber fonft }o lebhaft gerühmte Ijanfifdje
Ijabe. ö. ©eelen behauptet, ö. 9ReUe mürbe fid} auöerfidjtlidjer über bie ©rünbung
Sübecf« au«gefprod)en fjaben, menn er biefe SSeljauptung gefannt fjätte. 3n ber
britten, nadj ö. 9Relle« lobe erfd)ienenen Slu«gabe feiner „grünblidjen Sßadjricfjt t>.
b. ffaiferl. 3retjen u. b. &eil Sömifd). 9teid)«=©tabt Sübecf" ©. 4, 2lnm. 5, mirb
auf bie SSefjauptung ,,©r SKagnifij £r. 33ürgcrm £ 3). Srotjn" 93ejug genommen
öon bem Herausgeber, bem fiantor ba« Äatljarineum«, 3ot). $erm. ©djnobel.
48 1 ) «ag. 3Beltgefd>id)te, Seit 51, #alle 1789, S. 360, «nm. a: „gljebem
glaubte man $u Sübecf, ba& bie SBiljen, bie bod) niemals in SBagrten ober Sßolabingien
gefjerrfdjt fjaben, 808 Sübecf auf feinem alten $lafc an ber Sdjmartau gegrünbet
unb nad) ifjrem Könige Siubtj genannt fjätten".
482 ) 21. o, ©. 221: „Dbmofjt nidjt unmaljrfdjeintid) ift, bafc bie Dbotriten,
als Siubi im Stampfe gegen fie gefallen unb bie SBiljen mit £>ülfe ber fränfifdjen
SBaffen au« biefer ©egenb öertrieben maren, bei ber 93efifcnabmc SBagrien« ben Ort
als eine ©djufcmefyr gegen etmaige fpätere feinblidje ©infälle nodj meljr befeftigten
unb Um burd) Sittbau öergröfcerten "
488 ) 91. o., © 1: „Dbmotjt bie ©tabt Sübecf bereit« in ber äRitte be«
10. 3a^- *>on ben SBenben erbaut unb öon iljnen, mit einigen furzen Unter»
bredjuugen, 200 Safyre fjinburdj bemotjnt fein mirb".
484 ) Nomina Geographica, 2 Aufl., Seipflig 1893, S. 555: „Sübecf, benannt
nad) bem ©laöenfönig Siubt), melier, hrilj. Stamme«, fübl o. \. ffaltenfjofe einen
Sßaffenplafc gegen bie Dbotriten erbaute. SMefer, 1139 ö. ben SRugiern gerftört
(audj biefe 3atjre«äat)l ift falfdr. e« fjätte 1138 tjeifjen muffen), erftanb 1143 an
feiner j. Stelle mieber, unb bie wenigen ©inmofjner ö. Dlben Subecfe (gleichfalls ein
Srrtum: biefe Slamenübertragung erfolgt burd^ ®raf Slbolf II; auc^ üon einer
Überfieblung ber 93emo^ner 9lltlübecf« nad> bem jeftigen Süberf öerlautet nidjt« in
ben OueHen!) trugen nun ben 9?amen auf ben neuen Ort über (Daniel, $bb.
©eogr 4, 614)".
486 ) Ecciesiastica historia seu metropolis usque ad annum 1504, 83afel
1568, Lib. III, Aap. 30, S. 88.
4 8 6) 3jj a? ipoffmann, ©ef^te ber freien unb $anfeftabt Süberf, S3b 1, 1889,©. 5.
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$iftoriogroj>f) jeigt ftdj über bie anfange ber lübiföen @efd)id)te toenig unb gar
ntd^t informiert. @« mürbe fdjon nadjgeroiefen, bafc feine angaben bejüglid} ber
fiage SCltlfibedS unjutreffenb, ja bermorren 487 ) finb, ba er fid) tüiberftmdjt, unb
groar anfdjeinenb, oljne e3 su merfen. ©erabe fo berfjält e$ fid) mit feinen
Mitteilungen über bie ältefte @efd)td)te SübedS. 9iad)bem er eben betont $at,
ba& fiübeef gu ben Qtittn Otto« 1 jdjon längft als reiche unb blüljenbe ©eeftabt
beftanben fjätte, fätjrt er unmittelbar barauf fort, bamalä fei Dlbenburg bie einjige
©eeftabt geroefen, alle anberen ©täbte Ratten nur als ©innenftäbte 488 ) ejiftiert.
Äranj mirb ju feiner 33el)auptung, bie nidjt erft miberlegt ju toerben brauet,
bieHetd)t buref) bie fiunbe öon ben Erfolgen §einridj3 1. bei ben ©laden gelangt
fein ober er bertoedrfelt Slltlübed mit Sulin ober ©djleSmig.
Sin roenig ernfter ju nehmen ift eine fünfte @rünbungnad)rid)t, ba fie auf
eine ber nudjtigften Quellen lübifdjer ©efdjid&te gurfidgeljt, auf bie ©tabeg-foronif
SRobeS öon 1347. 3m engften 3Hfammenl)ange mit ber befprodjenen 4 8 9 ) Angabe,
9Ut(übecf Ijabe 93ugetnjfce geljeifcen, bringt SRobe unb iljm fo(genb 3)etmar in
feinen brei arbeiten bie Sttitteilung, Slltlübed Ijabe feinen Kamen nad) einem SBenben
erhalten, „be l)ete flubemar". 440 ) Äoppmann erfdjeint biefe Slngabe ernft genug,
if>n 5U ÜRadtforfdjungen über Subemar ju toeranlaffen. 441 ) SRobe unb 3)etmar
erjagen nur, 2iltlübecf fei nad) Subemar gereiften, aber nidjt, ber Ort fei oon
iljm gegrünbet toorben unb nod) 1653 bringt SHerian bie ÜRad)rid)t in biefem
487 ) %t. oben, S. 135.
488 ) «Tum erant mediterranea oppida, praeter unam Aldenburg». 5)er
nun folgenbe 3ufafc ift geograptjifrfj bemerfenStoert unb burd)au3 ber SEBatjrfjeit ent-
fpredjenb. 3" ben beiben ermähnten ©tabtanfidjten DlbenburgS (oben, ©.78 unter 5)
bringt 3)anfmertl) biefe öerfrfjtebene SBaff erläge DlbenburgS für bie %af)xc 1320 unb
1651 jur Slnfdjauung: fjeute ift Don bem etjemalS breiten 2Reere3arm, ber nod) im
früheren SWtttelalter bie Siorftoftfpifce SBagrienS $u einer Dftfeeinfel öon ber ©röfee
geljmarnS machte, nur ein fdjmaler, fanalartiger ©raben in ber breiten, niebrigen
SBiefenmulbe amifdjen 93a^nt)of unb ©tabt Dlbenburg übrig geblieben, füblidj oon
Olbenburg: ber Dlbenburger ober neue ©raben, ber firfj im Dflen $u ben brei ju-
fammenljängenben SBafferberfen be3 ©aarjer, ©ruber unb 3)afjmer ©eeä, im SBeften
gu bem langen SBeffeder ©ee erweitert, Überreften be* einftigen Seite« ober ©unbe«.
$er intereffante 3 u f a fc lautet: «qiiae tum ad mare respexit, nunc alluvione
crescente, recessit et ipsa iü mediterranea».
489 ) »gl. oben, ©. 15—20, fotoie 52—53.
440 ) S STotyrntann II; ©. 198, 20 fomic I; ©. 8, 25 — I; © 125, 24 —
I; ©. 208, 2, mo fid; bie Sorm Sübbemar finbet.
44 x ) 31. o. I; © 8, 21nm. 9.
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©inne. 442 ) Snbeffen anbcrc #umaniften machen auS Subemar einen ®rünber SübedS,
toäljrenb 1543 ©ebaftian URünfter 448 ) unb, 9RünfterS Ausführungen entfpredjenb,
1607 #etnrid) Santmann 444 ) behaupten, «Lubeca — per Lubemarum et
Critonem — mirifice aecrevit». $)er bon Äoppmann bei §elmolb (I, 92) na<fy
genriefene Lubemarus roirb ober erft ein Sierteljaljrljunbert nad) ber 3 ct f^tunfl 81t«
tübecfS ermahnt als ein 85ruber ÜRiclotS, gelegentlich ber ©innaljme oon SBerle burd)
^)einrid) ben Sömen. £einrid| ber Söroe Vertraut iljm SBerle au: preposuit eis
Lubemarum quendam veteranum, fratrem Nicloti. — 2ßfinfter unb Santmann
machen Subemar ju einem ®enoffen (JritoS, fegen il>n bafjer nadj bem dürften
©ottfdialf an, unter bem Slltlübed bereits beftanb. ©o !ann Subemar als SBegrünber
SübecfS nidjt in grage lommen, ebenforoenig übrigens für bie ^Benennung beS DrteS.
IDenn eS ift betoiefen toorben, 445 ) bafc fcf)on SRobe unb 5)etmar fief) biefen angaben
gegenüber mifctrauifcf} behalten.
SDBer Siubice ober Subefe für ein Sßatrontjmifon Ijält, benft ebenfo unfyifiorifd)
wie ungeograpfjifd). SWögen im Slltertum unb nad} ber ^Reformation bie gürften
eS geliebt Ijaben, ©täbte nad) fid) ju benennen: baS Mittelalter ift bon ben
Äfejanbria, ©eleucia, Äntiodjia, SßtolemaiS, Cafarea unb Slugufta beS Altertums
fo frei roie oon ben ©t. SouiS, ©t. Petersburg, Sefaterinburg, Ifyerefienftabt, Sofep!)«
ftabt, 5reberifSberg, Gfyriftianfunb, 2Bilt>elmSl)aben ber SKeujeit. 9tid)t einmal in
ben beutfetyen Kolonien, gefdjroeige benn bei ben in 2)eutfd)lanb mofynenben ©lauen
mar biefe ©itte verbreitet. Sielmetjr roäljlteu bie SBenben iljre Ortsnamen mit
93ortiebe, anfdjeinenb fogar auSfcfyliefelid) nad) geograpl)ifd)en ober topograpfyfdjen
Umftänben unb Objeften: nad) fjlfiffen, 446 ) bem SBaummudjS (93utu), ber iöoben-
befdjaffenfjeit, Sage u. bgl. unb id) ben?e, ein anbereS SRaf ben 9iad)iueiS ju er-
bringen, ba& f oroot)l ber SBenbenname Subefe roie ber SBenbenname SBucu, roddj festerer
ficfyerlid) als ein bon ben ©laben ber beutfdjen ©pradje entnommenes fiefymoort ober
als gemeinfameS inbogermanifd)eS SBort ju gelten t)at, geograpf)ijd) ju erflären finb.
©anj bereinjelt fteljt eine fedjfte ©rünbung^pot^efe, berjufolge Subefe 976
erbaut roorben ift, unb jtoar bon ben bor ben 3)änen geflogenen Sinrooljnem SBufuS.
44 2 ) «. o., S. 154.
44 8 ) 81. o., 8. 1192.
44 4 ) 91. o, Statt E 3.
446 ) Sgl. oben, 6. 17.
446 ) Sgl. oben, ®. 10 — 11. 3)ie einzige mir befannte SluSnatjme bilbet
tRafceburg, baS, nrie oben nadjgemiefen (8. 12), in ben polnifrfjen OueHen unter
bem JJamen SRattjibor erfrfjeint unb jtoeifeHoS nad) bem gefürdjteten 2lbotritenfürften
Statibor Reifet, auf ben id) im nädjften Kapitel jurürffomme.
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Mein für eine foldje S3eljauptung ftnbet ftdj nirgenbS, aud) nidjt in ben bänifdjen
Quellen, irgenbeine ©pur. Sßrofeffor ©rautoff in Sübecf, ber 1819 biefe toifl-
lürlidje SBeljauptung als eine Jatfadje 447 ) Ijinfteßt, bringt fein SEBort barüber,
auf roeldje Umftänbe unb 9tad)rid)ten er biefeä angebliche gaftum ftüfct.
70 3al)re nad) biefer angeblichen Sfludjt ftnb mir enblidj auf Ijiftorifdjem
SSoben angelangt. $)a erjagt Sbam öon Bremen tum ber djriftenfreunblid)en
Regierung beS SBenbenfürften ©ottfdjalf unb fütjrt als ©eijpiel an: „Damals
würben audj in ben einjelnen ©tobten ©tifte gegrünbet, in benen fromme SRänner
ein fanonifdjeS Seben jufammen führten, ebenfo aud) 9Jiönd)e unb Tonnen, ttrie ba$
bie bejeugen, meiere in Sübed, Olbenburg, Senjen, SRafceburg unb in anberen
©täbten bie Älöfter gefeljen Ijaben". 448 ) — Die l)umaniftifd) gebilbeten ®ejd)id)t>
fcfyreiber ber älteften lübifcfyen ©efd)id)te, bie fiel) unfähig jetgen, eine Quellen-
nadjridjt rein unb fdjlidjt ^injune^men, miffen aud) biefe auüjentifdje Eingabe burd>
allerljaub SBeimerf auSjufdjmüden. ©o beruft fidj 1653 Sfterian auf Slngaben,
benen jufolge ©ottfäalt im 3a^re 1040 Slltlüberf gegrünbet fyibe. 449 ) 9Sor
3Rerianljabe idj biefe genaue 3*itangabe 1543 bei Sölünfter, 1597 bei ^einrid) SRanfoau,
1632 bei 93ertiuS unb 1641 bei ö SBerben^agen gefunben 45 °) SIber fdjon 1651
tterljätt fidj GaSpar 3)androertl> ber 3al)l 1040 gegenüber jfeptifd) 461 ) unb 1677
fteflt ©eeborf bie« ©rünbungjalp; als irrtümlich l)in: „ben biefer Surft §at nur
ju ber Qtit efelidje Slofter unb &ird)en fo verfallen mieber repariret unb folgenbS
bie ©tabt in aufnähme unb ruljm gebracht unb l)erfürgejögen, ben borljin §at man
wenig ober nidjtS t>on berfelben sufagen gemußt". 45, j Diefe SafyreSjaljl fann
fdjon beö^alb nid)t richtig fein, toetl ©ottfdjalf — nad) #aud bie einzige l)iftorifd)e
*ßerfönlid>feit, welche baS toenbtfdje SSol! im Saufe öon 3a^r^unberten Ijeröor-
gebraut f)at, 4ft8 ) nad) £an3 o. Säubert „bie eigentliche #elbengeftalt" ber
SBenben 454 ) — frül)eften$ 1044 jur £errfd)aft gelangt ift.
447 ) #iftorifd>e ©Triften, 93b. I, ©. 63, Mnm. 9, Zübtd 1836.
448 ) «. o. III; 19, ©. 220. »gl oben, ©. 162, b.
449 ) «. o., ©. 154.
46 °) «. o., @. 1192 — b. SBcftpfjalen; a. o v I, @. 19 — a. o., @. 593 —
a. o., pars III; cap. 12, ©. 246.
4ftl ) 9lctt)c SanbeSbefdjreibung ber %tott) #erfcogtf)ümer ©djleähndj unb
#olflein, ©. 215.
* bt ) 91. o., ©. 9.
45S ) Kirdjengejdjidjte $eutfd)lanb8, 93b. III, ©. 656, Seipjig 1896.
464 ) Sftrdjengefdjidjte ©d)te$ttrig'#otftema auf ©runb oon 93orlefungen an ber
ftieler Uniberfität, ftiet 1907, © 83.
8ifc$r. b. «. f. 8. ». X, l. 12
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gür bie Anberaumung be3 SBeginnS feiner Regierung finb neben anbeten
Umftänben jmei Späten ju berildfidjtigen: bie äBenbenfdjladjt auf ber $tyr3füg3»
tyeibe unb ba3 SluSfterben beS 2Ranne8ftamme3 t»on Änut bem ©rofeen. 3)a mit«
$in bie ©djladjt auf ber ^l^r^fog^eibe als ber 9lu3gang8punft ber lübifdjen
©efdjidjte gelten mufc, ift ein näheres Eingeben über ba3, ma3 mir öon biefem
blutigen Sampfe miffen, für eine Einleitung in bie lübifdje ®efd)id}te unerläßlich,
um fo metjr, afe mir für biefe ©djladjt nur bie Vorarbeiten öon 2. ©iefebre^t
unb SBigger befifcen.
flautet 2.
£te 2)reto3Kerfd)lad)t auf ber $tyr£fog£f)eibe.
A. SDie (Sröfce be3 ©labenfyeereä.
s JJacf) ben uns erhaltenen Ouettennadjridjten ift bie 2Benbenfcf)lad)t auf ber
|)lt)rSfog§f)eibe bei ©cfjleSmig bie blutigfte ©djladjt gemefen, bie im früheren
9JJittelalter auf bem eimbrifdjen £f)er}one3 gefdjlagen morben ift, ein SDreibölfer*
lampf, öon bem man nod) lange bis hinauf nad) Sälanb fang unb fagte. 3)ie
iSlänbifcfje ©age öon 9Kagnu3 bem ©uten — Saga Magnusar Konüngs ens
Godha — , bie jmar auf bem SBeric^t Don Stugenjeugen beruht, beren öorliegenbe
SRejenfion nad) SgitSfon aber fpäter als 1268 entftanben ift, berietet: «Hoc
proelium fuit eeleberrimuin tempore christianismi in terris borealibus
propter maguam honiinuin stragem, quae ex Slavis facta est.» 35ie
(J^riften finben auf meite ©treefen tjin feinen SRaum, auf bem ©rbboben ju ftefyen,
ba ba3 gelb mit ben Seiten ber SBenben bebedt ift: aud) bie größeren SBaffer»
laufe finb berartig mit Seiten angefüllt, baß fic nidjt metjr meiter ju fließen Der*
mögen unb baß fie bie Stiften trodnen SfufjeS ju überfdjreiten vermögen. ®ie
Raufen ber Srfdjlagenen liegen ju Ijod), als baß fie bie SEBölfe erreichen fönnen. 455 )
466 ) S3gl bie tmnSönSfon in ben MG., SS. XXIX, #annoüer 1892 {jerau*-
gegebenen 93rud)ftütfe ex historia Magni Boni regis ©. 403, 45 unb © 402,
49: «Facta est tanta strages paganorum, ut longinquo spatio campi
homines Magni regis non possent pedes ponere in terra propter cadavera
paganorum, et magni rivi reprimerentur caesorum acervis, ita ut profluere
non possent suo alveo,» fomie ©. 402, 53: »facta est ibi tanta strages, ut
regis homines super caesorum acervos sicci transirent flumen» unb 402, 56:
«Ibi iaeuit cadaverum acervus altior, quam ut vagabundum luporum genus,
vulgo notum, eum conscendere posset.» ©omofjl bie in ben MG. als audj bie
in norbifdjen 9lu£gaben veröffentlichten norbifdjen Duellen gittere tdf) nidjt im
norbtfdjen lejte, fonbern in ber faft immer hinzugefügten lateimfcfjen Übertragung.
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©norre ©turlefon, ber bon 1178 bis 1241 lebte, in ftd) genriffermafcen ben
Staatsmann unb ©eleljrten bereinigte, öcrglcic^t in feiner Heimskringla, in ber
er aud) Slbam ö. 93remen benufcte, 466 ) bie Raufen ber Srfd)lagenen mit ben
Raufen bon ©eetang, ©eegraS u. bgt, roeld)e baS 3Keer bei einem ©türme am
©tranbe aufhäuft unb fügt tynju, eS gebe nur eine Stimme im ganjen SJolfe, bafc
feit ©infü^rung beS SliriftentumS im Sorben SuropaS niemals eine amtäljernb fo
blutige ©d)lad)t auSgefodjten morben fei, roie bie auf ber ^IgrSfog^eibe.* 6 7 )
ßönig SKagnuS ber ®ute bon ÜKormegen, ein ©oljn beS 1030 geftorbenen
fjeil. Dtab, l)errfd)te bon 1035 bis 1047 * 58 ) unb mar feit bem £erbft 1042
aud) in $)änemarf 469 ) jur {Regierung gelangt. Stuf ber iKücffe^r bon einem «ßuge
gegen 3umne/ 60 ) auf bem er 1043 bie 3omSburg bon ©runb aus jerftört Ijätte, 461 )
mar 9RagnuS in ©djleSmig gelanbet. 35amafS fengte unb brannte in Süttanb
ein ungeroöljnlid) grofeeS 2Benbenf)eer. $)ie Fagrskinna, bie nod) bor ©norreS
SSoUftänbig herausgegeben ift bie äRagnuSfage in ber 1824 ju ftopenljagen erfdjienenen
gmölfbänbigen Sammlung ber iSlänbifctjen ©agen: Forninanna Sögur, Sb. VI,
©. 1 — 124; itjre ttberfefcung in ber gleichzeitig crfdjtcnenen jmölfbänbigen latcinifdjen
Übertragung, ben Scripta historica Islandorum, 93b. VI, S. 1 ff.
4ßö ) Sgl. Submig ©iefebred&t, SBenbifdje ©efdjidjten aus ben Sauren 780
bis 1182, 8b. III, ©. 380—382, ferner griebrid) SBigger, SHecflenburgifd&e «nnalen
bis $um 3af)re 1066, ©djmerin 1860, ©. 98/99. 3)ie Heimskringla edr Noregs
Konunga-Saga af Snorra Sturlusyni ift herausgegeben unb tnS Sateinifdje über-
tragen üon 1777 — 1826 in einer fed)Sbänbi£en SluSgabe Don Sdjöning, ©f. S^or«
laciuS, SMrger XljorlaciuS unb SBcrlauff, fonrie frfjon bortjer 1697 in einer jmeibänbigen
golioauSgabe §u ©torf^olm (gleichfalls auf ber Sübecfer ©tabtbibliotljel borfjanben)
bon *ßeringSfjölb; einige »ntdjftücfe 1892 bon g. 3önSfon im 83b. XXIX ber MG.
* 67 ) MG. XXIX, ©. 342, 47 u. 51: «Slavi ceciderunt tarn catervatim,
quam quisquiliae in litus ereetae; qui vero pone steterunt, fugam ceperunt
et trueidati sunt ut pecora. — — Corvus sibi saturitatem fore gaudebat —
Omnis populi est sermo nunquam aeeidisse aeque magnam stragem hominuni
in terris septentrionalibus christianae fidei temporibus atque hanc, quae facta
est in tesquis Hlyrskogensibus Slavorum.»
468 ) «gl- £olber.(£gger, MG. XXIX, ©. 396, 2 u. 394, 21.
* 69 ) 3)af)lmamt, ®efd)id)te bon Eännemarl, I, ©. 119 u 117, 2Inm. 1 fomie
SBigger a. o., © 71, «nm. 2.
4 6 0) 9(bam b. Sremen, II, 74; ©djol. 57: »Magnus rex classe magna
Danorum stipatus, opulentissimam civitatem Sclavorum Jumnem obsedit
Clades par fuit. Magnus terruit omnes Sclavoe, iuvenis sanetus et vitae
innocentis. Ideoque victoriam dedit illi Deus in omnibus.^
* 61 ) »afjlmann, I, ©. 121, «nm. 1 unb SBigger a. o., ©. 72—73, fonrie
£otber-®gger, MG. XXIX, ©. 276, Slnm. 2.
12*
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180
Heimskringla um 1220 entftanben ift unb bielfacf) auf ©fatbengefängen beruht, 462 )
behauptet, auf einen Sfjriften feien 60 ©laben gefomtnen. 468 ) SRodj älter afä bie
Fagrskinna ift bie historia de antiquitate regum Norwagiensium, bie bor
1184*64) fo er $rontf)eimer Wönd) Jfjeoborid) fdjrieb unb bie bis 1130 reicht.
Theodoricus monachus ftüfct fid) in feinem ©efdjidjtSroerf in erfter Sinie auf
bie 33länber, „bie unter allen norbtfdjen 2euten in biefen ©adjen immer bie
Äunbigeren geroefen" feien. Jtjeoboridj bergleicfjt ba3 ©labender mit einem
$euf<f)re<fen}d)roarm. @r fdjreibt: «Wandali — incredibili multitudine advecti
sunt in Daciam (in ben mittelalterlichen CueHen gebräuchlicher SluSbrucf für
®änemar!) operientes faciem terrae more locustarum.» J^eoborid) djorafte«
rifiert bie SBenben — Wandali, quos nos materna lingua vocaraus Windir
— als eine gens inculta, vivens raptu, eine ©djilberung, bie burd)au3 ber oben
angeführten (©. 94, Slnm. 241) S^aratterifti! $elmolb3 entfjmdjt. Die eingaben über
bie grofce 3^1 werben bon bier sur Qeit ber ©cf)lacf}t lebenben ©falben, ferner bon brei
iSlänbifdjen foroie bon ber Knytlinga-Saga beftätigt, einem bönifdfjen ©agenbud)
natf) Slrt ber telanbifcfyen, baä ein üüiann au3 bem ©efdjlecfyt unb ber ©cfyule ©norreS,
fein SReffe Dlaf $l)orb}on, gefdjrieben Ijaben foH, ber 1259 ftarb. 466 ) 9Son jenen
bier ©falben bleibt einer ungenannt; ber jtoeite ift $f)jöbl)ölfr, „ einer bon ben
ÄriegSleuten be3 SRagnuS, in beffen ©djladjten gegen ©beinn Slftribfon er mit*
fodjt". Xl)jöbf)ölfr fprad) um 2Beiljnacf)ten 1043, „faum brei Söfonate nad) ber
©cfjladjt", bor bem Sönig ein ®ebirf)t, unmittelbar als SKagnuS au3 einem fieg-
reiben ©efedjt jurüdfefyrte, „bermutlicf} nadj ber 93efiegung ©beinnS unb ber (Sin*
nafjme bon ©eelanb". 466 ) 3)er ©efang HnöbljölfrS ift mithin ein 93iertelia^r
462 ) Sgl- £otber.®gger, MG. XXIX, @. 358. ©ie ift 1847 bon 3Rundj
unb Unger au ©fjriftiania herausgegeben toorben; ein fleineS SSrudjftücf bon 3ön$fon
i. b. MG., 83b. XXIX.
468 ) MG. XXIX; ©. 363, 44: «Nee minor erat exercitus numerus, quam
quod sexageni pagani erant contra singulos christianos » ©. 364,41: « — tarn
crebri ceciderunt mortui, ut multa milia passuum essent, quo pedes ponere non
possent inter corpora, et omnes rivi repressi sunt et non profluerunt in alveo
suo; sed nemo novit hominum numerum; quot paganorum hominum ceeiderint.»
464 ) @iefebred)t a. o., 93b. III, »erlin 1843, ©. 359—363. Die gitterte
©teile finbet fid) in ber Ausgabe IfjeoboridjS bei ßangebef, Scriptores rerum
Danicarum medii aevi, 93b- V, ©. 332.
4 6 6) ®iefebredjt III, 6. 384/385 herausgegeben im 11. Sanbe ber
Fornmanna Sögur, ftopentjagen 1828, fottne im 11. 93anbe ber Scripta historica
Islandorum, $openf)agen 1842, aufcerbem brudjftütfloeife bon 3. 3ön3fon im
93b. XXIX ber MG.
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181
nad) bet ©djfadjt cntftanbcn. — ®er brittc ©falbe, Slrnorr, mar bermutlid) auf
ben Drfnet)-3nfctn fjeimifd). Etma um 1045 fanb fid) Simon ju Dronttjeim bor
ben Äöntgen SWagnuS unb #aralb ein unb trug bort feine teitroeije nod) erhaltene
SWagnuSbrapa bor, bie £aralb eiferfüdjtig madjte unb ju ber ^tufterung beranlafete:
fo lange 9Kenfd)en im Sorben mofjnten, werbe im Slnbenfen bleiben, roaS Slrnorr
jum Stumme beS 3Kagnu3 gefagt fjabe. Sufeer ber 2)rapa berfafete Slrnorr norf)
eine Stuljenba auf ÜKagnuS, bermutlid) fd)on 1044. 467 ) 2)er bierte ber bie
©djlarfjt ermäfynenben ©falben, ber 33länber Sinar ©fulafon, fprad) 1152, bei
ber (Sinftifjrung 3on SBirgirSfonS, beS erften Drontfjeimer SrjbifdjofS, „bor ber-
fammelter ©emeinbe eine $)rapa jur ffierljerrlicfjung beS ©diufcfyeiligen ber
norbifdjen SRetropole", Äönig DlabS be£ ^eiligen, beS 33ater3 bon ßönig
äKagnuS, 468 ) eine Drapa, in melier er aud) ben SBeißanb rühmte, ben ©t. Dlab
feinem ©of)ne „in ber großen 2öenbenfd)lad)t geleiftet" Ijabe. 469 ) — 3)ie brei
iSlänbifdjen ©agen enblid) finb bie fdjon genannte SttagnuSfage, bie gleichfalls
ermähnte Heimskringla ©norreS unb eine ber jafylreidjen Olabfagen: bie Saga
Olafs Konuugs ens Helga. 470 )
B. Qfürft JRatibor unb bie Slnfüljrer be$ SSenbenfjeereS.
©ieS grofte SBenben^eer mar nad) Slbam b. 93remen unter ben ad)t ©öfynen
beS dürften SRatibor bis 9tipen borgebrungen, um ben $ob beS bon ben 2)änen
erfdjlagenen SRatibor ju rächen. 471 ) Sflaä) ©ajo ©rammaticuS, ber fonft Slbam
nic^t nur benufct, fonbern and) bielfad) umfdjreibt, auSfdjmüdt, erweitert, nadj
466 ) ®iefebred)t III, ©. 312/313.
46 7 ) ©iefebred&t III, ©. 313/314.
468 ) ®iefebred)t 111, ©. 357/358.
469 ) %\t lateinifdje Überfefcung ber ©falbengefänge beS Ungenannten, 2t)jöb*
IjöffrS unb 91rnorrS ift im 6. SBanbe ber Scripta historica Islandorum, 3. 62,
58 unb 59 herausgegeben, beS ©falbengefangeS bon Stnar ©fulafon 33b. V, ©. 333.
47 °) herausgegeben in Fornmanna Sögur, 83b. V, ©. 134, ferner 1853 $u
6t>riftiania bon % 21 äKund) unb E. JR. Unger. S)ie ©teile über bie ©djladjt auf
ber i>tyrSfogSf}eibe finbet fid) in biefer bon ber uormegifdjen 9tfabemie beranftalteten
«uSgabe Aap. 265, ©. 240.
471 ) Slbam II; 75, ©. 92: «Ratibor, dux Sclavorum, interfectus est a
Danis. Ratibor iste christianus erat, vir magliae potestatis inter barbaros.
Habuit enim filios octo, principe Sclavorum (biefc Slngabe 31bamS erinnert
an bie Angaben ber polnifdjen ©efdjidjtSquellen, benen jufolge ber Sßolenfürft Seftfo
jmanjtg ©ötjne gehabt fjabe aufcer feinem einzigen eljelidjen ©otjne $ompiliuS, meiere
alle jmanjig duces Sclavorum gemefen feien, bgl. oben, ©. 7 u. ©. 10), qui
omnes occisi sunt a Danis, dum patrem uleisci quaesierunt. Ad cuius
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SBaife 472 ) fogar entfteflt unb fälfdjt, rächten bie afy ©öljne nidjt iljren SSatcr
Siatibor, ötctmc^r SRatibor feine jtoötf ©öl)ne, bie t^m bänifdje Seeräuber erfragen
Ratten: « — in Jutiam se repente Sclavicus effudit exercitus. Quidam enim
gentis illius nobilissimus — unter biefem quidam fann nur SRatibor öerftanben
merben — duodeeim filiis maritimis praedonibus apud Daniara spoliatus,
Jutorum fines, ferro orbitatem ulturus, invasit. caeduntur funditus
Sclavi.» 478 ) liefen SBiberfprudj in ber SCBcifc ju erftären, rote e3 SBaife tut, inbem
man behauptet, ©ajo fyabe ba£, roaS er Slbam entnommen fjabe, suo more mutavit
et ampliavit, ober inbem man fagt, ©ajo toeicf}e jroar t>on Slbam ab, non tarnen ita,
ut eum ex alio fönte hausisse statuamus opporteat, erfcfyeint mir borf) bebenftid}.
|)ier liegt bielme^r eine ©djroiertgfeit üor, bie man nid)t auf fo bequeme SBeifc au$
ber 2Belt föaffen fann. 333er fiel) ber SRütye unterjieljt, fämtticfje über ©ottfdjalf
erhaltenen QueHennad)ricf)ten ju ücrgletrfjen, mirb IjerauSfinben, ba§ ©ajo über
©ottfcfyatt SWadjridjten bringt, bie ftd) fonft nirgenbS toorfinben. SBie ©ajo allein
bie Angabe enthält, i>a$ nidjt arf)t ©öfyne ifjren SBater SRatibor, fonbern bafe biefer
feine jmölf ©öfjne tjabe rächen motten, fo !ennt ©ajo allein ben flatnfrfjen Kamen
für ©ottfdjalfä Sater, ?ßrtbignet>u3, 474 ) mäfyrenb Slbam unb bie übrigen Quellen
nur ben djrifttidjen ober tnefmeljr }äd)ftfd)en Kamen Uto nennen. 476 ) ©benfo ift
mortem ulciscendum iam tunc cum exercitu Winuli veniente3, USque ad
Ripam vastandam progressi sunt. Et forte Magnus rex tunc a Nordmannia
rediens, Heidi bam appulit. Qui mox, Danorum copiis undique collectis,
egredientes a Dania paganos in campestribus Heidibae excepit. Quindecim
milia feruntur ibi occisa, et facta est pax et leticia christianis omni tempore
Magni. Eodem vero tempore Godesealcus post mortem Chnut regis et
flliorum eins rediens ab Anglia, contra Sclavaniam venit infestue, omnes
impugnans (bie 2lnf)änger KattborS unb feiner adjt ©ötjne) magnumque paganis
terrorem ineutiens.»
472 ) Slnmerfungen $u ben Sructjftücfen, bie 2Bai|j in bem für bie battifdje
@efd)id)te fo mistigen 93b. XXIX ber MG. au$ ©ajo ©rammaticuS herausgegeben
f>at. Sgl ©. 65, «nm. 19; ©. 66, 9lnm. 9 unb ©. 67, «nm. 7.
4 7 8 ) Saxonis Grammatici historiae Danicae libri XVI, ed. oon ©tepfjanuä 3of).
©tepfjaniuä, ©orae 1644, 83b. I. ©. 196. (Jludj biefe feltene unb befonberS gefdfjäfcte Aus-
gabe ©afoS nennt bie Sübecfer ©tabtbibliotfjef if)r eigen.) 3n ben MG. XXIX; ©. 66, 21.
474 ) ©ayo, lib. X, MG. XXIX, ©. 65.
4 76 ) Slbam II; 64, ©. 84: « — cum et caesar (ffonrab II.) bello Winulos
domuerit. Principes eorum Gneus et Anatrog pagani erant, tercius vero, Uto,
filius Mistiwoi, male christianus. Unde etiam pro crudelitate sua a quodam
Saxonum transfuga interfectus est, habens filium Gotescalcum, qui per idem
tempus apud Luniburg, monasterium ducis, litteralibus erudiebatur studiis.»
Sgl. oben, ©. 97/98 u. 9tnm. 248.
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J83
©ajo bte einzige Queue, roeldje ben Kamen bet jweiten ®etnal)lin ©ottfdjalte
enthalt, ber ©iritfja, einer natürttdjen Joc^ter Don Äönig ©öeinn Stftribfon. 476 )
Sljet ober Stbfalon, fett 1158 SBifc^of öon ffioQföitb (StatUbe), öon 1178
bis 1201 (Srjbijdjof öon ßunb, ^atte ©ajo, einen ©eelänber öon ritterlicher
£erfunft, angekörnt, eine bänifdje ©ef^i^te ju berf äffen unb bereite 1186 ober
1187, als ©uen Slggefon feine compendiosa regura Daniae historia fdjrieb,
Ijatte <Saio ben Gntfcfylufc gefafct, bem 2Bunfd)e beä (SrjbifdjofS ju entfpredjen.
Slbfalon^ ©ro&tmter, ©fialm ber SBei&e, mar aber fdfjon beim 93eginn ber Regierung
t>on ©öeinn »ftribfon (1047—1076) 3art über ©eelanb, 477 ) fo bafe mir in
SbfalonS ©rofctmter einen 3 e ^9 cn °ff cn & cr ©cfjladjt auf ber ^fyräfogSljeibe unb
be3 Sßenbenfürften ©ottfcfjalf erblicfen tonnen. 2)ie 3lad)xxd)ten, bie fidj öon
biefem ©rofcbater auf ben Snfet fortgepftangt l>aben, merben e§ bemnaefy
fein, bie ©ajo über Stoeittn Slftribfon unb beffen ©rfjroiegerfoljn ©ottfdjalf
bringt. 'Dabei barf nid)t überfein werben, bafe biefe gamitie tum ©fialm bis
Sbfalon als SBortäntpfer ber Danen im Äampfe gegen bie ©la&en haftest, foroie
ba& nad) bem allgemein feftftetjenben Urteil ©ajo ©rammaticuS ju nationaler
^arteilid)leit neigt, fo bafc feine 9iad)ricf)ten über bie ©d)tad)t t)on 1043 jtuar
beachtenswert erfcfyeinen, aber fomofjt burrf) bie faft über anbertfyalb 3»aljrl}unberte
Ijinburdj fortgefefcte nitinblidje Überlieferung cntfteUt, als aurf) burd) feinen
G^auöiniSmuS beeinflußt fein fönnen. gür ©ajoS Stngabe, bafc Statibor felbft bie
SBenben geführt fjabe, fprid)t ber ausführliche ©d)tad)tberid)t ber allerbingS erft
bem 13. Safjrfjunbert angefjörenben, oben ermähnten Saga Magnusar Konüngs
ens Godha, bemjufolge ber t)on aßen gefürdjtete Slnfütjrer ber SBenben SRegbuS
{jeifct: auti) Stbam bejeicfynet SRatibor als vir niagnae potestatis inter barbaros,
im übrigen aber als ßfjriften. 3)aS Auftreten unb ber %aU beS SRegbuS in ber
SRagnuSfage tyat gemiffe 3üB e ö *>n &*m altteftamentlidjen SBcrtc^t üom SRiefen
©oliat^: icS) möchte gerabeju glauben, bafe Ijier baS erfte 93ud) ©amueliS bemüht
ober unbewußt bem Serfaffer ber SKagnuSfage als SSorbilb gebient l)at> 78 ) 3n
* 76 ) ©ap, üb. XI, MG. XXIX; ©. 67, 25 u. üb. XIII, MG. XXIX, ©. 71.
477 ) ©iefebred&t III, 370.
478 ) Kap. 33: MG. XXIX; ©. 401, 47: Erat quidam vir in exercitu
Slavorum, qui maior ac robustior erat reliquis hominibus; hie vir dederat
consilium Slavis, ut nocte potius pugnarent quam die cum christianis; is
erat magiae tarn peritus, ut nullum telum eum laedere posset. Hie vir
proeessit in aciem Magni regis et percussit ab utroque latere, ut nemo sibi
salutem sperare posset, si quem telo attigisset. Hie vir nominabatur Regbus,
hie primo eommovit certamen hominibus Magni regis. Et cum multos
homines oeeidisset, progressus est fortiter et interrogavit, ubi rex Nord-
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©norreS Ebbet unb ebenfo bon (Sgifefon 479 ) mirb boS SBort reggbus als
Slppellatibum unb S8e3eid)nung beS ÄönigS SKagnuS gebraust.* 80 )
SlnberS liegt bie ©acfye bei Slbam. 2Kit 9tei)t bemerft 481 ) Sßigger in feinen
SKecflenburgifdien Slnnalen, einem SEBerfe t)on ebenfo großer 3 uöer löffigfeit, um*
faffenbem SBiffen als befonnenem Urteil: „©eit (Sinfyarb befdjäftigt fid) niemanb
fo genau mit ben 2lbotriten»®efd)id)ten als eben ber 93remer SanomcuS 2lbam;
unb lein $iftorifer beS SDlittelalterS bemühte \\d) eifriger um eine fritiftfje @r»
forfdjung unb allfeitige ®urd)bringung beS jum J^ema gewählten OegenftanbeS."
SlbamS SSertrauenSmann für bie norbifcfye unb toenbifdje ®efcf)id)te ift befanntlicfy
Sönig ©beinn Stftribfon: fo gefjen fotooljl 9lbamS roie ©ajoS 9iacf)rid)ten auf bie
gleite urfprünglicfje Quelle jurüd. 2lber roäfyrenb Slbam ©beinnS Mitteilungen
fofort nieberftfjrieb, Ijat fie ©ajo burdj baS SKebium einer anberljalb 3al)rf)unberte
roäljrenben parteiiföen Überlieferung erhalten, fo bafe man nidjt jweifeln fann,
melier bon beiben Quellen man ju folgen Ijat, roenn Slbam unb ©ajo fid) miber»
fprecfjen. ©djliefjlicf) berfügte Slbam jum minbeften inbirelt nodj über eine jroeite
fo Ijerborragenbe Quelle, roie fie itjm in ber ^ßerfon Äönig ©beinnS flofc: über bie
SRitteilungen bon ©beinnS ©djroiegerfoljn ©ottfdjalf, ba ©ottfdjalf 9lbamS S$or-
gefegten unb Qfreunb, & en Srjbifcfjof Slbalbert, in Hamburg aufjufudjen pflegte,
©o gewinnt man als Ergebnis biefer SluSfütjrungen folgenbe Slnficfyt: etma feit
ber SRücfleljr ©ottföalfS auS (Sngtanb, mit ber bie Überfieblung bon ©üeinn
Slftribfon auS ©fanbinabien nad) ©eelanb jufammenfäHt, finb ©ajoS Ausführungen
über 2)änen« unb SBenbengefdjidjte infolge feiner minbeftenS bon biefem 3 c ^P un ^ c
an borljanbenen tJarnttienttabttion in fjoljem ©rabe beachtenswert; wenn fie aber
ben Slngaben beS nod) beffer unterridjteten Slbam nriberfpredjen, berbient unbebingt
Slbam ben SSorjug.
2)en einjigen mirtlidjen Slnljalt für bie ©röfee beS SBenbenljeereS gibt bie
ermähnte Slngabe SlbamS, berjufolge 15 000 SKann in ber ©djladjt gefallen feien,
fiönig 5KagnuS rafft jufammen, maS er an 3)änen unb Süten aufsubieten bermag,
mannorum esset. — — Paganus habebat curtam lorieam et galeam in
capite. Hie formosus vir procurrit ante regem et percussit illum magnum
paganum magno ictu in galea. llle labavit nee collapsus est. Rex vidit
lorieam retraetatem a coxa, cum ille labaret sub ictu, et disseeuit rex eum
securi paene media parte, nam haec laesit illum, quamvis non laederent
alia tela. Post caedem Regbusi factus est Magnus rex tarn acer, ut — .
479 ) Scripta historica Islandorum VI, 79.
480 ) SBigger, Slnnalen, ©. 99, 9lnm. 1.
* 81 ) ©. 94.
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unb bereinigt fidj mit einem großen beutfcfyen* 8 2 ) $eere unter feinem ©djroager
Drbulf, bem ©otjne be$ ©ad)fenl)erjog3 33ernljarb3 II., ben bie norbifcfyen ©agen
Otto nennen: Dtto, fyertogi af ©ajlanbi. Dtto rät bem jögernben 3Kagnu3 jur
©d)tad}t unb fdjlägt im SSerein mit SRagnuS bie ©lauen an ber ©fotborgara.
Sber gerabe biefe Ortsangabe ift e£, roeldje anfdjeinenb unübernrinblicfye ©rfjmierig*
feiten für bie fiebere (Srfenntnte be3 ©adjüerljaltS bereitet.
C. ®ie DrtSbeftimmung ber ©d)lad)t.
Die ältefte aller OueHen über bie ©djteSroiger ©tfjlacfjt, baä brei 3Konate
fpäter »erfaßte ©ebidjt £f)jöbf)6lfr3, toertegt bie ©djladjt an bie ©fotborgara,
fyr sunnan Heidhaby = ad meridionale latus Heidaboei. SE^jöb^ölfr
erfdjeint in ber ©d)lacf)t bei SlarfyuuS, um 2Betf)nad)ten 1043, als firiegSmann öon
Äönig SDJagnuS, mar affo moljl auä) Slugenjeuge ber ©tf)lacf)t bei ©djleämig. 483 )
Sbnlid) ber ermähnte ungenannte ©lalbe: «Vindis dolores, prineeps, attulisti
ad limpidura amnem Skotborgensem.» 2lu8 ber bireften Stnrebe be£ ©falben
an 2Ragnu3 gefjt Ijeröor, bafe aud) biefer ©efang balb narf) ber ©djladjt, jebenfaflS
fcor bem £obe SKagnuS be$ ®uten, b. Ij. öor bem 3al)re 1047 gefcfjrieben
fein mufe. ©o berlegen bie beiben 3 c itfl^noffen bie 28af)lftatt an bie ©fotborgara.
2Bo aber lag bie ©fotborgara?
* 82 ) Saga Magnusar Kontings ens Godha, MG. XXIX, ©. 397, 45:
«Dux quidem Saxoniae nominatus est Otto; is fuit potens et valde dives
peeunia; — Dux fuit magnus proeliator et optimus eques». — ®. 399, 57:
«Tum profectus est (dux) citissime cum exercita suo in Daniam septentrionem
versus eo usque, dum inveniret Magnum regem in campo inculto Hlyrskogensi
meridiem versus ab Heidaby. Excepit rex quam optime affinem suum et
exhilaratus est eius adventu». ©.400, 35: «Dani coeperunt ipale fremere
et dixerunt regem ipsos dueturum esse in exitium, et dixerunt, hoc solum
superesse, ut aufugerent. —. Otto dux hortatus est ad pugnandum». —
Sfjnltdj bie ältere |>eim3fringla, offenbar eine üuefle für bie SRagnuSfage, MG.
XXIX; ©. 341, ©. 9: «kom til hans Otta, hertogi af Saxlandi or ßrunsvik».
3n ber lateinifdjen Sßerfion Reifet e$ bann (341, ©. 29: «Deinde Magnus rex
convoeavit copias ad se, et collectus est cito exercitus e tota Jutia. Ad eum
venit Otto dux Saxoniae de Brunsvic. Is duxerat Ulfhildam, filiam Olavi
regis saneti, patris Magni regis. Dux habebat multas copias militum.
Sed cum Magnus rex versaretur ad flumen Skotborgense in tesquis
Hlyrskogensi bus, certior f actus est de exercitu Slavorum per explöratores,
etiam eos tantum exercitum habere, ut nemo eum numerare posset, sed
Magnum nullam pro illis habere multitudinem, unumque consüium iam esse
aufugiendi. — — Sed Otto dux potius cohortatus est, ut pugnaretur».
488 ) ©iefebredjt II; ©. 83, Slnm. 2.
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186
3ur 33eftitnmung be3 ©cf)lad}tfetbe3 feien bie Ortsangaben fätntlid^er Quellen
untereinanber gereift:
1. 1043, brei 9Ronate nad> ber ©djladjt, föreibt ber ©falbe Jljjöbljölfr:
«Meus fortis princeps victoriam reportavit meridiem yersns a
flumine Scotborgensi, novi acrem pugnam factam esse prope
Heidaby»; 484 )
2. gnrifdjcn 1043—1047 fdjreibt ber ungenannte ©falbe:
«Skioldunge {i. e. rex e genere Skioldungorum), attulisti dolores
Slavis ad limpidum flumen Scotborgense (norbifd): ©fotborgara)»;* 85 )
3. 1051 berfafcte ber telänbifdje ©falbe J^orletfr gagri = JtjorletcuS Sßulcfjer,
ein Sieb auf ©toeinn Stftribfon, 486 ) in bent er bon ber ©cfjteäroiger ©djladjt:
«in gladiorum sonitu», fpridjt:
«a regione Heidaby septentrionem versns sita»;-
4 bie Sslänber Slnnalen, bie bis ca. 1050 auf lateinifcfjen Vortagen berufen,
beren ättefte erhaltene ^anbfdjrift aber öon einer £anb bis 1279 getrieben
ift, 487 ) geben jum Safere 1043 bie 9?ad)ricl)t:
«Magnus Bonus rex incendit Jomsburgum, et tunc pugnavit cum
Slavis in Lyrskogensibus tesqnis (= vid Vindr a Lyrskogs-
heidi»; 488 )
5. 1075 fcfyrieb 3U 95remen ber 3)omfd)ütafter ?Ibam, II, 75:
«Magnus — Heidibam appulit. Qui paganos In campestribus
Heidibae excepit»;
6. 1152 faßt ber ©falbe ©inar ©fulafon:
«Apparuit imperator (i. e. b. ^eilige Dlaü) — dixit se auxilium
laturum esse — , antequam in campo incnlto Hlyrscogensi (norbifdj:
Hlyrskogsheidi) rex ille strenuus pugnain cormnisit»; 489 )
484 ) MG. XXIX; ©. 401, 41 unb SBigger, «nnal., ©. 75.
48 *) MG. XXIX; ©. 402, 54 unb SBtgger, »nnal, @. 76.
486 ) SBigger, a. 0., ©. 78, Slnm. $u 1044 unb £olber.©gger, MG. XXIX;
©. 276, Slnm. 5. ©üeinn Reifet bei ben SRormegern nadj feiner SRutter Slftribfon,
bei ben ©djtueben unb jumeilen aud) bei anberen Slorbtänbern, fo in ber ffntjtlinga»
©aga, nadj feinem Sater: ©toein UlfSfon.
487 ) Sgl. #olber-(£gger, XXIX; ©. 252, 15 unb 11.
488 ) MG. XXIX; ©. 257, 54 unb 31.
489 ) MG. XXIX; ©. 402, 43 unb SBigger, Slnnal, S. 76.
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7. t>or 1184 fdjreibt Theodoricus mouachus in feiner historia de antiquitate
regum Norwagiensium, Stap. 24:
«Hoc proelium gestuin est in loco qui dicitur Luirskogs Heithr»; 490 )
8. furj bor 1190 fdjreibt ba3 anfdjeinenb auf Theodoricus monachus unb
einigen ©falbengefängen fufeenbe Breviarium historiarum regum
Norwegiae:
«Congressi sunt mane in campis incultis qui Hlyrskogenses
dicuntur, qui siti sunt ad flnmen Skotborgense»; 491 )
9. bie Annales Lundenses, beren Slnfanp auf ba3 12. Satjrljunbert jurficf-
getjt, 492 ) f ^reiben, inbent fie iljren SKitteilungen Stbam jugrunbe legen:
«1048. Eo tempore Ratibor dux Sclavorum interfectus est a
Danis; ad cuius mortem ulciscendam iam tunc cum toto exercitu
Sclavi venientes, usque ad Ripam vastandam progressi sunt. Qui
(i. e. Magnus) mox, Danorum copiis undique collectis, egredientes a
Dania paganos in campestribns recepit Hethaeby»; 498 )
10. um 1200 fcfyreibt ber catalogus regum Danorum, gleichfalls unter
83enufcung 3lbam3:
«Magnus rex Sclavos fines suos invadentes ad ulciscendum
Kadebnrg principem eorum, qui a Danis occisus erat, in
campestribns Heideba 15 milia paganorum occidit»; 494 )
11. um 1220 f djreibt bie gagrSfinna:
« Venit Magnus obviam eis septentrionem yersns ab Heidaby.
Nocte iacuerunt sub scutis Magnus rex cum suis in Hlyrskogensibus
tesqnis; eo enim exspectabatur exercitus»; 496 )
490 ) Sangebef, SS. rer. Danicarum V, 332. 3)ie Stelle ift and) in ben
MG. XXIX; ©. 250, 47 herausgegeben.
491 ) MG. XXIX; S. 354, 27.
492 ) Sgl. ffiaifc, MG. XXIX; ©. 185, 22: «Qui primus saec. XII tale
opus in Dania condidit».
498 ) MG. XXIX; S. 202, 42.
494 ) MG. XXIX; ©. 169, 23. SBarum fotlte ber oben, @. 183/184 ermähnte
9lame SRegbuS nidjt ebenfo gut au3 SRatibor forrumpiert fein, toie f)ier SRatibor ju
SRabeburg gefcorben ift? SBigger (a. o., @. 73, Slnm. 2) bringt nocf) bie gorm
Racaeburgh bei für ben dürften SRatibor.
496 ) MG. XXIX; @. 363, 44 unb 364, 29.
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188
12. jiütfrf)en 1220—1230 fdjreibt bann ©norre in feiner §eim$fringla, Aap. 28:
« — idque captum est consilium, ut rex dirigeret exercitum suum
meridiem versus ad Heidaby. Sed cum Magnus rex versaretur ad
flumen Skotborgense in tesquis Hlyrskogensibus. — — Stap. 29:
— Tum exercitus Slavorum e meridie flnmen traiciebat adversus
eos. Omnis populi est sermo nunquam aeeidisse aeque magnam
stragem — atque haue, quae facta est in tesquis Hlyrskogensibus
Slavorum»; 496 )
13. jmifrfien 1220 — 1241 fdjreibt ©norre in feiner vita Olavi Sancti regis,
bis auf Äleinigfeiten übereinftimmenb mit bem, roaS er in feiner £eim3*
fringla fagt:
«Invenerunt exercitum Slavorum in Hlyrskogensibus tesquis
meridiem versus ab Heidaby; ibi Magnus suique iacuerunt nocte
sub scutis suis. Tunc viderunt exercitum Slavorum; transierunt
Slavi flumen Scotborgense»; 497 )
14. natf) 1250 f treibt bie Äntjtlinga'Saga, eine ber ^auptquellen für bie kämpfe
gnriföen 2)änen unb ©taöen, allerbingS irrtümlicfjerioeife jum Satye 1044
ftatt 1043, Aap. 22:
«Ea aestate pugnavit Magnus rex in Slavia ad Jomsborg et
reportavit victoriam, combussit castrum et multa alia loca terrae.
Alteram pugnam habuit Magnus rex autumno pridie Michaelis festum
in Jutia, breve spatium septentrionem versus ab Heidaby in campo
Hlyrskogensi ad flumen Skotborgense. Tum pugnavit cum Slavis.
Narratio est quorundam virorum, Suenonem, Ulfonis filium,
fuisse in hoc proelio cum Magno rege et pacem eorum etiamtum
durasse. Ita narrat Thorleicus Pulcher in carmiue non intercalato,
quod composuit de Suenone, Ulfonis filio»; 498 )
15. nadj 1268 finbet fidj in ber ben Flamen Saga Magnusar Konüngs ens
Godha trogenben anonymen i3länbiftf)en Kompilation, meiere großenteils au£
bem breviarium historiarum regum Norwegiae, ber QfagrSfinna unb ber
£eim3fringla jufammengefefet ift, folgenbe Ortsangabe, Aap 31:
* 96 ) MG. XXIX; S. 341, 33 foroie ®. 342, 41 unb 51.
* 97 ) MG. XXIX; ©. 350, 38. Snorre be^ie^t fid) f)ier ttrie in ber #eimfr
Iringta auf bie ©falben If)jöbf)ölfr unb 9lrnorr.
*•*) MG. XXIX; 3. 276, 30.
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«Tum profectus est (seil. Otto) — septentrionem versus eo usque,
dum inveniret Magnum regem in campo ineulto Hlyrskogensi
meridiem versus ab Heidaby». — Aap. 32: «Haec congressio fuit
apud flumen Scotborgense meridiem versus ab Heidaby». — $£ap. 34:
«Sed cum turba fugientium pervenisset ad flumen Scotborgense,
restiterunt Slavi aliquanto, sed cum universus exercitus regis secutus
esset, repulerunt paganos in flumen. Posthac diviserunt prae-
dam suam, et rex assumpsit sibi ex hac magna peeunia nonnullos
anulos, quos abstulerat pagano Uli Regbuso». 490 )
5)er ©falbe 9trnorr unb ©ajo ©rammaticuS laffen uns über bie fiofalität
beS ©d)lacf)tfelbeS im ©tidje.
dreierlei ift bei biefen Ortsangaben beachtenswert: einmal, bag brei
berfdjiebene geograj>f)iftf)e Seftimmungen gegeben werben, ber Qflufj ©fotborgara,
bie unbebaute Hlyrskogsheidi unb bie ©tabt $eibabtj; gtoeitenS ber Umftanb, bajj
bie fieben älteften Quellen nur je eine biefer brei geograpljtföen SBeftimmungen
nennen unb bajj erft anbertljatb 3al)rl)unbert nadj ber ©rfjtacfjt, etwa feit 1190 mehrere
btefer Seftimmungen jufammengeroorfen werben. 33on ben jeljn Duellen, bie bor
bem Saljre 1200 liegen, bringt nur ba# SBrebiarium bor 1190 jtoei SBeftimmungen;
bie fünf Quellen, bie bem 13. ftafjrljunbert angehören, berfaljren ausnahmslos auefj
bei ber Ortsangabe fompilatorifd}. SSon ben fed)S Quellen, bie mehrere ber bret
geograpljifcfjen SBeftimmungen jufammenroerfen, bereinigen:
1. bie Hlyrskogsheidi unb bie ©fotborgara: baS SBrebiarium, bie £eimSfringla;
2. bie Hlyrskogsheidi unb ^eibabt}: bie QfagrSfinna;
3. alle brei Seftimmungen bie brei fpäteften Quellen: bie vita Olavi Sancti,
bie föntjtlinga« unb bie 3Ragnufar-©aga.
@in britter bemerfenStoerter Umftanb ift bie SSermtrrung, bie bejüglidj ber
geograpf)ifcf)en Orientierung biefer brei Ortsangaben Ijerrfdjt. @S wirb berlegt:
1. füblid} bon ber ©fotborgara bie ©djladjt bei Iljjöbljölfr 1043;
2. nörblicf) bon ber ©fotborgara bie ©flacht in ber £eimSfringla jmifc^en
1220—1230;
4 ") MG. XXIX; ©. 399, 57 fotoie ©. 401, 40 unb 402, 52; 404, 35.
S)ie 3RagnuSfage gittert nidjt nur bie bter bisher genannten ©falben: Hjjöbjjotfr,
ben Ungenannten, Slrnorr unb ©inar ©fulafon, fonbern aud) ben tStänbifdjen ©falben
Cbbr ©ediffon, ber in ber ©djtadjt neben König SKagnuS gefämpft unb auf SSfanb
plurima de his rebus (a. o., ©. 400, 50) erjäljtt Ijabe.
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190
3. nörbtidj öon £eibabt) bie Hlyrskogsheidi in ber QfagrSfinna um 1220 unb
in ber $ntjtlinga-©aga nadj 1250;
4. füblicf) öon £eibabt) forooljl bic Hlyrskogsheidi als audj bic ©fotborgara in
ber vita Olavi Sancti jmifcf)en 1220 — 1241, unb in ber 9ftagnufar«©aga
narf) 1268.
33on ben 15 Quellen laffen 7 bie ©djladjt an ber ©fotborgara, 9 auf ber
Hlyrskogsheidi unb 9 bei $eibabt) ftattfinben. ?lber nirfjt nur bie meiften, fonbern
aucfj bte beften unb ätteften Quellen: bie 21ugenjeugen Sfyjöbljölfr unb Jljorleifr
fomie Slbam ö. Srernen öerlegen bie ©djladjt in bie ©egenb oon ^eibabtj. ©elbft
bieJlamenformeni^eibab^^eibiba^et^aeb^^eibeba ftimmen in bei mittelalterlichen
Kamen auffaflenber SBeife überein. ©o ift e3 begreiflich, bafj bie beiben ©eleljrten,
bie man big auf ben heutigen lag rooljl als bie beften Äenner ber SBenbengefctyidjte
bejeicfynen barf, Submig ©iefebrecfjt 600 ) unb gn c & r uf) SBigger, 601 ) e3 für
ausgemacht galten, bajs bie SBafjlftatt bei ©cf}le$tt)ig lag. Sljnen reiljt fid) neuer-
bingS — atlerbingS nur gelegentlich in Slnmerfungen ju ben oon SönSfon in ben
MG. herausgegebenen norbifcfyen Quellen — ein Senner wie $olber@gger 602 ) an.
Surf) ber befte Senner ber fdileSroigfctjen fianbeSfunbe, Sßrofeffor Sluguft ©ad), tritt
in feinem großen breibänbigen äBerfe (35a^ |>erjogtum ©djleSroig in feiner etfyto»
gra#jifcf)en unb nationalen ©ntnricfelung, 93b. 1 — 3, $aÜe a. ©. 1896-^1907,
I, ©. 137) unbebingt für bie ©egenb bei ©dfjleSnng ein, aflerbingS oljne Anführung
öon ©rünben unb oljne auf bie entgegenftefyenben ©cfjroierigfeiten aufmerlfam 3U
machen: „33on Slorbmannien jurticffef)renb, lanbete bamalS Sönig 2Kagnu3 in
§eibiba, rücfte norbroärtS bte grofce §eerftrajje unb fdjlug bie geinbe in einer
mörberifdjen ©djladjt in ber Sßalbgegenb (?) bei $eibiba, b. 1). bei fiürfdjau".
Slllein biefelbe ältefte all ber 15 Quellen, bie $eibabt) nennt, Jljiöbfyölfr, nennt
and) unb jroar in erfter 2inie bie ©fotborgara SBo lag biefer gtufj, ber bei
©d)le3roig fdjledfjterbingS nicfjt nachweisbar ift?
©rf)on ©cf)öning, ber 1777 ©norreS $eim3fringla IjerauSjugeben begann,
ebenfo, unabhängig Don ifyn, ber um bie ©d)le3roig»|)olfteini}cl)e fianbeSgefdjidjte
oerbiente fiufe 1817, Ijaben eine ©djottburger 8lue bei fRipen nacfjgeroiefeu, „ioeldje
600 ) Subtoig ©iefebredjt, a. 0., II, ©. 83.
601 ) SStgger, Slnnalen, ©. 76, V unb S. 75, 9lnm. 4.
602 ) MG. XXIX; ©. 350: «Slavi eodem die, quo pugna prope
Schleswig COmmissa est, flumen Schottburgerau transire minime potuerunt;
sed eos hoc fluinen redientes a vastatione transiisse facile credi potest, cum
Adam II, 75 eos usque ad Ripam omnia vastasse narret».
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191
eine ©treefe bie ©rensfdjeibe jitnföen Süttanb unb ©djteSroig macf)t". 60B ) Sßenn aber
#o!ber-@gger 1892 behauptet, 604 ) bafc alle ©djriftfteller baS ©djladjtfelb Ijierljer ber-
legen, fo irrt er fidj, ba gerabe btc beften Äenner ber 2Benbengefd)id)te, 9Känner nrie
©iefebrecfct unb Sßigger, beren arbeiten er allerbingS nicf)t ju fennen fcfjeint, ba er fie
in feinen Änmerfungen völlig übergebt, ebenfo rote foeben ber tanbeSfunbige ©ac^, bie
SBaljlftatt nidjt bei SRipen, fonbern bei ©djleSmig fucfjen. 3dj fdjliejje mief) iljnen an,
ba meine« (SrachtenS roeber bie SBefdjaffenfyeit norfj bie Snjal)! ber jufammengefteHten
Quellenangaben einen Steifet juläfct, bafc bie grofee 6ntfd)eibungS}cf)ladjt, bie -SDäne-
mar! auf ein IjalbeS Saljrljunbert SRu^e öor bem flaöifd^en Srbfeinbe öerfdjaffte, bei
#eibabt) gefd)lagen roorben ift, um fo meniger, als bereits SRuncf) bie Sage ber
Hlyrskogsheidi bei ©djleSnng baburdj toaf)rfd)einlicf} gemadjt Ijat, bafe er auf baS
2)orf fifirfdjau im ÜKorbroeften öon ©djleSnrig f)inroeift. 606 ) 3dj möchte ju
2Rund)S SWacfjroeiS Ijinjufügen, bafe bieS 2)orf Sürfdjau unmittelbar toeftlidj an
jenem baltifdjen ^öljenrücten liegt, ber fidj, fo d)arafteriftifd) für bie Sßrotmtj,
in beren öftlicfjem drittel öon ©üben nad} Sorben jieljt unb bafe fidf} biefe ©egenb,
gelegen an ber fdjmalften ©teile beS cimbrifcfyen StjerfoneS, bie fo eng ift, bajj icfy
fie an einem läge öon ber 9?orbfee jur Dftfee bequem ju gufe burdjqueren tonnte,
öortrefflid) baju eignet, einem öon Sorben Ijer anlommenben geinbe ben SRütfjug
ju öerlegen. Unmittelbar nörblid) oon fiürfdjau liegt jenes ©djladjtfelb, auf bem
1850 bem breijäljrigen 83efreiungSfriege ber ©d)leSnrig-|)olfteiner ein ©übe bereitet
mürbe: bie Sbftebter SBatjlftatt. Dagu liegt roeftlid) öon fiürfdjau ein ©ee, aus
bem bie SlrenSbef gen SBeften nad) ber bei griebridjftabt in bie Siber münbenben
Sreene flieftt, fo ba& auij ber meines SBiffenS bisher nodj nid)t nad)geroiefene*)
6 8) ©iefebredjt, a. o., II, ©. 83.
ö04 ) MG. XXIX; ©. 454, s 21nm. 1: «Poetarum strophis, praesertim ea
Thiodolfi, — omnes seriptores sedueti sunt, ut campum Hlyrskogensem
prope flumen Schottburgerau situm esse opinarentur».
506 ) MG. XXIX; ©. 341, 3lnm. 6.
*) Srft nad) SSoüenbung meiner Slrbeit tjabe id) ©ad)S ausgezeichnetes
SBerf gelefen (ogl. oben, © 190). 21ud) <Bad) roeift auf bie, ober roie er fagt
(I, ©. 79) ben SlrenSbef l)in, aber of)ne it)n irgenbmie mit ber ©djfadjt auf ber
Hlyrskogsheidi ober gar mit ber ©cotborgara in 93erbinbung $u bringen, <&aä) füljrt
für biefen glu§ nodj bie Sftamen SlrenStjooeb unb 3lrlau an unb lägt bie ganje
®egenb urfprünglicf) oon einem SRiefenmalbe bebeeft fein, ber SlrenSljarbe, 1231:
StraelbStyaeretl) ober SlmaeSfyaeretl) genannt, bie i^ren 9iamen öon bem 9lblerl)oljc,
2lrnat)olt trage, „baS \\d) üon ber Sdjtei quer über baS fianb bis über Ireia hinaus
erftreefte". 3d) mö^te bem hinzufügen, ba& mit bem tarnen 9lrna^olt oielleid^t bie
9lblergefd)icf}te in irgenbeinem 3 u f am ^^^ n g fteljt, bie ©ayo ©rammaticuS
gelegentlich ber 3Benbenfd)lacf}t erzählt.
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SBaffertauf öorljanben ift, ber bcn SBenben in bcr ©d)Iad)t fo öerf)ängm3t>olI mürbe,
©nblid) beginnt meftlid} oon Sürfdjau bic weite $eibe: bie ©eeft, roeld)e ben
mittleren SRücfen ber ^perjogtümer einnimmt unb beren meltöerlaffene ©nfamfett
unb unmiberftel)lid)en SReij ©torm unb grenzen fo ergreifenb öertyerrlidjt Ijaben.
©ie beginnt au3geredjnet bei fiürfdjau an ©teile ber fruchtbaren, abmed)flung3reid>en
ofteimbrifdjen $ügellanbfd)aft ju treten unb alle 93erid)te ftimmen barin überein,
bafc fie balb t>on bem campus incultus Hlyrscogensis, balb Don ben campestres
Heidtbae ober Heideba ober aud) Hethaeby, t>on ben tesquis Hlyrskogensibus,
ben campis incultis, qui Hlyrskogenses dieuntur, öon bem campo inculto
Hlyrskogensi fpredjen ©enau ber 2Birflid)feit entfpredjenb bcgcirfjnet 1051 bcr
©falbe Hjorleifr JJagri ba3 ©djlacfotfelb a regione Heidaby septentrionein
versus sita unb nid)t minber jutreffenb Ijeijst e$ 1220 in ber QfagrSfinna: «Veuit
Magnus obviam eis septentrionera versus ab Heidaby».
3)urdj biefe geograptjifdjen ^inmeife unb Ijiftorifdjen Quellenangaben Ijoffc
id) ben SRadjmeiS für bie Sage ber Hlyrskogsheidi bei £>eibabt) erbradjt ju Ijaben.
Irofebem öermag id) bie SBemerfung nidjt ju unterbrütfen, ba| Stilen, mofelbft bic
©fotborgara nad)roei3bar ift, ju ber ganjen Situation beffer pajjt afä ©djleSmig.
3laä) 9lbam maren bie SBenben bis 9tipen üorgebrungen. ©reift SRagnuS bic
SBenben an ber ©fotborgara bei SRipen an, mie bie ©falben berieten, bie Ijödjft-
maljrfdjeinlid) Stugenjeugen ber ©djladjt gemefen finb, fo mürbe ein foldjeS 93or*
geljen ber ©adjlage entfpred)en. ©reift er fie bagegen bei ©djleSmig an, fo ift
Ijier einmal eine ©fotborgara nid)t nadjmeiSbar; femer öerfteljt man nidjt, marum
bie SBenben nad) ifjren großen Erfolgen plöfclidj umfeljren; nadj Erfolgen, bie fo
DoHftänbig finb, bafe ba§ ganje Sanb fdjufcloS iljren Seutejügen offen liegt; bafe
niemanb magt, tljnen entgegenzutreten, aud) nidjt bie Sarle öon Äönig 9Ragnu3;
bafj Sönig SftagnuS erft öon feinen gelbljerren mit Sitten unb Sßaljnungen beftürmt
merben muft, elje er fid) baju üerfteljt, ber ungeheuren Übermacht entgegen jujie^en ;
bafj SKagnuS fid) nodj bis jum legten Slugenblirfe jögernb öerljält unb bafj bor
allem fein §eer mutlos in ben Äampf geljt unb bis julefct bem Könige 5ur gluckt
rät. 608 ) SBeSljalb füllten bie SBenben nad} folgen ©rfolgen bei fRipen au$ freien
6oe ) »gl. ben Seridjt ber £etm3fringta, MG. XXIX; S 341, 31: «Prin-
cipes Danorum hortati sunt Magnum regem, nt profleisceretur adversus
exercitum Slavomm neve sineret popnlnm paganum ibi per terram transire
et vastare. Sed cum Magnus rex versaretur ad flumen Skotborgense
in tesquis Hlyrskogensibus, certior f actus est de exercitu Slavorum per
exploratores, etiam eos tantum exercitum habere, ut nemo cum numerane
posset, sed Magnum nullam pro illis habere multitudinem, unumque consilium
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193
©tüdcn umleiten? SlarljuS unb SSibotg, fottte man meinen, Ratten ifyte Habgier
nodj ftätfet tetjen muffen afe btö entlegene SRipen. Qubtm tft bet 9ßeg öon
SRtyen Bt3 2larf)u3 ntd)t meljt gar fo meit unb SBtborg Ijatte gerabe in legtet 3*ü
bie Stufmetffamfett auf fid£) gelenlt: Ijtet Ijatte erft im £etbft 607 ) 1042 ba3
3^ing SRagnuS als bem neuen Könige SDänematfS geljulbigt! ferner liebten e3
bie Stotbmannen, iljre ©d}tad()ten an ben ©renjen ju fdjlagen, mie mit eine folcfye
in bet ©fotbotgata bei SRtyen finben. 3n biteftet fiufttinie finb SRipen unb
©cfyteSmig 105 Süometet öoneinanbet entfernt, atfo etmaS weitet ate fieipjig Don
S)te$ben obet fo meit mie §ambutg öon bet -Kotbfee btnnenmättS liegt.
©elbft menn man annimmt, bafe bie SBenben au3 fteien ©tücfen auf meitete
SBeute« unb SRarf)ejüge big nadj 9latl)u3 unb SSibotg öetjit^tet Ratten unb, oljne
fonberltd^e SBetantaffung, bei SRtyen fid) gut SRücffeljt gemanbt Ratten, fo bafe bie
©djladjt bei ©djIeSmig gelegentlich iljteS SRficfjugeS ftattfanb, als bie ©lauen, mie
Oiefebtedjt 608 ) annimmt, bie ©tf)lei bereite fjintet fiel) Ratten, obet, mie \ä) glaube,
iam esse aufugiendi. et rex valde aeger erat animo . Dormivit
parum nocte et cecinit preces sua.s». Unb äljnttdj fagt betfelbe SBetfaffet in bet
vita Olavi saneti regis, MG. XXIX; ©. 350, 40: «Iniecerunt (6cil. Slavi)
timorem magnum exercitui regis; urgebant homines regem ad aufugiendum.
Tum aegerrimi animi fuit, quia nunquam aufugerat. — — Cum autem
rex esset in his SOllicitudinibos, obdormivit; visus est ei sanetus Olavus
pater eius venire ad ipsum et loqui: Tilllidi nunc estis, — noli timere,
quia ego adiuvabo te». 2lud) bog Breviarium historiarum regum Norwegiae
$ebt bie guttat bed SönigS tjetüot, MG. XXIX; 3. 354, 25: «Nocte vero —
cum ei timor magnus ineideret de rebus suis»; nidjt minbet Theodricus
monachus, ib. ©. 250, 37: «Quod cernens Magnus rex animo consternatus
est; nam neque tempus habuit exercitum congregandi neque tutum putabat,
cum paucis contra tantam multitudinem dimicare, et intollerabile videbatur
va8tari regionem in presentia sui». ©in neues SKoment btingt bie gagrffinna,
a. o., ©. 363, 46: «Nordmannis etiam videbatur molestum adire tantum vitae
periculum ad defendendam terram Danorum, qui antea fuissent proditores
regis, simulac e Dania discessisset». S)en genaueften 99erid}t gibt aud) ljiet bie
Saga Magnusar konüngs ens Godha, a. o.; ©.397, 43 ff.: « — Slavi faciebant
maximam populationem, quam primum regnum eius ingressi sunt,
combusserunt vicos omnes et oeeiderunt unumquemque, quem invenerunt».
@. 400, 35 ff.: «Dani coeperunt male fremere et dixerunt regem ipsos
dueturum esse in exitium, et dixerunt hoc solum superesse, ut aufugerent.
Rex factus est valde aeger animo, cum videret moerorem ac timorem exercitus
ßui — ».
50 7 ) Submig ©iefebredjt, II, 8. 80.
*°«) *. o., II, ©. 83.
8tför. b. ®, f. ß. ©. X, l. 13
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194
Bei Sürfdjau norbmeftltdj öon ©cf)le3tt>ig, angelangt waren, fo entfielt bcß neue
SBebenfen, nrie SRagnuS eine fo ungeheure, fiegreid)e Übermalt in einer Situation
angreifen fonnte, in ber, foHte man meinen, als ba3 einjig Süchtige bie Befolgung
be3 alten ©runbfafceS Ijätte erfdjeinen muffen, bem abjieljenben fyinbt golbene
SBrücfen ju bauen. $er (Sinrourf, man bürfe eben nichts auf bic geograpljifdjen
Angaben ber 3$tänber geben, roeil ficf) bie 3$länber in biefer JBejie^ung ju grobe
33erroed)flungen ju ©Bulben fommen liefeen, erfcfjeint mir meljr ttnllffirlid> unt>
bequem als überjeugenb. Sin folrfjeS ignorieren ber ©fotborgara erfrfjeint mir feinet
roegä geeignet, bie ©d^nrierigfeiten, bie au$ ben gegenüberftetjenben Quellenangaben
erroarfjfen, ju befeitigen. Dann möchte idj immer nodj lieber in ber öon mir bei
Sürfdjau nadjgemiefenen SlrenSbef bie ©fotborgara erbtiefen, fiürfcfjau liegt jroifdjen
ber legten, meftltdjften ©taffei be3 baltifcfyen $öl)enrücfen8 unb einem jiemlitfr
ausgebeizten ©ee, ber fyeute nid)t nad) bem am Dftufer be3 ©ee3 liegenben
Sürfdjau, fonbern nad) bem an feinem Slorbufer liegenben 2)orfe ärenljolj Reifet
2)em SBeftjipfel be3 ©eeS entftrömt bie SlrenSbef, bie in ifyrem unteren Saufe
©ilberftebter 8lu 609 ) Reifet. 35iefe ?lren3bef burdjfliefet bie weite, unbebaute, bielfad>
mit 3Koraften, j. 58. bem Sßapfeemoor, bem SRebbermoor, bem 33efligmoor, bent
SBeftermoor, bem SBudjmoor angefüllte §eibe roeftlidj t>on Sürfdjau, bie nidjt nur
bem tarnen, fonbern ber gangen topograptjifdjen SBefdjaffenljeit nad} genau ber
Hlyrskogsheidi ber norbifdjen Duetten entfpridjt. §eute wirb biefe ungeheure £eibe
im Dften öon ber ©trafce ©ctyubt)*2ürfd)au'3bftebt»©ieöerftebt umjogen, ber ©renje
jroifdjen ofteimbrifdjer §ügellanbfdjaft unb mittelcimbrifd)er ®eeft; im ©üben ton
ber ©trafee ©djubtj'Silberftebt-Jreia an ber Ireene; im Söeften öon ber ©trafee
Jreia»@^ertoft«2angftebt»Äeelbe!, bie in üjrer ganjen SuSbeljnung am Dftufer ber
Jreene liegt; im Sorben burdj bie fjortfeftung ber §tyrffog3l)eibe jnrifdjen Äeelbef
unb ©ietoerftebt. Unb biefe gange weite §eibe mirb Don Dften nadj ©eften tion
ber Slrenäbef burdjfloffen, bie in iljrem Dberlauf nörblid), in ifjrem Unterlauf
füblidj öon ©djleSroig liegt ba fie Don SRorboft nad) ©übmeft fliegt. Sbentifijiert
man biefeS roafferreid)e ©emäffer mit ber ©fotborgara, bann finb mit einem
©cfclage f amtliche ©d)ttnerigfeiten gehoben: bann liegen nidjt nur £>eibabt), Hlyrs-
kogsheidi unb ©fotborgara innerhalb ein unb beSfelben ©d)ladjtfelbe3, fonbern aud>
ber fdjeinbare SBiberfprud) ift gehoben, bafe bie einen Duellen bie Hlyrskogsheidi
nörblidj, bie anberen füblid) öou £eibabt) öerlegen. 2lber frei öon SBiflffir mürbe
5 9) ©crabe mie bie Iremä erft ©arger 2lu, bann ßleöer 91u unb bann erft
IremS l)ei&t ober ttrie ttmt)rfd)einlid) bie ©djroartau gunädjft Äaltenau unb erft an
ifyrem unterften Saufe Sdjtoartau tjiefc, ögl. oben, ©. 108 unb 123.
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audj eine foldje grtlärung nid)t fein, inbem ftc bie ©fotborgara mit ber SrenSbef
ibentifijiert, obxooty eine ©djottburger ?lu nadjgemiefen ift. §olber-Sgger umgebt
biefe ©djroierigfeiten, inbem er fid) auf bie Semerfung befc^ränft, e£ fei nidjt
möglidj, bafc bie ©Iat>en an ein unb bemfelben läge bie ©djottburger Slu Über-
tritten unb bei ©djteSroig gefämpft Ratten: fie mürben biefen gfafc t>ielmef)r bei
ityrer SRüdtetjr öon if)rem SßlünberungSjuge nad) SRipen Übertritten I)aben; eine
SSemerfung, bie me^r ©elbftoerftänblidjeS aufbrüdt, ati bofe fie eine Srflärung
für bie $atfad>e öerfudjt, baft bie ©fotborgara gerabe am ©djladjttage eine mistige
SRoHe fpielt. 510 ) ^o(ber*@gger« Srtlärungen öerfagen audj infofern, a(^ er jroar
oon ber ©djottburger 2lu fpridjt, aber nirgenbS bie Sage berfelben nadjroeift.
S3ietletd)t ift biefe Unterlaffung $olber(£gger3 barauf jurüdjufüljren, baft ber
■Warne ©djottburgerau auf ben je&igen beutfdjen Karten, 5. 93. auf SBogete muffer*
fjafter Karte be3 ©eutfdjen SReidjS 611 ) nidjt nachweisbar ift, obrooljl auf festerer
btö beutfdje Kirdjborf ©djottburg richtig t>erjeid)net ift, genau an ber nörblidtften
©teile ber $erjogtümer, füblid) t>on ber KönigSau. Stud) id) müfete mid) auslieft-
tid} auf bie aUerbingS guoerläffigen Slngaben oon ©djöning unb Kufe oerlaffeu,
wenn id> nidjt, unabhängig oon beiben ©elefyrten, felber eine ©diottburger 9Iu
gefunben fyxttt im Sorben öon SRipen, in einer Sage, bie jtoar ju ben Ouellen,
aber nidjt ju ber ermähnten Slnmerfung $olber«©gger3 pajjt, ber feine unbeftimmte
©djottburger Slu füblidj oon SRipen fudjen mufj, wäfyrenb fie bei SRipen 10 Kilo-
meter, an anberen ©teilen nod} weiter nad) Sorben entfernt oon SRipen liegt.
34 fjabe bie ©diottburger 8lu auf ber 102 3al)re alten „Karte öom ^er^ogtljum
©d)le3roig" gefunben, bie ber bänifdje Dffijier g. 0. ©olomin, „*ßremier«£ieutenant
beim ©djleSroigfdien Snfanterie-SRegiment unb Königlicher Sanbmeffer" „nad) ben
öon ber ©efeHfdjaft ber Sßiffenfcfjaften in Kopenhagen betannt geworbenen DrtS-
beftimmungen" „mit Königlichem aßergnäbigftem Sßrimlegium" entworfen Ijat. 612 )
dlad) biefer Karte ift bie ©djottburger Slu fein geringerer glufe aU ber ©rensfluft
be3 2)eutfd)en SReic^cö, al3 bie berühmte Königgau, auf biefer Karte an ifyrem
Unterlauf Konge Slae, in if)rem SKittellauf ©djottborger 2(u genannt. 618 ) ©te
münbet in3 bänifdje Wattenmeer jroifdjen SRipen (bänifd) SRibe) unb ©Sbjerg,
510 ) «. o. ; <§. 350, Slnm. 1.
* xl ) ©otya, 3uftu3 SßertyeS, im äRafcftabe 1 : 500 000, 1894, ©latt 1, A 9.
612 ) Schleswig 1806, bei SRöfjfe unb ßfjriftiani.
613 ) 3)ieS ift fomit bereits ber oierte in biefer SIrbeit oorfommenbe SBaffer-
lauf, für ben id) öerfdjiebene SRamen für Unter» unb Oberlauf nadjgewiefen tyabc.
gür biefen nörblic^ften, 75 Silometer langen ©renjflufj bc^ ^eutfe^en 9Wd)e3 finb
13*
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gegenüber öon her eigenartigen bänifcfjen iftorbfeeinfel ^an'6. SS ift ein roeiter
3ug, ben man öon Korben gen ©üben unternehmen mufe, elje man öon ber ©tot»
borgara, ber ÄönigSau, bis §eibabt), nadj bem füblicfj öon ©cfjleSroig gelegenen
.§abbebt) ju gelangen öermag, naä) |>abbebt), bog füblicf) öon ber ©t^Iei liegt,
genau gegenüber bem nörbtief) öon ber ©djlei gelegenen ©<$leSnrig.
infolge ber großen Stoße, toeld)e bie ©fotborgara in nicfyt weniger als fieben
norbifdjen Duellen für bie 2Benbenfd)lacf)t fjrielt; infolge ber Xatfac^e, bafc eine
©fotborgara mit ©itfjerljeit nur 10 Kilometer nörblicf} öon SRipen nachweisbar ift;
befonberS aber infolge beS UmftanbeS, bajj gerabe bie beiben älteften Duellen, bie
mo^l beibe öon Slugenjeugen l)errül)ren, bie ©efänge beS ©falben £lyöbf)ölfr öon
1043 unb bie beS ungenannten ©falben jnnfcfyen 1043—1047 mit aller JBeftimmt*
f)eit bie ©egenb an ber ©fotborgara als ©t^lat^tfelb bejeidjnen, Tratte xä) eS für
unftattljaft, baran ju jmeifeln, ba& bie 2Benbenfcf)lad)t jroifcfjen SRipen unb ber
ÄönigSau ftattgefunben §at. SRinbeftenS für ebenfo unftatt^aft muft idj eS aber
galten, baran ju jtoeifeln, bafc bie 2Benbenfc!)lad}t 105 Silometer füblicfyer auf
ber ^fyrffogSfyeibe, in ber Sftälje beS heutigen Sürfctjau bei ©cfjleSnrig geflogen
morben ift. 2luS biefem anfdjeinenb unlösbaren Dilemma gibt eS nur einen
9lu3meg: bie Slnnafyme öon gmei 2Benbenfd)lacf)ten, oon jtoei Siegen beS Königs
SttagnuS über bie ©lauen im §erbft 1043, bie furj aufeinanber folgten unb
beren Äunbe fdjon beSfyalb im fernen Sslanb unb 5Wortoegen ineinanber fliegen
fonnte. Diefe 9Innaf)me entftmdjt ttidfjt nur aufs befte, fonbern allein ber ganjen
©abläge: bie Sßenben Ijaben bie ganje $albinfel jmif^en Dftfee unb Korbfee
aufs furcfytbarfte üer^eert bis f)inauS über SRipen. SRiemanb roagt iljrer furcht«
baren ■äJiadjt entgegenjutreten. 2)ie ©rofeen beS SSolfS felbft bitten SKagnuS
bringenb um |)ilfe: «Principes Dauorum hortati sunt Magnum regem, ut
proficisceretur adversus exercitnm Slavorum». «Quam ob rem Magnus
perseverantissimis popnlarium preeibus committendi prelii auetorem agere
postulatus». 614 ) äRagnuS felbft fyatte foeben mit ungemöljnlicf) grofjer ^eereS«
macf)t 615 ) einen fiegreid)en 3 U 8 an bie Dbermünbungen gegen SomSburg unter»
mir nidjt toeniger als bret Kamen begegnet: ©fotborgara in ben iSlänbtfdjen Duellen,
fionge 2lae unb ©djottborger 2lu auf ber ö. ©olottrinfdjen ®arte, SöntgSau unb
9logböl*2la (fo meftlid) üon Äolbing) auf ber SSogetfäen Earte.
°' 14 ) £etmSfringla, a. o.; ©. 341, 31 unb ©ajo ©rammaticuS, a. o.; ©. 66, 24.
516 ) Um 1045 trägt ber ©falbe Slrnorr ju Sront^etm ben Sönigen SRagnuS
unb #aratb ein Sieb bor (ügl. oben, ©. 180/181), in bem er über bie ©röfce ber jur
SBifmgerfaljrt nad) S^ntSburg öermanbten ©treitfräfte fagt: Nunquam audivi
regem qnenqnam in terram eorum plures naves agitasse; tum mare navibus
sulcatum est, sed tu dolore Slavos afTecisti» (MG. XXIX; ©. 340, 46).
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nommen, mar nadj beffen ficgrcic^cr unb fdjneller SBeenbtgung öon bcr Dber-
münbung nacf) ©fanbinabien jurücfgefeljrt unb (jatte bann nud> im Sommer
fein £eer entlaffen. 616 ) 3$on iftormegen mar er im ©pätfommer nacf} Süttanb
gefahren unb bei ©cfjleSmig gelanbet, mo iljn bie 9lacf)ricf)t öom unb bie klagen
«Skioldunge, tu grassatus es igne malam gentem, destinata erat mors viris,
maximam incendisti, nebulonum oppressor, ignis flammam in regione meridiem
versus ab Joma sita. Non ausa est aulas defendere pagana gens in vallo
lato, tu rex reddidisti oppidanis ardenti igni tremula corda» (ib. ©. 340,
49). Sin einer brüten ©teDe fagt 2lrnorr (MG. XXIX, ©. 397, 33): «Certamen,
cuius Slavi meminerunt, rex deinde commisit; prineeps combussit Jomae
haud paueorum sceleratorum corpora. Abstraxit truneum subito adustum
cruenta fera e pruinis» = ben ptöfclid) angebrannten SRumpf $errte ijerfcor au«
ber Sfdje ber blutgierige SSolf. ©norre fügt au biefen SKtttetlungen SlrnorrS in
feiner $eim$fringla folgenbe Slngaben f)inju: « — Magnus — evoeavit exercitum
navalem magnum e Dania et profectus est aestate in Slaviani cum toto
exercitu et habuit exercitum permagniun. Sed cum — venisset in Slaviam,
ad Jomsborgum appulit et castellum statini expugnavit, multumque populum
ibi cecidit, et incendit castellum regionemque late circumcirca, omnia agens
ferensque» (ib. ©. 340, 44). 9lrnorr3 unb ©norreä Slngaben merben aud) burdj
bie föntytlingafaga beftätigt: «Ea aestate Magnus rex in Slavia ad Jomsborg et
reportavit victoriam , combussit castrum et multa alia loca terrae» (MG.
XXIX; ©. 276, 30). $l) re befte Scfräftigung erfahren aber bie norbtfdjen Oueflen-
nadjridjten burd) ben ben ©reigntffen aeitltd) naljeftefjenben unb burd) feine fjerfcor-
ragenben ©emäfjrSmänner (ögl. oben, ©. 184) auf 3 befte unterrichteten SIbam
t>. Sremen: «Magnus rex classe magna Danorum stipatus, opulentissimam
civitatem Sclavorum Jumnem obsedit, Clades par fuit. (SSattenbadj überfefct:
„2)er SSerluft mar auf beiben ©eiten gleid)" [a. o., S. 114]. 2tHein menn man bie
gitterten norbifdjen eingaben berücffidjtigt, trifft man ben Sinn mol)l beffer burdj bie
Überfefcung: bie 9tteberlage mar entfpredjenb, angemeffen;' b. lj. bie SWiebertage ber
SBcnben entfprad) ben ungeheuren Lüftungen beä $önig3 9Ragnu£.) Magnus terruit
omnes 8claV0S. Victor Magnus Daniam et Nortweiam optinuit.
Magnus autem rex pro iusticia et fortitudine carus fuit Danis, verum Sclavis
terribilis, qui post mortem Chuut (ber mit ffaifer ffonrab IL befreunbete Knut
ber ©rofje, bem ffonrab II. ©djleSmig überlaffen fjatte unb beffen Softer ©unfjilbe
mit KonrabS ©oljn £einrtd) III. öermätjlt morben mar, mar 1035 geftorben: feit
RonrabS Huger $olitif finben mir Seutfdje, S)änen unb ba3 ftatrifdje t?ürftengefd)ledjt
©ottfdjatfS ein öolleS' 3<*t)rf)unbert im treuen unb burd) bie fidj beefenben Sntereffen
geförberten 95unbe gegen bie bamals befonberS ftarf auSgebilbete Sanb* unb ©eemadjt
ber baltifdjen ©lauen!) Daniam infestabant». 3lbam II, Schol. 57 unb cap. 75;
a. o., ©. 90, 91 unb 92.
sie) <j)j e Saga Magnusar konüngs ens Godha berichtet öon 9Jlagnu£
MG. XXIX; ©. 396, 36, Kapitel 28 (e* ift bebauerlid), baß üon Aap. 27 nur
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über ben SßenbeneinfaK erreichten, ©o mujste er junädjft bon neuem ruften 617 )
unb 30g bann fofort 618 ) bem geinbe entgegen, benn bajs er fyelbenmütig, unter-
nefjmenb unb eine frifdje *ßerfönlicf)feit mar, fann fdjletfjterbingS feinem 3wctfef
unterliegen. 35ie SBenben maren bereits bis an bie SKorbfee nörblidj öon SRipen
gelangt. §ier, an ber ©renje gmifd)en ©d)le3mig unb Sütlanb, tritt 9Kagnu3
nac§ ber ®epflogenl)eit ber SRorbmänner, bie ©ntfcfyeibungfdjladjten an ber ©renje
auSjufämpfen, bem überlegenen geinbe mutig entgegen unb fo fommt e$ ju bem
fiegreidfjen Kampfe an ber ©djottburger 2lu. Die gefcfylagenen ©laöen toenben
fiel) nadj ©üben. 93orfic^ttg folgt bem infolge feiner Übermacht immer nod>
furdjtbaren 3*inbe ber junge Äönig unb greift bann, terftärft burdj ben
fcerbünbeten unb öerfdjroägerten ©oljn be8 ©acf)fenf)er5og8, ß10 ) menn aud)
ein gar fo targer 9lu3jug in bie MG. aufgenommen toorben ift, ögl. oben, ©. 14,
Slnm. 28): «Deinde traiecit cum classe in Slaviam et appulit cum exercitu
suo apud Jomam; escendit Magnus rex ibi in terram et populatus est,
combussit et vicos et homines, fecit Slavis magnam vastationem et peregit
multas praeclaras res. Deinde reduxit rex exercitum in Daniam;
sed cum rex venisset in Smalandiam, remisit exercitum Norwegicum, sed
ipse remansit ibi cum haud magno exercitu».
617 ) Sgl- bie SKagnuäfage, ib. ©. 397, 40: «Eodem autumno Magnus
rex constitutus erat in Jutia, tum nuntiatum est ei per speculatores Slavorum
exercitum parari adversus ipsum — Magnus rex misit illico nuntios per
totum Danicum regnum et evocavit ad se copias». Sem nuberftmd&t nid)t
©norre, toenngteidj er ba3 neue #eer nid^t in 2)änemarf, fonbern in Sütlanb
gefammelt merben täfct, eine SRadjridjt, bie nod) beffer ju ber obroaltenben ©abläge
paftt, jebodj bie Stngabe ber 9Jiagnu3fage nidjt ausliefet. £eim8fringla, ®ap. 27,
MG. XXIX; ©. 341, 29: «Deinde Magnus rex eonvocavit COpias ad se, et
collectus est cito exercitus e tota Jutia». 2ludj tjier merben bie SKitteilungen
ber norbifdjen Duellen burdj Slbam beftätigt, beffen Angaben mieberum bie fiunbener
Slnnalen (a. o.) übernehmen. II; 75, a. o., ©. 92: «Et forte Magnus rex tunc
a Nordmannia redieus, Heidibam appulit. Qui mox, Danoram copiis undique
collectis».
618 ) Sgl. aufcer bem eben jitierten Mox SlbamS bie Slbam beftätigenbe unb
trefflich crgän^enbe Stunbe ber SKagnuSfage, Aap. 29, a. o., ®. 397, 42: «ipse vero
cum manu, quam nactus est, profectus est adversus Slavos fere die noctuque;
tailtopere vero acceleravit iter suum, quod Slavi faciebant maximam
populationem» (ttne 9Jtognu3 fetber ein SMerteljaf)r bortjer in unb bei 3>om8burg).
6i9) j) er @ f| n feinet ©djtoagerä, be3 93tllunger3 Drbulf, unb feiner ©djioefter
Ulfljtlba, ber Softer be3 ^eiligen Dlat), mürbe nad) itjm, alfo nad) bem SKutterbruber,
2Wagnu3 genannt. (££ ift ba3 ber befannte ©ad)fenf)erjog äftagnuS, burdj beffen
Slbfefcung ®önig §etnric^ IV. ben ber^ängniSöoHen ©adjfenfrieg fjeraufbefdjtoor.
SSon biefem SiDunger SKagnuS, ber 1093 bie ©laben ebenfo bernidjtenb ju 3milotoc
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jögernb, 620 ) angefeuert burdj DrbutfS 2Ral)nwtgen, 621 ) ben getnb jum jroeiten
*ötale an auf einem für bie SBenben möglid)ft ungünftigen ©etänbe, ber £tt)rffog&-
Ijeibe bei ^eibab^. £ier erft finbet bie furchtbare Sftiebertage ber ©(aüen ftatt, bie
ben SRamen be3 SönigS 9Kagnu3 mit einem ©djtage im ganjen Korben uufterblidj
madjt. S5ie fpäteren Quellen bringen, nactybem fiel} ber Olaofult injroifdjen ftärler
mi3gebilbet l)at, biefen Sieg, begreiflich genug, mit einer ©inmirfung feines 33ater3,
be$ Zeitigen Olaü, in Serbinbung.
bei Stafceburg fdjtug, mie genau ein fjatbeS 3aJjrfjunbert üorfjer fein nortoegifdjer
Ofyeim an ber ÄönigSau unb bei Sd&leSttrig, er$äf)lt eins ber ätteften Räuber
3)enfmäter «quae — inter vetustissimas historias Islandicas magni habenda
«st», bie «vita Olavi Sancti regis Norwegiae prior», er fei ber fdjönfte aller
SRänner gemefen: fein fang com Sdjeitel IjerabroaüenbeS £aar fei auf ber einen
Stile meifcbtonb, auf ber anbern «Seite golbigrot gemefen (MG. XXIX; 395, 2)
unb bie 9Kagnu$fage roeifj üon ber 2Irt unb Seife, roie bie öermäljtung feiner
Altern juftanbe gefommen fei, SRtttetfungen $u ersten, bie ju ben reijüollften
<Sebtlben ber reichen germanifd&en §elbenfage gehören. Sein geringerer als Äaifer
^einricf) III. tyabe urfprünglid) bie Utff)itbe für fidEj $ur ©emafjlin erforen unb Orbulf fei
nur fein Srautmerber gemefen: offenbar eine 93erroed)t(ung mit ber Xatfadje, bafc
^einridE} III. in erfter Sfye mit ©unitbe, ber Xodjter ÄnutS be3 ©ro&en, üerfjeiratet
mar. 3)ie £>od)äeit DrbutfS unb UlftyübeS ^atte, tote SBebefinb nadjroeift, am
13. 9loüember 1042 ftattgefunben: etma jefjn SKonate oor ber SBenbenfdjladjt.
ß2 °) ©3 ift mir unerfinblid), weshalb #olber*Sggcr bie Seünaljme DrbuffS
cn ber Sdjtad&t auf ber §tyrftog$I)eibe in 3^cifet aieljt. ©rünbe für biefe feine
«nämeiftung füfjrt £olber*@gger nicfjt an, MG. XXIX, S. 341, 9tnm. 5: «Adam,
qui de proelio Hlyrskogensi refert, Ordulfum ei interfuisse non dicit. Tarnen
auetoribus Islandicis hoc verum habent neseio an rede viri docti, cf. Munch,
Steindorff». 3)er Umftanb, bafc 8lbam DrbulfS leünafjme unermäljnt läfjit, f priest
nid&t im geringften gegen biefe 2eitnaf)me. 2lbam weife audj nichts Don ber Sfot-
borgara, ber #tyrffog3f}eibe, tute er benn überhaupt feinen Srfjtadjtberidfjt gibt, fonbern
biefe Kämpfe nur fur$ unb fummarifdfj ermähnt, fflar boefj fein ©emäfjrSmann
Süeinn Slftribfon ber politifdje ©egner unb Nebenbuhler be$ SönigS SWagnuS. So
mirb itjm Süeinn üon ber glän^enben SftufjmeStat feinet £errn unb SönigS, gegen
ben fid) Süeinn treulos erhoben fyatte, nur ba3 Iftotroenbigfte erjäf)tt fyaben. SSgl.
auefj oben, S. 184. 3Me SKagnuSfage, bie $eim3fringta unb bie Saga Olafs Konungs
Ens Helga ftimmen barin überein, bafe ber SiHunger Otto ober Drbulf feinem
SdEjmager 9Kagnu3 geholfen t)abe. $lad) ber 9Ragnu3fage mirb Otto üon SftagnuS
$u $ilfe gerufen; ift e3 Otto, ber bem unentfc^loffenen 3Ragnu3 jum fof ortigen
Seginn ber jtt>eiten Sc^fac^t rät unb ift eä mieberum Otto, ber einen befonberS
reic^tic^ jugemeffenen Anteil an ber Siegeäbeute erhält, cap. 35, MG. XXIX;
@. 404, 35: «Rex dedit honorifica dona duci — . Discesserunt affines cum
summa amicitia; ivit dux inde meridiem versus in Saxoniam».
621 ) Sgl. oben, 6. 185 u. 2Tnm. 482.
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200
2)iefe meine Deutung wirb aus beut SBereidje einet blofcen #t}potljefe in ba$
SBereidj ber Ijiftorifcf) nadjgetoiefenen äBirflidjfeit gerücft burcf) ba$ ältefte unb
einroanbfreiefte 3 eu 9 n ^, baä mir über biefe genmttigen Äämpfe befifcen; burdj ba$
faft gleitf) jeitige Sieb be$ fdjon meljrf adj ermähnten ©falben Jljjöbfyölfr:
«Minn va sigr fyr sunnan snjallr Heidaby spjalli naer fra ek skarpa
skoeru Skotborgara gotna». 622 )
SDenn nadj biefem jutoerläffigften .ßewgniS, bog un£ über biefe SBenbenfämpfc
erhalten ift, fanben furj Ijintereinanber — novi — jtoei ©djladjten ftatt, bereit
gmeite bie ^ait^tfc^Ia^t — acris pugna — mar: bie ©d)lad}t füblidj öon ber
SönigSau — meridiem versus u flumine Scotborgensi — unb bie ©d}tad)t
auf ber üürfdjauer $eibe bei ©dfjteSmig — prope Heidaby. 9hir fo Ijat ber
©ilmarfdj Don Äönig 9Ragnu3: tprofectus est ad versus Slavos fere die
noctnque» ©inn, benn Ijätte nur eine ©djlatfjt ftattgefunben, bie bei ©djleSroig,
fo beburfte e3 feiner langen SDtärfdje, um t>on ©djteSroig au?, roo 2Kagnu£
gelanbet mar, ben geinb ju erreichen. SWadj ©cfjöning 628 ) gibt e3 audj nörblidj
öon ber Rönig3au bei SRipen eine meite Sbene, meldte an Drt unb ©teile
bie £Igrffog3f)cibe genannt nrirb. Xrifft biefe SJeljauptung ©cljöningS ju, fo
wirb e3 nodj begreiflicher, bajj bie fpäteren norbifdjen Duetten, bie in weiter
gerne (jod) im Korben 1 V* — 2 7* Sa^unberte nacl} ber ©cf)lacf)t l)auptfäd)lid)
nad) ben alten tölänbifdjen 3 c ^Ö n iff cn kompiliert würben, beibe furj auf-
einanber folgenben ©djladjten, bie beibe — 2Benbenfcf)Iadjtcn, beibe — ©iege beS
Äönigä 9Wagnu3 roaren, beibe über baSfelbe §eer erfochten tuurben unb nun aud>
beibe auf einer Hlyrscogsheidi ftattgefunben Ratten, jufammenmarfen. SlÖein id)
glaube hid)t an biefe Slac^ri^t, einmal au$ geograpljifcfyen ©rünben, ba nörblid>
öon Stipen nidjt ©eeft, fonbem 9Rarfdjen liegen unb eine §eibe in biefen fetten
9torbfeemarfdjen unbenfbar ift, bann aber aucfj au£ fyiftorifdjen ©rünben. Denn
roäfyrenb ©djöning biefe §eibe nörblitf) öon ber ©fotborgara «haud procul ab
urbe Riparum» fonftatieren miß: ad cuius amnis riparn septemtrionalem,
fagt S^jöb^ötfr anSbrücflitf), bafc bie ©djtadfjt meridiem versus a flumine
Scotborgensi ftattgefunben Ijabe.
622 ) 3>6n3fon überträgt biefe ©falbenöerfe folgenbermaften in3 flateinifdje,
a. o.; 3. 401, 41: «Meus fortis princeps victoriam reportavit meridiem versus
a flumine Scotborgensi, novi aerem pugnam factam esse prope Heidaby».
528 ) «Amnis Skotborgara dictus haud procul ab urbe Riparum ad
boream in mare occidentale se exonerat, ad cuius amnis ripam septemtrionalem
sita est late planities, quae hie Hlyrskogensis dicitur», bei SSigger, a. o. r
S. 75, 8tnm. 4.
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201
D. 2)ie Beitbeftimmung fomic bie politifdje Sage öor unb nadj
bcr Sdjtadjt.
©o fdjmierig ficf) bic DrtSbeftimmung geftaltete, fo leidjt unb fidjer ift bic
3eitbeftimmung, toenigftenS roaS Sag unb SRonat anbelangt. Sin treu ergebener
Ofreunb be3 fiönigS, ber nortoegifdje ©falbe Dbbr Äiffna, ber cbenfo wie £I)jöbt)ötfr,
Slrnorr unb bcr Ungenannte ein 3ettgenoffe ber Sdjladjt getoefen ift, fonrie bie
^eimSfringta unb bie 9Kagnu3fage laffen feinen Stoeifel barüber, bafe bie jioeite
S>djtatf)t, bie bei ^eibabty, am 28. September ftattgefunben Ijat. 624 ) ®a bie
©cf>Iacf)t in bemfetben 3tal)re toie bic gerftörung SontöburgS unb bie Scfjladjt bei
Slarljuua ftattfanb, ©reigniffe, bie beibe ins Saljr 1043 fallen, fo gibt ber
28. September 1043 iljr genaues 2)atum an. 2lm 8. 3uni 1042 mar Äönig
$orbafnub oon Dänemar! unb ©ngtanb geftorben. (Sinem früheren ©ertrage
jufotge fiel ©änemarf nunmehr an ben 17 jährigen Äönig 9Kagnu3 oon SWorroegen,
bem ba3 Xljing ju SBiborg fofort ljutbigte, unb jtoar rnufc biefe $utbigung fpäteftenS
im Sutt erfolgt {ein, ba bie $eim3fringla ermähnt, 9ftagnu3 Ijabe einen großen
Seit be3 Sommers in 2)änemarf jugebracfyt unb fei im 93eginn be3 $erbfte3 naä)
ÜRormegen jurütfgefeljrt. 626 ) 3to SRortoegen erljob SRagnuS ben Söeinn, ben Soljn
beS Sdjroeben Ulf unb ber Stftrib, ÄnutS beS ©rojsen Sdjtoefter, jum 3art t>on
Seelanb. Söeinn Slftribfon ober, tüte iljn bie Scfyroeben nennen, UlfSfon eilte
fofort nad} 35änemarf, fiel aber nod) in bemfelben Safyre 1042, im SBinter öon
feinem Könige SKagnuS ab, t>on ben Seelänbcrn aU Äönig 2)änemarf3 an-
erfannt. 626 ) 35icfe Slngabe SnorreS mirb burd) bic 9Wagnu3fage nodj genauer
batiert: thaun sama vetr eptir jöl, nad) bem Sulfefte, tjatte Söeinn bie bänifdjen
624 ) $ie $aten über bie Sdjtadjt l)at mit getuoljnter Sorgfalt SBigger in
feinen für ba£ Stubium be3 Stampfet grunblegenben 9Jlecflenburgtfd)en 9lnna(en
jufammengefteDt, S. 74. 5Wur bic Saga Olafs Konungs Ens Helga fefct bic
Sdjtadjt ftatt auf ben 28. auf ben 29. September: am 28. fommt nad) ifjr „erft
bie Sotfdjaft öon bcr £eibenmenge".
5 2 5) <j) a biefer Seit unter bie in ben MG. beröffentüdjten Fragmente bebauer*
lidjerioeife nidjt aufgenommen toorben ift (ogl. oben, S. 14, 3lnm. 28 unb S. 197,
Snm. 516), füfjre id) bic betreff cnbe Stelle in ber latchtifdjen Überfefcung ber ermähnten
9tu3gabe toon SßeringSfjötb an, Seit II, S. 27, Sap. 22: «Deinceps magnam
aestatip partem in Dania exegit Magnus — . Cum vero autumni ingrueret
tempus copias suas in Norwegiam reduxit».
626 ) ^cim^fringla, a. o., S. 31, ßap. 26: «Eadem hieme, qua totius
Daniae praefecturam adeptus fuerat Sveno, acquisita sibi prineipum virorum
familiaritate populique amore regium titulum sibi vendicabat».
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202
otogen aufgewiegelt. 627 ) 9Kagnu3 blieb ben ganjen SBinter — alfo ben SBinter
öon 1042 auf 1043 — in SRortoegen, jog fogleid) beim fetxaimatyn be3 griiljlingS
gegen feinen abtrünnigen Sari ©oeinn, ber i^n aber nirf)t ju erwarten roagte unb
fofort — alfo im gfrüfjling 1043 — nadj ©djroeben flol). 628 ) SBäljrenb 9Kagnu3
in ®änemarf weilte, ereilte ifyn bie SRa^ri^t t>om 2tbfaK ber SomSburg. 629 )
©ofort rüftete er, jog mit einem mächtigen £>eere im ©ommer gegen bie SBenben
unb jerftörte bie Somäburg. 33on ber Dbermünbung fuljr SftagnuS jurütf nad)
Norwegen, entliefe bort einen Jeil feiner für bie bänifäen unb flatnfdfjen Sfelbjüge
627 ) fieiber fcerfagen audj fjier bie MG. infolge itjrer gar $u f argen 21u3»
toaty. 34 sitiere beäbatb nadj SBiggerä 21nnaten, ©.72 ober nadj $ering£fjölb.
2)a$ aH^utur^e gragment ber MG. (XXIX; ©. 396, 31) au* Aap. 27 ber SKagnuS-
fage bringt nur fotgenbeS: «Sueno tum erat apud Magnum regem; et cum
processerat aestas, profecti sunt meridiem versus in Daniam, tum dedit
Magnus rex prineipi (Suenoni) potestatem et dominatum Iutiae; haec remo-
tissima est a Norwegia, sed proxima Slavis (bie Werben beadjtenSWerterweife
an erfter ©teile genannt) et Saxonibus, qui semper magnum bellum inferebant
Danis eo tempore (pafct bamalS nur auf bie ©lauen).
628 ) 9lud& öon ber folgenben ©teüe ftefjt nur ber au3 bem 25. ®ap. ber
$etm3fringla angeführte Seil in bem gragmente ber MG., Sap. 26 ift gang unberücf«
fidjtigt geblieben, ©o füf»rc id) audj Ijier bie Bitate aus ber trefflichen SluSgabe
t)on ^eringSfjölb an, ©tocfljotm 1697, II, 30, Sap. 25 (Heimskringla eller Snorre
Sturlusons Nordländske Konungasagor cum interpretatione öuecana et Latina):
«Magnus copias suas in borealem Norvegiam eduxit ibique per hiemis
tempus omnem commemoratus est. Vero adpetente satis validum collectum
habebat exercitüm, cum quo meridiem versus in Daniam contendit». ©. 32,
$ap. 26: »Vernali vero tempore cum regem Magnum ex borealibus Norvegiae
regionibus valido cum exercitu adventare constabat, in Scaniam se reeepit
Sveno. Stjnlidj bie 9Kagnu3fage, bereu betr. ©teüen iä), and} r^ier üon ben MG.
im ©ttd) gelaffen, na<$ SBigger (a. o., ©. 72) jitiere. $ap. 27, 28: »Eadem
hieme post festum Jolense Suein dynasta Danos Vebjarga convoeavit. Quibus
comitiis is tinis fuit, ut Sveinem regem Danici imperii salutarent. Rex
Magnus, cum haec vergente hieme cognovisset, extemplo misso per totam
Norvegiam nuntio, dimidiam partem universi regni militum et commeatum
imperavit, et hunc exercitüm prima aestate in Daniam trajeeit. Ubi vero
Svein de adventu eius certior factus est, paucitati suorum diffisus relicta
Dania in Svethiam ad Önundum — se contulit, ibique copias per aestatem
contraxit. Rex Magnus, cum in Daniam venit, incolis graves poenas, quod
novum sibi regem sumpsissent, irrogavit».
629 ) Sei <ßering$fjötb II; ©. 30, fiap. 25: »Hac ipsorum rebellione
(ber SBenben in ber 3om3burg) cognita, praevalido cum exercitu in Vandaliam
aestivis diebus contendit Magnus».
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203
in Snfprud) genommenen Jruppen, fuljr bann nadj 3üttanb, mofetbft e3 nunmehr
im September 1043 ju ben beiben aufeinanberfolgenben 2Benbenfdjlad)ten an
bet $önig§au nnb bei Sfirfdjau !am. 680 ) SBäljrenb aber 9Kagnu§ bie ©tauen an
ber Dbermünbung, an bet SlönigSau nnb bei ©d)le3mig fdjtug, Ijatte ©üeinn
Slftribfon ein $eer in ©djmeben gefammelt, mar nad) ©djonen gejogen, üon ba
nad) ©eelanb nnb gü^nen, um einen jmeiten SBerfudj ju mögen, 9Kagnu3 bie
§errfdjaft über 2)änemarf ju entreißen. 681 ) 93ei Slrrö — apud Ream — bjm.
in oeeidentalibus ad Ream locis erlitt aber ber untreue Usurpator eine fdjlimme
SRieberlage, bie man unmittelbar nad) ber @d)le§miger ©d)lad)t, alfo in bie erften
Dttobertage 1043 mirb fefeen muffen. $atte bod) 9ftagnu3 fein normegifdjeS £jeer
fcor feiner Sluguft« ober ©eptemberfa^rt nadj 3ütlanb entlaffen, 682 ) öerfügte bod)
ber Äönig nad) bem einftimmigen 33erid)t ber jaljlreidjen Quellen bei ben jüt-
länbifdjen SBenbenfämpfen blofe über ein ganj fleineS bänifc^ed §eer, btö nur
mätyrenb ber Sürfdjauer ©d)lad)t burd) bie ©adjfen unter Drbulf öerftärlt morben
mar. Unmittelbar nad) ber Sürfdjauer ©^lac^t mar Drbulf nad) ©adjfen jurüd-
gefeiert, ©o ffatte e3 ©üeinn mögen lönnen, ben Äönig trofe feiner beiben ©iege
über bie Sßenben, bie feinen tarnen gefürdjtet gemacht Ratten, abermals anjugreifen,
beim 2ftagnu3 fonnte nad) DrbulfS SRüdfetjr nur eine geringe Xruppenmadjt bei
fieb tjaben. 9?ad) ber ©c^tad^t bei 2lrrö unb ©beinnS gfadj* nad) ©djmeben begab
fid) 2Kagnu3 nad) 3>fittanb jurüd. ©omie aber ber e^rgeijige unb jmeifelloS
gefctyrlidje, untemef)mung§frol)e unb mutige ©üeinn, ber jum jmeiten 9Kale nadj
©djmeben geflogen mar, erfahren Ijatte, ba& SRagnuä mieber nad) Sütlanb jurüd-
gelehrt mar, fo magte er nod) in bemfelben Safjre — alfo etroa im ©ejember
680 ) 33gl. oben, ©. 196 u. 200.
# 681 ) Sei ^eringSfjölb II; ©. 33, £ap. 26: «Hie (i. e. ©öeinn Stftribfon)
aestivum tempos exegit, emissis in Daniam exploratoribus, qui de ineeptis
regis Magni cognoscerent, deque copiaram eius multitudine. Certior autem
redditus Sveno, Magnum exauetorata (berabfd&iebet) exercitus sui parte
maxima, in meridionalibus Jutlandiae oris commemorationis suae sedem
habere, ipse ex Svionia (©djmeben) solvens auxiliarium niilitum manum
eximiam secum ducebat — . Delatus in Scaniam — . Hinc in Selandiam
profectus — . Porro in Fioniam se conferens» ufm.
582 ) Sgl. ffap. 28 ber SJtagnuSfage, MG. XXIX; ©. 397, 38: «Sed cum
rex venisset in Smalandiam, remisit exercitum Norwegicum, sed ipse remansit
ibi cum haud magno exercitu» fomie Sap. 25 ber $eim§fringla, MG. XXIX;
©. 341, 29: «Magnus rex tum in Daniam (richtiger ift mof)l: Sßormegen!)
rediit, sibi mansionem hibernam ibi paravit, sed dimisit exercitum et
Danicum et mal tos, qui eam secuti erant e Norvegia».
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204
1043 — einen jtoeiten Sinfaß nad) ben bänifdjen 3nfeln, auf benen er jroeifeßoS
einen ftarfen Slnljang Ijatte. 038 ) 2)ie3mal überrafdjte ©beinn Äönig SRagnuS, bcr
fid) nadj feiner jroeimatigen 33erbrängung ©beinnS eines britten StbfaflS unb jtoar
nad) fo berblüffenb furjer Qtxt nid)t berfeljen fonnte, in Sütlanb felbft, furj
bor bem Sulfeft. 3tm testen Sonntage bor SBeiljnad&ten 1043 — var drottins
dag hin naesta fyrir Jol — tarn e3 jur @ntfd)eibung3fd)ladjt bei SlarljuuS, 034 )
in ber ©beinn gum britten SRale bon bem blutjungen £etbenfönig übermätttgt
mürbe. (Sin norbifdjer Sltemnber Ijatte biefer norroegifdje SSorläufer ©uftab 2lbolf3
unb SarlS XII. mit oft nur geringen 9Kitteln im Sitter bon 17 unb 18 3tal)ten
brei Slbfäfle 2>änemarfö unter bem gefährlichen ©beinn Slfiribfon niebergefdjlagen,
brei Siege über bie bamate madjtboßen baltifdjen ©laben bei 3om3burg, an ber
fiönigSau unb bei fiürfdjau babongetragen unb aHein im 3a^re 1043 bie fünf
©iege bei SomSburg, an ber ÄönigSau, bei Sürfd^au, bei 2lrrö unb bei SlarljuuS
688 ) $atte boef) König 2Ragnu£ ben erften Stbfafl ber bämfcfjen 3nfeln im
3hfül}jaf)r 1043 ftreng atjnben ju muffen, geglaubt, bgl. bie 2Ragnu3fage, aap. 28
(MG. XXIX, ©. 396, 34): «Sed cum Magnus rex venisset in Daniam, irro
gavit incolis graves poenas, quod sumpissent .sibi regem alterum; multos
peeunia multavit; nonnulli eiecti sunt e possessionibus suis, nonnullos oeeidi
iussit». SBie nadjgettriefen (bgl. oben, ©. 192, Slnm. 506), tjatte 2Ragnu3 aud) bor
ber ©djtacf)t bei fiürfdjau teils mit bem Untotflen, teils mit ber SBeigerung ber
3>änen $u fämpfen gehabt, ©nblidj t»atte fid) nad) bem mit ber Slrröer ©djladjt
enbenben Reiten Slbfafl $änemarf£ SföagnuS nicf>t nad) ben bänifdjen Snfeln begeben,
fonbern nadj Sütlanb. ©o Ratten bie bänifdjen gnfeln nadj biefem iljrem jmeiten
Slbfafl bie 9tadje be3 ÄönigS nod) ju fürchten, unb gmar eine nod) flimmere $lad)t
ate ba3 erfte 9Ral. ©ie Ratten alfo aßen ®runb, fidj ©beinn jum britten SRale
anäufdjliejjen.
684 ) fiap. 31 ber £eim3fringla, b. *ßering3tjölb II, ©. 37—42: »Sveno
Ulfoni8 filius confestim ad naves suas se contulit, cum cognovisset, Magnum
deserta classe sua in continentem exscendisse. Instante autem Joliorum
festo austrum versus in Jutlandiam contendit». ©. 40: «Hac proelium
proxima Dominica ante Joliorum festum commissum fuit». ©norre gittert
l)ier ben fdjon oft genannten ©falben $fjjöbf)ötfr, ber bei 8lart}uu3 mitgefämpft unb
ben als rutjmgefrönten ©ieger aus ber ©djladjt Ijeimfeljrenben SWagnuS mit feinem
un£ erhaltenen Siebe empfangen Ijatte, bgl. Oiefebredjt, a. o., II, ©. 85 unb 83,
9lnm. 2 fotoie III, ©. 312—313. Studj ein anberer ©falbe, ber oben (©. 201)
ermähnte Dbbr ÄifinaSfalb, maljrfdjeinlid) gleichfalls ein Slugen^euge, tjat biefe ftämpfe
berfjerrlidjt, bgl. 3Kagnu3fage, Aap. 41 (MG. XXIX; ©. 405, 45): «Oddo
Kikinensis poeta narravit Magnum regem proelium commisisse cum Slavis
in campo inculto Hlyrscogensi, paulo post vero ante nativitatem Domini cum
Suenone Ulfonis filio».
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erfaßten, etnm im Saufe bon ferf)ö 9Honaten. ®urdj bie ©arftellung biefeS engen
unb fidj gegenseitig bebingenben ßufammenljangeS Ijoffe icf) ben tefcten Stvttfd an
bem $)atum ber Sürfcfyauer ©i)lai)t fiberrounben 3U Ijaben.
E. 2)ie ©rünbe be3 SBenbenfriegeS.
9lad) (Erörterung ber ©röfee unb Verteilung ber ©treitfräfte, be§ ©ijladjt-
fetbeS, ber Sampfbaten unb ber borljer unb naiver fjerrfcfjenben ©abläge bleiben
nodj bie ©rünbe biefe3 jtoeiten SßenbenfriegeS barjulegen, beren icf) in ben Cueßen
nicfjt meniger afö fünf angeführt gefunben Ijabe, bon benen bie beiben fid) gegen»
überftefyenben Angaben SKbamS unb ©ajo$, nad) benen bie acf)t ©öljne SRatibor3
ben Job tfjreS bon ben 2>änen erfdjlagenen 33ater3, bjm. SRatibor ben Job feiner
bon bänifdjen SBifingern erfdjlagenen jtoötf ©öfyte fjabe rädjen wollen, fcfjon
befprocfyen toorben finb. 93eadE}ten3tt>ert erfdjeint ein britter ©runb, ber bielleidjt
mit bem bon Stbam ermähnten jufamraengetoirft fjat. Sftacf) ber 9Kagnu3fage
erfolgte ber gefährliche SBenbeneinfaH bom §erbft 1043 au3 SRacfje für bie furcht-
bare Verheerung, bie ber faum adjtjeljnjäljrige SKagnuS im Orüfjfommer 1043 unter
ben SBenben an ber Dbermünbung angerichtet fjatte. 585 ) Qkfy man bie £>ärte,
ja ©raufamfeit in 93etracf)t, mit ber bie bon 9Jiagnu§ geführten SBifinger gemorbet
unb gebrannt Ratten: roaren boefj bie berfjajjten ©laben fogar in bie flammen
gemorfen ioorben, au3 beren ©d)utt naef) bem ©efange beä ©falben, ber 9J?agnu3
ob folcfyer ©raufamfeit noef) berljerrlicfjt — ein cfjarafteriftifdjeS 9Kcrfmaf für bie
SRofjeit ber $e\t unb ben milben £>ajj äioifdjen SWorbtänbern unb ©laben — , bie
SBölfe fie angebrannt ^erborjerrten, fo begreift man ba3 SRadjegefüIjl, ba3 fief) bei
ben ©laben angefammelt fjaben mufcte, jumal ein nicfjt geringer £eit ber unglü<flid)en
99eroof)ner bon 3tom8burg ftdj ju flutten bermodjt Ijatte. 586 )
686 ) MG. XXIX; ©. 397, 41: «Hi enim ulcisci volebant populationem,
quam ipsis intulerat aestate».
ö8e ) 2Ran bgt. bie furchtbare ©djilberung be3 in ber 2Ragnu8fage erhaltenen
Siebes 2lrnorrä, be3 3eitgenoffen bon Sönig 9J?agnu3, a. 0., ©. 397, 33: «prineep«
combussit Jomae haud paueorum sceleratorum corpora. Involavit in non
baptizatas fronten voracissima pernicies aediura (ignis)». SSgl. auefj ©norre in
ber vita Olavi Sancti Regia (a. 0., ©. 350, 33): «Magnus — expugnavit Joms-
borgum et combussit et vastavit terram longe ac late», fotoie in ber £>eim3«
fringla (a. 0., ©. 340, 42): «Magnus — ad Jomsborgum appulit et castellum
statim expugnavit, multumque populum ibi cecidit, et incendit castellum
regionemque late circumcirca, omnia agens ferensque. Magna multitudo
in Slavia se dedidit Magno regi, sed multo maior erat, quae aufugit».
SHe gagrffinna berichtet lafomfdj (a. 0., ©. 363, 38): «Magnus — navigavit —
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206
©tuen inerten ®runb beutet Theodricus monachus an: bie Sßenben —
Windir — fagt er, feien burd) bie Shinbe bon ben inneren 3miftigfeiten nadj
SDänemarf — Dacia — gelodt morben, bie bamalS in biefem fianbe Ijerrfdjten. 637 )
3n ber Jat fyatte im 3at)te 1043 Äönig 2Ragnu8 nid)t weniger aU brei Äriege
gegen feinen 3farl ©beinn ju befielen, ber SBeiljnadjten 1042 fidj ber bänifdjen
Äönig3ljerrfd)aft bemädjtigt J»atte. 93on biefen brei gelbjügen ging ber erfte ben
beiben ©labenfelbjügen an ber Dber intb SEönigSau borauä, 688 ) mäljrenb ber
jmeite unb britte iljnen folgte. Sin biefe Ufurpation burd) ©beinn Slftribfon fnüpft
ber fünfte ®runb an, inbem Sßilljetm bon 9Ralme3burg im brüten 93udje feiner
res gestae regum Anglorum gerabeju behauptet, ©beinn Ijabe fid) nidjt nur
mit ben ©djroeben, fonbern aud) mit ben ©lauen, bie 333ilf)elm als SBinbelicer
bejeidjnet, gegen 9Kagnu3 berbünbet. 689 ) SBäre biefe 9iad)rid)t maf)r, fo mürbe
fidj ©üeinn in äf)nlid)er SBeife mit ben SKationalfeinben feinet SSolfeS berbunben
Ijaben, mie einige Quellen behaupten, Xljaffilo bon SBa^ern Ijabe fid) mit ben
Slbaren gegen bie gfranlen; ober Dtto be3 ©ro&en ®egner Äonrab unb flubolf
Ratten fid) mit ben 9ftagijaren gegen Otto I. berbünbet. SBigger, ber an ein foldjeS
93ünbni3 nidjt redjt ju glauben fdjeint, wirft bie Qfrage auf, ob man unter ben
Viudelici 2Bitf)efm3 nidjt bietleidjt blofe menbifdje ©ötbner 3U berftetyen Ijabe?
Mein bie 9tad)rid}t SßilljelmS fefyrt in beftimmterer gorm in einer jtoeiten, SBigger
anfdjeinenb unbefannt gebliebenen Duelle mieber, in bem bereits ermähnten
Breviariuin Historiarum regum Norwegiae, 540 ) bemjufolge ©üeinn auf feiner
erften gtudjt bor 2Ragnu3 fid) birelt ju ben ©laben gemanbt, bort jum jmeiten
in Slaviam ad recuperandum principatum, quem Danorum reges habuerant
in Joma. In hac expeditione expugnavit Jomsborgum». S)ie £nt)tlingafaga
erjäljlt (a. 0., S. 276, 30): «pugnavit Magnus rex in Slavia ad Jomsborg et
reportavit victoriam, combussit castrum et multa alia loca terrae».
687 ) MG. XXIX; ©. 250, 35: «Windir, qui semper quidem
rapinis solebant infestare Daciam, tunc tarnen precipue OCCasioiiem nacti de
inquietudine regni. incredibili multitudine advecti sunt in Daciam».
638 ) Sgl. oben, ©. 201 u. 203.
689 ) «Eiectus Swanus regem Svevorum adiit, eiusque auxilio cum
Svevos et VindeÜCOS et Gothos corrasisset, rediit, ut regnum reformaret. öed
conspirantibus Danis, qui potestatem Magni diligerent, prioris fortunae cala-
mitatem expertus est». Sgl. oben, ©. 56, Slnm. 137 fotoie SEBigger, a. o., ©. 73,
2lnm. 1.
54 °) Sgl. oben, ©. 187, 8. S)ie midjtigften ©teilen ber in ben MG. ber-
öffentlichen SluSjüge au$ bem Breviarium (XXIX; ©. 353, 50) finb etma folgenbe,
Sap. 31: «Et intor se congressi sunt (Sueno Estrithson et Magnus) ad eam
peninsulam, quae Helganes vocata est, et pugnam habuerunt et aufügit
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207
SKale ein $eer gefammett unb ju jeber $ilfe gegriffen Ijabe, bie er nur irgenbmot)er
fyitte auftreiben tonnen, ©beinn fei e3 gemefen, ber bann beß grofje ©labender
nadj $)änemarf geführt Ijabe. 3n ber 2)reibölferfi)lad)t auf Hlyrakogsheidr Ijabe
©beinn Äönig SRagnuS am mutigften betämpft; ©beinn unb feine ©cfjar fyabe
SRagnuS am ©djlufc ber <&ä)lad)t mit einem einzigen ^Begleiter berfotgt. SJJir
fdjehtt ein fotdjer ©adjberl)a(t möglich ju fein. SOiit Su^na^me be$ bon ©ajo an«
geführten ©runbeS fdjeinen mir ferner bie übrigen ©rünbe untereinanber bereinbar
Sueno in Slaviam, et inde collegit exercitum iterum atque undecumque eum
poterat naneisci, et duxit hunc exercitum in Daniam, ita ut Magnus paulo
antea eius rei certior factus esset, et ideo parvum belli apparatum comparavit
et timuit propter paucitatera copiarum et tarnen se paravit ut potuit ad
resistendum». Kap. 32: «Congressi sunt mane in campis incultis qui Hlyrs-
kogenses dieuntur, qui siti sunt ad flumen Skotborgense (er Hlyrskogsheidr
heitir, er liggr vid Skotborgara) et stetit acies eius (i. e. Magni) contra
cornu aciei Suenonis, et hoc totum proturbatum est; et Sueno magnum
damnum fecit ex multis rebus, quas sibi victoriae futuras esse antea
speraverat, nam boves constituerat in fronte aciei suae et hastas illigaverat
in tergis eorum, laminas vero ligneas oculis, sed grex boum primo se convertit
retro, et ita aeeidit, ut Sueno intercluderetur inter gregem boum et cohortem
Magni, et Sueno contraxit maximam hominum cladem, ipse autem se
eripuit fuga, et insecutus est Magnus diu cum uno viro Suenonem et
cohortem eius. Sed Sueno quaesivit sibi terram pacis (i. e. in qua in
pace esset)». SBigger madjt aus biefem ©tege be$ 2Ragnu3 über bie bereinigten
SBenben unb Seute ©beinnä „einen ©ieg ©betnnS über bie SBenben nörbttd) bon
©djleättng nad) 9Ragnu3 lobe", alfo um 1047, gefjt aber babei fetneätoegS miß»
fürtid) bor, ba aud) er fidj auf eine, aDerbingS fpätere, Duelle ftüfeen fann: bie
Knytlinga Saga. Sediere fpricfjt aber nicfjt bon 1047, fonbern bon ber großen
SBenbenfdjtad&t am 28. September 1043 (ober, tote fie irrtümlich behauptet, 1044).
9fcad) ber Äntytlinga fjaben tyier auf ber Hlyrskogsheidi 2Ragnu3 unb ©beinn
in beftem (£inbernef)men gemeinfam gegen bie SBenben gefämpft. S)ie Äntjtttnga ftüfct
fidj in biefem gerabe ba3 ©egenteil toie baä Breviarium behauptenden Senate
auf ein bon ifjr jitierteS Sieb beS ©falben Thorleikr fagri, beffen 2ejt aber
berf Rieben besogen toerben fann naef) SBigger, (©. 78, Stnm.) 3Me MG. berfagen
infolge ifjrer aDjufargcn 8lu§toaf)l auef) f)ier!) SfjorleifrS Sieb djarafterifiert fict>
naef) ben MG. (XXIX, ©. 276, änm. 5) aU ein laudatorium de Suenone
Estrithson. 3)ie ttucf)tigfte ©teile be$ 83eric^te^ ber fintjttinga lautet: «Alteram
pugnam habuit Magnus rex autumno pridie Michaelis festum in Jutia,
breve spatium septentrionem versus ab Heidaby in campo Hlyrskogensi ad
flumen Skotborgense. Tum pugnavit cum Slavis. — — Narratio est
quorundam virornm, Suenonem, Ulfonis filium, fuisse in hoc proelio cum
Magno rege et pacem eorum etiamtum durasse. Ita narrat Thorleicus Pulcher
in carmine non intercalato, quod composuit de Suenone, Ulfonis filio» ufto.
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208
gu fein. Sßarum foßen bie ad)t ©öljne SRatiborS nidjt mit ©öeinn gufammen
gefämpft l)aben? Da ©öeinn öor unb nac§ ben beiben SEBenbenfriegen öon 1043
gegen $önig 2Ragnu3 Ärieg führte unb fid) öon fo räcffi^Wtofcm ©fpgeij befeelt
geigt, ba& er nid)t öor Untreue gegen ben gurüdfdjrecft, bem er feine Ijotye ©teflung aö
Sari öerbantt, fo ift ein SfinbniS ©öeinnS mit bem SKationatfeinbe an unb für
fidj benfbar. SfobererfeitS Ratten bie SEBenben nadj bem garten JBorge^en
öon Äönig SDiagnuS aßen ©runb, fid) gu rädjen unb fidj bie üftebenbuljterfdjaft
gmifdjen SttagnuS unb ©öeinn gunufce gu matten, ©o öerbanb eine ftarfe
Sntereffengemeinfdjaft bie adjt ©öljne StatiborS, bie SEBenben unb ©öeinn Slftribfon.
Wod) meljr: gerabe bie Sntereffengemeinfdjaft fo öieler Sporen, gerabe eine foldje
Koalition madjt bie Äunbe öon ber ungeheuren Übermalt ber ©laöen, öon ber
bie Queßen einftimmig berieten, nod) begreifbarer, als fie nad) ben gegebenen
Darlegungen an unb für fid} erfdjeint.
Slber trofe biefer 9Köglid)teit mödjte id) bie Seitna^me ©öeinnS an ber
SBenbenfdjladjt für unfyiftorifd) Ratten. 8lbgefet)en baöon, bafj bie $nt)ttingafage,
beren 23erid)t innerlid) unmaljrfd)eintid) ift, bie gubem falfrfje Qext* unb Ortsangaben
bringt, genau baS ©egenteil mie baS Breviarium berietet, ift bie gegebene Dar-
legung 641 ) fdjledjterbingS unvereinbar mit einer Jeitnaljme ©öeinn« an ber
SEBenbenfdjtadjt, ba ausgeführt morben ift, ba& ©öeinn bie Qtit ber beiben SEBenben-
Iriege gu Lüftungen in ©djroeben benufcte unb unmittelbar nadj ber fiürfdjauer
<&$lad)t feinen gtoeiten ©nfafl in Dänemarf unternahm, ein Umftanb, ber forool)! bie
entgegenfteljenben Mitteilungen beS Breviariums als ber Äntjtlinga als burdjauS
untjiftorifdj erfdjeinen laffen mufj. Da gubem öon ben 15 angeführten Queßen nur biefe
beiben, unb groar in fidj gegenfeitig auSfdjliefcenber SEBeife, öon einer Seilnatjme ©öeinnS
an ber großen SEBenbenfdjladjt gu berichten roiffen, fo toirb man biefe Jeilnafyme, fo
möglid) fie an unb für fid) erfdjeint, als unljiftorifd) aufgeben muffen. Demnach
fdjeint eS, als Ijabe man öon ben angeführten fünf ©rünben ben SBeridjt ©ajoS
unb bie güljrung ber SEBenben burdj ©öeinn Slftribfon gu ftreidjen, obfdjon eS
möglich ift, bafe ©öeinn, roenn er fid) audj nid)t gut an ber ©djladjt unb bem
Qfetbguge beteiligt Ijaben fann, bod) fein 3Köglid)fteS gur Äufljefeung ber S33enben
bgm. gu iljrem ßntfdjlufc, einen (Sinfafl in Sütlanb gu madjen, beigetragen Ijaben
tt)irb. Dagegen erfdjeinen bie übrigen brei ©rfinbe: bie 9tad)fudjt ber adjt ©ötjne
SRatiborS, bie SRadjfuc^t ber an ben Dbermtinbnngen fo graufam öon SRagnuS Ijeim-
gefudjten ©laöen fomie bie2luSfid)ten, meldte ber erbitterte Sampf gmifdjen$önigüKagnuS
unb feinem untreuen SBafaflen für bie SEBenben eröffnete, miteinanber rooljl öereinbar.
ß * 1) »gl. oben, ©. 201—204.
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209
Scttutet 3.
$ie ©rüubuug Hon »Itlübcrf.
©rft burdj bcn Job SftatiborS unb feiner adjt ©ttyne eröffneten fid} ©ottfdjalf
2lu$fidjten auf bte £errfdjaft; fomit ift eS nidjt möglich, ben Seginn feiner
^Regierung öor ben 28. September 1043 ju fefeen, ba bie adjt ©ötyne tljren lob
nacf> W>am (II, 76) in ber ©cf)(ad)t bei £eibiba fanben. 2)iefe Stnberaumung be$
terminus a quo roirb burdj ba$ jtoeite Don Stbam gegebene 2)atum beftätigt.
2tbam fagt: «Ratibor, dux Sclavorurn, interfectus est a Danis. Ratibor iste
christianus eret, vir magnae potestatis inter barbaros. Habuit enim filios
octo, prineipes Sclavorurn, qui omnes occisi sunt a Danis, dum patrem
ulcisci qnaesiernnt. Ad cuius mortem ulciscendam iam tunc cum exercitu
Winuli venientes, usque ad Ripam vastandam progressi sunt Et forte
Magnus — Heidibam appulit. Qui mox — egredientes a Dania paganos
in campestribus Heidibae excepit. Quindecim miiia feruutur ibi occisa — .
Eodem vero tempore Godescalcus post mortem Chnut regia et filiorum eins
rediens ab Anglia, contra Sclaraniam venit infestus, omnes impugnans
magnumque paganis terrorem ineutiens». Änut ber ©rofce ftarb am
11. SRobember 1035; 542 ) bon feinen ©öljnen ftarb ©üenb nad) SBigger 048 ) 1035,
nacf> Stahmann 644 ) 1036; ferner £aratb #afenfufi am 17. 2Rärj 1039 ju
öjforb 646 ) unb £orbatnub ober £arbefnut am 8. 3uni 1042. 646 ) 2)a ©ottfrfjatf
erft nad) bem SluSfterben be3 2Kanne3ftamme3 Don $nut (Sngtanb öerliefc, !ann
er mithin unmöglich üor bem ©ommer 1042 in ba3 SEBenbenlanb jurücf gelehrt
fein. ©ottfdjalf lehrte aber auS Snglanb nid}t birelt in3 SBenbenlanb jurücf,
fonbern tourbe junät^ft ein ©efolgämann bon ©üeinn Stftribfon, ber, roie ertuäfytt, 647 )
in jenen Reiten in feine ©efolgfdjaft unb unter feine Sruppen aufnahm, roen er
nur immer ermatten tonnte.
8Ü3 aber biefer eljrgeijige Ufurpator einen SWifeerfotg nadj bem anbem 5U
fcerjetdjnen Ijatte; afe ber junge norroegifdje ^elbenfönig i§n allein im Saljre
1043 in brei gelbjügen jur gftudjt auä S)änemar! nötigte unb ©beinnS ©adje
542 ) ®eorg 5)ef)io, ®efdjidjte beä @;rjbi3tum$ $amburg»93remen bis jum
«Umgang ber äRiffion. ©b. I, <S. 167, Serlin 1877.
648 ) «. o v 6. 71, Slnm. 2.
644 ) 8. 0. I, ©. 116.
ß46 ) 8L 0., I, 6. 117, bei Stahmann.
64 6 ) 8t. 0., ©. 71, «um. 1, bei SBigger.
64 7 ) 89L oben, ©. 206— 207 unb änm. 540.
8tf*t. b. B. f. ß. ö. x, 1. 14
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210
nunmehr ööKig hoffnungslos ju fielen fd)ien, ba befd^Io^ ©ottfdjalf, fein ©efdjttf
nit^t länger an einen fo augenfdjeinltcf} öom SRi&ttngen betroffenen §errfcf>er ju
leiten unb nirfjt mety als ©efolgSmamt für bie ^errfdjaft anberer, fonbern fortan
für bie (£rrid)tung einer eigenen $errfdjaft ju fäntyfen, 548 ) für bie Sßieberertangung
beS flabifdjen gürftentumS, ba« einft fein JBater Ubo bef)errfdjt fjatte. gut
hoffnungslos lonnte ©utljfcatcuS bie ©atfje ©beinnS erft nadj ber ©djladjt bei
SlarljuuS unmittelbar bor 3ßeiljnad)ten 1043 galten: 549 ) mithin erijätt man als
frfiljeften Termin für bie SRücffeljr ©ottfdjatfS in fein SSaterlanb ben Seginn beS
SaljreS 1044. 650 ) 2)ie 93ejeidjnung beS 3at>reS 1040 als beS ©rünbungSjaljreS
5 4 8) ©ajo, ber biefe Sföitteilungen bringt, öerbient um fo meljr ©tauben, als,
tüte oben bargelegt toorben ift (bgl. ©. 182 — 183), fein geringerer als Srjbiföof äbfalon
feine §auptqueHe für baS Beitalter ©oeinn SlftribfonS fein muffte. StbfatonS ©rofc«
bater toax aber ein Vertrauensmann unb 3arl ©beinn äftribfonS getoefen. ©aj:o
fdjreibt in feinem aefjnten Sudje (MG. XXIX, ©. 65 unb 66, 40): «Victor Magnus
felici pugna (über bie SBenben bei Sürfdjau) popularibus percarus evasit,
eoruraque propensiore subsidio roboratus, ad prosequendum regni aemulum
(i. e. ©beinn äftribfon) redit, eo quidem instantius, quod rerum successus quo
plus sibi gratiae peperit, hoc magis Suenonis favorem absumpsit, aversoque
VUlgi animo, magnopere residuum eius debilitavit auxilium; nee solum contra«
hendarum virium spem sustulit, sed etiam contrarias exeassit. Quin etiam
Guthscalcus Sclavicus inter ceteros, qui infelicis eius milieiae stipendia
deseruerant, diu se sub alienis auspieiis rem infeliciter gessisse considerans,
cum domino nichil spei relietum animadverteret, militem exuens, defectorem
agere non erubuit, suamque experiri fortunam quam alienam sequi tutius
duxit — . Consilio respondit eventus. Siquidem, gestis varie bellis, Sclaviam
suae ditionis effecit, utque externis rebus infractus, ita domesticis apparuit».
549 ) Sgl. oben, ©. 204 u. SInm. 534.
6Ö °) 3Jta£ £offmann füljrt in feiner ©efdjid&te SübedtS baS 3al)r 1045 als
baS 3a*)r ber SRücffel^r ©ottfdjalfS an, oljne aber ju berraten, ttrie er gerabe $u
biefem %Q$xt fommt. (81. o., ©. 10.) SBenn SBigger (a. o., ©. 78) eS als eine
3Röglicf)feU fjinftellt, bafj ©ottföalf „erft natf> SRagnuS lobe", alfo nadj 1047, „burd)
einen ©ieg ©beinnS über bie SBenben nörbtidj bon ©djteShrig jum feften Sefifce
feiner $errfd)aft" gelangt fei, fo ift ein fold&er ©ieg ©beinnS über bie SBenben ober
aud) nur bie 3JWglicf)feit eines folgen ©iegeS im %af)tt 1047 faum benfbar, übrigens
aud) nirgenbS bezeugt. SBigger fommt jur Annahme biefer Eventualität nur burdj
bie mifcberftanbene, in ber Änt)tlinga*©age mitgeteilte ©tropfe beS ©falben Xljorletfr
gagri, bgl. oben, ©. 207, bie aber, toie SBigger felbft anführt, erft ber Seit an*
$ugel)ören brauet, in ber bie SBenben nad) ©ottfdjalfs ©rmorbung ©djleSftrig eroberten.
S)a ©ottfd&alf 1066 ermorbet würbe, ber bänifd&e Sfcadjfolger bon ÜKagnuS, ©beinn
Slftribfon, aber bon 1047 — 1076 regierte, fo ift eS gut möglid), bafc eS fid> bei
bem bon Sfjorleifr Sagri ertoätjnten ©iege ©beinnS über bie SBenben bei ©djleSnrig
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211
aitlübecfa fann wof)t nur afe eine Sfaalogtebilbung ju bem Qaljre 1140 öerftanben
werben, meiere« man früher afe ba« ©rünbungSjalp be3 heutigen Sübecf angufü^ren
pflegte. 551 ) ©einen Stob fanb ©ottfdjalf am 7. 3uni 1066 ju Sensen, 552 ) fo
ba& Sfibecf jwifd)en ben Sauren 1044 unb 1066 jum erften SRale in ber ©eföidjte
um eine fonft nicf)t beaeugte gtoeite 2Benbenfcf)lad)t bei ©cfjleSWig nad) 1066 fjanbelt,
bie nid&t mit ber großen 2)reibölferfd)tacf)t bom 28. September 1043 öerwedjfelt
werben barf. äRag fidj nun aber 2l)orleifr3 ©falbenlieb auf bie ©djleSWiger ©d&ladjt
öon 1043 beate^en, Wie bie Sn^tlinga«@age, wenn aud) offenbar nur jögernb, annimmt,
ober auf eine jtoeite ©djteäwiger SBenbenfdjladjt nadj 1066, bie SBigger als eine
Sbentualität tynftellt — t)on einer ©djleSwiger 3Benbenfd)lacf)t im 3aljre 1047 wirb
man faum aud) nur als SRöglidjfeit fyredjen fönnen — , fo rnufc bod) in bem einen
wie in bem anbern 2faße eine Xeilnafjme ©ottfd&alfä an ber ©djtad&t als au$*
gefdjloffen gelten. 2)enn am 28. September 1043 traf ©üeinn, beffen ©efolgSmann
bamalS Oottfd&alf nodj war, wie bargelegt worben ift (bgl. oben, ©. 209), eben
feine legten Lüftungen für feinen aweiten (SinfaD in Sänemarf, um 2Ragnu3 ju
öerjagen, fann alfo bamatö unmöglich im ©efolge üon SRagnuS fidj befunben Ijaben;
wa|rfdjeinttcfj War er am 28. September bereits auf ber Seefahrt t>on Schweben
nac§ 3)änemarf baw. bon ©eelanb nadj ärrö begriffen; nadj ber ©djladjt bei
8arl)uu3 am Sonntage bor SBeifaadjten 1043 üerliefc ©ottfdjalf ben erfolglofen
Ufurpator unb 1066 würbe ©ottfdjalf ermorbet. 3)ie Annales Ryenses enblid)
unb baS Chronicon Daniae (bgl. SBigger, a. o., ©..73, 9fam. 2), bie Söeinn bei
©d)le3wig 6000 baw. 15000 SBenben erfdjlagen laffen, fönnen nicfjt in ©etradjt
fommen, weil e3 fidj bei i^nen um eine 33erwed)ftung öon äRagnuä unb Süeinn Ijanbelt.
5ßl ) Sgl oben, S. 44, 2lnm. 107. 3)afc ©ottfdjalf 1040 Sübetf gegrünbet
Ijabe, behauptet 1543 Sebaftian SRünfter (a. o., S. 1192: „fjat fie ©ottfdjaltf ber
Sljriftlidje König — umb baS jatjr Etjrifti 1040 erftlidj bafelbft angeridjt unb bie
Surg barinn gebawet"), 1597 §einridj SRanaau (a. o., S. 19: «nonnulli anno 1040
a Gode8calco Udonis filio et Obotritorum rege tricesimo primo»), 1632 SertiuS
(a. o., S. 593: «conditum circa annum Christi 1040 a Godschalco Principe
Obotritorum»), 1641 SBerbenfjagen (a. o., ©. 246: «quam Gotschalkus ille —
circa Annum Chr. 1040 inchoase dicitur et extrueta in eo Burgo sive arce
aut castello»)*» wätjrenb £an3 Sttcgfmann in feiner 1537 gefd&riebenen, 1619
erfdjtenenen „Subecfifdjen Efjronitf (Lib. I, ©. 2) fidj mit ber Angabe begnügt, bafc
„beg ben Stittn" ber ©rünbung SübetfS „im Sanbe au £olftein ber gürfte ©ottfdjaltf
regiert" fjabe.
562 ) «bam erwähnt itoax aunädtft nur ben 7. 3uni o^ne 3aljre$aal}l, eraä^tt
aber, III; 49, ©.130 unb III, 50, ®. 132, baß ber (Srmorbung ©ottfdjalfS bie
SJertreibung be* <£rabifd>of3 Stbalbert oom §ofe #einridj$ IV. an Iribur borauS-
gegangen fei unb baß beibe ffireigniffe in bem gleiten 3al)re ftattgefunben Rotten.
$er ©tnrj SlbalbertS bon Bremen fanb aber im 3anuar 1066 ftatt, ngl. SBilbelm
ö. @iefebrec|t, ©efd)td>te ber beytfd^en ffaiferaett, »b. III, Stnm. a« ©• 126—127.
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212
auftauet, bernt ber Sericljt SlbatnS öon bcn coe,nobia sanctorum virorum canonice
viventium, item monachorum atque sanctimonialium, ioeltfje tlinc per
singulas urbes flebant, sicut testantur hii qui in Leubice — et in aliis
civitatibus singulas viderunt (III, 19), begießt fidj nur auf bic Qext, als ©ottföall
über bie SBcnben ^errfc^tc.
SRacf) früheren SBerroüftungen trntrbe bic SBenbeuftabt Stttfübecf, bte grjbifäof
Slbatbero 1141 urfunbtidj at$ ben locus capitalis Slaviae bejeidjnet, 5 6 8 ) 1138
öon bem SRanenfürften JRace enbgültig jerftört. 654 ) Slfö terminus a quo für
biefe gerftörung roeift ©eeefe ben Sommer 1138 nad), ba bte gerftörung nad) bem
£obe Sotljar« ftattfanb, ber am 3. ober 4. 2)ejember 1137 erfolgte, 556 ) unb
ba bei ber Störung bte Sßriefter bon Ältlübei bor ben fte fudjenben 556 )
SRanen einen SSerftecf im ©djilfe fanben, eine SRitteitung, bie auf ben ©ommer
Ijimoeift 3)en terminus ad quem für bie «Störung ÄltlflbecÖ fefce idj auf
ben ©jmtl)erbft 1138 an. 2)enn nad&bem #etmotb in Stop. 55 bie 3**ftörung
erjagt ^at, berichtet er Aap. 5(J, roie ber Äampf jtuifi)en $einric§ bem ©toljen 657 )
unb 2llbred)t bem JBären eine feinblic^e ©r^ebung ber SBagrier bti nad) SKeumünfter
jur 3fotge g^abt !)ätte. 3)a Ijabe ^einric^ bon Sabetoibe, ber Parteigänger
2ltbred)t3, au« ^otfteinern unb ©tormaren Ijeimtitf} ein £eer jufammengejogen
unb fei bann jur Sffiinterjeit burefj ganj SEBagrien plfinbernb unb fengenb gebrungen.
3m nädjfifolgenben ©ommer fjätten bie ^oltfaten auf eigene gaufi, otyne ©raf
$einrid), gegen iljre eigene (Srroartung ba« fefte Sßlön genommen; ba$ fann nur
558 ) »gl. oben, ©. 150 u. 8Cnm. 381.
ö64 ) ®rnft 3)eecfe, ©runbfinien jur @efcf)id)te Sübecf« bon 1143—1226,
Sübecf 1839, 3. 1 — 2. Sappenberg, fy». SBeilanb geben in iljren Knmerfungen
jur £elmotbau«gabe in ben MG. (SS. XXI, 1869, S. 54, änm. 33) bie SRttte
be« Sommer« 1138 al« ,8erftörung«termin an, aDerbing« ofjne Slnfüljrung bon
©rünben.
5ßö ) ©uftab Steter, Slnnalen be« beutfdjen 9teic^d im 3eitalter ber Ottonen
unb ©alier, «b. II, ©. 710, $aDe a. ©. 1898.
656 ) Sgl. oben, ©. 155 unb ben ©d&luft bon «nm. 387.
5Ö7 ) £elmolb fd&retbt ftatt #etnrid) ber ©tolje: Heinrici Leonis. 5)a
§elmolb fdjon im Sfap. 35 ben Sater $einridj« be« Soften al« Heinricum Leonem
be^eid^net, fo mufj man enttoeber annehmen, bafj #elmolb jtoeimal ba« gleite
SSerfe^en unterlaufen ift, ober baft er abfidjtlidj ben gleichen Seinamen ttrie für ben
©ofjn aud) für ben Sater gebraucht, eine Annahme, ber fotool)! in ber ©djutau*gabe
ber MG., ©. 113, 9lnm. 2 al« in ber SBattenbadjfdjen ttberfefcung geljutbigt ju
werben fd&eint (@. 263). Unmöglich ttJöre e« nid&t, ioenn au<§ meine« ffitffen«
einjig bafte^enb, bafi ber Seiname be« Sater« auf ben .©o^n übertragen »orben wäre.
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joogie
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im ©ommer 1139 gefdjeljen fein. 2)enn SWbrcc^t ber SBär fyttte fid) bereite im
3Rai 1139 genötigt gefeljen, feinem fiegreidjen ©egner, §erjog $einridj bem
©toljen, Saufen freizugeben nnb mar au$ ©adjfen entminen. 568 ) ®urd) 8llbred)t3
Vertreibung mürbe aud) £einrid| Don Sabemibe geftürjt, bem Sltbredjt 1138 bie
©raffdjaft ©olftein an ©teile SlbolfS II. b. ©djauenburg übertragen $atte. Qu
biefem ©adjber!)alt ftimmen aufs befte bie Angaben $elmotb3, bafe im SBinter
bie #otfteiner unter SBaberoibe gegen bie SBagrier gejogen mären, im nädjftfolgenben
(Sommer bagegen auf eigene Sfauft, o^ne gräflichen Qfüljrer, benn ber $atte feit
bem Snbe be3 SftüljjaljrS 1139 ba3 Sanb räumen muffen. Somit mar ©einrief)
b. Sabemibe nur bor bem SBinter 1138 auf 1139, alfo fpäteftenä im ©pätljerbft
1138, in ber Sage, jenes Aufgebot ber |>ottfaten unb ©turmarier ju berantaffen,
meines ben SSergettung^ug für bie Verheerungen ber SBagrier nadj bem Xobe
SotljarS ausführen füllte. ®emnad) maren im ©ommer 1139 nidjt bie Stauen,
fonbern bie ©oltfaten bie fiegreidjen ©roberer be3 SanbeS: Stltlübed lann ba^er
bon ben SRanen ntd^t erft im ©ommer 1139, mie man früher behauptete, fonbern
mufc bereits im ©ommer 1138, als meber bie bon Sabemibe geführten nod) bie
auf eigene Qfauft ausgesogenen ©oltfaten bie Ferren in SBagrien maren, jerftört
morben fein. 2Man fommt bemnad) fomo^l bom temrinus a quo als audj bom
terminus ad quem aus auf ben ©ommer 1138 als bie 3* r ftörungSjeit bon Sllt»
lübeef, eine Steuerung, mit ber audj ber Umftanb übereinftimmt, bafe bie 9tanen
bie ©errfdjaft bon SRügen nad) Slttlübed fdjmerlid) ju einer anberen SaljreSäeit
als im ©ommerljalbjaljr unternommen Ijaben merben, fomie \>a§ fie aud) früher einen
3ug gegen 2lltlübed ßnbe Quli unternommen Ijaben, bgl. ©elmotb I; 36, ©. 77. ©o
beginnt bie ©efdjidjte SllttübedS mit ber Qzxt jmifdien 1044—1066 unb enbet mit bem
©ommer 1138, abgefeljen üon ber fluftuierenben, d)riftlid)en 93ebölferung, bie auf ben
Krümmern SUtlübedS fpäteftenS big sunt ©djlufe beS 13. SafyrljunbertS Raufte. 609 )
SJielleidjt fann man ben Anfangstermin nod) etmaS enger umgrenjen.
©ottfdjalf Ijatte junädift mit feinen menbifdjen 9iebenbul)tern 660 ) ju fämpfen,
moljl aus ber Sßartei beS fo mächtigen unb angefeljenen SRatibor unb feiner ad)t
©öfjne. 3)ann bergröfjerte er fein Üteidf) immer meiter nadj Cften ju, fo ba6
©teinborff 561 ) bon ber „3Ronard)ie" ©ottfdjalfS als einem „nationalen gürftentum"
668 ) äBttljelm ©erwarbt, ftonrab III, 95b. I, ©. 79, 2tnm. 10; Seidig 1883.
659 ) Sgl. oben, ©. 92—95, 121 unb 127.
56 °) $>elmolb I, 20: «Et inveniens hereditatem suam a quibusdam
tyrannis invasam, dimicare statuit».
561 ) 3ai)rbüd)er beS beutfdjen SRcic^e^ unter £einrid? III., Sb. II, 8. 191,
Seidig 1881.
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214
jroifdjen §olftem unb Sßommem ftmcf)t unb bafc 8ampred)t 562 ) ©ottfdjalfe
gffirftentum „ein SReidj — *>on faft töniglicfjer Bebeutung" nennt. SSerüifftd^tigt
man bie ©rünbe, bie ©teinborff baffir geltenb macfyt, bafc bcr ßtrcipanerfrieg
©ottfdjalfö innerhalb bcr 3a^rc 1056 — 1059 ftattgefunben Ijat, foroie bie
entforectjenbe Anficht 2)el)io3: 068 ) „bie 2Katf}t *>** Dbotritenfürften ftanb um 1057
auf itjrer SRtttag^ö^e; er Rottete fo gemaltig, mie feiner bor iljm unb man
mochte ifjn einem Äönige Dergleichen" unb bie gleite Behauptung b. ©Huberte :
„um 1057 pe^t fjürft ©otteSfnedjt wie ein Äönig an ber Dftfee", fo nrirb man
baju neigen, um bie SKitte ber fünfjiger 3<*l)re aud) bie ftärlfte Betätigung ©ott-
fdjatfö jugunften be3 Sljriftentumä anjune^mert, eine Slnnafyne, melier bie
äßitteilung {ebenfalls nidjt ttuberft>rid)t, bie ber Sfanalifta @ajo 664 ) jum 3al)re
1057 bringt, inbem er Slbam benufct, berjufolge gerabe bamalS ber fdjottifdje
Sßriefter SotjanneS bei ©ottföatf berroeilte, ben (Srjbifdjof Slbalbert Don Bremen
in ©ottföalf gefanbt 665 ) unb als erften Biföof in 2Recftenburg eingefefet Ijatte. 566 )
3n biefelbe $eit, in bie 9Kitte ber fünf jiger 3taljte, mufj ferner bie 3^gung
be$ alten SUbenburger BiätumS in bie brei Bistümer Sllbenburg, äßecffenburg unb
SRafeeburg fallen, bie gmar Subnrig ©iefebredjt, 067 ) SBaife unb SaSpetjreS 068 ) afe
nur geplant, aber nid)t jur SluSfüljrung gebraut anfe^en, bie aber burdf) ^elmolb«
unjweibeutige Angabe 569 ) um fo fixerer gefteüt roirb, afe $elmotb öon feinem
Dlbenburg-Sübecfer ©tanbpunfte aus allen ©runb Ijatte, biefe U)tn fatale latfad^e
662 ) ®eutfd)e ©efäidjte, Bb. III, ®. 341, 1893.
568 ) ®efdjid)te be3 ©rjbi^tum§ Hamburg »Bremen bte jum 9lu£gang ber
SKiffion, I, ®. 186, Berlin 1877.
ö64 ) herausgegeben bon SBaifc in ben MG. VI; S. 692, 32; £annober 1844.
5eö ) 3lbam III; 50, ©djol. 81, S. 131: «Johannes iste peregrinationis
amore Scotiam egressus, venit in Saxoniam, et clementer ut omnes a nostro
susceptus archiepiscopo, non multo post in Sclavaniam ab eo directus est ad
principem Godescalcum. Apud quem illis diebus commemoratus, multa
paganorum milia baptizasse narratur».
5 6 6 ) Slbam III ; 20, © . 1 1 : « Johannem Scotum constituit in Magnopolim — .
Praeterea cum ipse veniret in Hammaburg, eundem Gotescalcum principem
invitavit ad colloquium, magnopere illum exhortans, ut inceptum pro Christo
laborem constanter ad finem perducat».
ö67 ) 31. o., II, @. 88, 9tnm. 4.
ö68 ) Belehrung 9torb*älbingien3, @. 116.
669 ) I, 22: Ea temporum serie, defuncto Abelino pontifice, Alden-
burgensis ecclesia in trea divisa est episcopatus: #elmolb fagt nidjt, fie foHte
geteilt toerben, fonbern fie ttmrbe geteilt.
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215
eljer gu berfdjleiem afe ju erbieten. 570 ) $a bet lefete 33ifcf>of ber ungeteilten
«Ibenburger ^Btöjefe, «HjelinuS, naef) Senfen 1051/ 71 ) nad) Abenberg 572 ) unb
SBattenbadj 578 ) 1053 ftorb; ba anbererfettf ba« »istum töafcefotrg 1062 bur$
eine Urfunbe ftönig $einricf)$ IV. bejeugt ift, fo mufc bie 3ctfplitterung jmifcfjett
1051 — 1062 bor fidj gegongen fein. 574 ) Stimmt man baju bie ermähnte Sejeugung
3ofymn3 b. SRecttenburg für 1057 unb bie ermähnte SRadjridjt ^jelmolbS, meiere
bie 3erteitung auf ben Job be3 S3ifcf)of3 Slbljelin bon Dlbenburg, alfo 1051—1053
folgen täfct, fo mirb man auef) biefe ©retteitung e$er bor als nad) 1055 anjufe&en
geneigt fein, alle biefe SBaljrneljmungen führen baju, bie 3*ü öon 1044—1055
als ben ^ö^epunft ber 9Riffion3tätigtett ©ottfdjatfS erfcfyetnen ju laffen, mithin
bie ®rünbung ber bem Etyriftentume gu Slltlübetf gemeinten Stätte nicf)t nad} biefer
3eit anjufefeen. gerner ift gu beadjten, bafi feit bem großen ©labenaufftanbe bom
3a^re 1056, beffen Äunbe oft mit bem $obe ftaifer §einridj3 III. in Rammen»
fymg gebraut mirb, bie ©id^er^eit ber Stjriften eingebüßt $aben mirb. Äud) ber
Job #ergog $8ewt)arb$ bon ©ad&fen am 29. Suni 1059, be3 JBunbeSgenoffen
@ottfd)alt3, ß75 ) mirb bie Ausbreitung be3 ßl)riftentum3 nidjt günftig beeinflußt
$aben. S)iefer SobeSfall bom Saljre 1059, ferner ber (Srfafc be3 miflenSftarten
föiiferS burdf) einen fed)3jäl)rigen Jljronfotger, f>au)>tfä$ftd) aber bie fernere lieber-
läge ber ©ad&fen unter SKarfgraf SBitljelm bon ber SRorbmart burdj bie auf»
rüljrerifdjen ©laben bei Sßriglama in ber -ftälje be3 3ufammenf(uffe$ bon #abet
unb 6(be (an folgern «Sufammenflufj ftnbet auef) bie große JRanenfäladjt unter
Äönig £einri(f) bei «Itlttbecf ftatt!) am 10. September 1056 676 ) fomie ber
ö7 °) Sgl. 2)el)io, a. o., Slnmerfungen unb Ausführungen gu 93anb 1 unb 2,
©. 69, ©erlin 1877.
571 ) ©d}te3m.«$olft. ftird&engeföidjte, herausgegeben bon aJlid&elfen, SHel 1873,
Sb. I, ©. 150.
67 2 ) 3n ber ©djulau«gabe £elmolb3, I, 22, ®. 49, #annober 1868.
678 ) 3n ber gtoeiten Auflage ber $elmolbüberfe|}ung, ©. 55, Setygig 1888.
574 ) Sgl. SBigger, a. o., ©. 83—85.
5 7 5) gsebefinb, SRoten, »b. m, @. 47, Hamburg 1836.
67e ) »gl. Slnnaltfta ©ayo (MG.; SS. VI, @. 690), Necrologium Monasterii
S. Michaelis (bei SBebefinb III, ©. 67), Lamberti Hersfeldensis Annales (MG.,
SS. V, ©. 157), Bertholdi Annales (MG. SS. V, ©. 270), Annales Augustani
(MG., SS. III, ©. 127), Annales Wirziburgenses (MG., SS. II, ©. 244), Annales
Hildesheimenses (MG., SS. III, ©. 104), Annales Altahenses majores (MG.,
SS. XX, ad an. 1056), Annales S. Pauli Virdun. (MG., SS. XII, 500), Annales
Magdeburg (MG., SS. XVI, ©. 173) ufm.
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216
©labenaufftanb Dom Satyre 1055 677 ) werben fidjertid) ©ottftfjalfS SfyrtftianifierungS-
SBeftrebungen gefdjäbigt, berminbert, toofyl gor unterbunben tyaben. 078 ) ©o möchte
man bie §aupttätigfeit ©ottfdtjalfö in ber ©rünbung djriftlicfjer ÄultuSftätten tteber
in bie 3eit bon 1044—1055 atS in bie Sßeriobe bon 1056—1066 tegen, um
fo me^r, menn man beamtet, bafc ^elmolb betont, ©ottfijalf Ijabe fofort beim
Antritt feiner {Regierung feine gürforge für bie djrifttidje SHrcfie betätigt (I, 20,
©. 46): «Et inveniens hereditatem suam invasam, dimicare statuit
et possessiones cum prineipatu ex integro reeepit. Statimqne
Sclavorum populos, quos christianitatis olim suseeptae oblivio iarn tenebat,
ad reeipiendam credolitatis gratiam et ad gerendum ecclesie curam sus-
citare studuit . ©3 lägt fidj burd) ba$ 3*ugm3 einer unberbädjtigen päpfttidjen
Urfunbe üom 24. Slpril 1047 bemeifen, bafc ©ottföaff bereite in ben erften bret
Sauren feiner {Regierung eine ausgebreitete äßiffionStätigfeit ausgeübt Ijaben
mufe. 079 ) SBifdjof ©bibger bon Bamberg, Dörfer ÄapeHan be3 Hamburger
6r5bifd)of3 ^ermann, feit 1046 Sßapft infolge be3 33erjid)te3 feine« früheren
2lmt8genoffen, be§ ©rjbifd^ofö Slbalbert bon SBremen, beftätigt in biefer Urfunbe
bie 5Red)te be£ iljm au£ feiner SSergangen^eit genau befannten $amburg«93remer
ffirjbtetumS. 3n biefer Urfunbe merben aud) biejenigen unter ben Hamburger
©tuljt gefteHt, bie foeben jum S^riftentume befeljrt morben finb, barunter bie,
toetöje im SRorben ber SIbe big jur Sßeene unb (Sgibofe wohnen, alfo bie äbotriten
im weiteren ©inne be3 SBorteS: «cum Ulis etiam, qui nunc tempore ad Christi
conversi sunt fidem — neenon etiam in illis partibus, que sunt a meri-
dionali albia usque ad fiuuium pene et fluuium egidose». 3)iefe Urfunbe
toirb am 6. Januar 1059 burefj eine Urfunbe fieoS IX. beftätigt. 680 ) Söon einer
Sßenbenbefeljrung jnrifcf)en Sßeene unb Sgibofe in ber erften $älfte be3 11. 3a^r-
Ijunbertö fann aber bor ©ottfdjalf nidjt bie SRebe fein, eine Sritbeftimmung, roeldje
burd) ba£ nunc tempore beftätigt nrirb. Sin nunc tempore am 24. Slprit 1047
fann fid) nur auf ba3 3taljr 1047 ober bie unmittelbar borangetyenbe 3eit be5ieljen.
677 ) ©tgebert bon ©embtouj (MG., SS. VI, ©. 360).
678 ) Sine äf)nticf)e 9lnfid)t üertritt §auä (a. o., 93b. III, ©. 734): „3Kit
ber ©id^er^eit im ©labentanbe tuar e3 fdjon feit bem legten Sebenäjafjre
$cinri<f)3 III. borbei".
ö79 ) #amburgifdje3 Urfunbenbud), herausgegeben bon Sappenberg, Hamburg
1842, ©. 72 unb @djte8to.'§otft.«2auenb. SRegeften unb Urfunben, herausgegeben
öon $a3fe, Hamburg 1886, S3b. I; SRr. 41, ©. 14.
680 ) $amburgifdje3 Urfunbenbud) I, ©. 74 unb ©cf)te3to.«|>otft.»2auenb.
Stegeften I, Str. 42, 8. 15.
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217
&ud) bie Sfaffung bei Slbam ift fo, ba& man ©ottfdEjatfS Äir^cn- unb Ätofter-
grünbungen eljer in bcn Anfang als an baS Snbe feiner ^Regierung fefeen roirb:
„9iie erfjofc ftd) ein mächtigerer Verbreiter ber cljriftlidjen {Religion. Gr rooßte,
falls iljm ein längered Seien jnteil mürbe, alle Reiben jum £ljriftentum jmingen"
(III, 18). 83ergteid)t man hiermit ben im Verhältnis ju folgern SBorfafce nidjt
alljuftarfen (Srfolg — Slbam fügt Ijinju, ©ottföal! Ijabc nodj nidjt ein drittel berer
befetjrt, bie unter feinem ©ro&öater ins ^peibentum jurücfgefatlen maren — , fo
fommt man ju bem ©djlufj, bajs ©ottfcfjalfS ftarfer SefeljrungSeifer an bem
SBiberftanbe feiner SanbSteute, ber SWad^t ber realen Ver^ältniffe aHmäf)tidj etn>aS
erlahmt fein mufc.
3fn biefer Sluffaffung merbe ify burclj eine 9tacf)ridfjt SlbamS beftärtt, bie
SBigger auf bie 3eit „um 1060" begießt. 581 ) Slbam erjagt, als (Srjbifc^of
Äbalbert naef) Hamburg gelommen fei, Ijabe er ©ottfcfjalf ju einer Unterrebung
eingelaben, in ber er ®ottfd)alf bringenb ermahnt Ijabe, bafe er bie um (grifft
mitten übernommene Slrbeit bef)arrlidj ju Snbe bringen möge, inbem er iljm
öerfjeifjen l>abe, bafc er jutefet, falls er audl} SBibermärtigeS um (S&rifti Flamen
nriHen erbulben foßte, bie ©etigfeit ermerben mürbe, daraus gefyt bod) moljl
tyeröor, baf$ Äbam eS für nötig erachtet, ©ottfdjalf ju einer Qufammenfunft ju
berantaffen, in ber er bem giften 33et)arrtid)feit anzuraten bringenb für geboten
Ijält (magnopere illum exhortans); ju einer ,8ufammenfunft, bei ber Stbalbert
jugeben raufe, ba& bem gffirften aus feinem SeletyrungSmerfe SBibertoärtigteiten
ermad^fen (si quid patiatur adversitatis pro nomine Christi), beren Qfortbauer
unb «Sunaljme Slbalbert ju befürchten fcfyeint, ba er eine foldje SluSfidjt nicfyi
anberS als burdf) ben $inmeis auf ffimmüfdje ^Belohnungen erträglich ju machen
meifc. 2)afj ©ottfcfyatfS SefeljrungSeifer unter ber Saft ber in ber garten SBirflttfj-
feit obmaltenben $emmniffe tatfädjtidl) erlahmt mar, fcfjeint audt) aus bem Umftanbe
Ijeroorgugeljen, baf$ Slbam felbft berietet: de christianitate nnllus sermo (III;
21, ©. 111), als er öon ben glänjenben ©rfolgen ©ottfdjatfS, §erjog JBernljarbS
unb beS SiänenfönigS im ßirctyanenfriege berichtet, als bie Sircipanen bie für
jene Seit ungeheure ©umme öon 15000 Sßfunb ©ilberS an bie brei berbünbeten
^errfd^er jaulen mußten, bie fieben 28odf)en Ijinburd) ingentein trium regum
exercitum auf Soften ber um ©tlfc fle^enben Tholosantes et Rheteri et
Chizzini unterhalten Ratten, 2)amalS, follte man meinen, Ijätte ©ottfdjatf bequem
aud^ für bie cfiriftltdje Äircfje (Srfolge ermirfen fönnen. SBenn trofcbem Slbam
bemerfen ju muffen glaubt, bajs in unb nadj btefem ganjen, blutigen Äriege öom
ö 81 ) 8bam HI, 20. Sgl. SBigger, a. o v ©. 83 fomie oben, @. 214, 8lnm. 566.
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Gljriftentum überhaupt nidjt bie SRebe gemefen fei, unb wenn |>elmolb, beffen
iBeridjt über ben mertmürbigen ©reipanenfrieg meljrf adj öon Slbam abmetdjt, gleich-
falte tjeröorljebt: De christianitate nulla fuit mentio, nee honorem dederunt
Deo, qui contulit eis in'bello victoriam (I; 21, ©. 48), fo wirb bur^ biefe
beiben 33eri<$te jweifeltoS bewiefen, bo| ©ottfd&att, gleidjöiet atö wetzen ©rünben,
bamalS nichts, abfotut gar nichts für bog Sljriftentum tat
83telletd)t tä&t fi<$ noc§ eine 2Baf)rneljmung für bte ©rfinbung ber <$rifttidjen
ÄultuSftätte ju Stttlübecf am Anfange öon ©ottfdjatfö Regierung geltenb machen,
©ottfdjatt gewann fein Meid) öon 2)änemart aus, fei e3 mit bänifetjer, fei e3 mit
fädjfiföer, fei e3 mit bänifdjer unb fädjfifdjer Unterftüfcung. 2lud) Midjarb SBagner
betont in feiner trefftidjen „SBenbenjeit" (a. o., ©. 113): „9hd)t afä Qfreunb unb
öon ben SBenben felbft gu iljrem ^errfdjer erforen, betrat ©ottfcfyalf ben Söoben
feines angeftammten £anbe3, öietmeljr brang er wie ein frember gröberer mit
£eere3mad)t ins ©laöenlanb ein, gewattigen ©Freden öerbreitenb. S)iefe $eere8-
macf}t fann iljm nur |)ergog SBernljarb gegeben Ijaben, unb e3 ift nid)t unwahr«
fdjeintict}, bafc ber $erjog iljn gerabeju gerufen Ijat". ©ettbem Äaifer $onrab II.
bie SRarf Schleswig an Änut ben ©rofeen abgetreten Ijatte, feitbem fein ©oljn
^einridj ÄnutS Softer ©unilb unb ber ©adjfenljergog bie ©djwefter öon Sönig
SttagnuS, bie SButfljilbe geheiratet unb feinen ©cJjwager fo wader in ber 2)rei*
öölferfdjlacfyt am 28. September 1043 unterftüfct ^atte, beftanb über ein Saljrljunbert
ein trefftic^eS ©nüerneljmen mit 2)änemarf, btö m$t nur auf heiraten unb gutem
©nöerneljmen jwijc^en ben I>errfdjenben Qfamilien beruhte, fonbern meljr nod> auf
einer Sntereffengemeinfdjaft gegenüber bem bamafö ju SBaffer unb ju Sanbe
bebenftid) erftarften SBenbentum ber battifetjen Staöen. ©o wenig wie bie ftaifer
§einrid) III. unb IV., fo wenig öermodjten bie 35änen unb Norweger be3 immer
füljner unb weiter um ftd) greif enben ©laöentuntö bauernb |>err ju werben: fo tag
e3 um fo näljer, ben gefährlichen geinb* gemeinj^aftti^i öon Sorben, SBeften unb
©üben anjugreifen, als gleichzeitig ba3 Sßotentum in bebenflidjer SBeife erftarfte.
Stauer war bie Sßotitif ber ©atier unb ber SBißunger im SBunbe mit 2)änemar!
gegen bie SBenben unb Sßolen gerietet. 99ei biefer 2flad}tftetlung fdjtoffeu biejenigen
unter ben SBenbenfürften, bie nad) ber gtänjenberen Kultur be3 SBeftenS lüftem
waren, iljren ©tolj in gamitienbejie^ungen ju ben mächtigen weftlidjen dürften»
Käufern festen, bie enblidj mit §itfe ber überlegenen wefttidjen Äuttur itjre Stellung
baljeim öon berjenigen btofjer Häuptlinge ju einer äljnlidjen, wie bie norbifdjen
unb beutf^en dürften fie fo glänjenb repräsentierten, ju ergeben halteten, ftc^
an bie ©ermanen an. 2)ie erfte S3orauSfefeung für bie aRöglic^feit folgen S5tu
f^luffeS war bamatS bie Stnnaljme beS S^riftentumS. ®S waren namentlich bie
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mefttidjen ©laöenffirften, bie folgen Slnfötufc fugten, infonberljeit öon jeljer bie
gamilie ©ottfdjatfS, öon ber beim audf) burdf) öier ©enerationen Ijintereinanber
baS gamilien^aupt in ber eigenen £>eunat erfdjlagen wirb, unb baS ju SBranbenburg
Ijerrftfjenbe gürfien^au^. Sflan lann bo^et unter ©ottfdfjalt unb feinem ©ofyte,
Sönig $einrid), öon einer breifadfjen Soatition fpredjen, bie fid) im elften unb
gwölften Saljrljunbert an ber Dftfee gettenb machte: ber dfjrifttidje, teitS unter
fädfjfifdf)em, teils unter englifcfyem, teils unter bänifdjem (Sinflufc auferwadjfene
flaöifdje Ufurpator fteljt im JBunbe mit ^äntn unb Saufen. Stile brei gaftoren
profitieren öon biefer Sntereffengemeinfdjaft: nidf)t minber ein öierter, bie Hamburger
&ird)e, bie in ber glänjenben, ehrgeizigen, untemeljmungSfroljen, meitbtidenben
5ßerfönlid)feit SlbatbertS gerabe bamalS ben geeignetften ©djmieb befafj, auS fo
bisparaten (Slementen eine fefte Äette jufammenjufügen. 3>n ber 3)reiöölferfdf)tadjt
bei Sürfdfjau, in bem ftebenwödjentlidjen (Sircipanenfriege, in ber 8lbenbfdf)lad)t bei
©djmielau unb in ber blutigen 5Ranenfd)tadf)t bei Sllttübed bewährt fidf) biefer
SBunb jwifdfjen ben genannten SIRäcfyten, alle öier Unternehmungen richten fidf) gegen
ben gleiten 3wnb: baS altnationale, tjeibnifdje unb reaftionäre SBenbentum.
33on SWorbweften aus erobern ©ottfdfjalf unb fpäter |jeinridj iljr ©laöenreid):
ba lag eS nalje, an bem alten öftlidjen ©renjftuffe SBagrienS eine gefte ju
erbauen, — im Dften; benn im ©üben, SBeften unb Sorben wohnten bie d^riftli^en
33unbeSgenoffen, ba brauste man leine neue urbs. 3Äod}te nun bie gfefte bie
SultuSftätte ober bie ÄultuSftätte bie fjeftc jur golge Ijaben: beibe ©rünbungen
pafcten in gleicher Sßeife in baS ©Aftern, ju ben Slbfidjten ©ottfd^alfs. SBirb man
ba^er bie ©rünbung ber gefte Slltlübed fdfjwerlidj öiel tyäter anfefeen bürfen als
an ben Regierungsantritt ©ottfdjalfS, fo bodf> audj fdjwerlid) öiel früher, greilidf):
birefte Quellennad) weife liegen nirgenbS öor; nur ein SnbijiennacfyweiS fann Ijier
weiterführen, aber für biefen SKadjweiS bietet lein ©eringerer als Slbam fetbft
bie befte |janbl)abe.
SBelanntlidj ftnb SlbamS gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum
bie ^auptquelle für bie ©eogra^ie ber Dftfeetänber im SKittelatter. Snfonbertjeit
lennt Slbam bie flaöifdjen Stämme öon ber ©df)lei (Slia) bis jur Sßeene (Panem):
ibi lime8 est nostrae diocesis (IV, 13). Xrofcbem ermähnt Slbam Slttlübed
mit SluSnaljme ber einjigen ©teile, wo er SBetfpiele für bie öon ©ottfdjalf
errichteten ÄultuSftätten aufgäbt, nirgenbS in feinem umf angreifen SBerle. 682 )
(£r nennt Meiere als bie ©tabt ber Reparier; 3)imine, bie ©tabt ber Sircipanen;
682 ) SKtt StuSnaljme ber ©trotten, bie aber naturgemäß fpäter entftanben finb,
obgleich fie öon Slbam fetbft ljerrütjren, ögl. oben, ©. 161 — 163.
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9Ragnopoti3, bie ©tabt bet SRereger ober Slbotriten im engeren ©inne; MajiSburg,
bie ©tabt ber Sßolabinger; bodj btc civitas jetner 9ladf)barn, ber SBagrier, beren
©ebtet er am heften lennen mufc, ift bei iljm nidji Leubice, fonbern Aldinburg.
SlucJ} bie flaöifdjen ©eeftäbte jä^It er auf: neben Sliaswig, Aldinburg
maritima, 588 ) Jumne woI)t audf) Dymine, 584 ) aber er lennt unter ben ©eeftäbten
ebensowenig ein Leubice, wie unter btn civitates ber einzelnen Stamme. Stucf}
bie (Sntfernungen finb iljm befannt. (Sr unterfdjeibet einen fianb« unb einen ©eeweg
nadj Sumne. 35er Sanbmeg nimmt öon |jammaburc «vel ab Albia flumine»,
alfo mol)l öon ber ©rttjeneburg atö, fieben läge in 2tnfprudf) (II, 19). 586 ) 35afe
Sübecf nidfji einmal im ,3 U 9 C ba ©trafen, bie öon Hamburg ober öon ber @lbe,
alfo öon Srtfjeneburg aus, nadj Sumne 586 ) führten, genannt wirb, !ann faum
683 ) SSgl. oben, ©. 175, Slnm. 438.
684 ) SSgl. II, 19: «ab illa civitate (seil. 3umne) brevio remigio traiieitur,
hinc ad Dyminem urbem, quae sita est in hostio Peanis fluvii», foWie: »nam
per mare navium ingrederis ab Sliaswig vel Aldinburc, ut pervenias ad
Jumne».
68ß ) 2)a$ girierte Vel fd^eint einen boppelten SBeg öon Hamburg nadfj 3umne
anjubeuten, öon benen ber eine nur im 3 u Ö e ber fpäteren ©trage ©amburg — ßübeef
angenommen werben fann, ber anbere etwa oon Sarbowif über ©rt^eneburg verlaufen
fein wirb.
5 8 6) gjobert Seift, wenbifdje Altertümer, a. o., ©. 175 bejeidjnet Sumne unb
SomSburg als bie ffanbinaüifdjen tarnen für baS wenbifdfje 3ulin, baö er mit bem
fpäteren SBottin ibentifijiert. SluS ber latinifierten 3form £elmolb3 für Sumne, au3
Sumneta, fei burdj einen Sefefe^ler SSineta entftanben. 3ultn fei „bie ©tätte beä
wenbifd)*arabifdE)en #anbel§" in Sommern gewefen. 33elft fä^rt fort, ©. 176:
„Sieben ber wenbifdjen ©tabt Sulin lag bie bämfdje greibeuterfefte, bie SomSburg,
beren romantifdje @efd)id)te gegen 950 beginnt, bie aber tfjr ©nbe, Wie idfj glaube,
fdjoit not 1036 gefunben ljaben mufj, benn nadj biefem Satjre, bem XobeSjatjre
ffanut be£ ©rofcen, werben l)ter nur nodj ©latoen al§ ©eeräuber genannt". SBenn
Steift behauptet, bie SomSburg fjabe fdjon üor 1036 i^r Snbe gefunben, irrt er fidj,
wie id£) oben, ©. 196/197 bewiefen fyabe burdE) bie Qitatt au£ ben norbif djen Duetten
über ben Quq be3 Könige 9Hagnu3 nadfj 3om£burg im grüfjfommer 1043, 9ludj
baä öon Seift aU ba3 Saljr 950 bezeichnete 8lnfang£jaf)r ber SefdEjidjte 3om3burg3
Wirb oon anberen ©djriftftettern anberS anberaumt, ögl. SBeftberg (weiter unten, ©. 5):
„3)a3 fid) auf bie übrigens burdjauä fontrooerfe ©rünbungöjcit ber 3om£burg
neben Sulin (SBolIiu) ftüftenbe Slrgument gegen baS 3faljr 965 ift öollfommen
hinfällig (ügl. £aag, p. 78 u. 79)". SBeftberg lieft ben öon 3>bräljim (fie^e weiter
unten) in feinem SReifeberidEjt erwähnten ©laoenftamm als Wlnäne, Wolynane
(a. o., ©. 32). ,,2)af} unter" i&nen „bie ^Sommern ober ein Seil berfelben ju der«
fielen ftnb, barüber IjerrfdEjt fein 3^^ifel. 9?ur fragt e£ fid^, totö baS für eine
©tabt ift unb bei weldjem Stamme ber Sßommern fie $u fud^en wäre. Sunif ba^te
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221
einen onberen ©djfufe jutaffen, als bafi e3 bor ©ottfdjalfö SRegierung nodj gar ni^t
ober nur oö Orifdjerborf, {ebenfalls ntc^t ate befeftigter Sßlafc, afö eine civitas
ejiftierte. 9lbam, ber in 2)änemarf: SRoSfilbe, Dbenfee, StarljuuS, 9latborg, SRtyen,
©djleSwig lennt; in §olftein: 3Mborf, ©cfyönefelb, Hamburg, JBramftebt, ^eiligen-
ftebten; ber in ber Umgegenb Sübecfe fo genon fflefcJjeib weife, bafc er an ber
©renje gwifcJjen Saufen unb ©laben fünf Heine Drtföaften: fiiubwineftein,
S33t§pircon, 93ulilunfin, SlgrimeSljob unb 3* oen tifetb # , unb nicfyt weniger als jeljn
©ewäffer ju nennen weife: (Slbe, 9Ke3cenreija, 2)efounba, $orc§enbici, SBitenifpring,
SBirjnig, |jorbinftenon, 2lgrimeSwibil, Solfe, 3toentina, f ott, ie & rc * SSälber: silva
Delvunder, silva Travena unb ben fcfyon erwähnten saltus Isarnho; 687 )
SÜmm würbe bei feiner geogra^ifdjen 93ef<f>reibung ober fonft int SSerlauf feiner
bier 93fid)er SeubiceS jweifelloS gebaut Ijaben, wenn ber Ort bor ©ottfdjalf föon
beftanben ober unter ©ottfrf)aIf bie SBebeutung einer flabifdfjen civitas ober
©rab 688 ) gehabt Ijätte. Slud) nacfjbem ©ottfdjalf ju Leubice jenes coenobium
sanetorum virorum canonice viventium gegrünbet Ijatte, baS £aud oljne weiteres
als ülofter, als herein oon SKöndjen unb Tonnen beutet, 689 ) b. ©djubert als
Softer ober ©tift; 390 ) bjw. bie oben als waljrfdjeinlidf) angenommene ©renjburg
gegen bie Sßolaben, ft^eint ber Drt im übrigen feine SBebeutung gehabt ju Ijaben,
weber als §afen nod) als ^anbelSplafe; Weber als 3 e ^trum einer 3^ a wie
(= civitas) nod) als ©ifc beS |jerrfd)erS, weldj lefcterer bielmeljr in ber SKedelnburg
refibiert ju $aben fdjeint. 3)afe nid)t Slltlübed, fonbern bie ÜRedelnburg ber ©ife
©ottfdjalfS war, mödjte id) fd)on aus bem ganjen lenor bei 9lbam fdjliefeen, ba,
wo er III, 19 SBeiftnele für bie bon ©ottföalf errichteten ÄultuSftätten aufjagt.
SSäljrenb Slbam Seubice, Sllbinburg, Sontium unb SRajjiSpurg nur nebenbei als
singulas urbes ober civitates singulas nennt, in benen bie meljrfacf} erwähnten
an Äotberg ober 2)anjig. 3Rit SRedjt aber f)at £aag biefe STCeinung auf ©runb ber
geograpljifdjen Slngaben beftrttten unb auf eine metjr weftlidje ©egenb mit ber ©tabt
SBottin tjingewiefen. 3d) lefc Wlnäne, Wolynane. @S ift baS S3olf ber Julinenses,
Uulvini, Uultabi, Vinuli, Wilini unb wie fonft nod) bie gormen lauten mögen.
3§r ©ebiet mad)t einen Seil bon Sommern aus, beffen ©renje gegen $olen bie
fumpf» unb walbreidje SKefce gebttbet ^aben wirb. 3#re große ©tabt, üon ber
3braljim fpric^t, ift jweifeDo« SBottin, 3ulin, 3umin, 3om^burg, SSineta ufw., bie
berüJfmtefte ^anbelS- unb ^afenftabt ber SBeftflaoen. S)ie E^roniften finben nidjt
SSBorte genug, i^ren 8lu^m ju preifen".
687 ) abam II; 15 b, ©. 51 u. IV; 1, ©. 153.
688 ) SgL oben, ©. 140—142 u. «nm. 360.
689 ) «. o v III, ©. 657.
690 ) «. o., @. 85.
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222
coenobia fiebant, ftctft er Magnopolis, bic civitas inclita Obodritorum, fcfyon
burd} boS unterfdjeibenbe vero in einen entfdjiebenen ©egenfafc ju ben genannten
unb nid)t genannten civitates singulae. ©tarier ate ber formale, ift ber inhalt-
liche ©egenfafc. SBaljrenb Ältlübed, Dlbenburg, fienjen unb SRafeeburg fonrie bie
singulae civitates nur je ein coenobium beftfcen, gibt e3 in Magnopoli tres
congregationes Deo servientium. hiermit ftimmt überein, bafc SMfcJiof SoJjamteS,
ber, toie erwähnt, 691 ) nadj bem Slnnalifta @ajo um 1057 bei ©ottfcljalt meilte,
ber ftcf) auef) nad) SIbam bei ©ottfd&alf auffielt, gerabe in biefer Centrale ber
S^rifttanijierungbeftrebungen ©ottfdjalfS feinen @ifc erhielt. 592 ) ©nblidj rnufe aud)
©iritlja ober ©igrib, ©ottfcfyalfö ©emaljlm, bie natürliche Softer be3 bänifdjen
ÄönigS ©öeinn ^ftribfon, 698 ) beffen ©efolgSmann ©ottfdjalf öon 1042—1043
gewefen mar, 694 ) in ber SRedelnburg gewohnt Ijaben, wie fid) aus ben 9tad)rid)ten
über bie ©Ijriftenöerfolgung nadj ber Srmorbung ©ottfdjalfö ergibt. 696 ) 3»ar
behauptet Slug: 696 ) „9Ut«2übecf föeint ftd) in biefer ©infic^t gang befonberS feiner
gürforge erfreut ju Ijaben (SJlug meint, in bejug auf bie (Srridjtung <$riftlidjer
ÄultuSftätten), jumal ba eS waljrfd)einlicf) ift, bafi er baSfelbe oft ju feinem
Aufenthalte mahlte", aber fomoljl in bejug auf bie ganj befonbere gürforge als
aud) auf ben häufigen Aufenthalt tafet Ätug au3fd)liefelicJ} feine ^antafie matten.
691 ) Sgl. oben, @. 214 u. ?lnm. 564—566.
692 ) 2tbam III; 20, 50 unb Anfang au SBudj m, ®. 151.
698 ) Saxo Grammaticus XI (MG. XXIX, ©. 67, 25: «Sed et filia
Siritha, quae postmodum Guthscalco Sclavico coniunx accessit, — pellice
pariter orta proditur», fottrie liber XIII (MG. XXIX; <S. 71, 33): «Henricus
vero, Guthskalci ex Siritha filius, matemis a Nicoiao bonis indigne spoliatus,
tarn acrem eorurü repetitorem agere cepit, ut, Danis infatigabiliter imminens,
ipsum intra Slesvici fines ad tuendam salutem suam statione et exeubiis uti
cogeret».
69 *) SJgl. oben, 6. 209 u. 210.
69ß ) Sbam III; 50, ©. 131: «Johannes episcopus senex cum ceteris
christianis in Magnopoli civitate captns servabatur ad triumphum.
Filia regis Danorum apud Michilenburg, civitatem Obodritorum, inventa
cum mnlieribns (fie fd^cint alfo beim StuSbrudj ber Verfolgung mit tyren
grauen au« ber civitas Michilenburg ober Magnopolis geflüchtet ju fein, wie ttnr
fpöter ba§ ©teidje bei äljnlidjen SJeranlaffungen öon ben djriftlidjen ?ßrieftern in
Ältlübecf in be$ug auf Slltlübecf erfahren. Aber fie fann auf iljrer gfludjt ntdjt
Mit gefommen fein, ba fie nodj apud Michilenburg ergriffen ttmrbe), diu caesa
nuda dimissa est. Hanc enim, ut praediximus, Gotescalcus prineeps habuit
uxorem, a qua et filium suseepit Heinricum».
696 ) „Att-Sübecf", a. o., ©. 222.
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223
3u ber Sfanaljme, ba$ Seubice erft unter ©ottfd&alf errietet toorben bgto.
ju einer, wenn audj nidf)t großen SBebeutung gelangt ift, ftimmt ferner baS auf*
faHenbe ®tillfdjtt>eigen ber übrigen älteren geograpljifdjen Quellen für bie ©ftfee«
gebiete bejügticfy SübetfS. Slufeer Slbam, §elmolb, Äablubef unb JBogu^toot
fommen als fünfte, unb jtoar als ältefte geograpljifdje Duette in JBetradljt bte Ijodj-
intereffanten ©aten beS fog. Geographus Bavarus, eines batjeriföen ©eiftlidjen,
ber jwifdjen 866 unb 890 nadj ben tnünblidjen SBeridjten fotooljt flaoifd&er |janbel$-
leute als audj beutfdjer 2Riffionare eine Slrt ftatoifdjer Sölfertafel toerfafete. 697 )
2)iefe Quelle auS ber fpäteren ßarotingergeit berietet gwar, bafe bie ben 3>änen
benadjbarten SWortabtreji 698 ) 53 civitates befäfien: öon Sübed ift aber nidjt bie
9tebe. gaft ebenfo att finb bie in ber angelfädififdjen DroftuSüberfefeung Sttfreb«
beS ©ro&en, „beS erften ©eograjrijen germanifdjer Slbftammung unb ,8unge",
enthaltenen Scripte ber angelfädftfijdjen Seefahrer SButfftan unb Dimere ober
Cttar, bie beibe toaljrfd&einlicl} „furj öor 880 ju Sllfreb" lamen. 699 ) Sn biefen
Quellen wirb au&er ©ciringeSljeal, 600 ) £ätum (= §tbab\), feabeht) bei ©djleStoig),
Jrufo 601 ) genannt unb gejagt, ba& bie gjafjrt öon ©ciringeSljeal nad> ©dfleStoig
fünf, bie öon ©djleSroig nadj £rufo, an ber Süfte öon 83eonoblanb (Sßenbenlanb)
entlang, fieben Sage bauerte. Slu&er ben 95eri^ten SßulfftanS unb DljtljereS ftnbct
fiefj in biefer OrofinSüberfefeung eine geograp1)ifcfyetljnograpIjtfd)e Überfielt über
3)eutfcf)tanb öon Sllfreb felber, ber, nrie ber Geographus Bavarus, ber Slbotriten
59T ) #9- *»>n SaSpar 8*u6, Die 3)eutfdjen unb bie SRadjbarftämme, Stünden
1837, @. 599 ff. — 9?odj beffer finbe tdEj bie Verausgabe unb namentlich ben
Kommentar bei ©djafarif, a. o., II, ©. 673 ff.
6 8) ©d^afarif nennt fie SBobri^er-Jlbotriten.
6 ") #einr. ©eibel, «Ifreb ber ©ro&e als ©eograpl), STCünd&en 1904 =
ÜRündjener geograpljtfdje ©tubten, Ijg. b. ©iegmunb ©untrer, ©tücf 15, ©. 73.
SllerbingS irrt fid) ©eibel, toenn er Sllfreb als ben erften germanifd^en ©eograpfjen
beaeidjnet. ®er Geographus Bavarus, nodj baju ein beutfdjer, nidfjt bloß ein
germanifd^er ©eograpf), ift nodlj alter.
600 ) Kongeljetle in ÜRortoegen ober ein Ort gegenüber in Seftfolb, an ber
meftlidjen ©eite beS ßriftianiafjorbS, ögl. auger ©eibel: Stahmann, gforfdEjungen auf
bem ©ebiete ber ©ef^te, 83b. I, ©. 442, 1822.
601 ) 9ln ber äRünbung ber Slbing ins grifäe $aff. Sgl. außer ©eibel:
Sari Soljmeger, ©efd&tdfjte öon Oft« unb SBeftyreufcen, 2. «ufl., ©b. I, ©. 15—16,
©otlja 1881: „33ietleid)t finb btejenigen md)t attjumeit öon ber SBaljrljeit entfernt,
bie eS (seil. Xrufo) in bem heutigen S)orfe Sßreufnfdfjmarcf (^8reu§ifd^marft), baS
wenig öftlid^ öon ©Ibing liegt, unb neben roeldjent in ber DrbenSjeit ein Deutf^en*
brttftn (je|t SReuborf) erfd^eint, toiebererfennen wollen, änbere toollen eS gern nad^
«Ibing felbft oerlegen".
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224
gebeult, bie et Apdrede nennt, ein SBort, baS an bte Nortabtrezi be$ gleidj*
jeitigen Geographus Bavarus erinnert: ober bon fieubice ift meber bei SBulfftan,
nod) bei Dimere, nodj bei Sllfreb bie SRebe. — (Snblid) lommt öon ben bor Stbam
liegenben geograpbifdjen Quellen nod) ber arabifdje SReifeberidjt beS Stoben Sbräljim
ibn Sa'qüb in SBetradji, ber raatjrfdjeinlicl} 965 ober 973 getrieben roorben
ift. 602 ) abrogant, SafobS ©oljn, fennt bie Sänber 2)änemarf (Murmän =
9iormannenlanb), Saufen (Sksn), baS Sanb ber ©laben (Sakälib?) unb anbere
meljr; bie Qflüffe 95obe (Nwda = Büda), Saale (Slläwa o. Salläwa) unb
SRulbe (Mldäwa = Muldäwa); ben SBoIjlenmeg ober Änltppelbamm burdj bcß
©tepnifcer 5D?oor öon 23oflbrücf bte Sßerleberg; bie ©täbte Ärafau (Karäküa),
*ßrag (Bräga), Sftertfyau ober SBurjen (Nwrnchjn), Äatbe (Fljwj = Kaliwi
ober Kljwä), Nienburg a. b. ©aale (Irb'azäbt = Nwb'räd = Nübogaräd),
SRagbeburg (Mäznbrg), ©djroerin (Azzän), 608 ) Sulin (Awbäba = Wlnäue
602 ) ©eorg Sacob, ein arabtfdjer SBeridjterftatter über gulba, ©djteSttng ufto.
aus bem 10. 3at)rf)unbert, 3. 2lufl., Serlin 1896, ©. 8, fotüie 3acob, ©tybien
in arabifdjen ©eograpljen, §eft II, ©. 136, SBerlin 1892. ©egen 3acob unb
aud) gegen SBigger richtet fid) ber SRigaer Oberlehrer griebridj SBeftberg in einer
grünblidjen Untersuchung: „Sbräfjim'S * %bn » 3a'füb'S SReifeberid^t über bie ©laben*
lanbe aus bem 3at)re 965", meiere ber f)iftorifd)'pf)itologifd)en Klaffe ber 2lfabemie
ber SBiffenfdjaften ju ©t. Petersburg am 30. Oftober 1896 borgelegt roorben, unb in
beutfd^er Sprache in ben Memoires De L'Academie Imperiale Des Sciences De
St. Petersburg, VIII. Serie, Volume III, SWr. 4, ©t. Petersburg 1898, erfd&ienen
ift. SBeftberg gibt eine anfdfjeinenb boßftänbtge Überfielt bon ber über biefen fjod)«
intereffanten 3teifeberid)t erfd)ienenen Siteratur, einen bemerfenStoerten Kommentar,
eine beutfdje ttberfefcung beS SReifeberidjteS unb eine Steige burdj äbratjam SafobfenS
©djrift ijerborgerufener tritifc^cr Stbljanblungen. SBeftberg fefet (©. 4) ftatt 973
baS 3al)r 965 an. ©r fagt be$. ber bon SBigger auf 973 anberaumten Steuerung:
„Die Unterf Übungen biefeS um bie mecflenburgifdje ©efdjidjte fo berbienftboflen
SorfdjerS finb leiber größtenteils berfeljlt. ©r irrt foroofjl in betreff ber 3bentipjierung
bon ©rän ('Azzän) mit SRecflenburg, als aud) be« {Reifeja^reS 973 anftatt 965,
inbem er im teueren ftaHe ein allju großes @ennd)t auf ben jubem nod) bon
be ©oeje unb Saron SRofen fälfdjlidj als äRerfeburg gebeuteten Ort legt, toobei bie
inneren äRerfmale ber ClucHc, toeldje bie 2lnnaljme beS SaljreS 965 erfjeifdjen, bei
iljm gu turj fommen". SWein nidjt bloß SBigger unb 3<Kob batieren ben öeridjt
bom 3a^re 973: „Seiber nrirb überall baS jtoeifelloS (?) fatfdje 3a^r 973 als
feftfte^enb angenommen, fottue bie laum faltbare ©Qpot^efe in betreff XartüfdjfS,
toeldjer mit gbrä^im angeblich aus ein unb berfelben Duelle geköpft ^aben folT.
608 ) SBigger, „Seric^t beS 3bral)im ibn 3afüb über bie ©laben aus bem
Sa^re 973" i. b. 3al)rbüd). b.SereinS f. mecfl. ©efc^. u. «ItertumSf., S3b. 45, ©. 14 ff.,
1880> nennt ftatt Nienburg — Naumburg, ftatt äRagbeburg — äRerfeburg, ftatt
Sulin — 3)anjig, ftatt ©c^toerin — äRecfelnburg bei SBiSmar, ftatt beS ßnüwetbammS
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225
ober Wolynane, SBolIin). 60 *) @r gibt eine für bie flaöifcJjc 2lrrf)äologie jwar
furje, aber unwägbare SBefdjreibung ber flaöifdjen Stingwallanlagen unb SBewaff»
nung — aber öon fieubice weifi er nid)tö. Slucf) SBibufinb, Dietmar öon
UKerfeburg, bie |)ilbe3l)eimer Slnnaten unb bie übrigen fädjfifcfyen Oefd^t^t^queHen
öor Stbam fennen nicfjt fieubtee, fo wenig wie ein fpäterer arabifcfyer ©eograpl),
Quajwini, ber im brennten So^unbert eine arabifdje ÄoSmograpljte fcJjricb. 606 )
QuajWini erjagt in feinem «Athär al-biläd» jwar öon ©djleSwig, aber öon
Sübecl wiffen bie arabifdjen Duellen fo wenig etwas wie bie angelfäd)fifcl)en, bie
itorbifrfjen, bie beutfe^en öor Sfbam Iiegenben ©Triften, fo wenig wie fdjliefclidj
mief) bie polmfcfyen Quellen, bie nur ba$ iljnen unter bem Flamen 93ufu be!annte
Uteulübecf fennen. $>a aber bie genannten beutfdjen, angelfäcfjftfdjen, norbifdjen,
polnifdjen unb arabifdjen Quellen fonft öielfadj SJiadjricfyten über bie ©täbte im
SBenbenlanb bringen, jumeiten fogar 93eweife einer überrafdjenb genauen unb
^utreffenben ÄenntniS be$ norbweftflaöifdjen (SebieteS geben, fo legt auef) biefc
ttbereinftimmung negatiöer Slrt ben @cf)luj$ nafje, eutweber bafc e3 öor ©ottfcfyalf
ein fieubice nod) nid)t gegeben Ijat ober wenigftenS !eine wagrifcfje civitas Seubice,
fonbern nur ein gifcfjerborf öon ber angebeuteten SBebeutung. 606 )
eine ©Ibbrücfe. S)ie oben genannten SWamenbeutungen finb SBeftberg entnommen, ber
im allgemeinen $u benfelben ©rgebmffen gelangt ift Wie SBüf). Spulte, unb ber
fpejiefl be^üglic^ ber Sefung Azzan fjeröorfyebt: ,,©3 ift erftauntidj, welche SSerwirruug
obige ©teile felbft unter Strabiften öerurfadjt Ijat. — — ®ie ©laütften würben in
biefem Sötte burd) bie Slrabiften felbft irre geführt" (a. o v ©. 17).
604 ) SbräljimS SKitteilungen über 3ulin finb befonberä bemerfenämert. Sulin
ift eine Seeftabt, „ welche 12 2ore unb einen &afen fjat. Unb fie ljaben bort aufr
gezeichnete $afenorbnungen. Unb — tljre äRadjt ift groß. Unb fie ljaben feinen
Äönig unb geljorfamen nidjt einer einzelnen Sßerfon, fonbern itjre 9Wad)tI)aber finb
ttjre tlteften". (SBeftberg, a. o., ©. 56.) SRad) SBeftberg fytt juerft ber öerftorbene
©eorg £aag in ben baltifdjen ©tubten, 3g. 31, ©. 71—80, Stettin 1881, barauf
tyngewtefen, „baß bie namhafte ©tobt beim SSolf Ubäba nidjt ^an^ig, fonbern ^ulin
(SBottin) ift, Wobei er auf bie große Sln^a^l ber bort unb in ber 9läi}e gefunbenen
arabtfdjen SKün^en, ber fog. S)irf}em3, öon benen feine au* tyäterer 3^it ate 1012
ftammt, aufmerffam madjt". (9t. o., ©. 4.)
60ß ) 3acob, ein arabifdjer 93erid)terftatter ufw., ©. 5, 56 unb 34.
606 ) Sgl. oben, 3. 140 u. Slnm. 360.
3iftt. b. 8. f. S. 0. X, 1. 15
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ßctpitcl 4.
$te Verteilung ber toenbifdjen unb bet alten gennanifdjen Siebinngen
in ber Umgegenb »UlfibetfS.
A. 35ie 93efd)ränfung menbifdier gunbe auf Altlübecf
bgtü. bie Jraöenieberung.
35eS 3ufammenljangS falber möge aus bem erft fyäter ju öeröffentlic^enben
jtoeiten £eil biefer Unterfudjung baS SrgebniS öortoeg genommen werben, bajj
baS SRcfuttat ber Ijier öeröffenttidjten l)iftorifcf)en ^Darlegungen burdf) bie ardf)äolo*
giften gunbe beftätigt ober roenigftenS nidjt erfdfjüttert wirb. 2)ie in ben Sauren
1852—1857, nad) 1861, 1882, 1906 unb 1908 ju Süttübetf öorgenommenen
Ausgrabungen 607 ) Ijaben aÜerbingS eine Heine Anjaljl öon ©egenftänben atö
©tein unb Anoden ergeben beSfelben ober äljnlidfjen ©IjarafterS, nrie man fie fonft
an präf)ifiorifd)en gunbftätten ju erbeuten pflegt unb wie fie tatfäd)lid() für bie
Sßräljiftorie in Anfprudj genommen roorben finb, }o nadf) $acl)S Sefjauptung öon
3ol). Arnbt, öon £f)eobor $ad) felbft 608 ) unb namentlich öon bem Soßinfpeftor
Sacob ®ro& 600 ). Allein 3*eunb brütft fidj über biefe glintfteingeräte fe^r
öorfidfjtig auS: „@8 Ijat fid} alfo offenbar ber ©ebraud) biefer einfadjen SBerljeuge
aus ber Steinjeit bis in bie fpätefte Qtit ermatten. 2)ann aber mufcte auc^ bie
gfertigfeit, toeldje jur ^erftetfung berfelben gehört, befannt geblieben fein." 610 )
Sljnlidj, jugleid) auSbrücflid) gegen bu Anficht, bafc biefe glintfteinfunbe für eine
präljiftorifdfje SSergangen^eit AltlübecfS jeugen, fpridjt fidf) $lug auS, beffen Unter»
fut^ungen immer nod) baS 93efie finb, roaS über Altlübecf gefdjrieben roorben ift.
Älug fagt: 611 ) „Aufeer biefen Steingeräten mürbe and) ein 2)old) öon ^euerftein
unb mehrere mefferartige geuerfteinfpäne, wie fie in ben fogenannten Hünengräbern
öorfommen, gefunben; ein 93eit>eiS, baß audj nod) in fpäterer Qtit, namentlich bie
607 ) Die torreftur beS ®rucfeS biefer ©teile erfolgt am 15. September,
genau öier SBodfjen nadE) 33eginn ber Ausgrabungen öon 1908.
608 ) „ttberblicf über gorfd^ungen jur öorgefd)id)ttid)en AltertumSfunbe in
fiübeef" in ber 3eftfd)rtft jur 28. 93erfammlung ber beutfdfjen antfjropologifdjen
©efellfdjaft, Sübecf 1897, ©. 36. §ad) fd&reibt: „gerner tyat Ärnbt nadjgetoriefen
($a<fy fdjtiegt fid) alfo bem angeblichen !ftad)h)etS ArnbtS unbebtngt an), baß and)
auf bem redfjten Iraoenufer, Alt-Sübecf gegenüber, gleichaltrige ttorgefdjidjtlidje
Anfieblungen öorljanben getoefen finb".
609 ) $a<$, a. o., ©. 38.
610 ) „$ie präljiftoriföe Abteilung beS SKufeumS ju fiübeef", in ber Seftfc^rift
jur 28. SSerfammlung ber bcutfdjen anttjropologifdfjen ©efeüfdjaft, S. 23.
611 ) A. o., ©. 247.
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227
lederen, tnettek^t als ©dfjabemeffer, menn audf) nidjt mc^r angefertigt, bodf) im
©ebraucfje maren. 9Son einer früheren SBegräbniSftätte ju Slltlübect tonnten biefe
Sfeuerfteingeräte nidjt füglicf) Ijerrüfyren, ba ©räber biefer Slrt befanntlid) nidf)t auf
SBiefengrünben errietet mürben".
StUerbingS Ijebt #acf) Ijeröor: 612 ) „SIrnbt tjatte bie gfreube, als midjtigeS
fixeres Ergebnis feftftellen ju fönnen, bafc bie 1852 aufgefunbenen 9tefte beS
firc^Itc^en ©ebäubeS bort auf bem JBoben einer früheren Slnfieblung erbaut finb"
unb in ber $at berietet Ärnbt: 618 ) „Unter bem gunbament ergaben fid) nod)
ftnodjen unb Jopffdjerben; aud) im Innern ber Sirdje finbeu fidf) biefetben reicfytidj
in geringer Jiefe. 3)ie Sirene ift alfo auf bem Stoben einer früheren Slnfieblung
erbaut". SlHein SIrnbt felbft jieljt in feinem SBeridjte mrgenbS bie Folgerung,
bafc bie @c^id)tcn nid)t öon SBenben Ijerrüfjren ober gar präI)iftorifd)en Reiten
angehören. SIrnbt fagt öielmeljr auSbrücflid) btö ©egenteil. 9tad}bem er eine
ganj furje Überfielt über bie ©efdjidjte SllttübecfS öon 1043—1138 gegeben l)at,
fäfjrt er fort: ,,2)anacf) ift anjuneljmen, bafj 9tefte au£ ben Reiten öor 1138 fidj
in öerfdf)iebenen ©cf)id)ten übereinanber finben unb bie SluSgrabungen fyaben bieS
betätigt; bie gunbe finb ttic^t tum folget $erfdjiebenl)eit, ba$ man weit auSein-
anber liegenbe Sßerioben ber 93emof)nung ansuneljmen genötigt märe", ©enau ju
bem gleichen ©djlufi nötigen bie gunbergebniffe ber SluSgrabungen öon 1906 unb
1908, bie gleichfalls ganje Raufen öon Änodjen, Sßenbenfcfjerben unb £otjfot)len
ergeben Ijaben. 3)ie öon Slrnbt nadf>gemiefene Äulturfdjidjt unter ber ßircfje beftanb
auS Snodjen unb ©gerben, Äofjlen unb Se^mftücf^en, ©egenftänben, bie 1906
unb 1908 in faft unüberfeljbarer üftenge innerhalb unb aufeerljalb beS SRingmalleS
öorgefunben morben finb. S)a etmaS anbereS, irgenbein mertöoHerer ©egenftanb,
unter ber Sirene nid)t gefunben morben ift, fo merben biefe 3funbobjcfte öon bem
menbifdfjen gifcfyerborfe Ijerrüljren, beffen ©jiftenj — öor ber ©rünbung ber gefte
unb ber cl)riftlidjen SMtuSftätte burd) ©ottfdjalf balb nad) 1044 — als eine
©öentualität IjingefteHt morben ift. 614 ) ©ie fönnen aber audf) biefer burd) ©ott-
fdjalf felbft ins fieben gerufenen 9?eugrünbung angehören, meun man annimmt,
bafj baS coenobium ©ottfdjalfS fid) an einer anberen ©teile befunben Ijabe als
bie fjeute nodf) erhaltene $ird)e: mit anberen SBorten, bafy biefe Sirdje erft fpäter
erbaut morben ift, alfo nid)t ju bem coenobium ©ottfdfjaßS gehört Ijat. 3)aS
ftnb bie beiben ©öentualitöten, bie id) nad) bem Ijiftorifdjen unb bem arcfjäologifcfjen
612 ) 31. o., ©. 36.
6ia ) „SluSgrabungen in Slltlübecf im 3af)re 1882", 3tfd)r. b. ». f. 2. ©.,
»b. IV, @. 150, fiübeef 1884.
614 ) SJgl. oben, 8. 225.
15*
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228
Sefunbe al3 bie beiben allem mögfidjen IjinfteÖen möchte: bon irrten erfdjeint mir
bie erftc ofö bie maljrfdjeintidjere. 2)enn id) öermute: fd^oit au3 fird&lidjer ^ßictai,
aber aud) aus gwedmäfcigfeitSgrünben mürbe man bann, wenn bte Sfcirdje ju bem
coenobium nidjt gehört Ijätte, btefelbe fdjwerlidj an anbeter ©teile errichtet
fabelt alz ba, wo itjre SSorgängerin bjw. ba8 coenobium ©ottfd^atfS borljer
geftanben Ijatte. Stber infolge ber atten fdjlidjten 3form bet Äirdfje; ber uralten,
zttotö plumpen Qform ber SlpftS unb infolge ber oben bargelegten Ijiftorifdjen
SSerljältntffe fe^c id) in ber erhaltenen Äir^e bie ältefte ©otteSftätte SübedS unb
be3 ganzen ©laöenlanbeS: bie djrifttidje SultuSftätte, bie mit bem coenobium
öerbunben gewefen fein wirb, ba$ ©ottfdjalf 1044 ober feljr balb nad) 1044
errietet l)atte. Demnach gehört bie prtmitibe Äutturfdjidfjt unter ber Äirdfje einem
wenbifdjen S^fdjerborfe an, ba3 fid) ju Stltlübed öor 1044 befunben Ijat, aber
nidjt feljr öiel älter gewefen fein fann, ba bie ©gerben in bejug auf gfarbe,
SDtufter, 3wW/ 2>ide, 93efdf)affenl)eit be3 93rud)3 unb SJranb fid} öon ben fpäteren
©gerben nid)t fonberltd) unterfdjieben ju Ijaben fdjeinen. 3n ber %at Ijat man
einen Süieter öon ber Äirdje entfernt, etwa einen Süieter unter ber heutigen Ober»
fläche neben öom $aljnenfufe ljerrüf)renben Anoden gifdjfdjuppen gefunben im Serein
mit einem Samm, mehreren SBürteln, ©ifenteilen, aüerbingS aud) einem ©porn
au? SJronje, ber aber öielleid)t, banf feiner größeren ©djmere, erft fpäter fo tief
gefunfen fein, üielmetjr urfprünglid) rool>l ber Qnt angehört Ijaben wirb, ate Ijier
Äönig $einrid) refibierte unb Slltlübec! eine fteljenbe 33efafcung ober Seibmadje be§
$önig§ unter einem prineeps militie sue 616 ) befafc. — Slufterljalb be3 SereidjeS
öon Slltlübed, ju bem, wie bargelegt, 616 ) aud) ba3 gegenüberliegenbe redjte £rabe»
ufer unb bte ^albinfel Jenfettö be3 portus, wefttid) nad) bem heutigen ©dfjwartau
ju, gehörte, finb nachweisbar wenbifdje gun&ftüde im Sübeder ®ebiete nirgenbs
gemacht worben, öielleid^t mit einziger StuSnaljme beä Sßöppenborfcr SRingwatte. 6 1 7 )
B. 3nt* unb Drtäbeftimmung ber Stttlübeder gunbe.
©inb nad) ben foeben aufgeführten Darlegungen präljiftorifdje, ba3 Ijeifit in
unferer ©egenb germanifdje Änftebtungen ju Slltlübed Weber Ijiftorifd) waljrfdjeinlid)
nod) ardjäologifd) nachweisbar, fo beuten nad) bem Urteil be3 ®ele!jrten, beffen
©adjfenntnte in bejug auf abotritifdje Altertümer niemanb wirb leugnen wollen,
bie ju Slltlübecf gemachten gunbe aud) nidjt auf bie ältefte SSenbenjeit in
unferer ®egenb Ijin. SWamentlid) bie ©djerben gehören nad) iljm faft auSfdjtiefclid)
616 ) £etmotb I; 36, @. 76.
616 ) Sgl. oben, S. 156 unb Stnm. 392.
617 ) Sgl. unten, ©. 237 unb 240, 9lnm. 647.
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229
her jüngeren menbifdjen Qtxt an. $)ie mertoollften gunbe bagegen, bie frönen
©olb« unb ©djmudftfide, meifen nad) iljm n\d)t auf roenbifdje, fonbern auf norbifd&e
Stltertfimer fyin, gerabeju auf SBirla, bie alte $auptftabt ©djmebenS. Slnfdjeinenb
eine überrafdjenbe SBeftätigung ber gefunbenen Ijiftorifdjen (Srgebniffe! ©ottfdjalfs
ehemaliger ©efolgSljerr, ©üeinn Slftribfon, ber ©egner SDiagnuS beS Outen unb
fpätere Äönig öon 2)änemart (1047—1076), als Sater ber ©igrib aud) ©ottfdjalf«
©djroiegeroater, ftammte ja au3 ©djmeben unb würbe nadj feinem fdjmebifdjen
SSater ©öeinn UlfSfon genannt, ferner mud)3 ©ottfdjalf junädjft ju Süneburg
in ©adjfen auf, lebte bann am §ofe ÄnutS beS ©rofcen unb feiner ©öljne in
(Jnglanb, enblid) am |jofe öon ©öeinn UlfSfon, elje er nad) SSagrien lam. ©ein
nid)t minber erfolgreicher ©ofyt §einrid) lebte öollenbS öom jarten filnbeSalter
bte hinein inS 2Ranne$alter am bänifd)en $ofe. 9tod) meljr! SEBir miffen aus
&azo, bafc $einrid) öon feiner bänifdjen SRutter einen großen <3d)at& geerbt f)atte,
ber iljm aber fpäter nidjt ausgeliefert mürbe, unb bafc |>einrid) öon Slltlübed au*
nur biefeS iljm oorentljaltenen (SrbeS falber mit SDänemarf einen erfolgreichen
Ärieg führte, in bem §einrid) fiegreidj bte ©djleSmig öorbrang, Änut Samarb
bagegen bie Stefibenj |>einrtdj3, alfo Slltlübed, öerljeerte: alles 35aten, bie e£ Ijiftorifd)
aufs befte erflaren mürben, mie norbifdje ©ofbfadjen nad} Slltlübed geraten lonnten.
2)änifd)e |jilfe führte #einrid) in ben 93efifc SlltlübedS; birelt öon ©üeinn
UlfSfon l)er, ber i^n als fein ©efolgSljeer reid) befdjenlt unb bejaht Ijaben mu&,
teerte ©ottfdjalf in fein Saterlanb jurüd. SBirb Slltlübed unter @ottfd)alf nur
eine untergeorbnete 9Me gezielt fyaben: um fo gröfeer mar SlltlübedS SJebeutung
unter ©ottfd>alfö ©oljn |>einrid), bem äBenbenfönig. 3)er Ijatte Ijier feine
SRefibenj, 618 ) bie $auptftabt jenes großen baltifdjen ©laöenreidjeS, baS nad) ben
Angaben $e(molb3 oon ©anemarf bte Sßolen gereicht Ijat. Unb fein jmeiter
SRadjfolger, fogar im oom Ätaifer Sotljar anertannten flaoifdjen Sönigtitel, mar
gerabeju ein 3)äne, Slnut Samarb, ber SSater SBalbemarS beS ©rofjen; Änut, ber
bie Äirdje ju Slltlübed Ijat meinen laffen 619 ) unb fid), menigftenS oorübergeljenb,
in Slltlübed aufgehalten Ijat. Ufinger gel)t moljl ju meit, menn er behauptet,
Slltlübed fei aud} bie JRefibenj be$ ©laöenfönigS Änut Samarb gemefen. 620 ) ©o
618 ) ©gl. oben, 8. 145, Slnm. 172; ©. 146, Stnm. 375; ©. 150 bie
Urfunbe SlbalberoS, in ber Slltlübed als locus capitalis Slaviae beseic^net mtrb.
619 ) »gl. oben, ©. 149, Stnm. 380.
620 ) t Officium Sancti Kanuti Ducis» ^g. o. 3*ub. Ufinger t. b. Duellen-
fammlung ber ®ef. f. ©c^leSm..$olft.-Sauenb. ®efc^ v 93b. IV, SHet 1875, S. 5:
„©eiftttdje unb SKönd^e öon ba umgaben i^n, aU er in feinem fBmgtidjen Si^
Süberf eine Kirche meinen lieg".
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230
l}at in ber £at ju Alttfibecf nid^t nur jungmenbifdfjer, fonbern auc§ bänifdjer,
norbifdjer Äuttureinflul gemattet, nacfymeiSbar an ©ottfdfjalf, an feinem ©oljn
^einrief) unb an Änut Samarb: neunjtg Saljre Ijinburd)!
2)a& neben menbifdfjer unb norbtfdjer Sultur als britte Äutturbeeinfluffung
bte beutfdfje, genauer bie fädfrfifdfje, für Slltlübecf in ^rage fommen mufc, tft bei
bem intimen SSerijättniS öon ©ottfdjalf, ^einridj, §einridf)S ©oI>n 3toentepoldj,
Änut Samarb ju ben fädfjfifdjen §erjogen bjm. ju bem fädjftfdjen Äaifer fiotljar,
jum Älofter 9ieumünfter, jum Hamburger ©tuljl, namentlich} ju Slbatbert unb
Slbalbero, fomie bei ben unauSgefcfeten SBejieljungen ber Slltlübecfer Äirdje ju
9teumünfter, ©egeberg, Hamburg, 23raunfdf)meig unb Sremen felbftöerftänblidj,
namentlich feitbem fid) in bem auffaflenb fd^neQ aufblüljenben Smporium am
,3ufammenflu& ber ©djroartau unb Jraoe audf) eine non parva colonia beutfcfyer
SJaufleute angefiebelt Ijatte. 2)od) Ijaben fidf) fädjfifdje gunbe bisher nidjt nadjmeifen
Igffen mit SluSnaljme einer SßingSborfer Sterbe, bie öon ©d)udf)f)arbt bei einer
SSeftc^tigung bcö SDhtfeumS auf ben erften SBlid als fädjfifd) ibentiftjiert mürbe, fotoie
öon 3Küf)Ifteinen aus rfjeinifdjer Satia, nrie fie in großer 5Kenge in £>abbebij gefunben
morben finb. Sludj bte Ausgrabungen öon 1906 unb foeben bte öon 1908 f)aben bret
big öier folcfjer ©ererben ergeben: ein 93emei3 bei ben Saufenben fonft gefunbener
©djerbenrefte, bafy man öon einem Smport fädjfifd^er £öpf ermaren nadf) Slltlübed nid)t
fpred£)en barf. $ie paar Meinen 58rud)ftüde rühren mol)l öon ber beutfdjen Sfolonie
Ijer. 2)iefe auffaÜenbe Übereinftimmung jmtfdjen Ijiftorifdjen unb ardjäologifdjen
Unterfudjungen ift eS moljl wert, bafj jene ardjäologifdjen ©rgebniffe nod) begrünbet
merben, mag am geeignetften burdj einen ©eleljrten gefdjieljt, ber nidjt an ben
Ijiftorifdjen Unterfudjungen intereffiert ift.
Slm 28. SRärj 1908 Ijielt ber ftonferöator am ©ro^erjogli^en SKufeum
ju ©djroerin, Sßrofeffor Dr. Seife, einen Vortrag in Sübed „Über ben ©tanb ber
2tltertumSforfd)Mtg in Süiedtenburg mit SBerüdfid&tigung ber SBurgmäße unb
menbifdfjen gunbe". ©elegentlid) biefeS Vortrages na^m S3etfe nidjt nur eine
Sefid^tigung ber Ausgrabungen ju Slltlübecf öor, fonbern namentlich and) eine
einge^enbe 93efid)tigung ber im Sübeder Sfiufeum ausgestellten gunbobjeltc öon
Stttlübecf. Über baS (SrgebniS biefer feiner boppelten S3efidjtigung fc^reibt Seife
am 30. 2Rärä 1908: 62 *) „Auffallenb ift baS (Srföeinen fo alter Artefafte mie
ber fteinjeitti^en Äeile, S)ol^ unb ©djerbe. @S mirb öon ber 3Köglid£)feit, i^re
Sagerung ju beftimmen, abhängen, ob eine Sntfd^eibung barüber, ob fte in urfprüng»
621 ) Auf meine Anfrage l)at 5ßrofeffor Seife mir gütigft geftattet, feinen Srief
fo meit abbruefen ju laffen, als es mir gut fdfjeint.
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231
lieber fiogc gefunben ftnb, atfo lange öor bet wenbifdjen Qtxt bort eine fteinjeitliclje
Station gewefen ift, ober ob fte mit bem ©rbauftragc fefunbär eingebracht
jtttb, 622 ) einmal möglid) fein wirb. Sie ftnb in fjicftgen Surgwäücn unb
SBotynftätten fo allgemein, baff man nic^t bariiber l>inwcgfommt, bafi bie SBenben
mirftid} biefe unfd&einbaren ©eräte noc§ benufct nnb felbft tyergefteßt Ijaben. — Ob
av& ber Sronjegeit 2)inge in bie (Srbmaffe gelommen finb, ift mir nidjt meljr in
Erinnerung; gwei baljin jeigenbe möchte id) auSfdjeiben: bie brongene Sßingette Ijat
eine fjorm, bie ibentifd) in -äJierowinger ober in SStünger ©räben in ©ifen bor-
fommt unb lann auefy in jene ^ßeriobe gehören; ber JorqueS fieljt auf ben erften
JBlicf ia redjt brongegeitlid) au3, unterfdjeibet fidj aber burtf) SBefdjaffenljeit be3
3Keiall3 (Süieffing? eine Unterfuc^ung mürbe tonnen), Jed^nif (bo^ler Äern) unb
Unregelmäfcigfeit ber Stiefelung; idj glaube, bafc e3 fid) um eine einljeimifdje s Jlad)-
aljmung ber arabifdjen ©ilberljafäringe Ijanbelt; bei URonteliuS ant. sued. 620 ift
ein entfpredjenber £>anbring (Sironje) abgebilbet.
622 ) 5)af$ ba« teuere ber %aü gewefen fein fönnte, fd)eint mir nad) ben
foeben gemachten Erfahrungen nid)t gang unmögltd). SBir finb gegenwärtig babei,
btö %ox ober ben ©ingang in ben SttngwaH aufgufpüren. ®a ljaben wir im 33oben
über ben riefigen ©idjenplanfen, Satten unb 33rettern, bie Ijier tief unten teilä eine
9lrt Softe«, teils eine 8trt ©lettbatyn oom StingwaÜ na$ ber 2rat>e, tJtcQcfd^t aud)
bie gewaltigen ©ubfonftruftionen einer fjölgemen 93rüde über bie Srabe üerraten,
im Sluguft meljrfad) letzte, bieredige, fcfjwarge ©tütfe gefunben, bie fid) bei ber
djemtfdjen Untermietung Wirflid), Wie fdEjon bortjer angenommen Worben war, als
©teinfotjte entpuppten, ferner bier rotgclbe, metallartige ©egenftönbe, etwa fo
grofc, wie baS unter einem Fingernagel fifcenbe ©tütf Steift, bie fid) bei ber
djemifdjen Unterfudjung als fog. Sluripigment, ©dEjmefetarfen, fjerauSftellten, ein
ffunftprobuft, baS man gum färben braucht. Offenbar rühren beibe Objefte bon
Irabebampfern Ijer unb finb burd) Slblabungen bon SSaggermaterial gu erflären, bie
im ©üben bon Slttlübed, am Iinfen Xrabeufer, früfigeitig überall ftattgefunben ljaben.
@S ift aud) möglich, mir fogar in ljoljem ©rabe waljrfdjeinlidl), ba% man in nodfj
früherer 3^it ben fübtidjen Seil beS SRtngwalleS, ber gum gro&en Xeil für baS Sluge
laum flar erfennbar ift, als SBaÜaft ober für anbere 3twcfe abgegraben unb bie fo
erhaltene flache ©teile fpäter wieber burdj 93aggermatertal aufgebt §at, fo bafj
Ijier aufgebraßte, namentlich fd&were ©egenftönbe mit ber 3*it titndief) tief gu liegen
lommen mußten, ©nblid) wirb man boß wo^l audfj mit ber 9Köglic^feit rennen
muffen, bafc häufig, Diel häufiger als man benft, befonberS faltbare unb brauchbare
prä^iftorifd^e ©egenftönbe aud) in ljiftorifdfjer 3^it no^ benufet bgw. bei Umfieblungen
ald fa^renbe §dbe mitgenommen würben, namentlich in unferer ftein- unb metaU-
armen Äüftengegenb!
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232
Unter ben menbifcfyen gunben felbft wäre äunädfjft ouf eine SBerfdjiebenljett
in ber Sagerung ber Sterben ju achten; bie große Sttaffe ber im Sttufeunt
aufbewahrten fyat ja einen fc^r einseitigen, jungen ü^axatttt; e3 fdjeint aber,
baß man früher auf bie einfachen älteren nidjt redfyt geartet unb nur bie befferen
aufbewahrt Ijat: wenigftenS befanben fidf) unter ben mm und am 29. jufäQift
aufgelefenen eine ganje Steige jweifelloS primitiber. @3 ift ja nun felbftberftänblicl},
baff biefe alte £edjnit (biel ©ranitgruS, !eine £öpferfcf)eibe, fdjmadfjer 95ranb)
öon ber jüngeren belferen nidjt unbebingt oerbrängt ift unb einzelne TAtft feljr
wo^l foätan mit ben anbem fein fönucn, id) ljabe aber im allgemeinen bei
^unberten bon SBofyngruben bie beiben Strien getrennt gefunben unb e3 bürfte ftd>
bringcnb empfehlen, lünftig^in ftetö btö gefamte ©dfjerbenmaterial einer ©teile
aufgeben. 628 ) Unter bem anbern SKateriat fiel mir ein ganj bebeutenber
Unterfdjieb bon bem ber f)iefigen 33urgmäHe auf: bie Slltlüberfer gunbe finben Ujre
Analogie bietmeljr in ben belannten Stationen ber SBifinger Qtit als Ijier, ma3
ja bei ber gefcfjidjtlidjen Stellung ^einritfjS, ber ^albbäne mar, wof)l begreiflich
ift. 3cf) !enne bie gunbe ÄnorrS in ^eitljabg nodj nidjt, bermute aber, baß ©ie
bort reidfjlid) Analoga finben werben, ©djilbbucfel, Sporn, ©emidjtfieine, SBage,
gaffung be3 Sllmanbin, ©laSperlen, Äämme, SRinge, 624 ) e3 ift genau formen*
unb Jtjpeninbentar bon 33irfa (SKuf. ©tocftyolm); bon großem Sntereffe audj, baß
bie »ewoljner \>on »tttfibetf felbft 9Retattinbnftrie autyMt Ijaben; 626 ) mobon
auf unferen SJurg wällen feine ©pur." — SBenn SBetfe ber mutet, bafa Snorr8 gunbe
623 ) 3$ ^öbe bafür Sorge getragen, baß bei ben bieS jährigen 9lu£grabungen
ba3 gefamte ©djerbemnaterial auf ba$ peüttidEjfte gefammelt wirb. S)er Oberprimaner
9ßafc, ber fid) Dftern bem ©tubium ber Slrdjäologie wtbmen wirb, fammelt bie
gefamte ©djerbenmaffc au3 jebem einjelnen ©djnttt in befonbere Säften, bodfj würfen
bie SRengen berartig an, baß fid£) bie einzelnen ©gerben nidjt meljr in 3igörrenfiften
aufbewahren liegen, fonbern baß wir bom SWufeum Sübedifdjer Sunft« unb Kultur»
gefc^id^te große Siften entlegnen mußten. SSon ben ©gerben unb Änodjen abgefeljen,
bei benen infolge tfjrer großen 3Kenge ein fold)e3 SSerfa^ren nidjt burdjfüljrbar ift,
Wirb, äljnlidj Wie 1906 burd) Dr. SBaltcr greunb, jebeS cinjelne gfunbftüd nadj feiner
liefen- unb Sreitenlage in ein S3er$eid)ni$ eingetragen, ebent. aud) abgezeichnet unb
bann nodj in einem genauen ©runbriß fixiert, ber in großem SRaßftabe wie 1906
auf bem ©auamte angelegt wirb.
624 ) ®a3 finb bie Widjtigften, beim ®urdjgraben beä 83oben3 teil« innerhalb
ber Ifird^e unb um bie Sirdje, 1852 — 1857 ju Stltlübedf gefunbenen ©egenftänbe
(ögl. 8 lug, a. o v ©. 237—248 fowie lafel 1—3), teils ber bei ber «nlage ber
©rubenquabrate füblid^ bon ber fiirdje 1882 erbeuteten 3unbe (UgL Slrnbt, a. o.,
©. 152—156 fowie 2afel IV).
625 ) SBte au« einigen ^u Slltlübecf gefunbenen ©d^meljtiegeln ^eroorge^t.
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233
in fetifyabt) reidljlid) Analoga ju ben mertöotteren Slltlüberfer gunben bieten
mürben, fo mürbe biefe feine SBermutung fünf SRonate fpöter bestätigt.
©egenüber bon ©djleSmig, fübltdlj bon ber ©djlei, befinbet ftdj, redljtmintlig
jur ©djlei, ein langer, fdjmaler, in ber ÜKitte burd) gleichzeitig öon SBeften unb
Dfien fjerborfpringenbe Sanbjungen etngefdjnürter ©ee, melier burd) biefe
Sinfdjnürung in jmei §älften geteilt mirb: baS ©elf er SRoor im ©üben, an beffen
©übmefiufer am 3. gebruar 1864 bie „eiferne SBrigabe" ber Öfterreidjer unter
©raf ©onbrecourt ben ÄönigSljügel (42 9Keter Ijodj) bei Dber»@elf erftürtnte.
S)ie nörbltd)e, größere §alfte bilbet baS §abbebtjer Sftoor, genannt nad) bem
uralten, jmifdjen bem $abbebt)er SRoor unb ber ©djlei gelegenen 2)orfe $abbeb)j,
baS in einem äljntidjen 93erl)ältniS ju ©$leSmig ftefjt mie Slltlübed ju Sübetf,
überbieS burd) feine, faft aUfeitig öon Seen bjm. Sftieberungen umgebene Sage an
Slltlübed erinnert. ©enau am SBeftufer beS $abbebtjer SRoorS beginnt baS
$)annemerf: junädjfi mit einem mädjtigen 2BaH, ber im §albfreiS bom ©eeufer
im Sorben bis jum ©eeufer im ©üben öerläuft. ©enau an ber SBeftrunbung
biefeS §albfreifeS beginnt ber fogenannte SDiargaret^enmaQ, ber bann öon ber
3^t)raburg, ber SBalbemarSmauer unb ben übrigen Seilen beS 35annemerfeS fort«
gefefct mirb, fo ba% bie Ofterreidjer am 3. gebruar öom &önigSl)ügel aus baS
2)annemerf einfeljen unb ben $albfreiS mie ben 3Kargaretl)enmalI begießen fonnten.
2>er IjalbfreiSförmtge SBall Reifet bie Dlbenburg, entfpredjenb Dlbenlubefe. §ier
in ber Dlbenburg oeranftaltete Dr. ©plietl) Dom Sieler SRufeum im ©eptember
1900 SluSgrabungen, bie Dr. griebrid) fötorr im $erbft 1901 meiter führte unb
gegenmärtig mot)l baS fünfte 9Wat leitet. Änorr befugte öom 3. bis 5. ©eptember
Slltlübed unb beftdjtigte bie «lltlübeder gunbe im Sübeder SKufeum. @r faßte
feine (Sinbrüde ba^in jufammen, baß er mir mieberljolt erllärte: „3)aS finben ©ie
alles genau fo in ber Dlbenburg mieber, mit SluSnaljme ber ©otbfunbe". 35iefe
93e^auptung SnorrS bejog fid) junäc^ft auf bie Sinjelfunbe. 35a fdjon @opl)uS
SKüHer bie ^^pot^efe aufgeftellt Ijatte, „ber IjalbfreiSförmige SBall am ©elf er
9ioor" 626 ) Ijabe „baS alte ^aitfyabu" umfdjloffen, fo mürbe nunmehr nidjt nur
in bejug auf Sage, @efd)id)te, fonbern aud) auf bie ©ieblungen eine parallele
jmif^en ^eibljabt) unb Slltlübed gebogen merben fönnen, bie um fo bemerfenSmerter
ift, als bie gunbe l)ier mie ba fo jiemlidj auf biefelbe Qdt jurüdgeffiljrt merben
fonnten, menn aud) naturgemäß bie $abbebkjer Qfunbe etmaS älter finb. 35enn
Änorr f djließt feine Darlegungen fdjon öor fieben Sauren mit ben SBorten:
„©omeit man aus ben bis jefct gehobenen gunbfadjen fdjließen fann, mürben fie
626 ) Sichtiger müßte es Reißen: am £abbebi)er SRoor.
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uns etam in bie 3^t ö om 10. bis 12. Qtaljrfjunbert führen". 627 ) 3?d) bin über*
jeugt, man mürbe aud) nod) ein britteS ©egenftücf ju §eib^ab^ 628 ) unb Subefe
finben, menn man fid) in SReiflenburg enblicf) einmal baju entfd)lief$en fönnte,
größere -Kittel für eine fgftematifdje SluSgrabung eines an Ijiftorifdj nadjmeiSbarer
©teile gelegenen StingmalleS aufjuroenben, unb jtoar in erfter Sinie für eine
SluSgrabung ber 9Äedelnburg bei SBiSmar. Sine ins einjelne ge^enbe bergleidjenbe
Unterfudjung ber ©efdjidjte unb Slrdjäologie öon §abbeb)}, Slltlübecf unb ber
Sftecfelnburg mürbe bie baltifdje Äulturgefd)icf)te bom 10. bis 12. 3al)rf)unbert
meljr förbern als alle bisherigen einfcfytägigen Uuterfudjungen unb gteidjjeitig
unfere Senntnifje ber bänifcfyen, ftaöifd)en unb beutfdjen ©efdjidjte an ber Dftfee
aufs mertüoUfte bereitem.
greilit^, gang mörtlicf) möchte id) ÄnorrS JBeljauptung nic^t nehmen. 2)enn
einerfeitS fehlen uns bisher in Slltlübed fold)e gunbe, bie fidj nad) $norr in ber
Olbenburg als befonberS djaralteriftifdje ©lemente immer öon neuem mieberfinben:
bie ©pedfteingefäfje unb Sldtfdjaufeln, anbererfeitS gab Änorr ju, als id) ifjm bie
neuefien gunbe mit bem gleiten Ornamente geigte, nrie eS, 1852—1859 unb 1882
gefunben, bereits im -JJtufeum auSgefteHt ift, ba$ gerabe jroei foldje Ornamente ber
Olbenburg teils fremb, teils — nid)t in ber Slltlübecfer ^idjnung — eigentümlich
feien, bie man Ijeute mie ehemals als befonberS djarafteriftifd) für bie Slltlüberfer
Äerami! anfielt: bieS anmutenbe 9)?ufter befielt aus sroei fonjentrifdjen Greifen,
beren innerer oft ju einem fünfte äufammengefdjmoljen ift, unb gerabe bann fief)t
baS Ornament am reijtoollften aus. 2)ieS fogenannte Ornament öon Sllttübed finbet
fid) in Slltlübecf auf bem öerfdjiebenften SRaterial: auf 33ronje, 93ein, namentlich
aber auf einer Unmenge ©gerben, linfS unb redjtS 629 ) toon ber Iraöe fomie auf
ben öerfdjiebenften ©efäfcen unb ©eräten: auf einem beinernen Änopf, 680 ) auf bem
aufs anmutigfte ornamentierten §efte mehrerer Äämme, 681 ) auf einem fdjönen
S3ronjebefd)lag, fogar auf bem jierlidjen Sporn aus SBronje, 682 ) namentlich aber
auf Jongefäfeen. 688 ) 2)a fid) bieS Ornament $u Slltlübed in allen ©d)id)ten,
627 ) „Ausgrabungen in ber DIbenburg (3)annemerf) im %at)xt 1901" i. b.
3Ritt. beS Stnttjropologifdjen SSereinS in ©djleSttug'&otftein, 1901, ©. 5.
628 ) ©tma feit einem 3afjre befinbet fid) im Sübecfer SRufeum ein ©tySabgufj
ber DIbenburg in bem Staunte, in meinem bie Slltlübecfer gunbe aufgeteilt finb.
ö29 ) Sgl. oben, ©. 158, Stnm. 393.
680 ) 3tfd>. b. SS. f. S. ©., 83b. IV, lafel IV 5Är. 9.
681 ) 3tfd). b. S. f. S. ©., 83b. I, 2afel 1, 9tr. 9 unb 10.
682 ) Ibid., 83b. IV, lafel IV, 9ir. 3 unb 8.
688 ) Ibid., 83b. I, lafel 3, 5ftr. 14.
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innerhalb unb aufeerljalb be3 9tingmaHe3, red)t£ unb linfl öon bcr £rabe, auf
jebem SKaterial, auf bett berfdjiebenartigften ©ebraudfjSgegenftänben, bagegen nirgenbS
auf bcn im übrigen ben Stltlüberfer Sfunben n ac *) Änotr fo ööflig entfpredjenben
£abbebt>er gunben ftnbet, motzte xäj baSfelbe atö ba% Seitmotib Slltlttbedfö be»
geidjnen, jumal idf) bieg l)übfdf)e unb originelle SRufter audj in ben ja^Ireid^en
Slbbilbungen mecflenburgifdjer ?ßublifationen nidf)t Ijabe mieberfinben fönnen,
namentlich nirfjt in ber au^eirfjneten, jufammenfaffenben Slrbeit toon Seife, beren
l)of)er, inftruftiöer SBert nodf) burd) ga^lrcidf>c üortrefflidje Slbbitbungen erljöljt
roirb. 684 ) 9ftit anberen Sßorten: mo man bieg 3Jtuftcr hrieberfmbet, wirb man e3
big auf weiteres mit Stltlübed in SBejiefjung bringen muffen unb nidfjt öor
1044—1138 anfefcen bürfen. SDaS anbere für Sllttübecf d)arafteriftifd)e SRotto,
dfjarafteriftifdf), roeil e8 bei fämtlidjen Sluggrabungen miebergefunben morben ift, bie
bisher vorgenommen morben finb, ftnbet fid) in ber Dlbenburg nadf) Snorr menigftenS
titelt in ber Slttlübecfer gorm roieber. 3)ie3 jmeite Slltlübetfer 3Rotto faßt auf
burd) bie Stelle, an ber e3 angebracht ift, unb burd) feine gorm. @3 befinbet fid)
am äußeren 93oben ber Jöpfe unb befte^t balb au3 einem einfadjen, balb au§
einem Doppelfreuje, beffen jmei bjro. öier gleidf) lange Stäbe fid) genau in ber
9Mitte redfjtroinflig fdjnciben. 2)ie8 SRotto Ijat mit bem erften StynlidEjfeit, infofern
ba$ fireuj öon einem ober Don jmei fonjentrifdjen Greifen eingefdfjloffen erfdfjeint.
93eftef)t bieg ftattlidje SKufter au$ einem 2)oppelfreuje, fo umfdjliefcen bie fid)
fdfjneibenben öier Stäbe in ber 9Ritte naturgemäß ein Quabrat.
dagegen mollte Änorr nietjt an eine ^ertunft ber merttooHeren ©egenftänbe
au3 SBirta glauben. Sr fdjloß vielmehr auf farolingifdfjen Urfprung, ben er für
jfoeifelloS fidjer erflärte bei bem pradjtüollen ©olbring, 686 ) ber einen ©tolj unfereS
SKufeumS bilbet. 2Bie e3 gefctjidfjtlid) möglich mar, ba$ farolingifdje ^Jrunfftücfe
iljren 2Beg nad) Slltlübecf finben lonnten, bafür glaube idj) im Saufe biefer Unter«
fudtjung meljrfacf) auf 9Röglid)feiten tjingeroiefen ju l)aben: id) erinnere an ben
langen Slufentljalt gürft ©ottfdjalfö in ©nglanb bei Änut bem ©roßen unb feinen
©öljnen; an bcn langen 9luf enthalt Sönig §einrid^g am bänifdfjen §ofc, namentlich
aber an ben reidjen ©c^afe, btn ^einrid) bon feiner bänifrfjen 3Rutter ©igrib geerbt
Ijatte unb ber ju einem Äriege jtoifdjen £einridf) unb 35änemarf führte, fo gut beibe
SRädjte fonft jueinanber ftanben. äud^ ba3 intime Ser^ältnig jmifc^en ©ottfd^all
684 ) r/ SBenbifc^e Slltertümer' 7 i. b. 3a^rb. b. SJ. f. metflenb. ©. u. Sllter-
tumgfunbe, 35b. 58, ©djmerin 1893.
6Ö6 ) 3tfc^r. b. SB. f. ß. ©., ®b. I, 2afel 1, SRr. 4 a unb b, ba3 betreff enbe
Ornament ift unter 4 b genau abgebilbet.
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unb bem pradjtliebenben (Srjbifcfyof Slbatbert öon SBremen; jmifdjen Äaifer Sotljar
unb ben beiben SBenbentönigen §einrid) unb Änut ßamorb märe in biefem
3ufammenf)ang anjufüljren, fomie ber Umftanb, bafj ©ottfcijalf als ©efolgSmann
t>on ©öeinn Slftribfon bod) irgenbmie entlohnt, jum minbeften aber reid) befdjenft
merben mufete. ©öeinnS SDiutter Slftrib war ferner eine ©djmefter ÄnutS beS ©rofcen,
unb fo erhalten mir gum jmeiten 3Kale eine nad) (Snglanb füljrenbe ©pur.
üftag man nun bie feltenen unb frönen SSBertftürfe mit Seife auf SMrfa, mit
ifnorr auf farolingifdjen Urfprung ober gang allgemein auf bie SBifingergeit jurücf-
führen, fo öiel ift fidjer: bie ©ebraudjSgegenftänbe beS täglichen SebenS, bie in fo
auffaHenber SDienge, infolge ber jafjlreidjen Störungen 636 ) leiber in unglaublich
jertrümmertem unb befd)äbigtem 3 u ftanbe in tollem 35urrf)einanber erhalten ftnb,
tyabcn ber menbifdjen 3 c ü, unb jroar ber fpäteren SBenbenjeit angehört! 687 )
63e ) &iftorifd> nadjmeiSbar finb bret 3c*ftörungen, eine unter £einrtd> burd}
bie 35änen unter $nut 2amarb in bem ermähnten ©rbfdjaftSfriege, in bem #einri<$
ben 35önen eine empfinblidje SNieberlage beibrachte in ber breitägigen ©d)lad)t bei
Sütjenburg (©ayo); eine unter ß^^tepold^, als bie SRanen in 2lbmefenf)eit Stotnte»
poldjS Stltlübed überfielen, jttrifd)en 1127 unb 1129; bie lefcte unter ^Jribi^Iaö, als
in Sttbmefenfjeit SßribijlaöS ber SRanenfürft SRace im Sommer 1138 Slltlübecf jer«
ftörte. ©in üterter Überfall, eS ift ber britte SRaneneinfall, mürbe nadj mehrtägiger
Belagerung jurücfgemiefen. Senn bieSmal fear ber gürft in feiner Stefibeng an*
mefenb, Ijolte perfönlid) #ilfe üon feinen fädjfifdjen SBunbeSgenoffen unb brachte ben
SRanen eine furchtbare SNieberlage unter ben gemaltigen SSefeftigungen üon Slltlübecf
bei, fo bafj ebenfotriel in ber ©djmartau unb Sraüe ertranfen als burdj baS ©djmert
umfamen, unb bafj eine attjäljrtidje firdjltdje ©ebenffeier am 1. Sluguft für bie Sc-
motjner SlltlübedS anberaumt mürbe, $elmolb I; 36, ©. 77: «Feceruntque tumu-
lum magnum, in quo proiecerunt corpora mortuorum, et in monumentum
victorie vocatus est tumulus ille Raniberg usque in hodiernum diem. Magni-
ficatusque est Dominus Deus in manu cristianorum in die illa, statueruntque
ut dies Kalendarum Augusti celebretur omnibus annis in Signum et recor-
dationem, quod percusserat Dominus Ranos in conspectu plebis sue. Servie-
runtque Ranorüm populi Heinrico sub tributo, quemadmodum Wagiri, Polabi,
Obotriti, Kicini, Cyrcipani, Lutici, Pomerani et universe Sclavorum nationes,
que sunt inter Albiam et mare ßalticum et longissimo tractu portenduntur
usque ad terram Polonorum. Super omnes hos imperavit Heinricus, vocatus-
que est rex ill omni Sclavorum Nordalbingorum provincia».
687 ) Següglid) ber SBefe.ftigungSart 2tltlübedS fomie begüglid) ber Aus-
grabungen üon 1906 fann id) jefct nur auf meinen vorläufigen auSgrabungSberidjt
üermeifen in ben 2übecfifd>en Slnjeigen dorn 31. Januar, 9. unb 10. gebruar 1907:
„3)ie oon ber ©emeinnüfcigen ©efellfdjaft oeranftalteten Ausgrabungen gu Alt-Sfibecf",
ber aud> in ben übrigen gleichzeitigen blättern SübecfS öeröffentlidjt foorben ift.
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C. 2)ie Verteilung ber altgermanifdjen ©ieblungen um SUtlübecf.
2)ie ©ermanen, bie fcor ben ©laöen in biefen ©egenben mofynten, fugten,
mit STuSnaljme ber gnefen, nid£)t bie tiefften unb fumpfigen ©teilen für i^re SSSo^n-
ftfce auf, fonbern bie Ijöljer gelegenen: gorft unb §eibe. * Die Sumpf- unb SBaffer*
berooljner finb in unferen ©egenben erft bie ©laöen. 35ie altgermanifdfjen Sting-
Burgen, ju benen bie SRingburgen bei SßanSborf, auf bem ^ßariner Serge, im
SRifebufd), am ©tulper §uf unb öielleidjt and) bie bei *ßöppenborf ju gehören
f feinen, liegen in ber fiübedfer Umgebung burdfjmeg fyod): nur ber flamme 93urg-
xoaU Slltlübedf liegt fo tief, bafj bie nid)t burdf) ben SBaQ fünftlid) ersten leite
bei jeber ftarfen Sturmflut überflutet werben.
ÜDietljobifcfje SRadfjgrabungen finb bei biefen fünf StingmäHen, bon benen brei
auf Dlbenburger, jtoei auf lübifdjem ©ebiete liegen, nodf) md)t angeftellt loorben.
35ennod) l)iett and) ©dfjudjljarbt ben 2BaH im JRifebufdf) für toiel älter als ben gu
SHtlübed: für germanifdj. Smmerljin mirb burd) Ausgrabungen nodj ber SBetoeiS
ju erbringen fein, ba§ eS fid) Ijier um germanifdje, nic3t)t um flamme ©dfjufebauten
fymbelt. SemerfenSmert ift, bafc toon biefen tum mir als germanifdf) begeidfyncten
SRingmäHen bier auf einer Sinie toon SBeften narf) Often f)in, alfo fo siemlidfj
auf einem Sreitengrabe liegen, unb jtnar brei in ber gleiten Höhenlage: etroa 12 m
t)odf), mäljrenb Slltlübecf tttoa 2 m $od) liegt, abgefefjeu bon ber £ölje beS SßalleS.
Xer etmaS nörblidjer gelegene SßanSborfer 2BaH auf bem 5BlodSberge liegt fogar
31 m, alfo faft fjunbert fjufe Ijod) über ber ©djroartau, unb geroätjrt ben Slnblidf
einer ftattlidjen Slntjöfye, nrie and) bie SBäKe im SRifebufdfj unb auf bem ©tulper
$uf, ba alle brei 2BäHe einen ©teilabfall bis jum SBafferfpiegel ber ©djmartau
Bgm. ber Irabe aufmeifen. 3)er ^ßöppenborfer SRingroaH bagegen liegt nidjt auf
einer fo in bie Sfogen faHenben Slnfyöfye, bielmeljr, menngteirf) ebenfo Ijodj, auf faft
ebenem ©elänbe unb trägt nod) am erften bon biefen bier äßäflen ftabifdfien S^arafter,
ba er ringsum bon moorigem unb fumpfigem ©elänbe, bielleicfyt ben Überreften
eines SinnenfeeS, umgeben ift. ©r liegt nad) SRorboften 3, nad) ©übtoeften 4 km
bon ber Irabe entfernt, alfo faft in ber Sßitte einer 7 km langen ßinie, toetdje
bie fog. ftutyle bei Sbenborf mit ber ehemaligen (Sinbudfytung ber $rabe bei ©iemS
berbinben würbe. @S finb in ber fiuftlinie boneinanber entfernt:
1. S)er <ßanSborfer SBall auf bem JBlotfSberge bon bem SBafl im
SRifebufdj 5% km
Stufjerbem tjabe idf) baS Hauptergebnis ber Ausgrabungen aufs fürgefte gufammen«
gefaxt in ben Segenben ju Safel V — XXV, toeldfje gleichzeitig mit biefen Unter*
fudjungen gur SSeröffentlic^ung gelangen.
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2. Der 5Riefebufd)matt toom Sßöppenborfer fRingmaU 7 km
3. SDer *ßöppenborfer 2BaH &om StingmaK auf bem ©tulper $uf 3 1 /* -
93ebenlt man, bafe ba$ ©djroartautat jttJtft^cn bcm Stingroall im Stiefebufdj
unb bcm gegenüberliegenben ©rof^ßarin ficf) aU ein fd^arf eingefdjnitteneS SrofionStaf
fennjctdinet, cbcnfo bei bem SRingroaH auf bem 33loif3berg ämifd)en ?ßan$borf unb
(Sarf mife ; ferner bafc ber SBafferfpiegel bcr Xraöe in ben 3eiten ber SRidjtforreftion
erfjeblid) meiter ausgebest mar afä gegenwärtig, fo begreift man, ba$ fomoljl ba3
©djroartautal als ba$ biefe^ nad) Dften unb Sorben fortfefcenbe Jraöental 638 ) eine
ganj auSgefprodjene Sßölferfcfjeibe ju bilben geeignet roaren. Sftimmt man baju bie
brei SRingroälle bei SßanSborf, im SRifebufcf) unb auf bcm ©tulper $uf, bie alle
brei [teil unb brofjenb meityin ba$ £al befjerrfdjen unb bon benen bie beiben testen
auf Jamalen fianbjungen, auf brei Seiten com gtufetal gefrfjüfct, fidj ergeben —
ben ^Jöppenborfer SRingroaH motzte iä) feinet möglidjerroeife meljr flamfdjen S^arafter§
falber (??) fonrie roegen feiner abmeidjenben topograpljifcfyen Sage gunärfjft au§*
treiben — , fo mirb man jugeben, bafc e£ fid) Ijier um eine anfcfyeinenb jufammen-
fyängenbe 33erteibigung3linie, um einen ©renjfdjufc bon grofcgebadjter 2lnlage gegen
einen toon ©üben anrücfenben geinb Ijanbeln mufe, jumal ber SBloiföberg öom
SRifebuJcfjroatl nur 5 7*, teuerer bom ©tulper §uf nur 10 Vi km entfernt ift.
3n ftrategifdjer 83ejiel)ung am bemerfenämerteften ift bie Sage be3 SRingmallS am
©tulper |>uf, ber gehufferma&en am 6ingang3tor ber Jrabe liegt, ba, roo fid},
fommt man bon ber ©ee, bie beiben ©teilufer einanber junt erften SRale nähern/
unb jmar berartig, ba$ f)ier ber {frgang ber Jrabe leicfjt gefperrt werben fonnte,
um fo mefjr, ate bie nod) jefet öftlid) bom ©tutper §uf meit in3 £rabenmaffet
t)ineinragenbe fpifce fianbjunge früher, bor ben Irabeforreftionen, nod) ötet meiter
narf) Dften l)in gereicht Ijat al£ fpäter, mie ba3 auf ber Sanbfarte fenntlid) gemalt
morben ift.
S3 ift ba% bie ©teile, an ber mäfyrenb einer ©tiUftanbäperiobe ber ©iSjeit
bie ©nbmoräne be3 norbifdjen 3nnenlanbeife3 bon £eJd)oro über ben ©tulper £ut
nadj ^öenborf reichte 639 ) unb bon ba au£ bie ©djmeljnmffer im heutigen £rabetal
bamals narf) ©übmeften jur Slbe abfloffen, mäljrenb fjeute bie Jrabe bie entgegen«
gefegte 9iid)tung nad) Sorben einklagt. 3n gebogenen, girlanbenartig bon Sorben
nad) ©üben borgefdjobenen SRorönenmäflen jog fid) biefe Snbmoräne bon Sefdjoro
638 ) SRan oergleidje bie ^iftorifd^«pl)t)fifaltfc^e ffarte!
6S9 ) Sgl. bie Karte bei SRubolf Strucf, „5)er balttfd&e ^ö^enrütfen in
£olftein", in ben SRttteilungen ber ©eograpt}tftf)en ©efellfd^aft unb be§ 5Ratur»
tnftortf djeit 9Rufeumö in Sübecf, 2. Steige, $eft 19, flübeef 1904.
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über ba$ jefcige Jraöetal nad) ©tulper £uf, bon ba norbtoefilitf) nad) S&enborf,
bon Söcnborf nadj ©fibtoeften in groei parallelen ©taffein, auf beren füblid)er bie
germanifdfjen ©räberftätten liegen, bi§ junt §ol)enlieb, 640 ) öon ba buref) ben
Sttfebufdf) über ba§ heutige ©djnmrtautal nad) @rof$4ßarin. SBeftlid) öon ©rofe-
Sßarin, 72 m l)od), auf bem Partner Serge, erljob fid) ber fünfte ber genannten
SRingroäHe, ber ben roeftlidjen (Snbpunft ber ermähnten, burd) öier SRingtoälle gefdjüfeten
SBeftoftlinie bis jum ©tulper §uf bezeichnete, öon bem abtt eine Äunbe nur in
einer Urfunbe öon 1337 erhalten ift, laut roeldjer Dtto unb Sifridus de Bochwolde
(bon ©udjmalb), »ifdjof $einrid) IL »odljolt bon fifibed bog 2>orf ©rofc*ßarin
— grotljen ?ßorin — bertaufen, «sitam in parrochia Renseuelde cum piscariis
et specialiter cum monte siue loco qul dicitur Borchwal cum suis
adiaceneiis». 641 ) 3)a& ©ermanen biefe f)öd)fte Suppe tueit unb breit, auf ber fid)
fyeute ein 93i3marrfturm ergebt, unbefeftigt gelaffen Ijaben foHten, tyätte man fidj
aud) nur fc^tücr borftetlen fönnen.
©o liegen bie genannten fünf SRingroäfle fotoie bie ©ermanengräber bei
SBatbtjufen auf biefer relatib Ijofyen Snbmoräne, roeldje an jtoei ©teilen bie breiten
©djmeljmafferrinnen ber Srabe unb ©djroartau jernagt ^aben. 93on biefen SRing»
mallen ift ber auf bem ©tulper §uf 642 ) in ben Sauren 1856 unb 1880 Unter-
fudjungen unterzogen toorben. Sei ber erften Unterjudjung wollte man feftgefteKt
Ijaben, „bafc gmar ber Sßlafc unjtoeifelljaft eine SBefeftigung alter 3^it ift, bafj aber
fdjtoerlid) jemals eine bleibenbe Ütieberlaffung bafelbft ftattgefunben l)at". 93ei ber
Seftdjtigung bon 1880 erfannte man „bie Ummallungen eines alten 9iingroalle3"
unb fanb am ©teilabtjang nad) ber £rabe JU „SlbfäHe ber Bearbeitung bon geuer-
ftein unb berfdjiebene £opffdjerben, unter benen ein ^enfel mit Ornament au£ ber
3«t be3 gefdjliffenen geuerfieinS", 648 ) alfo auSfdjlie&lidje germanifdje ©puren.
Slud) in bem Sßöppenborfer SRingmaU Ijaben Ausgrabungen nod) nid)t ftattgefunben,
aber gelegentliche Sßlünberungen Ijat er fdjon oft über fid) ergeben tafjen muffen.
640 ) S)er fdjöne, betoatbete, überall in bie 91ugen faüenbe ^ö^enjug be£
&otjenlieb bei SRatefau, beffen 9iame Sieb tooljl bem tljüringifdjen Seite in ginnleite,
|>atnteite ufm. entfpridjt, erreicht nörblidj bom SBalbgeljege im 9tul)berg 53 m.
64 1 ) SeberfuS, Urfunbenbud) be3 93i3tum3 Sübecf, Olbenburg 1856, 93b. I,
©. 790, 5Wr.
64 *) Der ©tulper £uf fteljt auf ber 9Köl)rtngfd)en Karte bon 1784 unter bem
SRamen „©öljlfen ober #eerberg" berjeidjnet, bgl. 3. ©. äRöljrmg, Sparte bom
2rabe*©trotjm, SSon ber #erren»gät)re bi* jum 2lu£flufj ober SKünbung beSfelben,
im 93cftfe be£ SKufeumg f. 2üb. Kunft- unb fiulturgefdjicf)te. «gl. auc^ oben, ©.77
unb 2lnm. 204.
643 ) 3tfdj. b. SB. f. 2üb. ©ef$. I, 8. 406 u. IV, ©. 314.
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240
©o firtjrt $ad) für bie 3eit öon 1841—1875 baS SBalb^uf^er Hünengrab unb
ben $öpj>enborfer SRingmafl als bie „naljen Sunbftötten" ber §augfd)en ©ammtung
im gorftljaufe ju SBalbfjufen an, 644 ) unb icf) $abt nod) 1907 ein Eingreifen beS
lübifdjen ÄonferöatorS bemirfen muffen, als idj Ijörte, bafc ©d)üler ber fiübeefer
Stealfdfjute ben StingroaQ ju plünbern begannen, moljl burd) bie Ausgrabungen ju
Altlübecf in Sifer öerfefet.
3n ber SRälje beS Sßöppenborfer SRingroalleS befinbet fidf) 645 ) ber grofje
<Sermanenfriebf)of beS lübifdjen ©ebieteS: bie fd)on oft unterfudjten Kegelgräber, 646 )
Hünengräber unb ©felettgräber 647 ) bei Sßöppenborf, SBalbljufen, Äücfnifc, ©iemS,
ShtmmerSborf; 648 ) alle auf ben ermähnten Snbmoräneftaffeln gelegen. $ier fabelt
bie Ausgrabungen leiber fdjon in ben Sorten 1817, 1823, 1824 unb nodj biel
früher begonnen. 649 ) — Sbenfomenig finb an bem umfangreidfjften biefer fünf
2Jioränen«9KngmäHe, bem im Stifebuf d& , bisher Ausgrabungen unternommen
morben: gelegentlich Don SBegearbeitern &icr gemalte ©djerbenfunbe ermähnt
SBreljmer, 650 ) boef) geljt aus bem Sn^alt biefer 93emerfungen, bie übrigens ganj
furj finb, Ijertoor, ba$ auf biefelben nichts ju geben ift. $)er ^ßanSborfer SHing-
maß auf bem S31otfSberge fdjeint infolge feiner abgelegenen Sage niri&t einmal
unterfucf)t morben ju fein, gefdfjtoeige benn ba% f)ier Ausgrabungen ftattgefunben
Ratten; ba§ aber audf) l)ier ©ermanen gekauft Ijaben, bemeifen fd)on bie beiben
Hünengräber auf bem ^öljenrüdfen beS SßanSborfer gelbes, 651 ) ber l)ier auf einer
Goppel gefunbene Sinter römifdEjer Arbeit, anbere gunbgegenftänbe, bie bot»
gefd)id)tlidf)en SBegräbniSfiätten in ©ro& limmenborf, $ed)au unb Sufdjenborf, 652 )
644 ) A. o., 6. 27.
645 ) S)ie einjelnen, aüerbingS aiemlidfj f argen Steten finbet man in ber 3tfd).
b. SS. f. Süb. ©efä. I, S. 406 unb IV, @. 314.
646 ) Sgl- greunb, a. o., ©. 17—18.
64 7 ) SSon #aug unterfudjte ©felettgräber aus ber (Eifenjeit bei Sßöppenborf
ermähnt greunb, a. o., ©. 20 — 21, ebenfo eine im Sßöppenborfer 2Roor gefunbene
würfelförmige Scheibe aus 2on, bte aber fpäterer 3eit anzugehören fdfjeine, a. o., ©. 8.
648 ) 2Kan t>gt. $a%, a. o., ©. 26—30.
64 9 ) Sgl. $a$, a. o., @. 18—21. SSgL auef) Slug „$te fjeibnifdfjen Stein»
bauten *u SBalb^aufen unb »fonfenfee" i. b. 3tfc$. b. S. f. Süb. ©efdj. II,
©. 146—149, fotoie Slug, Opfer« unb ©rabaltertümer ju SBalbljaufen, Sübecf 1844.
6B0 ) 8tf*. b. S. f. Süb. ©efö., 83b. V, ®. 10.
651 ) 25eren eines 48 2Reter fjoef) liegt.
652 ) Äüfjn b. ffoümann, ftatiftifdje Sefcfjreibung ber ©emetnben beS gürftentumä
Sübedf, ©. 367.
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241
ba$ Umenfelb bei SReu»9htpper3borf, 668 ) ba$ ©teingrab bei Dffenborf 664 )
v. a. nt! —
SBon irgenbeinem menbifdjen gunbobjeft ift auf biefer ganjen Ijodjgelegenen
Streife bom ©tulper §uf btd 5um Oberlauf ber ©djmartau, ja big ju bem l>ol)en
©teilufer bei Jimmenborf unb ©djarbeufc nirgenbS bie SRebe mit einjiger 8u3«
naljme ber ermahnten öreljmerfdjen äeljauptung, ba$ bie im SRifebufämafle
gefunbenen ©gerben „ben bei SUtlübecf gefunbenen genau" entfpradjen, eine An-
gabe, bie aber auf einem Srrtum ju berufen fri&eint unb beadjtenSmert nur bann
fr in würbe, wenn fid) ifyre ^Berechtigung nachprüfen tiefte. 2)aS fid) au3 biefem
Überblicf ergebenbe JRefultat ftimmt mit ben Unterfudjungen Änütte überein, ba$
bie ©laöen nur bie tiefen, fumpfigen, am SBaffer gelegenen Xalftrecfen, aber ntt^t
bie ^ö^enjüge unb, mufy man woljl fjinjuffigen, bie SBalbbeftänbe benebelten; ju
benen bie Ijier befprodjene, fruchtbare, mannigfache lanbfdjaftlidje ©djönljeit in fid)
bergenbe lübifdj'olbenburgifdje SRoränenlanbfdjaft gehört.
Ergebnis.
1. 3n ber Xra&e- unb ©djmartautanbfdjaft finb flaöiföe ©ieblungen bisher
nur in ber weiten SRieberung am Qtfammtnfiufy beiber glüffe nadjgewiefen
worben, in bereu SKitte ber Ältlübecfer JBurgmatt liegt.
2. Stuf ber fruchtbaren äßoränenlanbföaft jwifdjen Strabe unb ©djwartau
einerfeitS unb bem 3Keere3geftabe anbererfeitS finb jwar jaljlreidje unb überall
Verbreitete ©puren ehemaliger SBejteblung gefunben worben, bie aber aufr
fdjlie&lidj ber ©tein-, SBronje- unb ©ifenjeit, alfo ©ermanen anjugeljören
fäeinen.
3. SluffaHenb ift bie ftarfe öefeftigung, meiere bie ©renjlinie ber ©djwartau —
Jraüe burd) fünf nur wenig öoneinanber entfernte SRingwälle erfahren Ijat,
öon benen öier faft auf einem Sreitengrabe liegen.
4 S)ie feit ber ©ntbeefung ftlttübecfS im 3a^re 1852 wieberljolt unternommenen
Ausgrabungen Ijaben bis jum heutigen Sage — bem 15. ©eptember 1908 —
trofe ja^llofer Äleinfunbftfitfe lein Dbjeft geliefert, 1 baS einen fixeren,
ardjäologifdjen SRadfroetS bieten tonnte für bie {Behauptung, Sllttübetf $abt
längere 3*it öor 1044 ejiftiert.
658 ) gunbe öon biefem Umenfelbe, teilweife aud) öon ben übrigen l)ier ge»
nannten Stätten, j. 35. ©djwerter unb Ortbänber üom ©d>eibenbefd)lage aus ben
Äegelgräbern ber gelbmarf ©iernS unb gunbe au« bem SBalbljufener gorftretnere,
liegen im Sübedter SRufeum.
664 ) 3« biefem ©rabe fanb fid> ein „als ©rabfunb merfwürbigeS, unbearbeitetes
©tücf Sernftein", ügl. 3fü!)rer burd) baS SRufeum ju Sübecf, ©. 15.
Stför. b. 8. f. 8. Ol. X, 1. 16
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242
5. SRur bie ättefte oufgcfuttbcne Äulturfdjidjt, bie fomoljl unter ber Äirdje, als
audj unter bem SßaHe, als aud) unter ben §otjfonftruftionen beS (SingangS
auf bem getragenen SBoben gefunben mürbe, ift eS, welche berrät, bafe bereits
oor Slnlage ber d)riftlid)en ShiltuSftätte unb bor ber Sefeftigung — in 2Ut-
lübetf eine menbifdje Slnficblung borljanben mar.
6. 25a bie biefer älteften Äulturfd^i^t angefangen gunbe nur SRefte mertlofer
Sftaffenprobufte finb: ©gerben unb Änodjen, £otjloljlen unb ©tücfe öon
gebranntem fie^m, mitunter aud) berroftete ©ifenteile, bie ©gerben aber bon
ben feramifdjen ©egenftänben in ben oberften ©d)id)ten feine burdjgeljenbeit
ober nur geringfügige Unterfd)iebe aufmeifen, fo liegt lein jmingenber ©runb
bor, biefe ältefte Slnfiebtung für mefentlid) älter gu galten als bie SRefte
fpäterer SBemo^nung. äufeer ben unter 7 angeführten ©rünben fdjeinen
aud) bie meljrfad) borgefunbenen ©puppen anjubeuten, ba$ eS fidf) bei biefer
älteften Äulturfdjidjt um bie ©puren eines menbifdjen gifdjerborfeS Ijanbett,
baS aber, mie bie ©gerben berraten, fdjmerlidj ber älteften SBenbenjeit an-
gehört Ijaben mirb.
7. Jrofc ber uid)t fargen Quellenliteratur über bie ©eograpljie unb ©efdjidjte
beS ©übmeftroinfetS ber Dftfee, bie f$on mit ben Slnnalen unb SSiten fomie
mit bier geograpI|ifd)en Quellen ber ftarolingerjeit einfe&t unb auS beutfdjen,
englifd)en, bänifdfjen, norbiföen unb arabifdfjen Quellen befielt — abgefe^en
bon ben polnifdjen, — ift nirgenbS ein $inmeiS auf eine Sjiftenj ÄltlübedS
bor gürft ©ottfdjalf borfjanben.
8. 35ie politifd)e unb fird)lid)e ©abläge unter ber ^Regierung oon gürft
©ottfdjalf — 1044—1066 — foridjt bafür, bafe bie ©rünbung ber bon
?lbam bon Sremen ermähnten djriftlidjen Äultuäftätte ju Seubice gleid)
in ben Slnfang ber {Regierung ©ottfdjatfs fällt.
9. ©S ift nidjt unmaljrfdjeinlid), ba$ ©ottfdjalf um ober ntc^t lange nad) 1044
baS Sfifdjerborf Slltlübed ju einer ©renjfefte an bem alten ©renjfluffe
SßagrienS umgebaut l)at, ju einer JBafiS für Operationen, bie junätfyft gegen
bie Anhänger beS ausgebreiteten menbifdjen 2tynaftengefd)led)teS oon ftürft
SRatibor, alfo gegen SRafceburg unb baS Sßolabenlanb gerietet gemefen fein bürften.
10. Sine größere Sebeutung als bie einer d)rifttid)en ÜRiffionSftätte fomie einer
borübergetjenben OperationSbafiS ober eines reeeptaculura im Sumpfe mit
ben öftlidjer moljnenben Sßolaben, SReregern u. a. m. fdjeint Slltlübetf unter
©ottfdjalf nod) nidjt gehabt ju tjaben, ba ber Drt fonft rooljl häufiger als
nur einmal ermähnt unb ftärfer fjerborgeljoben fein müfcte, als eS bei Slbam
ber gafi ift.
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243
11. 3)ie fpätere Stefibeng ©ottfdjalf« fdjeint meiter im Dften, unb gmar in
SRecflenburg bei SBiSmar gelegen ju Ijaben.
12. 3^ Ijöljerer JBebeutung gelangte SUttübecf erft unter bem Sßenbenfönig
§einrid), unter bem e« öon neuem, unb jmar in einer für jene 3«ten un»
geroöljnlicl) ftarfen unb forgfältigen Sßeife befeftigt roorben fein mufc. 6rft
biefer JBefeftigung merben bie gegenmartigen SRefte be« 9ftngmaH« mit feiner
riefigen #otjpaifung unb bie gewaltige £otjba!jn füblid) öom (Singang,
gmifdjen biefem unb ber £raoe, angehört Ijaben.
13. Unter Stömg §einrid) mürbe Stltlübecf nicfyt nur ftetjenber ^ürftenfi^, fonbem
gelangte e« fogar gu ber balb nad) feiner 3 er f*örung urfunblicf) bejeugten
SBebeutung eine« locus capitalis Slaviae.
14. 2>emnadj mar Slltlübetf ein menbifdje« gif^erborf öor 1044, etma öon
1044 ober erft öon 1090 — 1138 eine roagriftfje urbs ober civitas (grad
ober hrad), etma öon 1090—1138 ber ©ifc be« SBenbenfönig« £einrid),
feine« ©oljne« Smentepolc^ fomie be« 9lbotritenfürften ^ßribijlam, borüber-
geljenb audj Aufenthaltsort be« jmeiten SBenbentönig«: Änut Samarb«.
15. S)ie 3^tpörung Slltlübetf« erfolgte jmift^en ©ommer unb §erbfi 1138.
16. ©omoljl bie teilmeife öiefleidjt unechte Urfunbe Jtönig Äonrab« Dom 7. Sanuar
1139 als aud) bie jmeifello« ecfjte Urlunbe ©rjbifäof Slbalbero« bon 1141
bemeifen, ,ba{3 man auä) nad) 1138 in ben närifyftfolgenben Saljren an mafc
gebenber ©teile öon ber fünftigen SBeiterejiftenj ber ©tabt überzeugt mar,
eine Anfielt, bie fo lange beßanben ju Ijaben fdjeint, bis Äbolf II. 1143
s Jteulübe<f grünbete.
17. 25er ÄuSgangSpunft ber lübifdjen ©efd)icf)te ift bie 35reibölferfd)lad)t auf
ber §{tjrffogSt)eibe bom 28. September 1043.
18. 3n bem £erbftfetbjuge be« Stönig« 3Kagnu« gegen bie SBenben Ijat man
jmei ©iege ber Dänen ju unterf djeiben: ben Äampf an ber Scotborgara
unb bte blutige (Sntfd)eibungSfcf)lad)t auf ber Hlyrskogsheidi.
19. ©« ift ebenfomenig angebradjt, bie Scotborgara gu ignorieren, roie bie
Hlyrskogsheidi bei 9Kpen ober bie Scotborgara bei ©djle$mig ju fudjen.
20. S5ie Scotborgara ift mit ber ÄönigSau bei SRipen, bie Hlyrkogsheidi mit
ber fiürf^auer £eibe bei ©d)le«mig ju ibentifijieren.
21. S^ifäen bem ©ommerfelbguge be« Äönig« SRagnu« gegen bte SBenben an
ber Dbermünbung, bem Sinfafl ber SBenben in ©djleSroig unb Sütlanb unb
bem lobe be« gürften SRatibor unb feiner ©öljne ejiftiert ein meljrfactyer
3ufammenljang.
16*
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244
22. gürft SRatibor befafe eine ftotfe unb weithin ref^eftierte SRadjtftettung : bie
feinbliri&e SluSeinanberfefeung mit feinen Anhängern unb feinem @efd)led>te
bejei^net bie SRüiffeljr ©ottfäalfS in beffen menbiföe §eimat im Saljre 1044.
23. @ottfd)alf trennt fid) bon ©beinn Stftribfon SBeiljnadjten 1043 nadj ber
©djladjt bei SlarljuuS.
24. 3)aS (Sinberneljmen, baS t>on 1043 an jmifdjen ben fädjfifdjen £erjogen,
ben bänifdjen Königen, bem Dom ©efdjledjte ©ottfdjaßS abhängigen Seile
ber ©laöen unb ber Hamburger Sirdje mit borübergefyenben StuSnaljmeit
meit über ein boHeS 3aljrf|unbert Ijin ju verfolgen ift unb baS ben Sntereffeit
biefer öier galtoren auSgejeidjnet entfpridjt, ift für bie ©efd)id)te ber Dftfee-
länber toon Ijoljer Sebeutung unb ftörler ju beadjten, als es bisher gefdjeljen ift.
25. ©n meitereS 3ßittel jur Stufljettung ber ©efdjidjte ber Dftfeelänber öom
10. — 12. Saljrljunbert mürbe eine grünbtidje, metljobifdje Ausgrabung ber
SWetflenburg fein unb eine genaue, bis ins einjelne burdjgeffiljrte 5Bergteid)ung
jmifdjen ber @efd)id)te unb ben gunben oon feabbtbt), Ältlfibed unb
äKetflenburg. SRid^t minber notmenbig märe eine fttftematifdje (Srforfdjung
beS Ijoljen SBurgmaHS ju DIbenburg in Sßagrien, moljl beS intereffanteften
aller magrifdjen SRunbmäHe. 3fnfonberljeit bie ÄenntniS ber battifdjen Sultur»
gefd)id)te mürbe burdj Ausgrabungen in 3Rerftenburg unb DIbenburg fomie
burd) bie angeregte 3JergIeid)ung moljt ungeahnte görberung erfahren.
«bfdjnitt IV.
Pas Jtrfetr von 3tttctt.
Äajntel 1.
$te ©rünbuug »neu« burd) 6ruto.
©o menig mie Seubice öor 1044 nadjmeisbar ift, fo menig finbet fid) irgenbmo
bie ©pur einer 9?ad>rid)t über bie ^ßolabenurbs SBucu bor bem Snbe beS 11. 3aljr-
fymbertS. S5a| JBucu jum ^ßolabenlanbe gehörte, ift bemiefen morben. 666 ) SluS
^etrnolb miffen mir, bafj JBucu befeftigt mar. S)a| bie ©laben aufeer iljren Dörfern
unb iljren civitates ober urbes für gemöljnlid) feine britte Slrt ber ©ieblung
lannten, ift bargetegt morben, ebenfo bafe aufcergemöljnlidje SBefefftgungSanlagen,
b. Ij. foldje, bie jmar nidjt SSermaltungSjentren maren, mie bie civitates, aber
trofcbem befeftigt erf feinen, niemals bie SBejeidjnung einer civitas im ©pradj-
gebraud) ber beutföen Quellen erhielten. 656 ) ©ie Ijeifeen urbs, praesidium,
655 ) Sgl. oben, ©. 48—50.
666 ) SSgt. oben, ©. 141, Hnm. 360.
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245
confugium ober castrum, aber niemals civitas. £aben ©djafarif unb ffinüH
xcd)t, fo Ijanbelt eS fid) l)ier bei Sucu um fold) eine aufcergeh)öl)nlid)e Slnlage, ba
^elmolb JBucu nidfjt als civitas, fonbern nur als urbs bejeidjnet, als eine urbs
desolata, ber er unmittelbar barauf baS jerftörte fiubele als eine civitas gegenüber«
fteflt, eine Unterfdjeibung, bie fdfjroerlid) blofc jufäflig ift. ©treibt bod) ber
Herausgeber ber neuen ©d&ulauSgabe ber MG.: 667 ) „3dj Ijatte §etmolb für einen
ganj feiten forgföltig unb benmfct arbeitenben mittelalterlichen Stutor — . 9Wan
fte^t — bie 3lbfid)tlid)feit — einer ernften unb bemühten Slrbeit, bie alles megläfct
unb toeränbert, maS auf bie öeränberte 3eit unb Drt — nidfjt pafct". Qu biefer
8lnfid)t, ba% SBucu 3mar als eine SßolabenurbS, aber ntcf>t als eine ^JolabencimtaS
gelten fann, ftimmt bie Slngabe SlbamS, ba% bie civitas ber ?ßolaben StajiSpurg,
alfo nid)t 83ucu, mar. Qtoax ift eS möglich, ba§ bie ^ßolaben, roie bie SBagrier,
mehrere civitatis befafjen, erjätjlt boc^ ber Geographus Bavarus, bafc bie ben
$)önen benachbarten Slortabtreji 53 civitatis gehabt tjätteu. Slber ba JRajiSpurg
in ber fiuftlinie nod) nidjt 17 Kilometer toon S3ucu, toon ber ©renje nad) SBagrien
ju, entfernt liegt, fo ift nid)t anguneljmen, ba% eS auf einer fo Keinen ©trerfe aufcer
ber befannten, oft genannten SßolabenctoitaS SRajiSpurg nodf) eine jmeite Sßolaben*
ciöitaS gegeben Ijat, öon ber fid) aud) nirgenbS eine SRadjridjt finbet. 2ludj bie
Raffung SlbamS ftimmt JU biefer 8lnfid)t. Dbrooljl er öon ©übmeften, öon Hamburg
aus rennet, fennt er bod) nidjt 83ucu, fonbem nur SlajiSpurg. §ätte Sucu ju
feiner «3^* fdjon ejiftiert, fo f)ätte eS öor StajiSpurg genannt merben muffen, ba eS
Hamburg näljer liegt. Slbam nennt eS aber überhaupt nidjt, obgleid) eS an einer
proeminenten, jur Srroäfjnung förmlid) IjerauSforbernben Stelle an bem alten
©renjflufj groifcijen ben SBagriern unb Sßolaben gelegen l)aben mürbe, menn eS
bamalS fdjon ejiftiert Ijätte, an ber Stelle, mo fiel) ein fteiler §figel an ber Iraöe
ergebt unb mo toon MajiSpurg tjer bie SBafenife in bie Sraoe münbet. 658 )
Diefe SßolabenurbS ift nad) ^elmolb öon bem SBenbenfürften Sruto ttbaut
toorben, !)at bemnad) öorfjer nidjt ejiftiert: «Post hec venit comes Adolf us ad
locum qui dicitur Bucu, invenitque ibi vallum urbis desolate, quam
edifleaverat Cruto Dei tirannus, et insulam amplissiinam gemino flumine
cinetam. Nam ex una parte Trabena, ex altera Wochniza preterfluit,
habens uterque paludosam et inviam ripam. Ex ea vero parte, qua
terrestre iter continuatur, est collis contractior, vallo castri prestruetus».
667 ) Sgl. oben, @. 43 unb Slnm. 106.
658 ) Slbam fagt: baS erfte SBenbenöolf toon uns aus, b. I). üon Hamburg aus,
finb bie Waigri; bann folgen bie Obodriti, qui nunc Reregi vocantur, aber nad)
unS ju bie Polabingi: «Item versus nos Polabingi, quorum civitas Razispurg».
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246
(Sine meifterfjafte geogra|>l)ifd(je Ortsangabe. §elmolb lannte bie ©teile öon äugen.
fd)ein unb mar über tf)re ©eftf)i(i)te burclj ben erften SMfdjof öon Sübecf, feinen
greunb, Sctjrer unb Auftraggeber ©erolb, aufs befte unterrichtet! ©o liegt bie
©adjlage bei 95ucu unöerijättntemäfcig tiarer unb unjmeibeutiger als bei Seubice.
§ier finb mir nidjt nur über 9iame unb Sage, fonbern aud) über bie Sntfteljungg-
geit aufs fidjerfte unterrichtet, geftjuftetien bleibt nur bie 9tegierung§3eit ©rutt>3
bjm. baä ©rünbung3jaf)r 93ucu3.
Äapitel 2.
Slubcraumung ber 9iegtcrung^cit (£ntto£.
A. 35ie Vertreibung ©igribä unb bie Srmorbung 33utue§.
2lm 7. 3uni 1066 mar ber bem beutfdEjen unb djriftlidEjen Sinfluffe fo
öotlftänbig ergebene ©ottfdjalf, ba% Slbam i!)m ben Stjrennamen noster Machabaeus
gibt, burd) bie altflamfdje fReaftion beseitigt morben. 35ie SBenben muffen über
biefeS Ujr ^ürften^aug, ba$ bamafö nun fdfjon minbeftenS in ber britten ©eneration
djriftlid) unb auf gute 93ejiel)ungen ju ben 93iQungern bebadjt mar, heften 3JJit*
glieber fiel) fogar iljreS nationalen 9tamen$ gefdjämt unb ftatt feiner bie vermeintlich
öornefyneren beutfcfjen Sftamen Ubo unb ©ottfdjalf angenommen Ratten, aufs äufeerfte
erbittert gemefen fein, jmeifelloS aufgereiht burd) bie ^ßriefterfcf)aft „ber §orf)burg
be3 $eibentum§, be3 £empel3 ju JRet^re", 659 ) bie ftd) unb ifyre 9J?ad^t auf»
gefäfjrlidfyfte toon ©ottfdjalf bebroljt fal); mefyr nod) öiefleicf}t burd) bie Ijofjen
Abgaben unb .ßeljnten empört, ©ie begnügten fid) nid)t bamit, ©ottfdjalf ju töten:
feine ®emal)tin ©igrib unb mit if)r fein ©o^n |>einrid() 660 ) mürben fdjimpflid) au§
659 ) fRic^arb SBagner, a. o., 8. 118.
660 ) SIbam, bem mir biefen Seridjt (III, 49 — 50) üerbanfen unb ber neun
Saljre nad) ber Verfolgung üon 1066 biefen furchtbaren ©djlag er^ö^lt, ben feine
üon iljm fo treulich gefdjilberte Hamburger Sirene erlitten Ijatte, ermähnt nid)t3 öon
ber 9Ritnaf)me #einrid)£, fo bafc bie Annahme, ©igrib fyabe ifyren ©ofjn mit nadj
$)änemarf genommen, feinem 33eridf)t menigftenä nid)t miberfpridfjt. $elmolb bagegeu
berichtet £>einrid(j3 gluckt nadfj 3)änemarf unb ba er bieS 3id ber gludjt burdj
^peinridEjS SSermanbtfdjaft mit bem bänifdjen Königäljaufe begrünbet — $einrid) mar
ber ßnfel beä bamafä regierenben 3)änenfönig£ ©üeinn Slftribfon — , fo erfdjemt e£
nidjt unmafyrfdjeinlid), ba& ©igrib it)ren einjigen ©oljn mit fid) ju ifjrem SSater
genommen f)at. (£>elmolb I, 25: Quorum iunior Heinricus nomine profugit ad
Danos, eo quod regia Danorum stirpe esset oriundus.) Sie Söatjrfdjeinlidjfeit
biefer 2lnnat)tne geminnt, menn man ba£ Filter #einrid()$ im %crt)xt 1066 feftjuftellen
fudjt. ^einrieb muß bamalö in ber Sat noc^ ein ffinb gemefen fein. 3 un ^ft mar
feine SRutter ©iritfja ©ottfc^alfe tüxau. S)a ^etnric^ö älterer ©o^n unb SRadjfotger
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247
bem Sanbe gejagt. Qtoax fud)te ber fädjjtfdje §erjog im eigenen unb im beutfdjm
3ntereffe bem älteren ©ofjn ©ottfdjalfS, SSutue, bie SRadjfotge ju fiebern, allein
^erjog Drbulf, ber am 28. September 1043 im SSerein mit Äönig 9Wagnu3 bie
©laben fo furdjtbar bei Sürfdjau gefdjlagen Ijatte, Ijatte bem ermatten National-
bemußtfein ber ©laben gegenüber fo roenig Srfotg, baß er mäljrenb feiner jttiölf-
jährigen kämpfe mit ben SBenben nid)t nur regelmäßig übermunben, fonbern feinen
<3ad)fen felbft jum ©efoiht mürbe (Slbam IE, 50, £etmolb I, 24). Stber aud)
Orbulfs ©ofjn SRagnuS, 661 ) ber feinem am 28. 2Rörs 1071 662 ) geftorbenen SSater
folgte, öermodjte ber infolge iljrer ungeahnten Srfolge immer füfyter geworbenen
jlabifdjen SReaftion gegenüber nidjtS auSjuridjten. S)ie Sßenben nahmen bie 33urgen
'SButue (£elmolb I, 25) nad) 2lbam Don einer anberen, rechtmäßigen @emaf)lin
— uxor — abftammte (9lbam jagt III, 50: Hanc Gotescalcus prineeps habuit
nxorem, a qua et filium suseepit Heinricum. Ex alia vero Butue natus fuit),
fo muß ©ottfdjalf oor feifter Sßermätjlung mit ©iritf)a fdjon eine ©emafjlin gehabt
ljaben, bie er nad) feinem oben gefdjilberten (ogl. ©. 209) unftäten SriegS- uub
SBanber leben öor 1044 $u betraten fdjiuerlid) in ber Sage getoefen fein mirb. 3)aß
©ottfdjalf bie ©iritf)a erft eine Steige toon 3^^ n «ac^ 1044 geheiratet tjaben muß,
gef)t nod) au3 ^mei anberen Umftänben fyeröor. 3Bie oben bargelegt, fjatte ©ottfdjalf
am @nbe be§ 3afjre3 1043 feinen ©efolgätjerrn ©oeinn 2lftribfon derlaffen, meil
bamalä ©öeinnä ©ac^e gan$ oergmeifelt ftanb. liefen Slbfatt in ber Sftot (©ajo,
lib. X; MG. XXIX, ©. 66: «militem exuens defectorem agere non erubuit,
suamque experiri fortunara quam alienam sequi tutius duxit, ut, cum regem
meliora speraturum diffideret, paternae» ufm.) ttrirb ©üetnn fdjmerlid) mit ber
4>anb feiner Softer belohnt Ijaben. SBenn ©üetnn trofcbem ©ottfdjalf ^u feinem
@d)ttriegerfof)n erfor (©ajo X u. XIII), fo fann btefe betrat erft fpäter gefdjeljen
fein, nadfjbem burd) bie 3 e ü bie SSerftimmung über ©ottfdjalfS SSeg^ug gemilbert,
außerbem ©ottfdjalf fotoof)! als aud) ©oetnn ju 9Kad)t unb 9(nfeljen gelangt maren,
fo baß bie SSermä^lung in beiber Sntereffe lag. (Jögl. 9tbam III, 18 unb $elmolb
I, 19.) ©nblidj märe ©oeinn ®nbe 1043 gar nid)t in ber ßage gemefen, ©ottfdjalf
rine f)eirat»fäf)ige Softer ^u geben, ba ©üeinn bamalä faum 24 3af)re alt mar!
(3)af)lmann, ©efd). SänemarfS I, 191; »gl. Sßigger, a. o., ©. 80, 21nm.) Sie l)ier
enttoidelte 21nfid)t ftimmt mit ber 2tnfid)t be£ bänifdjen ©elef)rten ©u^m übereilt,
ber im 18. Safjr^unbert SangebefS SS. fortfefcte. 9tad) Sutjm ift ©ottfdjalf d 93er-
mä^lung mit ©irit^a erft um 1058 erfolgt, fo baß am 7. 3uni 1066 ba$ Sinb
fytinxid) pd^ften^ 7 3aljre alt (jemefen, alfo nic^t felbftänbig jum bämfd^en Sönig
geflüchtet fein fann.
661 ) Über äRagnuö fiet>e oben, @. 199, 9(nm. 519.
e62 ) SSgl. Chronicon Monasterii St. Michaelis de Saxoniae prineipibus
bei SBebefinb, a. o., I, ©. 411, roo bie 3a^re^a^l gegeben toirb, mäfjrenb baö
Necrologium Monasterii S. Michaelis, bei äBebeftnb III, ©. 23 ba3 S)atum bringt:
«V. Kai. Aprilis 0. — Ordulf dux pater M. d.».
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248
83utue«: presidia, in quibus confugium habebat, Vertrieben üjn au« bem fianbe,
fo bafc 33utue Ijilfefleljenb ju ^erjog 9Kagnu« nad) fifineburg flolj, bem ©djmefiter-
foljn Äönig« SKagnu« be« ©uten. SRagnu« mürbe burd) feine beborfteljenbe ^o^jett
mit ©opljia, ber Jodjter be« Äöntg« Slnbrea« bon Ungarn, abgehalten, im grüljling
1071 JButue ju §itfe ju jieljen. Aber er bot ganj iKorbalbingien jum Stampfe
gegen bie ©tauen auf — ma« allerbing« nidjt ütet fagen wollte, ba faft btö gan je
Sanb bamate in ben SBefifc ber SBenben gefommen ju fein fdjeint — , mäljrenb
SButue ftdj oorläufig mit 600 au«ermäljlten Sarben narfj SBagrien marf. §ier Ijiett
er fid} macler in Sßlön, mußte aber fdjtießlid) infolge öon 9Jianget an £eben«mitteln
fapitutieren. StUerbing« mar ber öon SKagnu« aufgebotene norbalbingifdje |>eerbamv
au« 3)it^marfd^en, £oltfaten unb ©tormaren befteljenb (Sturmarii, Holzatii et
Thetmarchi egressi sunt cum brevi numero), ju bem ermarteten (Sntfafce bereite
bi« in bie SKadjbarfdjaft Sßtön«, bi« jur ©djmale bei 9leumünfter 6 6 3 ) gelangt,
mäljrenb ^erjog SKagnu« felbft bereit« füblid) öon ber @lbe angefommen mar,
bereit, ben ©trom ju fiberfdjreiten. 664 ) Mein ein SBote, ben ba« norbalbingifcfje
©ntfafeljeer öon ber ©djmate naef) Sßlön fanbte, ließ fidj burdj Sruto befielen,
beffen £eer ba« gange gelb ringsum bebedte unb ber für bie 93eftärmung Sßlönä
mehrere SBelagerung«mafd)inen erbaute. 666 ) ©r melbete gürft 33utue, bie SRorb*
albingier feien infolge öon 3^*™**)* au«einanber gegangen, fo ba§ an einen
(Sntfafc nidjt ju beulen fei unb bem fampf froren norbalbingifrfjen Heerbann: e« ftelje
alle« auf« befte bei SButue. 2Ran beforge in Sßlön überhaupt feine ^Belagerung
66S ) Sgl. oben, ©. 48, unter e.
664 ) $etmotb I; 25, @. 55: «Dux iste, quem tu formidas, needum
transivit ripas Albie, detentus gravibus impedimentis». SSgt. audj: «Butue
igitur cum soeiis (ben 600 S5arben) obsidionem cum magna famis difficultate
sustinuit. Audito autem sinistro hoc nuncio, Holzatorum, Sturmariorum nee
non Thetmarchie fortissimi acceleraverunt (gerabe fo mie fpäter, unb jmar
unter gtänjenbem ©rfolge, bei ber ^Belagerung Stltlübecf« burdj bie Stauen), ut urbem
obsidione liberarent. Cumque pervenissent ad rivulum, qui dicitur Suale,
quique distenninat Saxones a Sclavis, premiserunt virum gnarum Slavice
lingue, qui exploraret, quid Sclavi agerent, aut qualiter expugnationi urbis
instarent».
665 ) «Qui cooperuerat faciem campi, preparans di versaß machinas
expugnationi oportunas.» Stud) biefer SBeridjt £elmolb« ift meifterljaft anfdjaulidj
gehalten unb berrät in allen ©injetljeiten einen fo ftreng togifdjen, fadjlidjen unb
inneren ^faimnentjang, baß man nidjt begreift, mie ba« t>on ©girren in« Seben
gerufene äRißtrauen gegen #elmolb, ba« iljm überall balb raffinierte, balb wate*
tätyrifrije Jälfdjung, ©rfinbung, Serbreljung unb lenbenjen zutraut, fid) audj t)ier
geltenb ju machen, ja fogar bi« in bie neuefte 3eit ju behaupten gemußt Ijat!
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249
unb fei bort in befter Stimmung. 666 ) AIS bei ber Kapitulation Sruto bon einer
angefeuerten Sßtönerin gebeten mürbe, bie ©djmad) ber Sßlöner grauen ju rächen,
bie fcon ben Scannen SJutueS mißljanbett morben maren, mürbe SButue mit ben
600 Starben am 8. Auguft 1071 erfragen. 667 )
e66 ) @S fdjeint mir nidjt unmaljrfdjeinlid), baß biefer SSerräter gar fein
©adjfe, fonbem ein ©laöe, öiefleidjt ein ©pion ErutoS mar, in beffen gefdjicft gepeilte
tJaÖe bie ©adjfen nidjt gerabe aufmerffam unb intelligent hineingingen. $elmolb
tüenigftenS fagt nidjtS baöon, baß bie SWorbalbingier in biefem raffinierten Unter-
ijänbter einen oon ben irrigen fafjen, baß eS ein 2)eutfd)er mar, fonbern nur, baß
er ein vir gnarus Slavice lingue gemefen fei.
667 ) 2)ie Sebenfen ö. SreSfaS (3tfd). b. 3?. f. 2üb. ©. IV, ©. 33—40), ber
ben Xob SutueS auf 1074, lieber nod) auf 1075 anfefeen möchte, eine Anfefcung,
ber ftd) Sftetjer oon ffnonau (Safjrbüdjer beS beutfdjen SReidjS unter #einrid) IV. unb
£emri<f) V., ©b. II, ©. 855, Sei^jig 1894) unter Berufung auf S3reSfa, aber mit
Unredjt anfdjließt, finb nidjt aufredjtjuerfjalten; o. 93reSfa gel)t f)ier mißfürlid) oor,
inbent er bie feiner Datierung entgegenftefjenben SRadjridjten |>elmotbS „einfad)"
ftreidjt (a. o., ©. 39: ein mefir bequemet, als überjeugenbeS Sßerfaljren !), obmof)l er
felbft jugeben muß, baß AbamS unb £elmolbS angaben „redjt moJjl" jueinanber
„paffen". Zubern enbet t>. SBreSfa feine Ausführungen felbft mit ben SBorten: „3$
gebe jebod) gern $u, baß mein SemeiS fein unumftößlidjer ift". ö. SreSfa fliegt nur
bie Ausführungen SBebefinb* ©b. I, ©. 180—187 in JBetradjt, bie allerbingS fdjon
allein if)n oom ©egenteil feiner Behauptungen Ratten überjeugen muffen. ®aß ber
im übrigen fdjarffinnige SSerfaffer fid) fjier fo einfeitig unb menig fritifd) jeigt, ift
nur eine golge ber Abfidjt, #elmotb Ijier auf ©djritt unb Iritt eine lenbenj unter*
jufdjieben, bie #elmolb bie latfadjen öerfdjteben unb fälfdjen laffe. 3n feinem Über»
eifer merft t>. SreSfa nidjt, baß er felber in ben geiler öerfäüt, ben er mit Unrecht
$elmolb oormirft. SBebefinb madjt an ber gitterten ©teile barauf aufmerffam, baß
©ut^ue am 8. Auguft ermorbet mürbe unb jietjt mit gemofjnter ©adjfenntniS ben
©djluß, baß biefer 8. Auguft nur bem Qa^re 1071 angehört fjaben fönne. S)ie
Angabe beS Necrologium Monasterii S. Michaelis lautet (SBebefinb III, ©. 57):
«Augusti C. VI. Id9. — — Bitti comes et Godeschalci 1'», mobei baS O
als obiit, baS 1' als filius unb 9 als us gu lefen ift, eine Angabe, bie autfj burety
ben Xitel comes für ben ©laöenfürften S3itti = S3utue bemerfenSmert ift, ba
fie burdj biefen ftaatSredjtlid) beadjtenSmerten Xitel SutueS enges AbfjängigfeitS*
öertjättniS öom »ittunger^erjog ffltagnuS oerrät. AIS SBebefinb ©. 180—187
feines erften SanbeS, b. fj. bie 17. feiner „SRoten ju einigen ©efdjidjtsf Treibern beS
beutfd&en SKittetalterS" fdjrieb, meiere bie Überfdjrift trägt: „XVII. 2ob beS ©rafen
ätotljue oor $tön", ^atte er noc^ nidjt baS Chronicon Monasterii St 1 . Michaelis
de Saxoniae prineipibus oeröffentlid^t, baS er erft fpäter im üierten $eft beS erften
BanbeS als „Seilage SRr. III auS ungebrueften $anbf Triften" Verausgab unb baS
o. SreSfa oöllig entgangen fein muß, merfmürbig genug, ba es in bemfelben bequemen
Cftaobanbe veröffentlicht morben ift mie 5Wote XVII. $>ieS S^rontcon beftätigt
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250
ß. 3)er ^Regierungsantritt ErutoS.
35aS ganje ©efd)ledf)t ©ottfd^alfö mar teils ausgerottet, teils öertrieben morben.
9laä) fo furchtbarer Sieaftion fonnte nur eine foldje 3)t)naftie bei ben ©laöcn
©eltung gewinnen, bei ber jeber S3erbad)t fad)fenfreunbtid)er ©efinnung ebenso
auSgefdjloffen mar, als man auf üjr fjcft^altcn an ber alten Ijeibnifdjen SBotfSrettgton
bauen fonnte. ©o madjen bie 2krfd)morenen — eS fymbelt fidj bei ber (Srmorbung
©ottfdjalfS um eine national-^eibnif^e ^Bewegung, nitf)t um einen Sßriüatgrihtben
entfproffenen Stteucfyelmorb — bie JBefeitigung ©ottfdjalfS jum ©ignal für eine
allgemeine 668 ) (Srljebung unb befttmmen Sruto, filius Grini, ju il)rem ^errfdjer, beffen
^Regierungsantritt bamit, Kar genug, in ben grütyfommer 1066 fällt. Sruto fc^tug
nidjt nur bie ©acfjfentyerjöge Drbulf unb 9KagnuS (§elmotb I, 25 unb 26), fonbent
unterwarf fiel) auef) bie ©tormaren, ^oltfaten unb SDitljmarfdjen, machte fid) gan^
ÜRorbalbingien jinSpflidjtig, unb jmar für bie ganje Seit feiner Regierung, fo bajj
über 600 ©adjfenfamilien auS Sftorbalbingien in ben $arj auSroanberten; felbft
Hamburg unb ©djteSnrig mürben Don ©runb auS jerftört. 669 ) Somit reichte
unter Sruto ein einljeittid) regiertes, auSfcfylieftlidj auf ftrengnationater ©runbfage
errichtetes ©laüenreid) öon SRügen 670 ) bis nad) ©c^IeSmig unb bis jur 9Zorbfee:
tooijl ber für 2)eutfd)tanb öerfyängniSüoUfte aller ber unglücffeligen SRücffdjritte,
meiere ber @ad)fenaufftanb gegen Äönig S&tinxiA) IV. fomie ber t>ierjigjäf)rige
SBebefinbS 2lngabe, inbem es ^um Sag unb SRouat beS lobeS im SRelrotogium bie
Sa^reS^a^I 1071 ^tn^ufügt (a. o. I, ©. 412): «Magnus dux, defuneto patre
Ordolfo, in ipso prineipatus sui exordio ad subnervandos Slauorum rebelles
animum intendit, instigantibus eum ad hoc Batue et Henrico, filiis Gode
scalci; verum Batue occisus est cum multis christianis» — am SRanbe ftet)t bti
Batue occisus est cum multis christianis «1071», unter ben multi christiani
tüirb man aber 93utueS ^Begleitung unb bie 600 93arben gu öerftetjen §ahm, 3>ie
fid) aufs befte ergän^enben 5Rad)rid)ten beS EfjroniconS unb beS SRecrologiumS,
unferer djronologifdjen ^auptqueße für jenes 3citalter, ftellen baS SobeSbatum
33utueS, ben 8. äuguft 1071, über aßen 3toeifel fidler.
668 ) Sgl. Slbam III, 50: «Itaque omnes Selavi, facta conspiratione
generali, ad paganismum denuo relapsi sunt, eis OCeisis, qui perstiterunt
in fide».
669 ) £elmolb I, 26 unb 24; ogl. namentlich: «attrite sunt vires Saxonuni,
et servierunt Crutoni sub tributo, OIMlis terra videlicet Nordalbingorum, que
disterminatur in tre.s populos: HoJzatos, Sturmarios, Thethmarchos. Omnes
hi durissimum servitutis iugum portaverunt omni tempore Crutonis».
67 °) 2)afj ErutoS ©laoenreid) aud) Sftügen umfaßte, ja gerabeju öon SRügen
aus errichtet toorben ift, fjat 33etjer toatjrfdjeinlidj $u machen gefugt: „Sönig ßrwto
unb fein ©efäledjt" t. b. Sa^rb. b. S5. f. medl. ©efä. 33b. XIII, @. 1—56, m
S5et)er fogar eine Stammtafel ErutoS veröffentlicht, in ber er unter anberem ben
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251
SBürgerfrieg unter biefem üon 9JiiJ5gefd)id Verfolgten ©alier jur fjolge gehabt fyat.
3)a8 Urteil, btö 93et)er in feinem auSgejeidjneten, üon ben Sübeder ^iftorifern
Iciber unbeachteten äuffafeüber Sruto fällt: „@in foldjer 3«ftonb ber Singe Ijatte
bisher nodj niemals beftanben unb bie Regierung SrutuS ift unbebingt bie glänjenbfte
^ßeriobe in ber ganjen @efd)idjte ber ftaöifdjen SSölfer biefer ©egenb" entfpridjt
batyer bem gegebenen SluSjug au3 fote^ primären Quellen, toie Slbam unb $elmotb.
35aJ5, mie bie übrigen 2>arftetluugen, fo and) unfere neueften Äirdjengefdjidjten, bie
toon $aud unb Don Schubert, biefer fjeibnifdjen SReaftion unter Sruto nidjt geregt
ju roerben öerfteljen, bagegen bie d)riftlid)e Regierung feinet SSorgängerS ©ottfdjatf
um fo lebhafter ju rühmen miffen, ift begreiflich. 671 )
C. Die Siüdfeljr ^einric^S in feine menbifd)e £eimat.
SllS ©ottfd)alf3 nad) 3)änemarf geflüchteter ©ol)n am §ofe feinet ©ro&oaterS,
ber erft 1076 ftarb, Ijerangeroadjfen mar, fud)te er mit bänifdjer, moljl aud) mit
fädjfifdjer £ilfe fein ©rbe ju geroinnen. (Sine tatträftige Unterftüfcung §einridj3
lag nid)t nur im bänifdjen unb beutfdjen Sntereffe, fonbern mufjte ben 3)änen roie
ben Sillungern infolge ber unerhörten ©rfolge ßrutos gerabeju geboten crfdjeinen.
9iad)bem ©d)te$roig, bamatö, roie auSbrüdtidj berborgeljoben roirb, opulentissima
aeque ac populosissima civitas (Slbam III; 50, Sd)ol. 82) oon ©runb au$ Dom
93oben getilgt roorben mar (funditus excisa est), mußten bie 3)änen baran benfen,
bie ©laoen, bie fdjon unter SRatiborä Söhnen fiegreid) bis Sütlanb üorgebrungen
roaren, bie immer oon neuem bie bänifrfien 3nfeln, ja felbft bie Äüften Sfanbinaüienä
verheerten unb bie fid) nad) ber Srmorbung be3 bänenfreunblidjen ©ottfdjalf furcht«
in ber Sürfdjauer @d)tad)t ermähnten SRegbu3 gu einem ©ruber von ErutoS SBater
©rinu3 madjt. Setjer tritt SBigger entgegen (ib., 95b. 50, @. 122 unb 126), ber
SBagrien als ben @ifc öon ßrutoä 3Kad)t anfielt. SBigger t)at fid^ 1898 Stidjarb
SBagner angefdjloffen, a. o., ©. 190, 2lnm. 16.
671 ) Stufcer 35et)er roürbigt $arl SBilf). Sftifcfd) in feiner an Anregungen
unb eigenen ©ebanfen fo reichen ©efdjidjte be3 beutfdjen SotfeS 6i3 jum 3lug$burger
SteligionSfriebcn, 8b. II, 8. 182, fietyjig 1883, bie «Staatengrünbung ©rutoä als
„ein öon fädjfifdjen (Sinflüffen ganj unabhängiges Staöenreidj". Stjnlid) urteilt
Sertfjolb in fetner ©efdjidjte ber beutfdjen $anfa (Üetyjig 1854, L, ©. 105), ja
fd)on £artmann Sdjebel brüdt fid) 1493 in feinem Chronicon Chronicorum nidjt
ofjne Sichtung über Kruto aus (SBlatt 266): „3)er felb Styto ein mächtiger unb
gar fernerer bcrfolger ber ßtjriften ^at auft bem ebeln SDlardmanntfc^en unb
9Rartinopolifd)en gefc^lec^t urfprung gehabt, ounb bie Ferren oon SJagercu, bie
man öon Stargarten ober Olbcnburg nennt, in gernern t>unb 5ßelbte ( s $lön) getobt."
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252
Bärer beim je jubor erhoben Ijatten, 672 ) jurfidjubrängen, namentlich aus her
SRadjbarfdjaft ©djleSmigS unb auS 9lorbatbingien. $lad) bcn mit ©ottfdjalf gemalten
©rfaljrungen mar biefe fernere Aufgabe am fidjerften baburdj ju töfen, ba$ man,
mie bamalS bie Stynaftie SRatiborS, fo jefct biejenige SrutoS; bajj man baSjenige
3fürftenl)auS ju öerbrängen fudfjte, meines, Don bcr JBegeifterung bcr ganjen Station
getragen, auf altftaütfd^er ©runblage feft gegrünbet mar, unb bafe man an feine
Stelle eine bem bemifdjen unb d)riftticf}en Sinflufj ergebene Stynaftie jur SKadjt ju
bringen fudjte. Slm beften aber mürbe baS bänifdje Sntereffe gema^rt, menn e£
gelang, baS grojje 9iorb«£>ftfeereid) ber ©laöen, baS 3)änemarf im ©üben unb Dften
immer enger umflammerte, ju galten: in eine mefttidje, bänenfreunblidje unb eine
offline, attflamfdje |>ätfte, bie fid) bann gegenfeitig befriegen unb fdjmäcfyen motten.
3)er (£nfel beS DänenfönigS muffte als ber gegebene 9Jiann für biefe Stufgabe
erfdjeinen.
Slfe gürft SrutoS gefürcfjtete Satfraft unter ben SBefdjmerben beS Altera
ju erlahmen begann — postquarn Cruto confectus est senio — üerliefe ©einriß
25änemarf, 678 ) überfiel mit bänifdjer £ilfe bie ^au^tftabt SBagrienS, Dlbenburg,
plünberte unb beunruhigte bie ganje flabifcfye Süftengegenb 674 ) fo Tange (seeundo
et tertio), bis alle flatufdjcu 3 : nfe(» unb Küftenbemol)ner in ©djreden geraten
waren, 675 ) fo baf$ Sruto, ber eS trofc feines SllterS i>ermod)t ^atte, £einridj am
Einbringen ins flaöifdje JBinnenlanb ju berljinbern, 676 ) fid) enbltd) auf SBerljanb-
Jungen einliefe unb #einrid) einen Seil beS üäterlidjen SReidjeS abtrat, unb jmar
ben Don ^einric^ junäcfyft beanfprucfjten Seil. 677 ) Da £einrid) feinen erften
Singriff auf Dlbenburg gerietet Ijatte, fo liegt eS natye, unter ben an §einridj
abgetretenen villae oi opportunae jmar nidjt eine ber alten öier magrifdjen
civitates: Dlbenburg, Sßlön, Sütjenburg unb OlbeSloe ju üerfteljen, benn biefe
urbes ober civitates mürbe $elmolb fcfymerlid) als Dörfer, villae, bejeidjnet
672 ) @in ©oljn König ©öeinnS mar im Kampf mit ben ©laben gefallen,
anfdjeinenb gelegentlich eines ©infaßS ber Dänen im SBenbengebiete nadj Kap. 23
ber Kntjtlingafaga, einer £auptqueße für bie Kämpfe $hrifd)en Dänen unb ©laden,
MG. XXIX; 276, 39: «Sigurdus, Suenonis filius, cecidit in Slavia.»
678 ) Heinricus — egressus Dada et reversus est in terrara patrum
8uorum, hrie 1044 fein SSater ©ottfdjalt
674 ) «Omnem maritimam Sclavorum provinciam.»
675 ) «Factus est timor magnus omnibus Sclavorum populis insulas et
litus inaris habitantibus.»
676 ) «Cui cum Cruto introitum precluderet omnem.»
677 ) «Ut — concesso introitu, villas ei opportunas ad habitandum
concederet»
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253
Ijaben, woljl aber Drtfdjaften in ber SKälje Dlbenburg« an ber Süfte, benn al«
villae opportunae tonnen #einrid} feine anbeten Sßtäfce erfd>ienen fein al« fold>e,
bie üjm eine SSerbinbung mit 3)änemarf ermöglichten, jebenfafl« atfo für ©eefdjiffe
erreichbar waren, ©o fommt man ju bem ©djlufc, bafj Sllttübecf, bc& bamal«
nod) feine SBebeutung geljabt Ijaben fann unb beffen SBejeidjnung al« eine ©einrieb
opportuna villa woljl benfbar ift, #einrid} bon Sruto überwiefen mürbe: benn
aufcer Dlbenburg unb Sütjenburg gab e« fonft feinen ©eeplafc im bamaligen
SBagrien, etma 9llten-$remj>e ausgenommen, bog #einrid> gleidjfall« ermatten Ijaben
fann. Um Slnljalt für eine genauere Steuerung ber ©rttnbung 33ucu3 ju gewinnen,
gilt e« junä^ft, bie 3*ü ö0 « Sruto« lob ju beftimmen. — SBenn Sruto e« auä)
nid)t fcergeffen Ijaben wirb, jum SJladjgeben gejmungen worben ju fein, wenn
anbererfeit« $einrid) fidj angeblich öon Stnfdjlägen Sruto« bebroljt glaubte
(£elmolb I, 34), fo bilbete fidj bodj ein äujjertid) erträgliche«, ja frtebtic^c^
SJerljältni« jwifd^en Sruto unb l&tinriü) au«, ba« fogar ju häufigen Sintabungen
£einrid)« burdj Sruto führte. 9lber bie lange SReilje öon SKorbtaten unb SBcifpicten
tücfifdjer Xreulofigteit, meiere bie norbtfdje, infonberljeit bie bänifdje Äöniggefdjidjte
aufweift, Ijatte in #einrid) einen gelehrigen ©djfiler gefunben. §einrid> hinterging
feinen ©aftfreunb auf« fdjmäljlidtfte, inbem er beffen grau ©laöina berfüljrte.
3ugleic^ gewann er in ©laüina einen ©pion am |)ofe Sruto«. Jöeibe matten
gegen ben gealterten dürften einen SKorbanfd^lag. £einrid) lub Sruto ju einem
©aftmaljle ein unb machte üjn trunfen. Sil« Sruto ba« ^edjgemad) taumelnb
toerliefc, fdjlug ifjm ein S)äne mit einem ©treibe feiner ©treitajt ba« $aupt ab.
©laöina aber heiratete §einrid) unb braute iljm al« iljre 3Jlitgift bie ^errfdjaft
über ba« fianb. SBetjer ift meine« SBiffen« ber einjige, ber barauf Ijingemiefen
Ijat, welcfj ungeheure Srbitterung biefer fdjamtofe Xreubrud) bei allen ©laben
Ijerfcorrufen mufcte. 3)er alte, nationale unb Ijeibnifcfye Sngrimm be« ganjen
33olfe« gegen ben frember ©Ute, frember SRetigion ljulbigenben unb unerhörter
greöeltat fdjulbigen dürften mufcte fidj unbebingt entlaben. SBäljrenb |>einridj
fid> an feinen flammen geinben rädjt, fidj mit feinem Setter, bem $erjog SRagnu«
fcon ©adjfen berbfinbet, beffen Dberleljn«ljerrfdjaft anerfennt unb bie unter Sruto
fo fdjthnm gefned>teten SRorbatbingier gewinnt, bereinigen fid) alle öftlid>en unb
füblidjen SBenbenftamme in Sruto« ehemaligem Steige, um ifjren ru^möoHen
Surften ju rächen: «universi Sclavorum populi, hi videlicet qui habitabant
ad orientem et austrum, — vehementer indignati sunt, conveneruntque
omnes nna voluntate et eadem sententia, ut pugnarent adversus Heinricum,
et statuenmt in locum eins, qui erat cristicolis oppositus omni tempore.
Nunciatumque est Heinrico, quia egressus est Sclavorum exercitus ad
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254
destruendum eum». ©3 fommt gur @d}lad)t auf ber ©djmietauer |>eibe Bei
SRafceburg. 3)a biefe ©djladjt mithin eine unmittelbare Qfolge öon (SrutoS
©rmorbung ift unb ftd) mit jicmli^cr ©idjerljeit baticren lä{$t, fo mürbe man
burd) iljre jeittidje Söefttmmung aud) für btö (Snbe ber ^Regierung SrutoS eine
fixere Anberaumung finben, beren Anfang auf ba« Saljr 1066 feftgefefct merben
lonntc. SCRit anbern SBorten: nad)bem ba3 Safyx 1066 al3 terminus a
quo für bie ©rfinbungSjeit SBucuS gefunben morben ift, mirb fid) burdj bic jeitlidje
tJijterung ber ©djmietauer ©d)lad)t aud) ber terminus ad quem für bie ©rünbung
33ucu3 feftftellen laffen. Afö fold>er terminus mirb ba$ Saljr 1093 fid) feftfefeen
laffen. gäHt fomit bte ©rünbung S3ucu3 burd) Gruto jmifäen 1066 unb 1093,
fo mirb fid) atöbann eine nod) genauere Angabe geminnen laffen fomie ber
SRadjmeiS, bafj 33ucu nad) SrutoS lobe unbemoljnt blieb, öerfiel, bemnad) bei ber
©rünbung fiübed« burd) Abolf II. im Saljre 1143 fd)on über ein l)albe3 Sa^r«
fytnbert eine urbs desolata gemefen mar.
D. S)ie Abenbfd)lad)t in campo Zmilowe. 678 )
678 ) $er SRcft biefeö SbfdjnitteS fomie ber fünfte «bfdjnitt über bie brei
älteften Süberfer Sfirdjen fonnte im 2)rucf nidjt mel)r fertiggeftettt merben, ba
bereit« ber 16. September • erreicht mar, als ber S)rud bis ju biefer Stelle öor-
gefdjritten mar, unb ber Kongreß, bem biefer 83anb ate geftgabe überreizt merben
fott, bereit« am 21. September jufammentritt.
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Srud Hon $. $. Waagen« in ßfi&etf.
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1*
III.
Erläuterungen jur gcoloflifc^cn Karte t)on 9ütlü6ed.
Son $. griebrid).
f)ie ©runblage ju ber geologifdjen 3)arfiellung beS ©ebieteS nörblidf) ber Iraöe
bilbcn eine größere Qatjl öon gloc^bo^rungen (2 ra tief), meldje bic ©tubierenben
ber ©eologic Otto SReuter unb £an3 SBrüggen im Sommer 1907 ausgeführt
Ijaben. 3)ie Äuröen ber alten Qflufjtiefen finb baS (Ergebnis öon jaljlreidjen in
ben testen Sauren öon feiten ber lübedifdjen SBafferbauöermattung niebergebrad)ten
SBoljrungen, beren ©infidjt unb äJermertung mir öon $mn Saurat Strebs freunblid)ft
geftattet mürbe.
3)ie niebrigen, aus ©anb unb Jon befteljenben üanbljöljen auf beiben Seiten
ber Woornieberungen, fomie ber fdjmale SRücfen öon Slltlübed gehören ju ben
jüngften ©ebilben ber SiSjeit. ©ie finb ju einer Seit entftanben, als ber ©üb«
ranb beS fid) norbmärtS äurüdjieljenben SnlanbeifeS in ber Sinielefdjom— 3?öenborf—
Sßöppenborf — 9tatefau — SßanSborf längere ßeit feftlag unb bie ©djmetjmäffer über
bie tübedifdje 9lieberung unb burd) bie Kanäle ber ©teduifc unb beS Stafceburger
©ecS mit bem SBeuföIjlengrunbe fübroärts jur @lbe bei Sauenburg abfloffen.
3)ie au§ biefen ©djmelsroäffern abgelagerten feinförnigen ©anbe (lalfanbe)
unb Jone (Jalton) finb in unferem ©ebiete fo mächtig, bafc bie ©runbmoräne beS
SnlanbeifeS, ber @efd)iebeinergel, an feiner ©teile fidjtbar ift. 83on oben nad)
unten ift baS $)iluöium bei Slltlübed aus folgenben @d)id)ten aufgebaut:
1. oberer fteinfreier Ion ober lalton (er lieferte im SRittelalter aus«
fdjliefjtid) unb in ber neueren 3^rt nod) gaitj öormiegenb baS Sadftein-
material ßttbedS);
2. Jalfanb, feinförnig unb fteinfrei;
3. unterer, blauer fteinfreier Ion (im Iraueburdjftid) auf gef d)toffen);
4. ©efd)iebemergel (©runbmoräne).
Aus einer SReilje öon öerfdjiebenartigen ^Beobachtungen muffen mir fd)lie&en,
bafc am 6nbe ber SiSjeit unfer Äüftengebiet i>iel Ijöljer lag als jefct unb bafc öon
ben lälem ber Iraöe unb ber ©djmartau nur biejenigen leilftüde öorljanbeu
roaren, in benen fid) ber lalton abgelagert Ijatte. Qn biefen bereits in ber (SiSjeit
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2*
borljanbenen latftücfen gehörten bie meite SRieberung ber Slue uörblid) bon Alt«
lübcd unb bie 3fläcl)e ber Jeerljof- unb lilgenfrugSroiefen am redjtcn Jraöeufer.
2)agegen ift ba3 fteilufrtge Irabetat bon ber £errenfäl)re abmärtS bi3 jum
©tulper £uf erft fpäter entftanben.
Site btö Snlanbete unfer Äüftengebiet fo locit bertaffen Ijatte, bafj aud) ber
grofce 93elt eisfrei geroorben mar, begannen unfere Äüftcuflüffe, fo auef) bie XraDe mit
iljren SJiebenflüffen, iljre Arbeit. Sßätyrcnb bie ©djmeljmäffer bteljcr füb- unb
roeftmärtS jur ©Ibe unb ÜWorbfee abgeflogen maren, trat jefet j. %. eine Umfefjr
in ber glufcridjtung ein. ^ugleidj begannen bie jur Oftfcc eilenbeu ©emäffer üjr
JBett tief in ben SBoben einjugraben. JBei ber fpäteren ©enfung be3 Äüftengebieteä
gelangten bie Stuferinnen bte meit tanbeinmärta unter ben Dftfeefpiegel. 2)a8 alte
SCrabebett 1 ) reicht in fiübeef bis 12 m unter N.-N.
bei Sltttübed . 15 -
• ©djlutup - 18 •
am ©tulper £uf » 21 • • » ,
ba3 alte 93ett ber ©cfjmartau am 3)amm ber (Sutiner f8ofyn
bte 5,5 m unter N.-N.
bei Sllttübecf * 11 • -
SBte auf bie heutigen fdjmalen unb flauen SBafferabern finb bie alten Sffaferinnen
im Saufe ber legten 3?aljrtaufenbe mit äKobbe unb Xorf aufgefüllt morben.
Site eine lange formale, auf ben topograpljifcfjen Äarten laum Ijerbortretenbe
§albinfel ftreeft fidj ber SRücfen, auf beffen ©pifee bie Sftefte bon Slltlübecf liegen,
bon ber SBalb^aHe an jroifdjeu beu beiben mächtigen alten ©tromtiefen ber Jrabe
unb ber ©djmartau gen SO. bor. 3)afc e3 feinem ber beiben %Vitf\i gelungen ift,
biefen SRücfen ju burdjbrecfyen unb einen Steil beSfelben gut 3nfel umjugeftalteu, ift
an bem Sluffteigen ber Jiefenfurben be8 alten ©trombetteS ber Jrabe ju biefem
fianbrücfen l)in beutlii} ju erfennen. ©elbft in ber ÜWieberung meftlid) bon bem
$ttgcl bon Slltlübecf, too man eine frühere natürliche SSerbinbung bon Irabe unb
Slu annehmen möchte — ungefähr ba, mo bie Srabemünber 33aljn ben ftumpfen
SSBinfel bilbet — , mürbe bom 93auamt Ijart an ber Jrabe bie SÄobbc nur nod)
bte 2,2 m unter N.-N. erboljrt, maljrenb am entgegengefefeten Irabeufer bie SDtobbe
\\o6) bte 11,6 m unter N.-N. ljinabreicf)t. S)er bei ben legten SluSgrabungen nad)
x ) #ier finb nur bie äRoortiefen geregnet. SBiebiel bon ben ©anben unter
ben SKobbeablagerungen nod) jum Sldubium gehört, tft meift nidjt feftjuftcllcn; bie
HRädjtigfeit ber in ben glufcbetten abgelagerten ©anbe beträgt meift nur toenige S)ejtmeter.-
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3*
gettnefene, bie Jratoe ntit ber ©djmartau im SBeften bon Stttlübed öerbinbenbe
©raben, ben Sßrof. Dljneforge aU bcn portus Lubeke bcr Urfunben beutet, ift
auf unferer Äarte leiber nirf)t jur 2)arftetlung gebraut.
©rötere glasen be3 Jamalen Student merben bei ftürmifdjen SKorboft»
toinben jeitmeifc überflutet; ba3 93orfommen bon SKoorerbe über bem bilubialen
SBoben läf$t erfennen, bafc früher no^ größere gläcfyen aud) bauernb bom SBaffer
bebcrft gemefen finb. Slber e3 mar ein flaues SBaffer unb bie in iljm entftanbeneu
moorigen ©ebitbe ^aben gegenüber ben großen 2Roortiefen nörbtid) unb füblicl)
öom SRücfen eine fo nerfc^minbenbe 3Jiäd>tigfeit, bajj fie ben einjigen Sanbjugaug
ju Hltlübecf, &on ber Söalbljafle Ijer, nur menig meljr erfcfymerten als jefet. @3 ift
ganj unmöglich, auf ber mit einer mächtigen Äulturfdjidjt bebecften ^albinfel öon
Slltlübecf mit $ilfe be3 gmeimeterbofjrerS ein genaues geologifdjeS SSilb ju fcijaffen.
2)al)er mürbe bie gelbe gorbe be§ XalfanbeS überall ba gemcrtjlt, mo biefer unter
aufgefdjüttetem 33oben ober SRoorcrbe no^ big gu einer Siefe bon 2 m nad)«
getoiefen merben fonnte. gerner mürbe ber Xalton, beffen bünne Ablagerung Ijier
(als blauer Ion) bielfacl) umgearbeitet ift, unbeachtet gelaffen.
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4*
IV.
23crid)t über bie ShtSgraBrntflen auf ber Stüttt tton ?Utlü6e<f,
Stopft fri« DftoBer 1906.
83on $rof . $r. $. S r e u n b.
ÄJie im £erbft 1905 öon ber ©cfeflfdjaft jur Seförberung gemcinnüjjiger Jätigfeit
eingefefete Äommiffion für bie Ausgrabungen in Altlübed Ijatte im Qrtüljjaljr 1906,
beraten burd) $errn ^ßrof. ©djudjljarbt in ^anno&er (jefct in SBcrlin), ein üorläuftgeS
Programm feftgefefct, monad) als Q\d ber Unterfudjungen bie Anlage ber 2Baff-
befeftigung, bie ©teile beS JoreS unb bie tfrnge, ob unb mo ein ©reiben ejifttert
fjabe, gelten follte.
3uerft mürbe ein Sßlan beS XerrainS bon Altlübed im 9Jiaßftabe 1 : 250
burd} Sfti&ellement fcon einem ^Beamten beS 23aubureauS, §crrn Jennifer ftäbe,
l)ergeftellt, berfelbe £>err fyat auä) im Verlaufe ber Ausgrabungen genaue Sßläne
im ©runbriß unb bie Profite ber midjtigften Sßanbflädjen (1 : 50) aufgemeffen
unb gejeidjnet. (Sgl. £af. II unb III.) Um bie fRefuItate ber Ausgrabungen
nod) meiter ju fidlem, Ijat ferner mäf)renb ber beiben erften ArbcitSperiobeu ein
freiwilliger Hilfsarbeiter, fpäter ein SBerufSpljotograpl) regelmäßig Aufnahmen
gemalt, jubem ift ein genaues SBerjeicfjniS ber gunbe geführt unb in einen ^Jlan
eingetragen morben.
SSon ben toier bom SBauamte gefteflten Arbeitern, meldte bie Ausgrabungen
ausgeführt Ijaben, mürben bie Vorarbeiter @d)lid)te unb Slancf im 3uti auf
mehrere SBodjen ju £errn Sßrof. ©d)ud}f)arbt entfanbt, um burd) Jeilnaljme an
Ausgrabungen in ber Jedjnif berartiger Arbeiten auSgebilbet ju werben. 93etbe
Ijaben fid) burd) Sifer unb ©efdjid bie gufriebenljeit iijteS SefyrmeiftcrS erworben
unb Ijaben fid) audf) bei unferer Ausgrabung burdjauS bewährt.
Stnfang Auguft begann bie Ausgrabung mit ber SBiebereröffnung beS Abflug
grabenS (Staf. II 1882), melier 1882 Dom Äirdjenfunbament burd> ben öftltdjen
3BaH unb bann nad) 9lorben jur Schwartau füljrenb gesogen, aber feitbem teils
jugefdjüttet, teils jugemadjfen mar.
SDabei fließ man in bem ©rabenabfdjnitte, melier ben öfttidjen Sßall burcfjfefct,
mieber auf bie juerft bon Arnbt 1882 aufgebedte unb bamatS ber Sntroäfferung
megen burdtfdjnittene §olj|)adung. Um Ijier für bie fpäteren Ausgrabungen ein
SßergteidjSobjeft ju fd)affen, mürbe biefer ©rabenfdjnitt in ber üftorbmanb ber»
breitert unb fo bie ^oljpadung mieber beuttief» freigelegt. 3)iefe |jot3padung
äeigen ©runbriß Ia unb Schnitt Ia ber Safe! III unb bie Safein XXI unb XXII.
$)er fo entftanbene Dftfdjnitt I ift aud) baburd) midjtig gemorben, baß
fpäter in feiner Sftorbmanb meftlid) öon ber ^oljpadung (nad) innen) $err $rof.
©djudjljarbt ein <ßfoftenlod) (Jaf. XXI unb XXII Im) nadjgemiefen t>at.
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$)aburd> mürbe für bie brittc Sßeriobe ber Ausgrabung bic Anregung gegeben, nad)
metteren ^ßfoftenlödjern, bte bamtt in ,3ufammenljang fte^en föunten, gu fudjen.
3n ber jmeiten SBodje beS Sluguft mürbe bem Programme cntfpredjenb mit
ber Aushebung beS großen 3)urd)fdjnitteS in ber 2Kitte beS meftlidjen SBalleS
(©djnitt II beS SßlaneS, £af. III) begonnen.
2luf ber erften ©ofjle biefeS großen (SinfdjnitteS fauben fid) am Dftenbe
(Inf. V, h) nnrf) bem Snnern beS SBalleS ein ©teinpflafter, ^ßfoftentödjer, in ber
9iorbmanb ein großer öerfofjlter Wolfen (£af. VII, z), ferner in ber Sftorboftede
SRcftc einer geuerftefle mit smei äufammengefinterten Jityfeu, 9lr. 21 unb 22 beS
3funbregifterS. Überhaupt lieferte biefc ©teile ber SluSgrabung eine große Qafyl
Don gfunbobjeften, im ganjen 22 Hummern beS 9iegifterS.
2)o meiter in ber 9Kitte biefeS großen GinfdjnitteS in ben ©eitenmäuben
jroei fdjrög nad) innen (Dften) geneigte $o1(){enftreifen, in ber Xafel III Schnitt II
als öermoberteS $otj bejeidjnet, jum Vorfdjein famen, bie quer über bie ©oljle
burd) beutlidje ©puren fcon toerfoljlten ober öermoberten Vatfen berbunben maren,
fo mürbe ber ©djnitt in feinem meftlidjen @nbe nur nod) an ber ÜWorbfeite in
ber falben Sreite ber bisherigen ©oljle meiter öertieft. (Vgl. £af. III, ©runbriß
unb ©cfjnitt II, R bis M.)
3n biefer Vertiefung mürbe im 3tnfd)luß an bie fdjmarjen Sßanbftreifen
mieber eine in ber 2ängSrid)tung beS SßalleS gelagerte $oljparfung auS Sidjen-
ftämmen aufgebecft (Jaf. V unb VI), bafcor ein (5meiteS) ©teinpflafter unb enblid)
als 2lbfd)(uß nad) Dorn (SBeften) bie oberen ©nben jmeicr fenfredjt ftefjenben,
beljauenen Vollen, ©ie mußten als ju einer Uferbefeftigung gc^örenb angeben
merben, benn bor if>nen fenfte ftd) ber gemadjfene Voben 3U einer öon ©cblamm
unb 2Roor erfüllten Vertiefung, in ber fid) Xopffdjerbeu, Änodjen, ein SBirtel,
©ifenrefte unb eine ©djere (5Rr. 19, 23 bis 27 beS gunbregifterS) fanben.
SllS biefer ©djnitt im September nod) etmaS meiter nad) SBeften öerlängert
mürbe, fonnte aud) bie gegeuüberliegenbe Uferböfdjung (laf. III, 9lr. II bei K)
auf 12,2 m Vreite feftgefteüt merben. SeSfjalb fdjien bie Slnna^me berechtigt,
baß Ijier ein breiter ©raben ber Vefeftignng vorgelagert fei; jugleid) ober ergab
fid) bie Stufgabe, biefen ©raben in feinem meiteren Verlauf aufjufudjen unb feine
Vcbeutung ju erörtern. Vorläufig aber mürbe biefc Strbeit jurüdgeftellt.
3)a bie Sortierung ber SluSgrabung in bem moorigen lerrain biefeS
„©rabeS" megen beS StnbrängenS beS ©runbmafferS untunlid) erfdjicn, mürbe
nunmehr befdjloffcn, im ?lnfd)luß an bic beiben Vofjlen biefe äußere iöegrenjung
ber Vefeftigung fo lange als möglich nadj ©üben ju Verfölgen. Sufolgebcffcn
mürben nadjeinanber bic jufammenljängcnben ©djnitte III, IV, V unb VI bis
auf eine fiänge öon etma 30 m meitergefuljrt (5af. XI) unb bcfonberS in ber
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6*
©ofyle öon ©djnitt VI ($af. XII) bie 93oljlenreif)e aufgcbecft. $ier erfdjeinen
bic Sohlen nod) burd) ba&or eingerammte Sßfäljle in iljrer Stellung gefidjert.
2lu3 Schnitt VI mürbe, um ein Urteil über bie Dimensionen unb bie Bearbeitung
ber 93oIjlen ju gewinnen, eine ber Sohlen (1,80 in lang) tyerauSgejogen, fte feljlt
in Jafet XI, ba btefe Stufnafjme fpäter a(3 bie ju Jafel XII gemalt ift.
Sin Smtbobjeften maren biefe ©Quitte arm, in ©djnitt III mürben nur
jmei 9iiete unb ©djäbelrefte, an ber Äreujuug öon Schnitt VI unb VII bie merf-
mürbige, leiöer burd) ©patenftid) gehaltene §otj!ugel (SRr. 32) unb Sftiet« unb
©djereurefte (9lr. 33) am ©übenbe öon ©djnitt VI gefunben.
Um bann ben im fübtidjen @nbe öon ©djnitt VI nidjt beutlidjen weiteren
Verlauf ber 93o^lenftefIung ju fudjen unb üielleid)t audj ben babor vermuteten
®raben mieberjufinben, mürbe quer ju VI ein Schnitt VII angelegt (Jaf. VIII)
unb allmäljlid) 13 m nad) SDBcftcn meitergefüljrt, meil Ijier in ber ©ofjle (in
£af. IX unb X in fenfredjter 5£)raufficf^t bargefteUt, äljnlid) mie in $af. III)
mageredjte Zollagerungen unb fenfredjte ^foften, barunter einer Don befonberer
gorm, unb bajmtfdjen bie 9ir. 34—39 be3 gunbregifterä gefunben mürben. 33ie
Slrbeit ift aber an biefer ©teile abgebrochen morben.
Snjunfdjen mar nämlidj, um aud) ben Slnfdjlufc an ben 2BaH ju erhalten,
ber Schnitt VIII in ber SRidjtung SW— NO angelegt (Staf. XIII) unb in feinem
nörbtidjen $nbe bie $oljpadung, in ber Stiftung genau an bie öon ©djnitt II
!jer befannte anfdjtiefcenb, freigelegt morben.
3m baran anfdjliefjenben (Schnitt IX folgte bann bie SluSgrabung, fidj ber
©übfront beä ©clänbeS jumenbenb, biefet. Ladung unb legte l)ier bie an$ meljr*
fachen Zollagerungen unb einer fdjrägen ^ßfoftenreilje in breiter Slulage gebilbete
©übmeftede ber Ladung frei. (Jaf. XIV unb XV.)
2)amit mar bie erfte Sßeriobe ber SluSgrabung beenbet; e£ fdjtoffen fid)
hieran Beratungen ber Äommiffion mit £errn Sßrof. ©djud)l)arbt, ber am 10. unb
11. September bie arbeiten befid)tigt ^atte.
81(3 SrgebniS ber 2lrbeiten lonnte beseidjnet merben:
@3 mar an ber SEBeft front eine 10 m breite, gepflafterte Berme unb babor
ein 12,2 m breiter ®raben, beffen nähere Deutung unb SluSbeljnung nod) ju
fudjen blieb, feftgefteüt. Über ben Qmd unb bie üage ber Zoljpadung gum SBall
unb beffen Slufbau fonntc eine ©inigung nidjt erhielt merben, and) mar ber Zugang
unb ba% Sor be3 SRingmalleS nidjt gefunben.
Durdj ben SBefunb in einem im öftlidjeu SJorterrain angelegten ©djnitt Ib
(laf. II) fcfjien aber feftgeftellt, bafj an ber Oftfront ber Ummallung fein ©raben
ejiftiert Ijat.
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©emgemäfj mürbe befdjtoffen:
1. gut weiteren fjeftftcllung bcc fübtic^en UmmaHung Don Schnitt IX aus am
inneren SRonbe bec Ladung in öfttidjer Stiftung meiterjugeljen, um baS
£or ju fudjen, baju öon 3eit ju 3eit einen üuerfdjnitt nad) ©üben gegen
bie SBaQfrout ju führen;
2. ben Verlauf beS großen meftttdjen ©rabenS burd) mehrere öuerfdjnitte im
norbmefttidjen SBortcrrain ju fudjen.
2)em erften JBefdjtufje entfpredjenb mürbe nun ber faft 50 m lange Schnitt X
(2af. III unb XVI, $urc^btid, XVII, öfttid)eS Sube, XVIII) aDmä^li* öon
ber ©Weiterung beS ©djnitteS IX nad) Dftcn geführt, jugleid) aber ber ©iufdjnitt
XI (£af. XX), melier baS öftlidje Snbe öon (Schnitt X burdrfdjneibet, in
Angriff genommen.
SSon Schnitt X mürben brei Querfdjnitte X 1 , X f , X 8 (£af. III) nad) ©üben
geführt, toon benen befonberS ber lange lefcte ($af. XIX) jeigte, ba§ and) Ijier
bie SRefte ber SBaUfonnation ebenfo mie in ©djnitt II maren; Schnitt XI (laf. XX)
ergab in feinem nörbtidjen @nbe, baS toermuttid) bem Snnern ber JBurg angehört,
reid)lid)e SBranbrefte. 3lad) neuntägiger Slrbeit fanb fid) ferner in beiben SBänben
beS ©djnitteS X in f Präger, etma norböftlidjer 9tid)tung nad) ©djnitt XI l)in
eine beiberfeitS einfaHenbe fdjmarje ©djidjt (Xaf. XVIII o), bie gu mehreren
©djmellen äljntidjen Ouerbalfen führte. Db Ijier baS Zox ju filmen ift, muffen
meitere Unterfudjungen entfdjeiben.
2)em jmeiten 93cfd)(uffe gemäfe mürben nadjeinanber im nörblirfjcn SBortcrrain
üier rabiale ©Quitte XII bis XV ausgeführt. Die beiben, bem grofien ©djnitte II
nädjftgetegeneu „©rabenfdjnitte" XII unb XIV (laf. II) ergaben nad) innen bie
©teinpadung unb eine beutlidje 3Kulbe ober ©raben im gemadjfenen 93obcn, bie
anberen, XIII unb XV, bie nad) aufeen tief in ben moorigen ©oben eingefdjnitten
merben mußten, liefen einen ©raben nidjt erfennen, bod) fanb fid) barin am
äußeren @nbe eine ^otjtagerung, biefleidjt einer Uferrampe äfjnlid).
Snblid) mürbe gänjlid} burd) lorfmoor ber ©rabenfdjnitt XVI bidjt am
Xraöeufer (laf. II) unb in ber 9läty öon ©djnitt VII bis auf ben blauen Ion
geführt unb ergab in ber liefe jmar and) £otjablagerungen, bie toon ben bisher
beobachteten mefenttid) berfdjieben maren, aber feinen Stuffdjtufc über ben breiten
©raben.
9Jad)bem biefe jmeite SlrbeitSperiobe beenbet mar, mürbe mit SRüdfidjt barauf,
bafy bie 9JiitteI unb bie günftige 3a^reSjeit ifjrem 6nbe entgegengingen, befdjloffen,
bie meitere Sluffudjung beS $oreS für biefeS %a\)x jurüdjufteflen, bagegen im
Slnfdtfufc an ben Dftfdjnitt I (2af. III) nörblid) baöon einen Sßaraüeljdjnitt burd)
ben SBall ju machen unb burd) «bfdjätung beS 93obenS s ;ßfoftenlöd)er ju fudjen,
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8*
bic fid) etma bem in ber SRorbmanb beS DftfdjnitteS befinblidjen (laf. XXI)
anfdjließen !önnten.
2)icfe Slrbeit ift in bcr erften $älfte beS Dftober, toon gutem SCBettec
begünftigt, ausgeführt unb babei ber lauge bogenförmige ©djnitt XVII (Xaf. II
unb III) mit toter fiaufgräben nad) außen jmedS Qfreitegung ber ^oljpadung, bte
f)ier, tüte Jafel XXV geigt, redjt groß mar! unb eine rljombifdje grmeiterung am
©übenbe (£af. XXIII) ausgeführt morben, babei finb jmar ^foftenlödjer erfannt,
a6er utcf)t in regelmäßiger Qfolfle gefunben morben. Stußerbem bat bie Slbfdjälung
eine @d)id)t aufgebedt, meldjc als SReft einer aus $oljgefted)t fjergeftetlten (unb
umgebrodjenen?) SBanbfTädje (lof. III, 9lr. XVII unb Inf. XXIV) angefprodjen roirb.
5I(S (Jrgebniffc ber Ausgrabungen toott 1906 lönnen benmaef) bejeic^net merben:
1. Snnerfjalb ber gront beS jefcigen SBallcS ift eine Ladung bon med) f einher
gorm aus ftarfen, unbehauenen Saumftämmen auf Jo meite ©treden freigelegt,
ba% man annehmen barf, baß eine foldjc Sßadung runb um ben SBatI üor-
Rauben ift. 35ie Sebcutung tiefer Ladung für bie Sefeftigung unb Einlage
beS SBatteS unb iljre Söegie^ungen ju ben fd)räg nad) innen gelagerten
Streifen öon toerfofjlten folgern ober ben heften eines gle^tmerfeS, meiere
im ÜWorboften aufgebedt finb, bebürfen nod) ber Störung.
2. SS ift maljrfdjeinlid), baß bor ber Dftfront beS SBalleS fein ®raben edierte,
fcielmeljr ber SBall fid) fjier birelt aus bem fumpfigen, meHeidjt bamalS nod>
nidjt fo meit mie jejjt öerlanbeten SSorterrain erfjob.
3. SSor bcr Sßeftfront ift burd) ben großen ©djnitt II unb bie ©rabenfdjnitte
XII unb XIV ein etma 12 m breiter (Kraben nadjgemiefen, beffen inneres
Ufer mit einer auf meite ©treden freigelegten Sofylcnftellung befeftigt mar.
^mifdjen bem ©raben unb bem 3uß beS SBalleS liegt ein etma 10 m
breiter, teilmeife mit Steinen abgepflafterter SBorftreifen. 2>er «Sufawroenfymg
beS ®rabenS, ber feiner SBreite nad) toiefleidjt aud) als $afen bienen lonnte,
mit ber ©djmartau ift als fidjer an5ufeljen, feine SSerbinbung mit ber Jratoe
ift nod) nidjt flargefteüt.
4. S)aS SBafltor ift nod) nic^t gefunben, ift aber bielteidjt in bem SBinlel
jmifdjen ben ©djnitten X unb XI gelegen, mo eS übrigens fdjon früher
(1882) angenommen mürbe.
5. 2)aS obere (öftlidje) Snbe beS großen SinfdjnitteS II l)at auf bie Stefte
eines burd) geuer jerftörten ©ebäubeS (Sßftafter, Sßfoftenlödjer, £erbrefte mit
5ufammengeftuterten Jityfen) geführt, |)ier ift alfo bie geeignete ©teile
gegeben, bie Unterfudjung ber Sefieblung beS SBallinnern anjufdjließen.
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Cafel XIII.
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SettentDanb mit tfyreu Branbrefien, bie I}ol3pa<fung (c) unb btc fic im IPeftcn, b. ty. nad? augcu
abfteifenben Booten (<1). 3 m fjintergrunbc bie 2Iuf}öf}C auf bcr focj. dccrfyofinfel, auf ber idj
bie ecclesia e regione urbis trans flumen, Hita in colle fudjc, t>gf. 5. 149—155.
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batynter Mc ^ortfefcung ber parfung (b) mit ben abfteifcuben Soweit (d).
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(Tafel XVII.
öltcf auf Das CDftcnDc oon üunDldjnttt \: aut Dte äußere, Die iruDroanD, mit Der tpflirang
pon (Eeilfdmitt X 3. 3 m n?eftlid)en Dorbergrunbe bie eitrige £ütfe ber £?ol3patfung, (q): bie
eigcntümlid?en Jlecfc am Bobeu finb nur bie Spuren Der Stiefeln u uferer Arbeiter im f endeten
(Erbreidj. 2lud) tjtcr bie I^o^pacfuug (c) mit beu fie abfteifenben öoljlen (d).
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(Tafel XVII.
(Ettfel XVIII.
2Iuf nannte bes Dr. phil. Waltet ^reunb.
£ltcf.tn öas (Dftenöe pon Xmtdfdpittt X : auf Die XTorötDanö mit »
ber Öffnung con Sdjnttt XI; auf 3n>et eigentümlidje £ja!b*
Fretfe (o) ber ZTorbroanb, bte nadj unten fonpergteren uub nad}
Sdjud?ljarbis 2lnfid?t ein 2lb3ugsgräba}en aus bem inneren
bes Hingn>aües peranfdjaulicfycn.
„on Ceilfdjnitt X s. 3m »efWidjen Doroerarunoe o.e r...,.»« - ■■■ - ■
Lntüm iln Sie* am »oben fmb nur bie Spute» ber St,e T el» u.
cgentumlg * ^. 3 parfuu 3 (,) mit ben f.e ab,.e. T eube,.
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Eafel XIX.
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äußeren (o) unb inneren (f) Branbfdn'cfyt fotm'e mit ber Öffnung bes £?auptfcrmittes X im Qitticr*
gruube, ber auffallend breiten fto^pacfnng (c), 3tr>ifd?cu ber im Porbergrunb ein riefiger
^elbftein liegt (n).
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(Tafel XX.
*3licf auf ben (£uerfd?uitt XI von Süben gen ITorben: l^auptfäc^Iici? auf bie (Dftipanb mit ibren
riefigen Braubfdnditen, bie unter beut, au biefer Stelle infolge von alten (Erbberoegungen fanm
beftimmbaren Kingtpalle 3U liegen fdjeineu, tnclleidjt aber aud? an ber IPallöjfnung, bte bas
(Eor verraten mürbe. 3 m Porbergrunbc bic norbn>eftlid?e <£<f e ber Kreu3uug r>on 5d?nitt X bun XI.
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